Bestimmung der Zeit dieser Künstler 1). Doch würden wir wegen der alterthümlichen Schriftzüge in ein weit höheres Al- ter zurückzugehen geneigt sein, wenn nicht die Angabe des Plinius 2), welcher Hypatodoros unter den Künstlern der 102ten Olympiade nennt, uns jenem Zeitpunkte wieder näher führte (vgl. über das Palaeographische Böckh's Bemerkungen). Das Hauptwerk der Künstler befand sich in Delphi und wird von Pausanias in folgender Weise beschrieben: X, 10, 2: "In der Nähe des trojanischen Pferdes stehen andere von den Ar- givern geweihete Geschenke: die Führer derer, welche mit Polyneikes gegen Theben zogen, Adrastos, des Talaos, und Tydeus, des Oeneus Sohn; und die Enkel des Proetos, Kapa- neus des Hipponoos, und Eteoklos, des Iphis Sohn; Polyneikes und Hippomedon, der Schwestersohn des Adrastos. Nahe da- bei befindet sich auch der Wagen des Amphiaraos, auf wel- chem Baton steht, der Lenker der Rosse und dem Amphiaraos auch sonst durch Verwandtschaft verbunden; der letzte unter ihnen ist Alitherses. Es sind Werke des Hypatodoros und Aristogeiton; und diese machten sie, wie die Argiver selbst sagen, wegen des Sieges, welchen sie bei Oenoe im Argivi- schen mit den Hülfstruppen der Athener über die Lakedaemo- nier erfochten. Wegen desselben Sieges, wie mir scheint, weiheten die Argiver auch die sogenannten Epigonen. Denn auch Bilder von diesen stehen dort: Sthenelos und Alkmaeon, welcher, wie mir scheint, des Alters wegen dem Amphilochos vorgezogen ist, ferner Promachos, Thersandros, Aegialeus und Diomedes, mitten zwischen den beiden letzteren aber Eurya- los." Da man von einer bedeutenden Schlacht bei Oenoe nichts weiss, so hat man geglaubt, an eine Begebenheit minderer Bedeutung während des peloponnesischen Krieges denken zu müssen, indem Ol. 90, 1 die Argiver und Athener ein Bünd- niss geschlossen hatten. Allein damals waren die Thebaner mit dem Lakedaemoniern im Bunde gegen die Athener, und ihre Künstler würden nicht ihre Hand geliehen haben, einen Sieg der Feinde zu verherrlichen. Anders verhielt es sich in dem sogenannten korinthischen Kriege (Ol. 96, 3--98, 2), in welchem die Thebaner auf der entgegengesetzten Seite mit den Argivern und Athenern gegen die Lakedaemonier kämpf-
1) Wolf ad Dem. Lept. p. 328. Böckh Staatshaush. II, S. 371.
2) 34, 50.
Bestimmung der Zeit dieser Künstler 1). Doch würden wir wegen der alterthümlichen Schriftzüge in ein weit höheres Al- ter zurückzugehen geneigt sein, wenn nicht die Angabe des Plinius 2), welcher Hypatodoros unter den Künstlern der 102ten Olympiade nennt, uns jenem Zeitpunkte wieder näher führte (vgl. über das Palaeographische Böckh’s Bemerkungen). Das Hauptwerk der Künstler befand sich in Delphi und wird von Pausanias in folgender Weise beschrieben: X, 10, 2: „In der Nähe des trojanischen Pferdes stehen andere von den Ar- givern geweihete Geschenke: die Führer derer, welche mit Polyneikes gegen Theben zogen, Adrastos, des Talaos, und Tydeus, des Oeneus Sohn; und die Enkel des Proetos, Kapa- neus des Hipponoos, und Eteoklos, des Iphis Sohn; Polyneikes und Hippomedon, der Schwestersohn des Adrastos. Nahe da- bei befindet sich auch der Wagen des Amphiaraos, auf wel- chem Baton steht, der Lenker der Rosse und dem Amphiaraos auch sonst durch Verwandtschaft verbunden; der letzte unter ihnen ist Alitherses. Es sind Werke des Hypatodoros und Aristogeiton; und diese machten sie, wie die Argiver selbst sagen, wegen des Sieges, welchen sie bei Oenoë im Argivi- schen mit den Hülfstruppen der Athener über die Lakedaemo- nier erfochten. Wegen desselben Sieges, wie mir scheint, weiheten die Argiver auch die sogenannten Epigonen. Denn auch Bilder von diesen stehen dort: Sthenelos und Alkmaeon, welcher, wie mir scheint, des Alters wegen dem Amphilochos vorgezogen ist, ferner Promachos, Thersandros, Aegialeus und Diomedes, mitten zwischen den beiden letzteren aber Eurya- los.” Da man von einer bedeutenden Schlacht bei Oenoë nichts weiss, so hat man geglaubt, an eine Begebenheit minderer Bedeutung während des peloponnesischen Krieges denken zu müssen, indem Ol. 90, 1 die Argiver und Athener ein Bünd- niss geschlossen hatten. Allein damals waren die Thebaner mit dem Lakedaemoniern im Bunde gegen die Athener, und ihre Künstler würden nicht ihre Hand geliehen haben, einen Sieg der Feinde zu verherrlichen. Anders verhielt es sich in dem sogenannten korinthischen Kriege (Ol. 96, 3—98, 2), in welchem die Thebaner auf der entgegengesetzten Seite mit den Argivern und Athenern gegen die Lakedaemonier kämpf-
1) Wolf ad Dem. Lept. p. 328. Böckh Staatshaush. II, S. 371.
2) 34, 50.
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Bestimmung der Zeit dieser Künstler 1). Doch würden wir
wegen der alterthümlichen Schriftzüge in ein weit höheres Al-
ter zurückzugehen geneigt sein, wenn nicht die Angabe des
Plinius 2), welcher Hypatodoros unter den Künstlern der
102ten Olympiade nennt, uns jenem Zeitpunkte wieder näher
führte (vgl. über das Palaeographische Böckh’s Bemerkungen).
Das Hauptwerk der Künstler befand sich in Delphi und wird
von Pausanias in folgender Weise beschrieben: X, 10, 2: „In
der Nähe des trojanischen Pferdes stehen andere von den Ar-
givern geweihete Geschenke: die Führer derer, welche mit
Polyneikes gegen Theben zogen, Adrastos, des Talaos, und
Tydeus, des Oeneus Sohn; und die Enkel des Proetos, Kapa-
neus des Hipponoos, und Eteoklos, des Iphis Sohn; Polyneikes
und Hippomedon, der Schwestersohn des Adrastos. Nahe da-
bei befindet sich auch der Wagen des Amphiaraos, auf wel-
chem Baton steht, der Lenker der Rosse und dem Amphiaraos
auch sonst durch Verwandtschaft verbunden; der letzte unter
ihnen ist Alitherses. Es sind Werke des Hypatodoros und
Aristogeiton; und diese machten sie, wie die Argiver selbst
sagen, wegen des Sieges, welchen sie bei Oenoë im Argivi-
schen mit den Hülfstruppen der Athener über die Lakedaemo-
nier erfochten. Wegen desselben Sieges, wie mir scheint,
weiheten die Argiver auch die sogenannten Epigonen. Denn
auch Bilder von diesen stehen dort: Sthenelos und Alkmaeon,
welcher, wie mir scheint, des Alters wegen dem Amphilochos
vorgezogen ist, ferner Promachos, Thersandros, Aegialeus und
Diomedes, mitten zwischen den beiden letzteren aber Eurya-
los.” Da man von einer bedeutenden Schlacht bei Oenoë nichts
weiss, so hat man geglaubt, an eine Begebenheit minderer
Bedeutung während des peloponnesischen Krieges denken zu
müssen, indem Ol. 90, 1 die Argiver und Athener ein Bünd-
niss geschlossen hatten. Allein damals waren die Thebaner
mit dem Lakedaemoniern im Bunde gegen die Athener, und
ihre Künstler würden nicht ihre Hand geliehen haben, einen
Sieg der Feinde zu verherrlichen. Anders verhielt es sich in
dem sogenannten korinthischen Kriege (Ol. 96, 3—98, 2), in
welchem die Thebaner auf der entgegengesetzten Seite mit
den Argivern und Athenern gegen die Lakedaemonier kämpf-
1) Wolf ad Dem. Lept. p. 328. Böckh Staatshaush. II, S. 371.
2) 34, 50.
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Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853, S. 294. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen01_1853/307>, abgerufen am 22.11.2024.
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