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Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853.

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dazu zwingen. Als solche jedoch vermögen wir diejenigen,
auf welche sich dieser Gelehrte stützt, nicht anzuerkennen.
Sie sind von den Werken des Phidias hergenommen, welche
er zum Andenken und aus der Beute des marathonischen Sie-
ges gemacht haben soll. Auf das Unzuverlässige der Nach-
richten über dieselben hat schon Müller 1) hingewiesen. Nur
hätte er nicht behaupten sollen, dass in dieser Schlacht so
gut wie keine Beute gemacht sei, während doch Plutarch 2)
ausdrücklich berichtet, es sei dem Aristides die Bewachung
derselben während und kurz nach der Schlacht übertragen
worden. Herodot's Schweigen beweist dagegen nichts, da er
auch von manchen andern Dingen, z. B. den Opfern und an-
dern religiösen Feierlichkeiten, kein Wort meldet. Aber frei-
lich muss es unseren Verdacht erregen, wenn yon Pausanias
auf diese marathonische Beute sechs, und noch dazu sehr be-
deutende, Weihgeschenke bezogen werden:

1) die Athene Promachos zu Athen: I, 28, 2.
2) eine grosse Statuengruppe zu Delphi: X, 10, 1.
3) goldene Schilde am Gebälk des delphischen Tempels:
X, 19, 3.
4) das Schatzhaus der Athener zu Delphi: X, 11, 4.
5) der Tempel der Eukleia zu Athen: I, 13, 4.
6) Tempel und Statue der Athene Areia zu Plataeae: IX, 4, 1.

Um den Werth dieser Angaben zu bestimmen, müssen wir hier
einen Sprachgebrauch in Betracht ziehen, welcher die strenge
historische Wahrheit mehrfach beeinträchtigt hat, und uns auffor-
dern muss, wo etwas auf die marathonische Schlacht bezogen wird,
stets zu fragen, ob wir an die Schlacht selbst oder an die per-
sischen Kriege im Allgemeinen zu denken haben. Dieser
Sprachgebrauch ist alt: schon Aeschylus setzt, wie Pausanias 3)
bemerkt, in seiner Grabschrift 4) seinen kriegerischen Ruhm
nicht in die Theilnahme an den Schlachten bei Artemision und
Salamis, sondern an dem Kampfe bei Marathon. Eben so fin-
den wir bei Aristophanes, der gewiss dem allgemeineren Sprach-
gebrauch folgte, fast nie die salaminische, oft dagegen und
fast consequent die marathonische Schlacht, marathonische
Krieger, marathonische Zeit erwähnt, wo er nur im Allge-

1) §. 9.
2) Arist. 5.
3) I, 14, 4.
4) Anall. I, p. 523. Anthol. 1.
p. 81 ed. Jacobs.

dazu zwingen. Als solche jedoch vermögen wir diejenigen,
auf welche sich dieser Gelehrte stützt, nicht anzuerkennen.
Sie sind von den Werken des Phidias hergenommen, welche
er zum Andenken und aus der Beute des marathonischen Sie-
ges gemacht haben soll. Auf das Unzuverlässige der Nach-
richten über dieselben hat schon Müller 1) hingewiesen. Nur
hätte er nicht behaupten sollen, dass in dieser Schlacht so
gut wie keine Beute gemacht sei, während doch Plutarch 2)
ausdrücklich berichtet, es sei dem Aristides die Bewachung
derselben während und kurz nach der Schlacht übertragen
worden. Herodot’s Schweigen beweist dagegen nichts, da er
auch von manchen andern Dingen, z. B. den Opfern und an-
dern religiösen Feierlichkeiten, kein Wort meldet. Aber frei-
lich muss es unseren Verdacht erregen, wenn yon Pausanias
auf diese marathonische Beute sechs, und noch dazu sehr be-
deutende, Weihgeschenke bezogen werden:

1) die Athene Promachos zu Athen: I, 28, 2.
2) eine grosse Statuengruppe zu Delphi: X, 10, 1.
3) goldene Schilde am Gebälk des delphischen Tempels:
X, 19, 3.
4) das Schatzhaus der Athener zu Delphi: X, 11, 4.
5) der Tempel der Eukleia zu Athen: I, 13, 4.
6) Tempel und Statue der Athene Areia zu Plataeae: IX, 4, 1.

Um den Werth dieser Angaben zu bestimmen, müssen wir hier
einen Sprachgebrauch in Betracht ziehen, welcher die strenge
historische Wahrheit mehrfach beeinträchtigt hat, und uns auffor-
dern muss, wo etwas auf die marathonische Schlacht bezogen wird,
stets zu fragen, ob wir an die Schlacht selbst oder an die per-
sischen Kriege im Allgemeinen zu denken haben. Dieser
Sprachgebrauch ist alt: schon Aeschylus setzt, wie Pausanias 3)
bemerkt, in seiner Grabschrift 4) seinen kriegerischen Ruhm
nicht in die Theilnahme an den Schlachten bei Artemision und
Salamis, sondern an dem Kampfe bei Marathon. Eben so fin-
den wir bei Aristophanes, der gewiss dem allgemeineren Sprach-
gebrauch folgte, fast nie die salaminische, oft dagegen und
fast consequent die marathonische Schlacht, marathonische
Krieger, marathonische Zeit erwähnt, wo er nur im Allge-

1) §. 9.
2) Arist. 5.
3) I, 14, 4.
4) Anall. I, p. 523. Anthol. 1.
p. 81 ed. Jacobs.
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[162/0175] dazu zwingen. Als solche jedoch vermögen wir diejenigen, auf welche sich dieser Gelehrte stützt, nicht anzuerkennen. Sie sind von den Werken des Phidias hergenommen, welche er zum Andenken und aus der Beute des marathonischen Sie- ges gemacht haben soll. Auf das Unzuverlässige der Nach- richten über dieselben hat schon Müller 1) hingewiesen. Nur hätte er nicht behaupten sollen, dass in dieser Schlacht so gut wie keine Beute gemacht sei, während doch Plutarch 2) ausdrücklich berichtet, es sei dem Aristides die Bewachung derselben während und kurz nach der Schlacht übertragen worden. Herodot’s Schweigen beweist dagegen nichts, da er auch von manchen andern Dingen, z. B. den Opfern und an- dern religiösen Feierlichkeiten, kein Wort meldet. Aber frei- lich muss es unseren Verdacht erregen, wenn yon Pausanias auf diese marathonische Beute sechs, und noch dazu sehr be- deutende, Weihgeschenke bezogen werden: 1) die Athene Promachos zu Athen: I, 28, 2. 2) eine grosse Statuengruppe zu Delphi: X, 10, 1. 3) goldene Schilde am Gebälk des delphischen Tempels: X, 19, 3. 4) das Schatzhaus der Athener zu Delphi: X, 11, 4. 5) der Tempel der Eukleia zu Athen: I, 13, 4. 6) Tempel und Statue der Athene Areia zu Plataeae: IX, 4, 1. Um den Werth dieser Angaben zu bestimmen, müssen wir hier einen Sprachgebrauch in Betracht ziehen, welcher die strenge historische Wahrheit mehrfach beeinträchtigt hat, und uns auffor- dern muss, wo etwas auf die marathonische Schlacht bezogen wird, stets zu fragen, ob wir an die Schlacht selbst oder an die per- sischen Kriege im Allgemeinen zu denken haben. Dieser Sprachgebrauch ist alt: schon Aeschylus setzt, wie Pausanias 3) bemerkt, in seiner Grabschrift 4) seinen kriegerischen Ruhm nicht in die Theilnahme an den Schlachten bei Artemision und Salamis, sondern an dem Kampfe bei Marathon. Eben so fin- den wir bei Aristophanes, der gewiss dem allgemeineren Sprach- gebrauch folgte, fast nie die salaminische, oft dagegen und fast consequent die marathonische Schlacht, marathonische Krieger, marathonische Zeit erwähnt, wo er nur im Allge- 1) §. 9. 2) Arist. 5. 3) I, 14, 4. 4) Anall. I, p. 523. Anthol. 1. p. 81 ed. Jacobs.

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Zitationshilfe: Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853, S. 162. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen01_1853/175>, abgerufen am 21.11.2024.