die vordere Seite durch die Füsse des Gottes und den Schemel zum grössten Theil verdeckt und mit einfacher blauer Farbe angestrichen war, so vertheilen sich diese Gemälde auf die übrigen drei Seiten ohne Schwierigkeiten folgendermassen:
I. 1. Herakles, der dem Atlas die Last des Himmels abzu- nehmen bereit ist.
2. Theseus und Peirithoos.
3. Hellas und Salamis mit dem Schiffsschnabel in der Hand.
II. 1. Herakles im Kampfe mit dem Löwen von Nemea.
2. Des Aias Frevel an Kassandra.
3. Hippodamia mit ihrer Mutter.
III. 1. Herakles, der zur Befreiung des gefesselten Prome- theus erscheint.
2. Achilleus, der die sterbende Penthesilea emporhält.
3. Zwei Hesperiden mit den Aepfeln.
So haben wir auf jeder Seite drei Gruppen, eine jede von zwei Figuren, und wir dürfen demnach wohl annehmen, dass der Raum auch architektonisch in derselben Weise gegliedert gewesen sein wird. Auf dieser wandartigen Verkleidung ruh- ten alsdann die Querriegel, gleichsam wie ein Gebälk oder Fries auf einer Mauer. Und erst auf diesen erhoben sich die Säulen, in gleicher Reihe mit den oberen Siegesgöttinnen, welche die Füsse des Thrones im engsten Sinne bilden, wäh- rend alle Theile darunter in gewisser Weise als Basis dieses Säulenbaues betrachtet werden können. Die Zahl der Säulen scheint sich aber nach den Gemälden der Schranken bestimmen zu müssen, indem am natürlichsten zwei auf jeder Seite, je eine über der Scheidelinie zweier Gemälde, angenommen werden.
Auf den ersten Blick mögen uns diese Schranken in sol- cher Anordnung etwas fremdartig erscheinen. Aber dieser Eindruck wird sich mildern, wenn wir bedenken, dass dieser Thron nicht ein einfacher Stuhl, sondern eben der Thron des Zeus war, welcher, wie ein zu grossen Feierlichkeiten be- stimmter Königssitz, einen festen Stand und daher eine solidere architektonische Construction haben muss. Sodann aber dürfen wir die Art der Ausführung nicht unberücksichtigt lassen. Pausanias sagt, diese Schranken seien nach Art von Mauern construirt gewesen. Der Eindruck, den sie auf den Beschauer hervorbrachten, war also wesentlich verschieden von dem der
die vordere Seite durch die Füsse des Gottes und den Schemel zum grössten Theil verdeckt und mit einfacher blauer Farbe angestrichen war, so vertheilen sich diese Gemälde auf die übrigen drei Seiten ohne Schwierigkeiten folgendermassen:
I. 1. Herakles, der dem Atlas die Last des Himmels abzu- nehmen bereit ist.
2. Theseus und Peirithoos.
3. Hellas und Salamis mit dem Schiffsschnabel in der Hand.
II. 1. Herakles im Kampfe mit dem Löwen von Nemea.
2. Des Aias Frevel an Kassandra.
3. Hippodamia mit ihrer Mutter.
III. 1. Herakles, der zur Befreiung des gefesselten Prome- theus erscheint.
2. Achilleus, der die sterbende Penthesilea emporhält.
3. Zwei Hesperiden mit den Aepfeln.
So haben wir auf jeder Seite drei Gruppen, eine jede von zwei Figuren, und wir dürfen demnach wohl annehmen, dass der Raum auch architektonisch in derselben Weise gegliedert gewesen sein wird. Auf dieser wandartigen Verkleidung ruh- ten alsdann die Querriegel, gleichsam wie ein Gebälk oder Fries auf einer Mauer. Und erst auf diesen erhoben sich die Säulen, in gleicher Reihe mit den oberen Siegesgöttinnen, welche die Füsse des Thrones im engsten Sinne bilden, wäh- rend alle Theile darunter in gewisser Weise als Basis dieses Säulenbaues betrachtet werden können. Die Zahl der Säulen scheint sich aber nach den Gemälden der Schranken bestimmen zu müssen, indem am natürlichsten zwei auf jeder Seite, je eine über der Scheidelinie zweier Gemälde, angenommen werden.
Auf den ersten Blick mögen uns diese Schranken in sol- cher Anordnung etwas fremdartig erscheinen. Aber dieser Eindruck wird sich mildern, wenn wir bedenken, dass dieser Thron nicht ein einfacher Stuhl, sondern eben der Thron des Zeus war, welcher, wie ein zu grossen Feierlichkeiten be- stimmter Königssitz, einen festen Stand und daher eine solidere architektonische Construction haben muss. Sodann aber dürfen wir die Art der Ausführung nicht unberücksichtigt lassen. Pausanias sagt, diese Schranken seien nach Art von Mauern construirt gewesen. Der Eindruck, den sie auf den Beschauer hervorbrachten, war also wesentlich verschieden von dem der
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die vordere Seite durch die Füsse des Gottes und den Schemel
zum grössten Theil verdeckt und mit einfacher blauer Farbe
angestrichen war, so vertheilen sich diese Gemälde auf die
übrigen drei Seiten ohne Schwierigkeiten folgendermassen:
I. 1. Herakles, der dem Atlas die Last des Himmels abzu-
nehmen bereit ist.
2. Theseus und Peirithoos.
3. Hellas und Salamis mit dem Schiffsschnabel in der
Hand.
II. 1. Herakles im Kampfe mit dem Löwen von Nemea.
2. Des Aias Frevel an Kassandra.
3. Hippodamia mit ihrer Mutter.
III. 1. Herakles, der zur Befreiung des gefesselten Prome-
theus erscheint.
2. Achilleus, der die sterbende Penthesilea emporhält.
3. Zwei Hesperiden mit den Aepfeln.
So haben wir auf jeder Seite drei Gruppen, eine jede von
zwei Figuren, und wir dürfen demnach wohl annehmen, dass
der Raum auch architektonisch in derselben Weise gegliedert
gewesen sein wird. Auf dieser wandartigen Verkleidung ruh-
ten alsdann die Querriegel, gleichsam wie ein Gebälk oder
Fries auf einer Mauer. Und erst auf diesen erhoben sich die
Säulen, in gleicher Reihe mit den oberen Siegesgöttinnen,
welche die Füsse des Thrones im engsten Sinne bilden, wäh-
rend alle Theile darunter in gewisser Weise als Basis dieses
Säulenbaues betrachtet werden können. Die Zahl der Säulen
scheint sich aber nach den Gemälden der Schranken bestimmen
zu müssen, indem am natürlichsten zwei auf jeder Seite, je
eine über der Scheidelinie zweier Gemälde, angenommen werden.
Auf den ersten Blick mögen uns diese Schranken in sol-
cher Anordnung etwas fremdartig erscheinen. Aber dieser
Eindruck wird sich mildern, wenn wir bedenken, dass dieser
Thron nicht ein einfacher Stuhl, sondern eben der Thron des
Zeus war, welcher, wie ein zu grossen Feierlichkeiten be-
stimmter Königssitz, einen festen Stand und daher eine solidere
architektonische Construction haben muss. Sodann aber dürfen
wir die Art der Ausführung nicht unberücksichtigt lassen.
Pausanias sagt, diese Schranken seien nach Art von Mauern
construirt gewesen. Der Eindruck, den sie auf den Beschauer
hervorbrachten, war also wesentlich verschieden von dem der
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Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen01_1853/185>, abgerufen am 16.02.2025.
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