Der Czar war in Deutschland gewesen, sich mit seinen Alliirten zu berathschlagen, und gieng alsdenn in das Carlsbad, und bediente sich wegen sei- ner Gesundheit des Gesundbrunnens, der ihm auch gute Dienste leistete. Von da gieng er über Dresden nach Torgau, wo er seinen Sohn, den Czarowitz, an- traf, der im Begriffe war, die Prinzeßinn von Wol- fenbüttel, eine Schwester der Kaiserinn, Carls des sechsten Gemahlinn, zu heirathen. Der Czarowitz war im 22sten und die Prinzeßinn im 18ten Jahre. Die Königinn von Pohlen machte große Anstalten zu dieser Vermählung, und die Feyerlichkeit wurde den 25sten October 1711 den Tag nach des Czars An- kunft ohne großen Pomp von einem griechischen Geist- lichen vollzogen. Den Czarowitz führte der Czar, und die Prinzeßinn der Herzog von Wolfenbüttel ihr Großvater, zum Altare; die Königinn von Pohlen war mit ihrem Hofstaate, so wie der Herzog von Wol- fenbüttel, der Braut Vater, und die Herzoginn ihre Mutter, gegenwärtig. Es folgte ein prächtiges Fest in dem Pallaste der Königinn von Pohlen, und wenn es der Czar zugegeben hätte, daß der alte Herzog von Braunschweig den Aufwand übernehmen dürfen, so würde die Pracht bey der Vermählung seiner Enkelinn ihres Gleichen nicht gehabt haben. Allein es wäre zu wünschen gewesen, daß anstatt der Pracht im An- fange, mehr Glückseligkeit in der Folge bey dieser Vermählung gewesen wäre, welche aber hier kaum zu erwarten war, indem der Prinz auf seiner Seite keine Neigung zu dieser Verbindung hatte. Der Czaro- witz war den niedrigen, sinnlichen Vergnügungen, und niedriger lasterhafter Gesellschaft gänzlich ergeben,
hatte
1712. Vermaͤhlung des Czaro- witz.
Der Czar war in Deutſchland geweſen, ſich mit ſeinen Alliirten zu berathſchlagen, und gieng alsdenn in das Carlsbad, und bediente ſich wegen ſei- ner Geſundheit des Geſundbrunnens, der ihm auch gute Dienſte leiſtete. Von da gieng er uͤber Dresden nach Torgau, wo er ſeinen Sohn, den Czarowitz, an- traf, der im Begriffe war, die Prinzeßinn von Wol- fenbuͤttel, eine Schweſter der Kaiſerinn, Carls des ſechsten Gemahlinn, zu heirathen. Der Czarowitz war im 22ſten und die Prinzeßinn im 18ten Jahre. Die Koͤniginn von Pohlen machte große Anſtalten zu dieſer Vermaͤhlung, und die Feyerlichkeit wurde den 25ſten October 1711 den Tag nach des Czars An- kunft ohne großen Pomp von einem griechiſchen Geiſt- lichen vollzogen. Den Czarowitz fuͤhrte der Czar, und die Prinzeßinn der Herzog von Wolfenbuͤttel ihr Großvater, zum Altare; die Koͤniginn von Pohlen war mit ihrem Hofſtaate, ſo wie der Herzog von Wol- fenbuͤttel, der Braut Vater, und die Herzoginn ihre Mutter, gegenwaͤrtig. Es folgte ein praͤchtiges Feſt in dem Pallaſte der Koͤniginn von Pohlen, und wenn es der Czar zugegeben haͤtte, daß der alte Herzog von Braunſchweig den Aufwand uͤbernehmen duͤrfen, ſo wuͤrde die Pracht bey der Vermaͤhlung ſeiner Enkelinn ihres Gleichen nicht gehabt haben. Allein es waͤre zu wuͤnſchen geweſen, daß anſtatt der Pracht im An- fange, mehr Gluͤckſeligkeit in der Folge bey dieſer Vermaͤhlung geweſen waͤre, welche aber hier kaum zu erwarten war, indem der Prinz auf ſeiner Seite keine Neigung zu dieſer Verbindung hatte. Der Czaro- witz war den niedrigen, ſinnlichen Vergnuͤgungen, und niedriger laſterhafter Geſellſchaft gaͤnzlich ergeben,
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Der Czar war in Deutſchland geweſen, ſich mit
ſeinen Alliirten zu berathſchlagen, und gieng
alsdenn in das Carlsbad, und bediente ſich wegen ſei-
ner Geſundheit des Geſundbrunnens, der ihm auch
gute Dienſte leiſtete. Von da gieng er uͤber Dresden
nach Torgau, wo er ſeinen Sohn, den Czarowitz, an-
traf, der im Begriffe war, die Prinzeßinn von Wol-
fenbuͤttel, eine Schweſter der Kaiſerinn, Carls des
ſechsten Gemahlinn, zu heirathen. Der Czarowitz
war im 22ſten und die Prinzeßinn im 18ten Jahre.
Die Koͤniginn von Pohlen machte große Anſtalten zu
dieſer Vermaͤhlung, und die Feyerlichkeit wurde den
25ſten October 1711 den Tag nach des Czars An-
kunft ohne großen Pomp von einem griechiſchen Geiſt-
lichen vollzogen. Den Czarowitz fuͤhrte der Czar,
und die Prinzeßinn der Herzog von Wolfenbuͤttel ihr
Großvater, zum Altare; die Koͤniginn von Pohlen
war mit ihrem Hofſtaate, ſo wie der Herzog von Wol-
fenbuͤttel, der Braut Vater, und die Herzoginn ihre
Mutter, gegenwaͤrtig. Es folgte ein praͤchtiges Feſt
in dem Pallaſte der Koͤniginn von Pohlen, und wenn
es der Czar zugegeben haͤtte, daß der alte Herzog von
Braunſchweig den Aufwand uͤbernehmen duͤrfen, ſo
wuͤrde die Pracht bey der Vermaͤhlung ſeiner Enkelinn
ihres Gleichen nicht gehabt haben. Allein es waͤre
zu wuͤnſchen geweſen, daß anſtatt der Pracht im An-
fange, mehr Gluͤckſeligkeit in der Folge bey dieſer
Vermaͤhlung geweſen waͤre, welche aber hier kaum zu
erwarten war, indem der Prinz auf ſeiner Seite keine
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Bruce, Peter Henry: Des Herrn Peter Heinrich Bruce [...] Nachrichten von seinen Reisen in Deutschland, Rußland, die Tartarey, Türkey, Westindien u. s. f. Leipzig, 1784, S. 80. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bruce_reisen_1784/90>, abgerufen am 21.11.2024.
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