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Brümmer, Franz: Lexikon der deutschen Dichter und Prosaisten vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart. Bd. 5. 6. Aufl. Leipzig, 1913.

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Nie
Bereits im November 1826 hatte N.
das Rechtsstudium aufgegeben u. sich
der Medizin zugewandt; doch betrieb
er diese Wissenschaft ganz in seiner
alten gewohnten Weise, d. h. ohne
jeglichen Erfolg. Zwar hatte er be-
reits einige medizinische Prüfungen
bestanden und seinen Freunden ver-
sprochen, sich den Doktorgrad zu er-
werben; doch unterblieb dies. Durch
den Tod seiner Großmutter (1830)
in den Besitz eines mäßigen Vermö-
gens gelangt, glaubte er in unabhän-
giger Stellung seinen poetischen Nei-
gungen folgen zu können, und so
beschäftigte ihn zunächst die Heraus-
gabe seiner Gedichte. Da dies da-
mals in Österreich nicht möglich war,
reiste N. im Juni 1831 nach Stutt-
gart ab, und nun begann im Verkehr
mit den Freunden u. Sangesgenossen
Schwab, Kerner, Uhland, Pfizer u. a.
für den Dichter ein Leben, wie es sei-
nem Geiste, der schon damals Spuren
von Trübsinn zeigte, äußerst wohl-
tuend war. Jm November 1831 be-
gab sich N. nach Heidelberg in der
Absicht, im Frühling des nächsten
Jahres zu promovieren. Allein er
verfiel hier in der Einsamkeit all-
mählich in Schwermut und in eine
gedrückte Seelenstimmung. Jn dieser
Zeit reifte auch sein Plan, nach Ame-
rika auszuwandern. Ende Juli 1832
bestieg er in Holland einen Ostindien-
fahrer und kam nach einer Fahrt von
zehn Wochen in Amerika an; aber
bald fühlte er sich von der rauhen
Wirklichkeit der Neuen Welt zurück-
gestoßen, und bereits im folgenden
Jahre, nachdem er eine größere Wan-
derung durch die Vereinigten Staaten
unternommen, kehrte er nach Europa
zurück. Schwaben und Österreich,
Stuttgart und Wien waren hinfort
die Punkte, zwischen denen sich N.s
Leben bewegte. Alljährliche Sommer-
ausflüge in die bayerischen u. öster-
reichischen Alpen, rastloses Schaffen
auf dem Gebiete der Dichtung füll-
[Spaltenumbruch]
Nie
ten die folgenden Jahre aus. Allein
das aufgeregte Dichterleben, das un-
stete Wandern, das viele Nachtwachen,
verbunden mit geistiger Anstrengung,
der Mangel einer geordneten körper-
lichen Pflege, an deren Stelle nerven-
zerstörende Reizmittel von ihm an-
gewendet wurden: alles dies mußte
schließlich seinen Körper und Geist
ruinieren, um so mehr, als er von
vornherein zu Schwermut und Trüb-
sinn geneigt war. So war das Jahr
1844 herangekommen. Ende März
reiste N. nach Stuttgart, im Juli
nach Baden-Baden. Hier lernte er
eine junge liebenswürdige Dame,
Marie Behrends aus Frankfurt am
Main, kennen, mit der er sich verlobte,
u. es schien, als wenn ihm jetzt gün-
stigere Sterne leuchten sollten. Um
so erschütternder wirkte daher die
Kunde, daß sein stilles u. lange ver-
haltenes Seelenleiden plötzlich in hel-
lem Wahnsinn aufgelodert sei. Er
wurde am 22. Oktober 1844 nach der
Jrren-Heilanstalt Winnenthal in
Württemberg u. am 16. Mai 1847 in
die zu Oberdöbling b. Wien gebracht,
wo er nach langem Leiden am 22.
August 1850 starb.

S:

Gedichte, 1832.
- Neuere Gedichte, 1838. - Faust (G.),
1836. - Savonarola (G.), 1837. -
Die Albigenser (Freie Dn.), 1842. -
Frühlings-Almanach; hrsg. II, 1835
bis 1836. - Dichterischer Nachlaß,
hrsg. von Anastasius Grün, 1851. -
Sämtliche Werke; hrsg. von Anast.
Grün; IV, 1855. - Nicolaus Lenaus
Briefe an einen Freund; hrsg. von
Karl Mayer. 2. A. 1853. - Sämtliche
Werke; hrsg. von G. Emil Barthel.
2. A. 1883 [Jnhalt: Zwei Bücher Ge-
dichte. - Größere lyrisch-epische Dich-
tungen (Klara Hebert. - Die Mario-
netten. - Anna. - Mischka. - Johannes
Ziska). - Gedichte aus dem Nachlaß.
- Lyrische Nachlese. - Faust. - Sa-
vonarola. - Die Albigenser. - Don
Juan (Dr. G.)]. - Nicolaus Lenau
und Sophie Löwenthal. Tagebuch

*


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Nie
Bereits im November 1826 hatte N.
das Rechtsſtudium aufgegeben u. ſich
der Medizin zugewandt; doch betrieb
er dieſe Wiſſenſchaft ganz in ſeiner
alten gewohnten Weiſe, d. h. ohne
jeglichen Erfolg. Zwar hatte er be-
reits einige mediziniſche Prüfungen
beſtanden und ſeinen Freunden ver-
ſprochen, ſich den Doktorgrad zu er-
werben; doch unterblieb dies. Durch
den Tod ſeiner Großmutter (1830)
in den Beſitz eines mäßigen Vermö-
gens gelangt, glaubte er in unabhän-
giger Stellung ſeinen poetiſchen Nei-
gungen folgen zu können, und ſo
beſchäftigte ihn zunächſt die Heraus-
gabe ſeiner Gedichte. Da dies da-
mals in Öſterreich nicht möglich war,
reiſte N. im Juni 1831 nach Stutt-
gart ab, und nun begann im Verkehr
mit den Freunden u. Sangesgenoſſen
Schwab, Kerner, Uhland, Pfizer u. a.
für den Dichter ein Leben, wie es ſei-
nem Geiſte, der ſchon damals Spuren
von Trübſinn zeigte, äußerſt wohl-
tuend war. Jm November 1831 be-
gab ſich N. nach Heidelberg in der
Abſicht, im Frühling des nächſten
Jahres zu promovieren. Allein er
verfiel hier in der Einſamkeit all-
mählich in Schwermut und in eine
gedrückte Seelenſtimmung. Jn dieſer
Zeit reifte auch ſein Plan, nach Ame-
rika auszuwandern. Ende Juli 1832
beſtieg er in Holland einen Oſtindien-
fahrer und kam nach einer Fahrt von
zehn Wochen in Amerika an; aber
bald fühlte er ſich von der rauhen
Wirklichkeit der Neuen Welt zurück-
geſtoßen, und bereits im folgenden
Jahre, nachdem er eine größere Wan-
derung durch die Vereinigten Staaten
unternommen, kehrte er nach Europa
zurück. Schwaben und Öſterreich,
Stuttgart und Wien waren hinfort
die Punkte, zwiſchen denen ſich N.s
Leben bewegte. Alljährliche Sommer-
ausflüge in die bayeriſchen u. öſter-
reichiſchen Alpen, raſtloſes Schaffen
auf dem Gebiete der Dichtung füll-
[Spaltenumbruch]
Nie
ten die folgenden Jahre aus. Allein
das aufgeregte Dichterleben, das un-
ſtete Wandern, das viele Nachtwachen,
verbunden mit geiſtiger Anſtrengung,
der Mangel einer geordneten körper-
lichen Pflege, an deren Stelle nerven-
zerſtörende Reizmittel von ihm an-
gewendet wurden: alles dies mußte
ſchließlich ſeinen Körper und Geiſt
ruinieren, um ſo mehr, als er von
vornherein zu Schwermut und Trüb-
ſinn geneigt war. So war das Jahr
1844 herangekommen. Ende März
reiſte N. nach Stuttgart, im Juli
nach Baden-Baden. Hier lernte er
eine junge liebenswürdige Dame,
Marie Behrends aus Frankfurt am
Main, kennen, mit der er ſich verlobte,
u. es ſchien, als wenn ihm jetzt gün-
ſtigere Sterne leuchten ſollten. Um
ſo erſchütternder wirkte daher die
Kunde, daß ſein ſtilles u. lange ver-
haltenes Seelenleiden plötzlich in hel-
lem Wahnſinn aufgelodert ſei. Er
wurde am 22. Oktober 1844 nach der
Jrren-Heilanſtalt Winnenthal in
Württemberg u. am 16. Mai 1847 in
die zu Oberdöbling b. Wien gebracht,
wo er nach langem Leiden am 22.
Auguſt 1850 ſtarb.

S:

Gedichte, 1832.
‒ Neuere Gedichte, 1838. ‒ Fauſt (G.),
1836. ‒ Savonarola (G.), 1837. ‒
Die Albigenſer (Freie Dn.), 1842. ‒
Frühlings-Almanach; hrsg. II, 1835
bis 1836. ‒ Dichteriſcher Nachlaß,
hrsg. von Anaſtaſius Grün, 1851. ‒
Sämtliche Werke; hrsg. von Anaſt.
Grün; IV, 1855. ‒ Nicolaus Lenaus
Briefe an einen Freund; hrsg. von
Karl Mayer. 2. A. 1853. ‒ Sämtliche
Werke; hrsg. von G. Emil Barthel.
2. A. 1883 [Jnhalt: Zwei Bücher Ge-
dichte. ‒ Größere lyriſch-epiſche Dich-
tungen (Klara Hebert. ‒ Die Mario-
netten. ‒ Anna. ‒ Miſchka. ‒ Johannes
Ziska). ‒ Gedichte aus dem Nachlaß.
‒ Lyriſche Nachleſe. ‒ Fauſt. ‒ Sa-
vonarola. ‒ Die Albigenſer. ‒ Don
Juan (Dr. G.)]. ‒ Nicolaus Lenau
und Sophie Löwenthal. Tagebuch

*
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[135/0139] Nie Nie Bereits im November 1826 hatte N. das Rechtsſtudium aufgegeben u. ſich der Medizin zugewandt; doch betrieb er dieſe Wiſſenſchaft ganz in ſeiner alten gewohnten Weiſe, d. h. ohne jeglichen Erfolg. Zwar hatte er be- reits einige mediziniſche Prüfungen beſtanden und ſeinen Freunden ver- ſprochen, ſich den Doktorgrad zu er- werben; doch unterblieb dies. Durch den Tod ſeiner Großmutter (1830) in den Beſitz eines mäßigen Vermö- gens gelangt, glaubte er in unabhän- giger Stellung ſeinen poetiſchen Nei- gungen folgen zu können, und ſo beſchäftigte ihn zunächſt die Heraus- gabe ſeiner Gedichte. Da dies da- mals in Öſterreich nicht möglich war, reiſte N. im Juni 1831 nach Stutt- gart ab, und nun begann im Verkehr mit den Freunden u. Sangesgenoſſen Schwab, Kerner, Uhland, Pfizer u. a. für den Dichter ein Leben, wie es ſei- nem Geiſte, der ſchon damals Spuren von Trübſinn zeigte, äußerſt wohl- tuend war. Jm November 1831 be- gab ſich N. nach Heidelberg in der Abſicht, im Frühling des nächſten Jahres zu promovieren. Allein er verfiel hier in der Einſamkeit all- mählich in Schwermut und in eine gedrückte Seelenſtimmung. Jn dieſer Zeit reifte auch ſein Plan, nach Ame- rika auszuwandern. Ende Juli 1832 beſtieg er in Holland einen Oſtindien- fahrer und kam nach einer Fahrt von zehn Wochen in Amerika an; aber bald fühlte er ſich von der rauhen Wirklichkeit der Neuen Welt zurück- geſtoßen, und bereits im folgenden Jahre, nachdem er eine größere Wan- derung durch die Vereinigten Staaten unternommen, kehrte er nach Europa zurück. Schwaben und Öſterreich, Stuttgart und Wien waren hinfort die Punkte, zwiſchen denen ſich N.s Leben bewegte. Alljährliche Sommer- ausflüge in die bayeriſchen u. öſter- reichiſchen Alpen, raſtloſes Schaffen auf dem Gebiete der Dichtung füll- ten die folgenden Jahre aus. Allein das aufgeregte Dichterleben, das un- ſtete Wandern, das viele Nachtwachen, verbunden mit geiſtiger Anſtrengung, der Mangel einer geordneten körper- lichen Pflege, an deren Stelle nerven- zerſtörende Reizmittel von ihm an- gewendet wurden: alles dies mußte ſchließlich ſeinen Körper und Geiſt ruinieren, um ſo mehr, als er von vornherein zu Schwermut und Trüb- ſinn geneigt war. So war das Jahr 1844 herangekommen. Ende März reiſte N. nach Stuttgart, im Juli nach Baden-Baden. Hier lernte er eine junge liebenswürdige Dame, Marie Behrends aus Frankfurt am Main, kennen, mit der er ſich verlobte, u. es ſchien, als wenn ihm jetzt gün- ſtigere Sterne leuchten ſollten. Um ſo erſchütternder wirkte daher die Kunde, daß ſein ſtilles u. lange ver- haltenes Seelenleiden plötzlich in hel- lem Wahnſinn aufgelodert ſei. Er wurde am 22. Oktober 1844 nach der Jrren-Heilanſtalt Winnenthal in Württemberg u. am 16. Mai 1847 in die zu Oberdöbling b. Wien gebracht, wo er nach langem Leiden am 22. Auguſt 1850 ſtarb. S: Gedichte, 1832. ‒ Neuere Gedichte, 1838. ‒ Fauſt (G.), 1836. ‒ Savonarola (G.), 1837. ‒ Die Albigenſer (Freie Dn.), 1842. ‒ Frühlings-Almanach; hrsg. II, 1835 bis 1836. ‒ Dichteriſcher Nachlaß, hrsg. von Anaſtaſius Grün, 1851. ‒ Sämtliche Werke; hrsg. von Anaſt. Grün; IV, 1855. ‒ Nicolaus Lenaus Briefe an einen Freund; hrsg. von Karl Mayer. 2. A. 1853. ‒ Sämtliche Werke; hrsg. von G. Emil Barthel. 2. A. 1883 [Jnhalt: Zwei Bücher Ge- dichte. ‒ Größere lyriſch-epiſche Dich- tungen (Klara Hebert. ‒ Die Mario- netten. ‒ Anna. ‒ Miſchka. ‒ Johannes Ziska). ‒ Gedichte aus dem Nachlaß. ‒ Lyriſche Nachleſe. ‒ Fauſt. ‒ Sa- vonarola. ‒ Die Albigenſer. ‒ Don Juan (Dr. G.)]. ‒ Nicolaus Lenau und Sophie Löwenthal. Tagebuch *

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Zitationshilfe: Brümmer, Franz: Lexikon der deutschen Dichter und Prosaisten vom Beginn des 19. Jahrhunderts bis zur Gegenwart. Bd. 5. 6. Aufl. Leipzig, 1913, S. 135. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/bruemmer_lexikon05_1913/139>, abgerufen am 24.11.2024.