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Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853.

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Königs, welche Krateros in Delphi aufstellen liess, ein ge-
meinsames Werk des Lysipp und des Leochares sei.

In allen diesen Zeitangaben, welche sich zwischen Ol. 102
und 114 bewegen, liegt nichts, was einer besonderen Erklärung
bedürfte. Dagegen muss die Angabe des Plinius (34, 79) An-
stoss erregen, dass Leochares eine Statue des Autolykos, eines
Siegers im Pankration, gemacht habe, desselben, welcher Xe-
nophon das Symposion zu schreiben Veranlassung gab. Jener
Sieg aber fällt in das dritte Jahr der 89sten Olympiade 1), also
lange vor die Geburt des Leochares. Als letzte Ausflucht bleibt
uns nun freilich immer die Annahme übrig, dass die Statue erst
lange nach dem Siege aufgestellt sei. Doch ist vielleicht noch
eine andere Lösung der Schwierigkeit möglich, welche früher
von mir vorgeschlagen und von O. Jahn (Arch. Beitr. S. 44) gebil-
ligt worden ist. Wir wissen nemlich aus einer attischen Inschrift
(s. unten), dass Leochares, wie mit Lysipp, so auch mit Sthen-
nis in Gemeinschaft arbeitete. Von diesem aber wird ebenfalls
eine Statue des Autolykos angeführt, aber nicht des Pankratia-
sten, sondern des Heros, welcher für den Gründer von Sinope
galt 2). War auch bei diesem Werke Leochares sein Genosse,
so erklärt sich die Angabe des Plinius einfach aus einer Na-
mensverwechselung.

Zur besseren Uebersicht führen wir in dem Verzeichniss
der Werke auch die schon erwähnten nochmals an:

"Juppiter tonans auf dem Capitol, ein Werk, welches
vor allem gelobt zu werden verdient": Plin. 34, 79.

Zeus auf der Akropolis von Athen: Paus. I, 24, 3; wahr-
scheinlich verschieden von dem römischen, "wenn man nicht
annehmen will, dass Hadrian wegen besonderer Begünstigung
Athens unter anderen Statuen auch diese des Zeus wieder an
die Stelle gesetzt habe, woher sie früher genommen sein
mochte: eine Annahme, die auch auf die verschiedenen Apol-
lostatuen ihre Anwendung erleidet": Sillig.

Zeus und der Demos im Peiraeeus hinter der Halle am
Meere: Paus. I, 1, 3.

1) Athen. V, p. 216 D; Krüger prolegg. zu Xen. conv. 'p. XI sq. Herm.
de temp. conviv. Xen. I. Gött. 1844.
2) Strabo XII, p. 546.
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Königs, welche Krateros in Delphi aufstellen liess, ein ge-
meinsames Werk des Lysipp und des Leochares sei.

In allen diesen Zeitangaben, welche sich zwischen Ol. 102
und 114 bewegen, liegt nichts, was einer besonderen Erklärung
bedürfte. Dagegen muss die Angabe des Plinius (34, 79) An-
stoss erregen, dass Leochares eine Statue des Autolykos, eines
Siegers im Pankration, gemacht habe, desselben, welcher Xe-
nophon das Symposion zu schreiben Veranlassung gab. Jener
Sieg aber fällt in das dritte Jahr der 89sten Olympiade 1), also
lange vor die Geburt des Leochares. Als letzte Ausflucht bleibt
uns nun freilich immer die Annahme übrig, dass die Statue erst
lange nach dem Siege aufgestellt sei. Doch ist vielleicht noch
eine andere Lösung der Schwierigkeit möglich, welche früher
von mir vorgeschlagen und von O. Jahn (Arch. Beitr. S. 44) gebil-
ligt worden ist. Wir wissen nemlich aus einer attischen Inschrift
(s. unten), dass Leochares, wie mit Lysipp, so auch mit Sthen-
nis in Gemeinschaft arbeitete. Von diesem aber wird ebenfalls
eine Statue des Autolykos angeführt, aber nicht des Pankratia-
sten, sondern des Heros, welcher für den Gründer von Sinope
galt 2). War auch bei diesem Werke Leochares sein Genosse,
so erklärt sich die Angabe des Plinius einfach aus einer Na-
mensverwechselung.

Zur besseren Uebersicht führen wir in dem Verzeichniss
der Werke auch die schon erwähnten nochmals an:

Juppiter tonans auf dem Capitol, ein Werk, welches
vor allem gelobt zu werden verdient”: Plin. 34, 79.

Zeus auf der Akropolis von Athen: Paus. I, 24, 3; wahr-
scheinlich verschieden von dem römischen, „wenn man nicht
annehmen will, dass Hadrian wegen besonderer Begünstigung
Athens unter anderen Statuen auch diese des Zeus wieder an
die Stelle gesetzt habe, woher sie früher genommen sein
mochte: eine Annahme, die auch auf die verschiedenen Apol-
lostatuen ihre Anwendung erleidet”: Sillig.

Zeus und der Demos im Peiraeeus hinter der Halle am
Meere: Paus. I, 1, 3.

1) Athen. V, p. 216 D; Krüger prolegg. zu Xen. conv. ’p. XI sq. Herm.
de temp. conviv. Xen. I. Gött. 1844.
2) Strabo XII, p. 546.
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[387/0400] Königs, welche Krateros in Delphi aufstellen liess, ein ge- meinsames Werk des Lysipp und des Leochares sei. In allen diesen Zeitangaben, welche sich zwischen Ol. 102 und 114 bewegen, liegt nichts, was einer besonderen Erklärung bedürfte. Dagegen muss die Angabe des Plinius (34, 79) An- stoss erregen, dass Leochares eine Statue des Autolykos, eines Siegers im Pankration, gemacht habe, desselben, welcher Xe- nophon das Symposion zu schreiben Veranlassung gab. Jener Sieg aber fällt in das dritte Jahr der 89sten Olympiade 1), also lange vor die Geburt des Leochares. Als letzte Ausflucht bleibt uns nun freilich immer die Annahme übrig, dass die Statue erst lange nach dem Siege aufgestellt sei. Doch ist vielleicht noch eine andere Lösung der Schwierigkeit möglich, welche früher von mir vorgeschlagen und von O. Jahn (Arch. Beitr. S. 44) gebil- ligt worden ist. Wir wissen nemlich aus einer attischen Inschrift (s. unten), dass Leochares, wie mit Lysipp, so auch mit Sthen- nis in Gemeinschaft arbeitete. Von diesem aber wird ebenfalls eine Statue des Autolykos angeführt, aber nicht des Pankratia- sten, sondern des Heros, welcher für den Gründer von Sinope galt 2). War auch bei diesem Werke Leochares sein Genosse, so erklärt sich die Angabe des Plinius einfach aus einer Na- mensverwechselung. Zur besseren Uebersicht führen wir in dem Verzeichniss der Werke auch die schon erwähnten nochmals an: „Juppiter tonans auf dem Capitol, ein Werk, welches vor allem gelobt zu werden verdient”: Plin. 34, 79. Zeus auf der Akropolis von Athen: Paus. I, 24, 3; wahr- scheinlich verschieden von dem römischen, „wenn man nicht annehmen will, dass Hadrian wegen besonderer Begünstigung Athens unter anderen Statuen auch diese des Zeus wieder an die Stelle gesetzt habe, woher sie früher genommen sein mochte: eine Annahme, die auch auf die verschiedenen Apol- lostatuen ihre Anwendung erleidet”: Sillig. Zeus und der Demos im Peiraeeus hinter der Halle am Meere: Paus. I, 1, 3. 1) Athen. V, p. 216 D; Krüger prolegg. zu Xen. conv. ’p. XI sq. Herm. de temp. conviv. Xen. I. Gött. 1844. 2) Strabo XII, p. 546. 25 *

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Zitationshilfe: Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853, S. 387. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen01_1853/400>, abgerufen am 22.11.2024.