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Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853.

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ler bei der Aufrichtung festgestellt hatte. In zwölf Jahren soll
es für 300 Talente gemacht worden sein, die man aus dem
Apparate löste, welchen der König Demetrios aus Ueberdruss
an der langen vergeblichen Belagerung vor Rhodos zurückge-
lassen hatte." Diese Belagerung ward aufgegeben Ol. 119, 1-2.
Wäre dann der Koloss sogleich begonnen worden, so hätte er
Ol. 122, 2 beendigt sein müssen; 56 Jahre seines Bestandes
führen uns auf Ol. 136, 2. Allein das Erdbeben, welches ihn
zerstörte, fällt nach der Chronik des Eusebius und Syncellus 1)
in das erste oder zweite Jahr der 139sten Olympiade, nach
Orosius 2) in das Consulat des C. Flaminius: 531 a. u. c., Ol.
139, 2--3. Polybius 3) erwähnt sogar des Erdbebens mitten
unter den Begebenheiten der 140sten Olympiade als eines kurze
Zeit vorher eingetretenen Ereignisses. Wollen wir also nicht
annehmen, dass das Werk erst längere Zeit nach der Belage-
rung begonnen sei, so werden wir der Vermuthung Scaligers 4)
beitreten müssen, dass zwischen der Vollendung und dem Zu-
sammensturz nicht 56, sondern 66 Jahre verstrichen seien.
Damit stimmt endlich auch die Angabe des Suidas 5) überein,
dass der Koloss während der Regierungszeit des Seleukos Ni-
kanor aufgestellt sei, welcher gerade am Ende der 124sten
Olympiade ermordet ward 6).

Der Künstler wird von Plinius, Strabo 7) und Eustathius 8)
Chares genannt, während er in einem Epigramme der Antho-
logie 9) Laches heisst. Diese Verschiedenheit hat man aus
einer Anekdote bei Sextus Empiricus 10) erklären wollen, nach
welcher Chares sich vor Vollendung des Werkes, weil er sich
in dem Kostenanschlage arg verrechnet, das Leben genommen
haben soll, so dass also Laches die Arbeit nach dem Tode
desselben übernommen hätte. Allein die Erzählung: ein Künst-
ler, wie Chares, habe den Preis, welchen er für das Bild in
halber Grösse verlangt, für die ganze Höhe nur verdoppelt,
verstösst so sehr gegen alle Wahrscheinlichkeit, dass auf jeden
Fall die weit einfachere Erklärung vorzuziehen ist: in dem
Epigramme beruhe der Name Laches nur auf einer falschen

1) p. 220 C.
2) IV, 13.
3) V, 88.
4) zu Euseb. p. 137.
5) s. v.
Kolassaeus.
6) Vgl. über die verschiedenen hier berührten Zeitangaben
Clinton fasti.
7) XIV, p. 652.
8) ad Dion. Perieg. 504.
9) Anall. I,
143, n. 83.
10) adv. math. p. 156 ed. Col, Allobr. 1621.

ler bei der Aufrichtung festgestellt hatte. In zwölf Jahren soll
es für 300 Talente gemacht worden sein, die man aus dem
Apparate löste, welchen der König Demetrios aus Ueberdruss
an der langen vergeblichen Belagerung vor Rhodos zurückge-
lassen hatte.” Diese Belagerung ward aufgegeben Ol. 119, 1-2.
Wäre dann der Koloss sogleich begonnen worden, so hätte er
Ol. 122, 2 beendigt sein müssen; 56 Jahre seines Bestandes
führen uns auf Ol. 136, 2. Allein das Erdbeben, welches ihn
zerstörte, fällt nach der Chronik des Eusebius und Syncellus 1)
in das erste oder zweite Jahr der 139sten Olympiade, nach
Orosius 2) in das Consulat des C. Flaminius: 531 a. u. c., Ol.
139, 2—3. Polybius 3) erwähnt sogar des Erdbebens mitten
unter den Begebenheiten der 140sten Olympiade als eines kurze
Zeit vorher eingetretenen Ereignisses. Wollen wir also nicht
annehmen, dass das Werk erst längere Zeit nach der Belage-
rung begonnen sei, so werden wir der Vermuthung Scaligers 4)
beitreten müssen, dass zwischen der Vollendung und dem Zu-
sammensturz nicht 56, sondern 66 Jahre verstrichen seien.
Damit stimmt endlich auch die Angabe des Suidas 5) überein,
dass der Koloss während der Regierungszeit des Seleukos Ni-
kanor aufgestellt sei, welcher gerade am Ende der 124sten
Olympiade ermordet ward 6).

Der Künstler wird von Plinius, Strabo 7) und Eustathius 8)
Chares genannt, während er in einem Epigramme der Antho-
logie 9) Laches heisst. Diese Verschiedenheit hat man aus
einer Anekdote bei Sextus Empiricus 10) erklären wollen, nach
welcher Chares sich vor Vollendung des Werkes, weil er sich
in dem Kostenanschlage arg verrechnet, das Leben genommen
haben soll, so dass also Laches die Arbeit nach dem Tode
desselben übernommen hätte. Allein die Erzählung: ein Künst-
ler, wie Chares, habe den Preis, welchen er für das Bild in
halber Grösse verlangt, für die ganze Höhe nur verdoppelt,
verstösst so sehr gegen alle Wahrscheinlichkeit, dass auf jeden
Fall die weit einfachere Erklärung vorzuziehen ist: in dem
Epigramme beruhe der Name Laches nur auf einer falschen

1) p. 220 C.
2) IV, 13.
3) V, 88.
4) zu Euseb. p. 137.
5) s. v.
Κολασσαεύς.
6) Vgl. über die verschiedenen hier berührten Zeitangaben
Clinton fasti.
7) XIV, p. 652.
8) ad Dion. Perieg. 504.
9) Anall. I,
143, n. 83.
10) adv. math. p. 156 ed. Col, Allobr. 1621.
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[416/0429] ler bei der Aufrichtung festgestellt hatte. In zwölf Jahren soll es für 300 Talente gemacht worden sein, die man aus dem Apparate löste, welchen der König Demetrios aus Ueberdruss an der langen vergeblichen Belagerung vor Rhodos zurückge- lassen hatte.” Diese Belagerung ward aufgegeben Ol. 119, 1-2. Wäre dann der Koloss sogleich begonnen worden, so hätte er Ol. 122, 2 beendigt sein müssen; 56 Jahre seines Bestandes führen uns auf Ol. 136, 2. Allein das Erdbeben, welches ihn zerstörte, fällt nach der Chronik des Eusebius und Syncellus 1) in das erste oder zweite Jahr der 139sten Olympiade, nach Orosius 2) in das Consulat des C. Flaminius: 531 a. u. c., Ol. 139, 2—3. Polybius 3) erwähnt sogar des Erdbebens mitten unter den Begebenheiten der 140sten Olympiade als eines kurze Zeit vorher eingetretenen Ereignisses. Wollen wir also nicht annehmen, dass das Werk erst längere Zeit nach der Belage- rung begonnen sei, so werden wir der Vermuthung Scaligers 4) beitreten müssen, dass zwischen der Vollendung und dem Zu- sammensturz nicht 56, sondern 66 Jahre verstrichen seien. Damit stimmt endlich auch die Angabe des Suidas 5) überein, dass der Koloss während der Regierungszeit des Seleukos Ni- kanor aufgestellt sei, welcher gerade am Ende der 124sten Olympiade ermordet ward 6). Der Künstler wird von Plinius, Strabo 7) und Eustathius 8) Chares genannt, während er in einem Epigramme der Antho- logie 9) Laches heisst. Diese Verschiedenheit hat man aus einer Anekdote bei Sextus Empiricus 10) erklären wollen, nach welcher Chares sich vor Vollendung des Werkes, weil er sich in dem Kostenanschlage arg verrechnet, das Leben genommen haben soll, so dass also Laches die Arbeit nach dem Tode desselben übernommen hätte. Allein die Erzählung: ein Künst- ler, wie Chares, habe den Preis, welchen er für das Bild in halber Grösse verlangt, für die ganze Höhe nur verdoppelt, verstösst so sehr gegen alle Wahrscheinlichkeit, dass auf jeden Fall die weit einfachere Erklärung vorzuziehen ist: in dem Epigramme beruhe der Name Laches nur auf einer falschen 1) p. 220 C. 2) IV, 13. 3) V, 88. 4) zu Euseb. p. 137. 5) s. v. Κολασσαεύς. 6) Vgl. über die verschiedenen hier berührten Zeitangaben Clinton fasti. 7) XIV, p. 652. 8) ad Dion. Perieg. 504. 9) Anall. I, 143, n. 83. 10) adv. math. p. 156 ed. Col, Allobr. 1621.

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Zitationshilfe: Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853, S. 416. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen01_1853/429>, abgerufen am 24.11.2024.