nerva im Hafen von Athen und einen Altar, mit dem sich weniges vergleichen lasse, bei dem Tempel des Jupiter Ser- vator in demselben Hafen. Darauf beziehen sich wahrschein- lich auch die Worte des Pausanias 1): "Sehenswerth ist im Peiraeeus namentlich der Temenos der Athene und des Zeus. Die Bilder beider sind von Erz; Zeus trägt das Scepter und die Nike, Athene den Speer." Der Peiraeeus aber gewann Ol. 96, 4 durch Wiederherstellung der langen Mauern und die Bauten des Konon neue Wichtigkeit; und es ist daher nicht unwahrscheinlich, dass damals auch die Schutzgötter Athene und Zeus Soter mit neuen Bildern geehrt wurden.
Ausser den angeführten Werken in Megalopolis und im Peiraeeus kennen wir ferner: die drei Musen auf dem Heli- kon, so wie eine andere vollständige Gruppe der neun Mu- sen an demselben Orte 2). Von Plinius 3) werden ausdrück- lich als Werke des älteren genannt: Mercurius Liberum patrem in infantia nutriens; wohl ähnlich, wie auf Reliefs, wo Hermes den Dionysos als Kind auf den Händen trägt; ferner ein Redner mit erhobener Hand, dessen Name unbekannt war. Endlich spricht Pausanias 4) von einem Bilde der Eirene mit Plutos in Athen, als einem Werke des Kephisodot, indem er den Gedanken lobt, welcher die Verbindung dieser beiden We- sen eingegeben hatte, Das Bild ist gewiss dasselbe, welches er 5) als im Tholos zu Athen befindlich anführt. Einen Grund es dem älteren Kephisodot beizulegen, möchte ich darin finden, dass eine ähnliche Composition, Tyche und Plutos, von seinem Mit- arbeiter in Megalopolis, Xenophon, angeführt wird, beide Künstler also in der Erfindung gewissermassen mit einander wetteiferten.
Die Lobsprüche des Plinius zeigen uns den Künstler in einem sehr vortheilhaften Lichte. Aus den Werken selbst se- hen wir nur, dass er sich ausschliesslich der Bildung der Göt- ter und göttlicher Wesen zugewendet hatte. Sofern wir in- dessen bei dem Bilde des Hermes mit dem Dionysoskinde nicht mit Unrecht an verwandte Reliefdarstellungen erinnert haben, kann es scheinen, dass er sich in der geistigen Auffassung schon einigermassen von der Hoheit eines Phidias entfernt habe und vielmehr den Uebergang zu den lieblichen Schöpfungen des Praxiteles bilde.
1) I, 1, 3.
2) Paus. IX, 30, 1.
3) 34, 87.
4) IX, 16, 1.
5) I, 8, 3.
nerva im Hafen von Athen und einen Altar, mit dem sich weniges vergleichen lasse, bei dem Tempel des Jupiter Ser- vator in demselben Hafen. Darauf beziehen sich wahrschein- lich auch die Worte des Pausanias 1): „Sehenswerth ist im Peiraeeus namentlich der Temenos der Athene und des Zeus. Die Bilder beider sind von Erz; Zeus trägt das Scepter und die Nike, Athene den Speer.” Der Peiraeeus aber gewann Ol. 96, 4 durch Wiederherstellung der langen Mauern und die Bauten des Konon neue Wichtigkeit; und es ist daher nicht unwahrscheinlich, dass damals auch die Schutzgötter Athene und Zeus Soter mit neuen Bildern geehrt wurden.
Ausser den angeführten Werken in Megalopolis und im Peiraeeus kennen wir ferner: die drei Musen auf dem Heli- kon, so wie eine andere vollständige Gruppe der neun Mu- sen an demselben Orte 2). Von Plinius 3) werden ausdrück- lich als Werke des älteren genannt: Mercurius Liberum patrem in infantia nutriens; wohl ähnlich, wie auf Reliefs, wo Hermes den Dionysos als Kind auf den Händen trägt; ferner ein Redner mit erhobener Hand, dessen Name unbekannt war. Endlich spricht Pausanias 4) von einem Bilde der Eirene mit Plutos in Athen, als einem Werke des Kephisodot, indem er den Gedanken lobt, welcher die Verbindung dieser beiden We- sen eingegeben hatte, Das Bild ist gewiss dasselbe, welches er 5) als im Tholos zu Athen befindlich anführt. Einen Grund es dem älteren Kephisodot beizulegen, möchte ich darin finden, dass eine ähnliche Composition, Tyche und Plutos, von seinem Mit- arbeiter in Megalopolis, Xenophon, angeführt wird, beide Künstler also in der Erfindung gewissermassen mit einander wetteiferten.
Die Lobsprüche des Plinius zeigen uns den Künstler in einem sehr vortheilhaften Lichte. Aus den Werken selbst se- hen wir nur, dass er sich ausschliesslich der Bildung der Göt- ter und göttlicher Wesen zugewendet hatte. Sofern wir in- dessen bei dem Bilde des Hermes mit dem Dionysoskinde nicht mit Unrecht an verwandte Reliefdarstellungen erinnert haben, kann es scheinen, dass er sich in der geistigen Auffassung schon einigermassen von der Hoheit eines Phidias entfernt habe und vielmehr den Uebergang zu den lieblichen Schöpfungen des Praxiteles bilde.
1) I, 1, 3.
2) Paus. IX, 30, 1.
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lich auch die Worte des Pausanias 1): „Sehenswerth ist im
Peiraeeus namentlich der Temenos der Athene und des Zeus.
Die Bilder beider sind von Erz; Zeus trägt das Scepter und
die Nike, Athene den Speer.” Der Peiraeeus aber gewann
Ol. 96, 4 durch Wiederherstellung der langen Mauern und die
Bauten des Konon neue Wichtigkeit; und es ist daher nicht
unwahrscheinlich, dass damals auch die Schutzgötter Athene
und Zeus Soter mit neuen Bildern geehrt wurden.
Ausser den angeführten Werken in Megalopolis und im
Peiraeeus kennen wir ferner: die drei Musen auf dem Heli-
kon, so wie eine andere vollständige Gruppe der neun Mu-
sen an demselben Orte 2). Von Plinius 3) werden ausdrück-
lich als Werke des älteren genannt: Mercurius Liberum
patrem in infantia nutriens; wohl ähnlich, wie auf Reliefs, wo
Hermes den Dionysos als Kind auf den Händen trägt; ferner
ein Redner mit erhobener Hand, dessen Name unbekannt war.
Endlich spricht Pausanias 4) von einem Bilde der Eirene mit
Plutos in Athen, als einem Werke des Kephisodot, indem er
den Gedanken lobt, welcher die Verbindung dieser beiden We-
sen eingegeben hatte, Das Bild ist gewiss dasselbe, welches
er 5) als im Tholos zu Athen befindlich anführt. Einen Grund
es dem älteren Kephisodot beizulegen, möchte ich darin finden,
dass eine ähnliche Composition, Tyche und Plutos, von seinem Mit-
arbeiter in Megalopolis, Xenophon, angeführt wird, beide Künstler
also in der Erfindung gewissermassen mit einander wetteiferten.
Die Lobsprüche des Plinius zeigen uns den Künstler in
einem sehr vortheilhaften Lichte. Aus den Werken selbst se-
hen wir nur, dass er sich ausschliesslich der Bildung der Göt-
ter und göttlicher Wesen zugewendet hatte. Sofern wir in-
dessen bei dem Bilde des Hermes mit dem Dionysoskinde nicht
mit Unrecht an verwandte Reliefdarstellungen erinnert haben,
kann es scheinen, dass er sich in der geistigen Auffassung
schon einigermassen von der Hoheit eines Phidias entfernt habe
und vielmehr den Uebergang zu den lieblichen Schöpfungen
des Praxiteles bilde.
1) I, 1, 3.
2) Paus. IX, 30, 1.
3) 34, 87.
4) IX, 16, 1.
5) I, 8, 3.
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Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853, S. 270. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen01_1853/283>, abgerufen am 24.11.2024.
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