eine zweite Stelle des Plinius1) einen scheinbaren Wider- spruch, indem dort Hegias und Hegesias als zwei Personen angeführt werden. Sie lautet: Hegiae Minerva Pyrrhusque rex laudatur et celetizontes pueri et Castor et Pollux ante aedem Iovis tonantis (;) Hagesiae in Pario colonia Hercules (;) Isidori buthytes. Sillig hat mit v. Jan vor Hagesiae und nach Hercules interpungirt. Ich mache jedoch auf eine Inschrift aus Pozzuoli aufmerksam, in der ein Künstler Isidoros gerade Parier genannt wird2). Dies führt darauf, bei Plinius zu ver- binden: in Pario colonia Hercules Isidori buthytes, so dass bu- thytes, der Stieropferer, als Beiwort zu Hercules gehört. Be- trachten wir jetzt die übrig bleibenden Worte, so erscheint der Name des Hegesias nur dazwischen gesetzt, um alles in Unordnung zu bringen. Ich denke mir daher die Sache so, dass ein Glossator oder Plinius selbst Hegesiae als Variante oder Doppelform von Hegiae an den Rand setzte und diese dann später unbefugter Weise in den Text gerieth. Die Ein- wendung, welche sich Thiersch selbst macht, dass nemlich die celetizontes pueri in dieser frühen Zeit auffällig seien, lässt sich durch einfache Hinweisung auf gleiche Werke des Kanachos leicht beseitigen.
Werke des Hegias sind sonach die bei Plinius angeführ- ten; nemlich Minerva, Pyrrhus, natürlich nicht der König von Epirus, sondern der Sohn des Achilles, endlich Castor und Pollux in Rom vor dem Tempel des Juppiter tonans. Dass Hegias wahrscheinlich Lehrer des Phidias war, werden wir später erfahren. In Betreff des Styls wird er immer mit den folgenden Künstlern zusammen genannt.
Die Namen derselben, Kritios und Nesiotes, sind erst durch die Entdeckung athenischer Inschriften in den Jahren 1835 und 1839 festgestellt worden. Kritios ward früher Kritias genannt, und den Namen Nesiotes glaubte man auf denselben Künstler wegen angeblicher Herkunft von einer Insel beziehen zu müssen. Genaue Erörterungen darüber, die wir hier nicht wiederholen wollen, finden sich bei Ross Kritios, Nesiotes etc. Athenes 1839 und im Kunstblatt 1840 n. 11. Ueber die Accentuirung Kritios s. Göttling in Gerhards arch. Zeit. n. 30, S. 96. -- Als Zeitgenossen des Onatas, Ageladas, Kallon muss-
1) 34, 78.
2) C. Inscr. Gr. n. 5858.
eine zweite Stelle des Plinius1) einen scheinbaren Wider- spruch, indem dort Hegias und Hegesias als zwei Personen angeführt werden. Sie lautet: Hegiae Minerva Pyrrhusque rex laudatur et celetizontes pueri et Castor et Pollux ante aedem Iovis tonantis (;) Hagesiae in Pario colonia Hercules (;) Isidori buthytes. Sillig hat mit v. Jan vor Hagesiae und nach Hercules interpungirt. Ich mache jedoch auf eine Inschrift aus Pozzuoli aufmerksam, in der ein Künstler Isidoros gerade Parier genannt wird2). Dies führt darauf, bei Plinius zu ver- binden: in Pario colonia Hercules Isidori buthytes, so dass bu- thytes, der Stieropferer, als Beiwort zu Hercules gehört. Be- trachten wir jetzt die übrig bleibenden Worte, so erscheint der Name des Hegesias nur dazwischen gesetzt, um alles in Unordnung zu bringen. Ich denke mir daher die Sache so, dass ein Glossator oder Plinius selbst Hegesiae als Variante oder Doppelform von Hegiae an den Rand setzte und diese dann später unbefugter Weise in den Text gerieth. Die Ein- wendung, welche sich Thiersch selbst macht, dass nemlich die celetizontes pueri in dieser frühen Zeit auffällig seien, lässt sich durch einfache Hinweisung auf gleiche Werke des Kanachos leicht beseitigen.
Werke des Hegias sind sonach die bei Plinius angeführ- ten; nemlich Minerva, Pyrrhus, natürlich nicht der König von Epirus, sondern der Sohn des Achilles, endlich Castor und Pollux in Rom vor dem Tempel des Juppiter tonans. Dass Hegias wahrscheinlich Lehrer des Phidias war, werden wir später erfahren. In Betreff des Styls wird er immer mit den folgenden Künstlern zusammen genannt.
Die Namen derselben, Kritios und Nesiotes, sind erst durch die Entdeckung athenischer Inschriften in den Jahren 1835 und 1839 festgestellt worden. Kritios ward früher Kritias genannt, und den Namen Nesiotes glaubte man auf denselben Künstler wegen angeblicher Herkunft von einer Insel beziehen zu müssen. Genaue Erörterungen darüber, die wir hier nicht wiederholen wollen, finden sich bei Ross Kritios, Nesiotès etc. Athènes 1839 und im Kunstblatt 1840 n. 11. Ueber die Accentuirung Κριτίος s. Göttling in Gerhards arch. Zeit. n. 30, S. 96. — Als Zeitgenossen des Onatas, Ageladas, Kallon muss-
1) 34, 78.
2) C. Inscr. Gr. n. 5858.
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eine zweite Stelle des Plinius 1) einen scheinbaren Wider-
spruch, indem dort Hegias und Hegesias als zwei Personen
angeführt werden. Sie lautet: Hegiae Minerva Pyrrhusque
rex laudatur et celetizontes pueri et Castor et Pollux ante
aedem Iovis tonantis (;) Hagesiae in Pario colonia Hercules (;)
Isidori buthytes. Sillig hat mit v. Jan vor Hagesiae und nach
Hercules interpungirt. Ich mache jedoch auf eine Inschrift
aus Pozzuoli aufmerksam, in der ein Künstler Isidoros gerade
Parier genannt wird 2). Dies führt darauf, bei Plinius zu ver-
binden: in Pario colonia Hercules Isidori buthytes, so dass bu-
thytes, der Stieropferer, als Beiwort zu Hercules gehört. Be-
trachten wir jetzt die übrig bleibenden Worte, so erscheint
der Name des Hegesias nur dazwischen gesetzt, um alles in
Unordnung zu bringen. Ich denke mir daher die Sache so,
dass ein Glossator oder Plinius selbst Hegesiae als Variante
oder Doppelform von Hegiae an den Rand setzte und diese
dann später unbefugter Weise in den Text gerieth. Die Ein-
wendung, welche sich Thiersch selbst macht, dass nemlich
die celetizontes pueri in dieser frühen Zeit auffällig seien,
lässt sich durch einfache Hinweisung auf gleiche Werke des
Kanachos leicht beseitigen.
Werke des Hegias sind sonach die bei Plinius angeführ-
ten; nemlich Minerva, Pyrrhus, natürlich nicht der König von
Epirus, sondern der Sohn des Achilles, endlich Castor und
Pollux in Rom vor dem Tempel des Juppiter tonans. Dass
Hegias wahrscheinlich Lehrer des Phidias war, werden wir
später erfahren. In Betreff des Styls wird er immer mit den
folgenden Künstlern zusammen genannt.
Die Namen derselben, Kritios und Nesiotes, sind erst
durch die Entdeckung athenischer Inschriften in den Jahren
1835 und 1839 festgestellt worden. Kritios ward früher Kritias
genannt, und den Namen Nesiotes glaubte man auf denselben
Künstler wegen angeblicher Herkunft von einer Insel beziehen
zu müssen. Genaue Erörterungen darüber, die wir hier nicht
wiederholen wollen, finden sich bei Ross Kritios, Nesiotès
etc. Athènes 1839 und im Kunstblatt 1840 n. 11. Ueber die
Accentuirung Κριτίος s. Göttling in Gerhards arch. Zeit. n. 30,
S. 96. — Als Zeitgenossen des Onatas, Ageladas, Kallon muss-
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2) C. Inscr. Gr. n. 5858.
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Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853, S. 102. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen01_1853/115>, abgerufen am 24.11.2024.
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