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Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853.

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Sechster Abschnitt.
Die griechische Kunst zur Zeit der römischen Herrschaft.

In der Einleitung zu diesem Abschnitte finden die wenigen
italischen Künstler der ältesten Zeit am besten ihren
Platz, von welchen uns fast nur durch Plinius einige spärliche
Nachrichten in dessen Abschnitten über die Plastik, d. h. die
Thonbildnerei, erhalten sind. Er berichtet:

Eucheir, Diopos, Eugrammos, welche er als fictores
bezeichnet, seien zur Zeit der Vertreibung der Bakchiaden
aus Korinth (durch Kypselos Ol. 29), mit Demaratus, dem
Vater des römischen Königs Tarquinius, nach Italien ausge-
wandert, und von ihnen sei die Kunst der Plastik nach Italien
gebracht worden: 35, 152. Die Namen des Eucheir und
Eugrammos, des im Bilden mit der Hand, und des im Zeichnen
Gewandten, entsprechen offenbar der Thätigkeit dieser Künst-
ler; und auch Diopos, dessen Name erst jetzt aus den besten
Handschriften den beiden andern beigesellt worden ist, lässt
sich nach Silligs Bemerkung als Aufseher, als dispensator ope-
rum, erklären. Wir haben es hier also, wenn auch wohl nicht
mit reiner Sage, doch mit einer Mischung von Sage und Ge-
schichte zu thun, als deren Kern wir anerkennen mögen, dass
schon in der ältesten Zeit einmal die griechische Kunst auf
die italische einen Einfluss geübt habe. -- In naher Ver-
bindung mit der Nachricht, ab iis Italiae traditam plasticen,
stand vielleicht ursprünglich, d. h. in den Quellen des Plinius,
die bei diesem jetzt durch mehrere Zwischensätze getrennte
Angabe über:

Volcanius von Veii. Denn von ihm heisst es: "Ausser-
dem soll diese Kunst in Italien und besonders in Etrurien aus-
gebildet, und Volcanius aus Veii von Tarquinius Priscus beru-
fen worden sein, um ihm das Bild des Juppiter für das Capitol
zu verdingen: man sagt, es sei aus Thon gebildet gewesen,
weshalb man es roth anzustreichen (miniari) pflegte; aus Thon
gleichfalls die Viergespanne auf dem Giebel dieses Tempels, wel-
che wir öfters erwähnt haben. Derselbe Künstler habe auch den
Hercules gemacht, der noch heute in Rom nach dem Stoffe (ficti-

Brunn, Geschichte der griech. Künstler. 34
Sechster Abschnitt.
Die griechische Kunst zur Zeit der römischen Herrschaft.

In der Einleitung zu diesem Abschnitte finden die wenigen
italischen Künstler der ältesten Zeit am besten ihren
Platz, von welchen uns fast nur durch Plinius einige spärliche
Nachrichten in dessen Abschnitten über die Plastik, d. h. die
Thonbildnerei, erhalten sind. Er berichtet:

Eucheir, Diopos, Eugrammos, welche er als fictores
bezeichnet, seien zur Zeit der Vertreibung der Bakchiaden
aus Korinth (durch Kypselos Ol. 29), mit Demaratus, dem
Vater des römischen Königs Tarquinius, nach Italien ausge-
wandert, und von ihnen sei die Kunst der Plastik nach Italien
gebracht worden: 35, 152. Die Namen des Eucheir und
Eugrammos, des im Bilden mit der Hand, und des im Zeichnen
Gewandten, entsprechen offenbar der Thätigkeit dieser Künst-
ler; und auch Diopos, dessen Name erst jetzt aus den besten
Handschriften den beiden andern beigesellt worden ist, lässt
sich nach Silligs Bemerkung als Aufseher, als dispensator ope-
rum, erklären. Wir haben es hier also, wenn auch wohl nicht
mit reiner Sage, doch mit einer Mischung von Sage und Ge-
schichte zu thun, als deren Kern wir anerkennen mögen, dass
schon in der ältesten Zeit einmal die griechische Kunst auf
die italische einen Einfluss geübt habe. — In naher Ver-
bindung mit der Nachricht, ab iis Italiae traditam plasticen,
stand vielleicht ursprünglich, d. h. in den Quellen des Plinius,
die bei diesem jetzt durch mehrere Zwischensätze getrennte
Angabe über:

Volcanius von Veii. Denn von ihm heisst es: „Ausser-
dem soll diese Kunst in Italien und besonders in Etrurien aus-
gebildet, und Volcanius aus Veii von Tarquinius Priscus beru-
fen worden sein, um ihm das Bild des Juppiter für das Capitol
zu verdingen: man sagt, es sei aus Thon gebildet gewesen,
weshalb man es roth anzustreichen (miniari) pflegte; aus Thon
gleichfalls die Viergespanne auf dem Giebel dieses Tempels, wel-
che wir öfters erwähnt haben. Derselbe Künstler habe auch den
Hercules gemacht, der noch heute in Rom nach dem Stoffe (ficti-

Brunn, Geschichte der griech. Künstler. 34
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[529/0542] Sechster Abschnitt. Die griechische Kunst zur Zeit der römischen Herrschaft. In der Einleitung zu diesem Abschnitte finden die wenigen italischen Künstler der ältesten Zeit am besten ihren Platz, von welchen uns fast nur durch Plinius einige spärliche Nachrichten in dessen Abschnitten über die Plastik, d. h. die Thonbildnerei, erhalten sind. Er berichtet: Eucheir, Diopos, Eugrammos, welche er als fictores bezeichnet, seien zur Zeit der Vertreibung der Bakchiaden aus Korinth (durch Kypselos Ol. 29), mit Demaratus, dem Vater des römischen Königs Tarquinius, nach Italien ausge- wandert, und von ihnen sei die Kunst der Plastik nach Italien gebracht worden: 35, 152. Die Namen des Eucheir und Eugrammos, des im Bilden mit der Hand, und des im Zeichnen Gewandten, entsprechen offenbar der Thätigkeit dieser Künst- ler; und auch Diopos, dessen Name erst jetzt aus den besten Handschriften den beiden andern beigesellt worden ist, lässt sich nach Silligs Bemerkung als Aufseher, als dispensator ope- rum, erklären. Wir haben es hier also, wenn auch wohl nicht mit reiner Sage, doch mit einer Mischung von Sage und Ge- schichte zu thun, als deren Kern wir anerkennen mögen, dass schon in der ältesten Zeit einmal die griechische Kunst auf die italische einen Einfluss geübt habe. — In naher Ver- bindung mit der Nachricht, ab iis Italiae traditam plasticen, stand vielleicht ursprünglich, d. h. in den Quellen des Plinius, die bei diesem jetzt durch mehrere Zwischensätze getrennte Angabe über: Volcanius von Veii. Denn von ihm heisst es: „Ausser- dem soll diese Kunst in Italien und besonders in Etrurien aus- gebildet, und Volcanius aus Veii von Tarquinius Priscus beru- fen worden sein, um ihm das Bild des Juppiter für das Capitol zu verdingen: man sagt, es sei aus Thon gebildet gewesen, weshalb man es roth anzustreichen (miniari) pflegte; aus Thon gleichfalls die Viergespanne auf dem Giebel dieses Tempels, wel- che wir öfters erwähnt haben. Derselbe Künstler habe auch den Hercules gemacht, der noch heute in Rom nach dem Stoffe (ficti- Brunn, Geschichte der griech. Künstler. 34

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Zitationshilfe: Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 1. Braunschweig: Schwetschke, 1853, S. 529. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen01_1853/542>, abgerufen am 23.11.2024.