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Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853.

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geschichtliche Fragen noch zu wenig untersucht, als dass wir
sie für die folgenden Erörterungen benutzen könnten. -- Was
Skopas anlangt, so ist er unter den betheiligten Künstlern der
bedeutendste, und da er auch sonst als Architekt thätig war,
so liegt die Vermuthung nahe, dass ihm die oberste Leitung
des Baues übertragen gewesen sei.

Bei einigen Werken zweifelte man schon im Alterthum,
ob sie dem Skopas oder Praxiteles beizulegen seien: "Gleicher
Zweifel, wie über eine der älteren Kunst würdige Aphrodite
im Friedenstempel zu Rom, herrscht darüber, ob die ster-
benden Kinder der Niobe
beim Tempel des Apollo Sosia-
nus Skopas oder Praxiteles gebildet habe. Ebenso ist es bei
dem Janus (Janus pater), welcher aus Aegypten gebracht
und in seinem Tempel von Augustus aufgestellt ward, auch
schon durch die Vergoldung verborgen, von welches von bei-
den Hand er sei ..." Plin. 36, 28.

Nicht genügend erklärt ist bis jetzt die Erwähnung des
Skopas in den folgenden Worten des Plinius (34, 90): Simon
canem et sagittarium fecit, Stratonicus caelator ille philosophos,
Scopas uterque (so die Bamberger Handschrift). Vielleicht
liegt, wie auch Sillig meint, die Verderbniss in dem Namen
des Skopas, so dass an seine Stelle der Name eines Gegen-
standes zu setzen wäre, welchen sowohl Simon, als Stratoni-
cus künstlerisch behandelt hätten.

Endlich spricht Martial (IV, 39) auch von cisellirten Sil-
berarbeiten des Skopas.

Als ein erstes Zeugniss des Ruhmes, welchen Skopas
schon bei seinen Zeitgenossen erworben hatte, mag die weite
Verbreitung seiner Werke gelten, welche selbst Pausanias auf-
gefallen zu sein scheint. Denn er bemerkt ausdrücklich 1),
dass man Götterbilder des Skopas an vielen Orten Altgrie-
chenlands, sowie in Ionien und Karien finde. Nach den uns
erhaltenen Quellen erstreckte sich seine Thätigkeit, von den
zahlreichen in Rom vereinigten Werken abgesehen, in Hellas
auf Athen, Theben, Megara; im Peloponnes auf Argos, Sikyon,
Elis, Gortys, Tegea; auf die Inseln Knidos und Chryse; auf
Samothrake; in Kleinasien auf Ephesos und Halikarnass. Diese
Erscheinung dürfen wir um so weniger übersehen, als die frü-

1) VIII, 45, 5.

geschichtliche Fragen noch zu wenig untersucht, als dass wir
sie für die folgenden Erörterungen benutzen könnten. — Was
Skopas anlangt, so ist er unter den betheiligten Künstlern der
bedeutendste, und da er auch sonst als Architekt thätig war,
so liegt die Vermuthung nahe, dass ihm die oberste Leitung
des Baues übertragen gewesen sei.

Bei einigen Werken zweifelte man schon im Alterthum,
ob sie dem Skopas oder Praxiteles beizulegen seien: „Gleicher
Zweifel, wie über eine der älteren Kunst würdige Aphrodite
im Friedenstempel zu Rom, herrscht darüber, ob die ster-
benden Kinder der Niobe
beim Tempel des Apollo Sosia-
nus Skopas oder Praxiteles gebildet habe. Ebenso ist es bei
dem Janus (Janus pater), welcher aus Aegypten gebracht
und in seinem Tempel von Augustus aufgestellt ward, auch
schon durch die Vergoldung verborgen, von welches von bei-
den Hand er sei ...” Plin. 36, 28.

Nicht genügend erklärt ist bis jetzt die Erwähnung des
Skopas in den folgenden Worten des Plinius (34, 90): Simon
canem et sagittarium fecit, Stratonicus caelator ille philosophos,
Scopas uterque (so die Bamberger Handschrift). Vielleicht
liegt, wie auch Sillig meint, die Verderbniss in dem Namen
des Skopas, so dass an seine Stelle der Name eines Gegen-
standes zu setzen wäre, welchen sowohl Simon, als Stratoni-
cus künstlerisch behandelt hätten.

Endlich spricht Martial (IV, 39) auch von cisellirten Sil-
berarbeiten des Skopas.

Als ein erstes Zeugniss des Ruhmes, welchen Skopas
schon bei seinen Zeitgenossen erworben hatte, mag die weite
Verbreitung seiner Werke gelten, welche selbst Pausanias auf-
gefallen zu sein scheint. Denn er bemerkt ausdrücklich 1),
dass man Götterbilder des Skopas an vielen Orten Altgrie-
chenlands, sowie in Ionien und Karien finde. Nach den uns
erhaltenen Quellen erstreckte sich seine Thätigkeit, von den
zahlreichen in Rom vereinigten Werken abgesehen, in Hellas
auf Athen, Theben, Megara; im Peloponnes auf Argos, Sikyon,
Elis, Gortys, Tegea; auf die Inseln Knidos und Chryse; auf
Samothrake; in Kleinasien auf Ephesos und Halikarnass. Diese
Erscheinung dürfen wir um so weniger übersehen, als die frü-

1) VIII, 45, 5.
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[324/0337] geschichtliche Fragen noch zu wenig untersucht, als dass wir sie für die folgenden Erörterungen benutzen könnten. — Was Skopas anlangt, so ist er unter den betheiligten Künstlern der bedeutendste, und da er auch sonst als Architekt thätig war, so liegt die Vermuthung nahe, dass ihm die oberste Leitung des Baues übertragen gewesen sei. Bei einigen Werken zweifelte man schon im Alterthum, ob sie dem Skopas oder Praxiteles beizulegen seien: „Gleicher Zweifel, wie über eine der älteren Kunst würdige Aphrodite im Friedenstempel zu Rom, herrscht darüber, ob die ster- benden Kinder der Niobe beim Tempel des Apollo Sosia- nus Skopas oder Praxiteles gebildet habe. Ebenso ist es bei dem Janus (Janus pater), welcher aus Aegypten gebracht und in seinem Tempel von Augustus aufgestellt ward, auch schon durch die Vergoldung verborgen, von welches von bei- den Hand er sei ...” Plin. 36, 28. Nicht genügend erklärt ist bis jetzt die Erwähnung des Skopas in den folgenden Worten des Plinius (34, 90): Simon canem et sagittarium fecit, Stratonicus caelator ille philosophos, Scopas uterque (so die Bamberger Handschrift). Vielleicht liegt, wie auch Sillig meint, die Verderbniss in dem Namen des Skopas, so dass an seine Stelle der Name eines Gegen- standes zu setzen wäre, welchen sowohl Simon, als Stratoni- cus künstlerisch behandelt hätten. Endlich spricht Martial (IV, 39) auch von cisellirten Sil- berarbeiten des Skopas. Als ein erstes Zeugniss des Ruhmes, welchen Skopas schon bei seinen Zeitgenossen erworben hatte, mag die weite Verbreitung seiner Werke gelten, welche selbst Pausanias auf- gefallen zu sein scheint. Denn er bemerkt ausdrücklich 1), dass man Götterbilder des Skopas an vielen Orten Altgrie- chenlands, sowie in Ionien und Karien finde. Nach den uns erhaltenen Quellen erstreckte sich seine Thätigkeit, von den zahlreichen in Rom vereinigten Werken abgesehen, in Hellas auf Athen, Theben, Megara; im Peloponnes auf Argos, Sikyon, Elis, Gortys, Tegea; auf die Inseln Knidos und Chryse; auf Samothrake; in Kleinasien auf Ephesos und Halikarnass. Diese Erscheinung dürfen wir um so weniger übersehen, als die frü- 1) VIII, 45, 5.

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Zitationshilfe: Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853, S. 324. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen01_1853/337>, abgerufen am 22.11.2024.