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Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784.

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daß es eine unzählige Menge so wohl guter als böser
Engel, so wohl weißer als schwarzer Engel gebe, und
behaupten, jeder Mensch habe zwey Engel, welche ihn
beständig begleiten; der eine schreibe seine guten und
der andere seine bösen Handlungen auf. Die Seelen
der Gottlosen kommen, ihnen zu Folge, nicht eher
als am großen Gerichtstage in die Hölle, bis dahin
bleiben sie bey ihren Körpern in dem Grabe, wo sie
von den schwarzen Engeln bis zum jüngsten Tage ge-
martert werden, worauf sie in die Hölle geschickt wer-
den, und daselbst, nach der Größe ihrer auf dieser Welt
begangenen Verbrechen, eine gewisse Zeit noch här-
tere Strafen leiden. Nach Verlauf dieser Zeit wer-
den sie erlöset, und kommen in das Paradies, wo sie
eben dieselbe Glückseligkeit, welche den Tugendhaften
bestimmt ist, genießen werden; denn, sagen sie, es
ist wider die Güte Gottes, für die Vergehungen eines
so kurzen Lebens ewig zu strafen.

Sie bethen fünfmal des Tages; bey AnbruchJhr Gottes-
dienst.

desselben, zu Mittage, Nachmittags um drey und
sechs, und eine Stunde nach Untergang der Sonne.
Am Freytage, der ihr Sabbath ist, kommen sie zum
öffentlichen Gottesdienste zusammen, da denn der
Jmam oder Priester Gebethe hersagt, und eine Art
Predigt oder Ermahnung an die Zuhörer hält; allein
keines ihrer Weiber darf bey der öffentlichen Andacht
erscheinen. Jhre große Fasten dauert dreyßig Tage,
da sie denn diese ganze Zeit über jeden Tag von Mor-
gen bis in die Nacht fasten müssen, und weder essen
noch trinken, noch Tobak rauchen dürfen. Diese
Fasten endigt sich mit dem Monde, und jeder ist so
begierig, den Neumond, als den Befreyer von dieser

beschwer-
E

daß es eine unzaͤhlige Menge ſo wohl guter als boͤſer
Engel, ſo wohl weißer als ſchwarzer Engel gebe, und
behaupten, jeder Menſch habe zwey Engel, welche ihn
beſtaͤndig begleiten; der eine ſchreibe ſeine guten und
der andere ſeine boͤſen Handlungen auf. Die Seelen
der Gottloſen kommen, ihnen zu Folge, nicht eher
als am großen Gerichtstage in die Hoͤlle, bis dahin
bleiben ſie bey ihren Koͤrpern in dem Grabe, wo ſie
von den ſchwarzen Engeln bis zum juͤngſten Tage ge-
martert werden, worauf ſie in die Hoͤlle geſchickt wer-
den, und daſelbſt, nach der Groͤße ihrer auf dieſer Welt
begangenen Verbrechen, eine gewiſſe Zeit noch haͤr-
tere Strafen leiden. Nach Verlauf dieſer Zeit wer-
den ſie erloͤſet, und kommen in das Paradies, wo ſie
eben dieſelbe Gluͤckſeligkeit, welche den Tugendhaften
beſtimmt iſt, genießen werden; denn, ſagen ſie, es
iſt wider die Guͤte Gottes, fuͤr die Vergehungen eines
ſo kurzen Lebens ewig zu ſtrafen.

Sie bethen fuͤnfmal des Tages; bey AnbruchJhr Gottes-
dienſt.

deſſelben, zu Mittage, Nachmittags um drey und
ſechs, und eine Stunde nach Untergang der Sonne.
Am Freytage, der ihr Sabbath iſt, kommen ſie zum
oͤffentlichen Gottesdienſte zuſammen, da denn der
Jmam oder Prieſter Gebethe herſagt, und eine Art
Predigt oder Ermahnung an die Zuhoͤrer haͤlt; allein
keines ihrer Weiber darf bey der oͤffentlichen Andacht
erſcheinen. Jhre große Faſten dauert dreyßig Tage,
da ſie denn dieſe ganze Zeit uͤber jeden Tag von Mor-
gen bis in die Nacht faſten muͤſſen, und weder eſſen
noch trinken, noch Tobak rauchen duͤrfen. Dieſe
Faſten endigt ſich mit dem Monde, und jeder iſt ſo
begierig, den Neumond, als den Befreyer von dieſer

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[65/0075] daß es eine unzaͤhlige Menge ſo wohl guter als boͤſer Engel, ſo wohl weißer als ſchwarzer Engel gebe, und behaupten, jeder Menſch habe zwey Engel, welche ihn beſtaͤndig begleiten; der eine ſchreibe ſeine guten und der andere ſeine boͤſen Handlungen auf. Die Seelen der Gottloſen kommen, ihnen zu Folge, nicht eher als am großen Gerichtstage in die Hoͤlle, bis dahin bleiben ſie bey ihren Koͤrpern in dem Grabe, wo ſie von den ſchwarzen Engeln bis zum juͤngſten Tage ge- martert werden, worauf ſie in die Hoͤlle geſchickt wer- den, und daſelbſt, nach der Groͤße ihrer auf dieſer Welt begangenen Verbrechen, eine gewiſſe Zeit noch haͤr- tere Strafen leiden. Nach Verlauf dieſer Zeit wer- den ſie erloͤſet, und kommen in das Paradies, wo ſie eben dieſelbe Gluͤckſeligkeit, welche den Tugendhaften beſtimmt iſt, genießen werden; denn, ſagen ſie, es iſt wider die Guͤte Gottes, fuͤr die Vergehungen eines ſo kurzen Lebens ewig zu ſtrafen. Sie bethen fuͤnfmal des Tages; bey Anbruch deſſelben, zu Mittage, Nachmittags um drey und ſechs, und eine Stunde nach Untergang der Sonne. Am Freytage, der ihr Sabbath iſt, kommen ſie zum oͤffentlichen Gottesdienſte zuſammen, da denn der Jmam oder Prieſter Gebethe herſagt, und eine Art Predigt oder Ermahnung an die Zuhoͤrer haͤlt; allein keines ihrer Weiber darf bey der oͤffentlichen Andacht erſcheinen. Jhre große Faſten dauert dreyßig Tage, da ſie denn dieſe ganze Zeit uͤber jeden Tag von Mor- gen bis in die Nacht faſten muͤſſen, und weder eſſen noch trinken, noch Tobak rauchen duͤrfen. Dieſe Faſten endigt ſich mit dem Monde, und jeder iſt ſo begierig, den Neumond, als den Befreyer von dieſer beſchwer- Jhr Gottes- dienſt. E

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Zitationshilfe: Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784, S. 65. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784/75>, abgerufen am 21.11.2024.