gewesen sein muss: X, 11, 4 apo ton es Marathona apoban- ton, I, 14, 4 apo Medon oi tes khoras Marathoni eskhon. Auf keinen Fall konnte dieser Tempel, wie der zu Plataeae und die Pallas zu Athen, vor den Schlachten von Salamis und Pla- taeae geweiht sein, da gleichzeitig mit denselben Xerxes Athen und Plataeae zerstörte und plünderte. -- So bleibt nur ein ein- ziges Weihgeschenk, die grosse Statuengruppe von Phidias in Delphi, übrig, von welcher wir mit Bestimmtheit sagen können, dass sie wegen des Sieges bei Marathon aufgestellt ward, weil zu dieser Gruppe das Bild des Miltiades gehörte. Von ihr sagt Pausanias ausdrücklich, sie rühre alethei logo von dem Zehn- ten der Schlacht her. Dass aber selbst dieses Werk nicht sobald nach der Schlacht geweiht ward, scheint mir gerade das Bild des Miltiades zu beweisen. Denn es ist wenig wahr- scheinlich, dass die Athener ihn in Delphi so hoch ehrten, während sie ihn zu Hause im Kerker gefangen hielten. Ich möchte also auch dieses Werk in diejenige Zeit setzen, in welcher das Andenken des Miltiades durch seinen Sohn Kimon wieder zu neuen Ehren gelangte, und in welcher auch in Athen Miltiades durch das Gemälde des Panaenos in der Poekile verherrlicht wurde.
Blicken wir jetzt auf die bisherigen Erörterungen zurück, so ergiebt sich, dass wir allen Schwierigkeiten am besten be- gegnen, wenn wir unseren Standpunkt gerade in der Mitte zwischen den Meinungen von Müller und von Thiersch neh- men, und unsere Ansicht dahin aussprechen, dass Phidias gegen Ol. 70 geboren war, und um die Zeit der Schlacht von Salamis in der Kunst thätig zu sein begann. Einige Jahre später, welche nöthig waren, um Athen aus dem Schutt erste- hen zu lassen, konnte er dann an den wegen der Perserkriege geweihten Denkmalen beschäftigt sein. Als aber die Parthe- nos in Athen aufgestellt wurde, war er etwa ein Sechziger, auf welchen die Bezeichnung eines kahlköpfigen Alten recht wohl ihre Anwendung findet. Sein Tod aber fällt etwa in sein siebzigstes Lebensjahr 1).
Doch, fahre ich mit den Worten Preller's 2) fort, es ist viel wichtiger und förderlicher, sich mit möglichster Lebendig-
1) Mit diesen Resultaten stimmt im Allgemeinen Welcker in seinen münd- lichen Vorträgen, sowie auch Preller überein.
2) S. 166.
gewesen sein muss: X, 11, 4 ἀπὸ τῶν ἐς Μαραϑῶνα ἀποβάν- των, I, 14, 4 ἀπὸ Μήδων οἳ τῆς χώρας Μαραϑῶνι ἔσχον. Auf keinen Fall konnte dieser Tempel, wie der zu Plataeae und die Pallas zu Athen, vor den Schlachten von Salamis und Pla- taeae geweiht sein, da gleichzeitig mit denselben Xerxes Athen und Plataeae zerstörte und plünderte. — So bleibt nur ein ein- ziges Weihgeschenk, die grosse Statuengruppe von Phidias in Delphi, übrig, von welcher wir mit Bestimmtheit sagen können, dass sie wegen des Sieges bei Marathon aufgestellt ward, weil zu dieser Gruppe das Bild des Miltiades gehörte. Von ihr sagt Pausanias ausdrücklich, sie rühre ἀληϑεῖ λόγῳ von dem Zehn- ten der Schlacht her. Dass aber selbst dieses Werk nicht sobald nach der Schlacht geweiht ward, scheint mir gerade das Bild des Miltiades zu beweisen. Denn es ist wenig wahr- scheinlich, dass die Athener ihn in Delphi so hoch ehrten, während sie ihn zu Hause im Kerker gefangen hielten. Ich möchte also auch dieses Werk in diejenige Zeit setzen, in welcher das Andenken des Miltiades durch seinen Sohn Kimon wieder zu neuen Ehren gelangte, und in welcher auch in Athen Miltiades durch das Gemälde des Panaenos in der Poekile verherrlicht wurde.
Blicken wir jetzt auf die bisherigen Erörterungen zurück, so ergiebt sich, dass wir allen Schwierigkeiten am besten be- gegnen, wenn wir unseren Standpunkt gerade in der Mitte zwischen den Meinungen von Müller und von Thiersch neh- men, und unsere Ansicht dahin aussprechen, dass Phidias gegen Ol. 70 geboren war, und um die Zeit der Schlacht von Salamis in der Kunst thätig zu sein begann. Einige Jahre später, welche nöthig waren, um Athen aus dem Schutt erste- hen zu lassen, konnte er dann an den wegen der Perserkriege geweihten Denkmalen beschäftigt sein. Als aber die Parthe- nos in Athen aufgestellt wurde, war er etwa ein Sechziger, auf welchen die Bezeichnung eines kahlköpfigen Alten recht wohl ihre Anwendung findet. Sein Tod aber fällt etwa in sein siebzigstes Lebensjahr 1).
Doch, fahre ich mit den Worten Preller’s 2) fort, es ist viel wichtiger und förderlicher, sich mit möglichster Lebendig-
1) Mit diesen Resultaten stimmt im Allgemeinen Welcker in seinen münd- lichen Vorträgen, sowie auch Preller überein.
2) S. 166.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0177"n="164"/>
gewesen sein muss: X, 11, 4 ἀπὸτῶνἐςΜαραϑῶναἀποβάν-<lb/>των, I, 14, 4 ἀπὸΜήδωνοἳτῆςχώραςΜαραϑῶνιἔσχον. Auf<lb/>
keinen Fall konnte dieser Tempel, wie der zu Plataeae und<lb/>
die Pallas zu Athen, vor den Schlachten von Salamis und Pla-<lb/>
taeae geweiht sein, da gleichzeitig mit denselben Xerxes Athen<lb/>
und Plataeae zerstörte und plünderte. — So bleibt nur ein ein-<lb/>
ziges Weihgeschenk, die grosse Statuengruppe von Phidias in<lb/>
Delphi, übrig, von welcher wir mit Bestimmtheit sagen können,<lb/>
dass sie wegen des Sieges bei Marathon aufgestellt ward, weil<lb/>
zu dieser Gruppe das Bild des Miltiades gehörte. Von ihr sagt<lb/>
Pausanias ausdrücklich, sie rühre ἀληϑεῖλόγῳ von dem Zehn-<lb/>
ten der Schlacht her. Dass aber selbst dieses Werk nicht<lb/>
sobald nach der Schlacht geweiht ward, scheint mir gerade<lb/>
das Bild des Miltiades zu beweisen. Denn es ist wenig wahr-<lb/>
scheinlich, dass die Athener ihn in Delphi so hoch ehrten,<lb/>
während sie ihn zu Hause im Kerker gefangen hielten. Ich<lb/>
möchte also auch dieses Werk in diejenige Zeit setzen, in<lb/>
welcher das Andenken des Miltiades durch seinen Sohn Kimon<lb/>
wieder zu neuen Ehren gelangte, und in welcher auch in<lb/>
Athen Miltiades durch das Gemälde des Panaenos in der<lb/>
Poekile verherrlicht wurde.</p><lb/><p>Blicken wir jetzt auf die bisherigen Erörterungen zurück,<lb/>
so ergiebt sich, dass wir allen Schwierigkeiten am besten be-<lb/>
gegnen, wenn wir unseren Standpunkt gerade in der Mitte<lb/>
zwischen den Meinungen von Müller und von Thiersch neh-<lb/>
men, und unsere Ansicht dahin aussprechen, dass Phidias<lb/>
gegen Ol. 70 geboren war, und um die Zeit der Schlacht von<lb/>
Salamis in der Kunst thätig zu sein begann. Einige Jahre<lb/>
später, welche nöthig waren, um Athen aus dem Schutt erste-<lb/>
hen zu lassen, konnte er dann an den wegen der Perserkriege<lb/>
geweihten Denkmalen beschäftigt sein. Als aber die Parthe-<lb/>
nos in Athen aufgestellt wurde, war er etwa ein Sechziger,<lb/>
auf welchen die Bezeichnung eines kahlköpfigen Alten recht<lb/>
wohl ihre Anwendung findet. Sein Tod aber fällt etwa in sein<lb/>
siebzigstes Lebensjahr <noteplace="foot"n="1)">Mit diesen Resultaten stimmt im Allgemeinen Welcker in seinen münd-<lb/>
lichen Vorträgen, sowie auch Preller überein.</note>.</p><lb/><p>Doch, fahre ich mit den Worten Preller’s <noteplace="foot"n="2)">S. 166.</note> fort, es ist<lb/>
viel wichtiger und förderlicher, sich mit möglichster Lebendig-<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[164/0177]
gewesen sein muss: X, 11, 4 ἀπὸ τῶν ἐς Μαραϑῶνα ἀποβάν-
των, I, 14, 4 ἀπὸ Μήδων οἳ τῆς χώρας Μαραϑῶνι ἔσχον. Auf
keinen Fall konnte dieser Tempel, wie der zu Plataeae und
die Pallas zu Athen, vor den Schlachten von Salamis und Pla-
taeae geweiht sein, da gleichzeitig mit denselben Xerxes Athen
und Plataeae zerstörte und plünderte. — So bleibt nur ein ein-
ziges Weihgeschenk, die grosse Statuengruppe von Phidias in
Delphi, übrig, von welcher wir mit Bestimmtheit sagen können,
dass sie wegen des Sieges bei Marathon aufgestellt ward, weil
zu dieser Gruppe das Bild des Miltiades gehörte. Von ihr sagt
Pausanias ausdrücklich, sie rühre ἀληϑεῖ λόγῳ von dem Zehn-
ten der Schlacht her. Dass aber selbst dieses Werk nicht
sobald nach der Schlacht geweiht ward, scheint mir gerade
das Bild des Miltiades zu beweisen. Denn es ist wenig wahr-
scheinlich, dass die Athener ihn in Delphi so hoch ehrten,
während sie ihn zu Hause im Kerker gefangen hielten. Ich
möchte also auch dieses Werk in diejenige Zeit setzen, in
welcher das Andenken des Miltiades durch seinen Sohn Kimon
wieder zu neuen Ehren gelangte, und in welcher auch in
Athen Miltiades durch das Gemälde des Panaenos in der
Poekile verherrlicht wurde.
Blicken wir jetzt auf die bisherigen Erörterungen zurück,
so ergiebt sich, dass wir allen Schwierigkeiten am besten be-
gegnen, wenn wir unseren Standpunkt gerade in der Mitte
zwischen den Meinungen von Müller und von Thiersch neh-
men, und unsere Ansicht dahin aussprechen, dass Phidias
gegen Ol. 70 geboren war, und um die Zeit der Schlacht von
Salamis in der Kunst thätig zu sein begann. Einige Jahre
später, welche nöthig waren, um Athen aus dem Schutt erste-
hen zu lassen, konnte er dann an den wegen der Perserkriege
geweihten Denkmalen beschäftigt sein. Als aber die Parthe-
nos in Athen aufgestellt wurde, war er etwa ein Sechziger,
auf welchen die Bezeichnung eines kahlköpfigen Alten recht
wohl ihre Anwendung findet. Sein Tod aber fällt etwa in sein
siebzigstes Lebensjahr 1).
Doch, fahre ich mit den Worten Preller’s 2) fort, es ist
viel wichtiger und förderlicher, sich mit möglichster Lebendig-
1) Mit diesen Resultaten stimmt im Allgemeinen Welcker in seinen münd-
lichen Vorträgen, sowie auch Preller überein.
2) S. 166.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853, S. 164. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen01_1853/177>, abgerufen am 21.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.