lion befinden mochte. Dass Aegina Ol. 80 seine Selbstständig- keit verlor, bildet keinen Gegenbeweis. Vielmehr könnten wir vermuthen, dass gerade deshalb der Künstler nach dem mit Aegina befreundeten Sparta ausgewandert sei. -- Das Zeug- niss des Plinius endlich, der1) den Kallon in die 87ste Ol. setzt, habe ich bis jetzt absichtlich unberücksichtigt gelassen. Diese Bestimmung beruht auf einer falschen Annahme über Ageladas. Doch liegt in dem Umstande, dass Kallon mit diesem zusam- men, und nach Kritios, Nesiotes, Hegias genannt wird, eine entfernte Bestätigung der oben entwickelten Ansicht.
Ausser jenem Dreifusse mit der Figur der Kora erwähnt Pau- sanias2) nur noch ein Werk des Kallon, das Xoanon der Athene Sthenias auf der Burg von Korinth. Der Ruf des Künstlers muss aber nach den oben mitgetheilten Urtheilen kein geringer gewesen sein. Da diese jedoch nicht das Eigenthümliche seiner Kunst- richtung an sich, sondern nur sein Verhältniss zur Entwicke- lung der Kunst im Allgemeinen bestimmen, so werden wir sie besser weiter unten in grösserem Zusammenhange betrachten.
Onatas.
Er war der Sohn eines Mikon, den man früher mit dem athenischen Maler gleiches Namens verwechselt hat, da dieser doch höchstens Zeitgenosse, wenn nicht gar jünger als Onatas selbst war. Zur Bestimmung seiner Zeit liegen verschiedene Angaben vor, die sich aber sämmtlich ohne be- sondere Schwierigkeit vereinigen. Allgemein sagt zuerst Pau- sanias3), sein Zeitalter komme überein mit dem des Atheners Hegias und des Argivers Ageladas. Allein bei der Beschaffen- heit unserer Quellen dürfen wir vielmehr von Onatas auf diese, als von ihnen auf Onatas einen Schluss machen. Nicht anders ist es bei Kalamis, mit dem er gemeinschaftlich arbeitete. Noch schwankender wegen der Verderbnisse des Textes ist die zweite Angabe bei Pausanias, er habe gearbeitet geneais malista usteron tes epi ten Ellada epistrateias tou Medou. Hier ist grammatisch nothwendig, entweder genea zu schrei- ben, oder zum Plural eine Zahl (dusin) hinzuzufügen. Die neuesten Herausgeber haben sämmtlich den ersten, Müller4) und Thiersch5) den zweiten Ausweg vorgezogen. Ich ent-
1) 34, 49.
2) II, 32, 4.
3) VIII, 42, 4.
4) Aeg. p. 105.
5) Ep. Not. S. 60.
lion befinden mochte. Dass Aegina Ol. 80 seine Selbstständig- keit verlor, bildet keinen Gegenbeweis. Vielmehr könnten wir vermuthen, dass gerade deshalb der Künstler nach dem mit Aegina befreundeten Sparta ausgewandert sei. — Das Zeug- niss des Plinius endlich, der1) den Kallon in die 87ste Ol. setzt, habe ich bis jetzt absichtlich unberücksichtigt gelassen. Diese Bestimmung beruht auf einer falschen Annahme über Ageladas. Doch liegt in dem Umstande, dass Kallon mit diesem zusam- men, und nach Kritios, Nesiotes, Hegias genannt wird, eine entfernte Bestätigung der oben entwickelten Ansicht.
Ausser jenem Dreifusse mit der Figur der Kora erwähnt Pau- sanias2) nur noch ein Werk des Kallon, das Xoanon der Athene Sthenias auf der Burg von Korinth. Der Ruf des Künstlers muss aber nach den oben mitgetheilten Urtheilen kein geringer gewesen sein. Da diese jedoch nicht das Eigenthümliche seiner Kunst- richtung an sich, sondern nur sein Verhältniss zur Entwicke- lung der Kunst im Allgemeinen bestimmen, so werden wir sie besser weiter unten in grösserem Zusammenhange betrachten.
Onatas.
Er war der Sohn eines Mikon, den man früher mit dem athenischen Maler gleiches Namens verwechselt hat, da dieser doch höchstens Zeitgenosse, wenn nicht gar jünger als Onatas selbst war. Zur Bestimmung seiner Zeit liegen verschiedene Angaben vor, die sich aber sämmtlich ohne be- sondere Schwierigkeit vereinigen. Allgemein sagt zuerst Pau- sanias3), sein Zeitalter komme überein mit dem des Atheners Hegias und des Argivers Ageladas. Allein bei der Beschaffen- heit unserer Quellen dürfen wir vielmehr von Onatas auf diese, als von ihnen auf Onatas einen Schluss machen. Nicht anders ist es bei Kalamis, mit dem er gemeinschaftlich arbeitete. Noch schwankender wegen der Verderbnisse des Textes ist die zweite Angabe bei Pausanias, er habe gearbeitet γενεαῖς μάλιστα ὕστερον τῆς ἐπὶ τὴν Ἑλλάδα ἐπιστρατείας τοῦ Μήδου. Hier ist grammatisch nothwendig, entweder γενεᾷ zu schrei- ben, oder zum Plural eine Zahl (δυσὶν) hinzuzufügen. Die neuesten Herausgeber haben sämmtlich den ersten, Müller4) und Thiersch5) den zweiten Ausweg vorgezogen. Ich ent-
1) 34, 49.
2) II, 32, 4.
3) VIII, 42, 4.
4) Aeg. p. 105.
5) Ep. Not. S. 60.
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lion befinden mochte. Dass Aegina Ol. 80 seine Selbstständig-
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Aegina befreundeten Sparta ausgewandert sei. — Das Zeug-
niss des Plinius endlich, der 1) den Kallon in die 87ste Ol. setzt,
habe ich bis jetzt absichtlich unberücksichtigt gelassen. Diese
Bestimmung beruht auf einer falschen Annahme über Ageladas.
Doch liegt in dem Umstande, dass Kallon mit diesem zusam-
men, und nach Kritios, Nesiotes, Hegias genannt wird, eine
entfernte Bestätigung der oben entwickelten Ansicht.
Ausser jenem Dreifusse mit der Figur der Kora erwähnt Pau-
sanias 2) nur noch ein Werk des Kallon, das Xoanon der Athene
Sthenias auf der Burg von Korinth. Der Ruf des Künstlers muss
aber nach den oben mitgetheilten Urtheilen kein geringer gewesen
sein. Da diese jedoch nicht das Eigenthümliche seiner Kunst-
richtung an sich, sondern nur sein Verhältniss zur Entwicke-
lung der Kunst im Allgemeinen bestimmen, so werden wir sie
besser weiter unten in grösserem Zusammenhange betrachten.
Onatas.
Er war der Sohn eines Mikon, den man früher mit
dem athenischen Maler gleiches Namens verwechselt hat,
da dieser doch höchstens Zeitgenosse, wenn nicht gar jünger
als Onatas selbst war. Zur Bestimmung seiner Zeit liegen
verschiedene Angaben vor, die sich aber sämmtlich ohne be-
sondere Schwierigkeit vereinigen. Allgemein sagt zuerst Pau-
sanias 3), sein Zeitalter komme überein mit dem des Atheners
Hegias und des Argivers Ageladas. Allein bei der Beschaffen-
heit unserer Quellen dürfen wir vielmehr von Onatas auf diese,
als von ihnen auf Onatas einen Schluss machen. Nicht anders
ist es bei Kalamis, mit dem er gemeinschaftlich arbeitete.
Noch schwankender wegen der Verderbnisse des Textes ist
die zweite Angabe bei Pausanias, er habe gearbeitet γενεαῖς
μάλιστα ὕστερον τῆς ἐπὶ τὴν Ἑλλάδα ἐπιστρατείας τοῦ Μήδου.
Hier ist grammatisch nothwendig, entweder γενεᾷ zu schrei-
ben, oder zum Plural eine Zahl (δυσὶν) hinzuzufügen. Die
neuesten Herausgeber haben sämmtlich den ersten, Müller 4)
und Thiersch 5) den zweiten Ausweg vorgezogen. Ich ent-
1) 34, 49.
2) II, 32, 4.
3) VIII, 42, 4.
4) Aeg. p. 105.
5) Ep.
Not. S. 60.
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Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853, S. 88. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen01_1853/101>, abgerufen am 21.11.2024.
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