und Ekphantos, welche bei Plinius zugleich drei verschiedene Stufen der Entwickelung bezeichnen. Freilich muss ich ge- stehen, dass mir gerade diese systematische Abstufung gegen die strenge historische Treue seiner Erzählung einige Zwei- fel erweckt; um so mehr, als dieselben durch anderweitige Ueberlieferungen nur noch verstärkt werden. Strabo 1) er- wähnt nemlich drei sehr gefeierte Gemälde im Tempel der Artemis Alpheionia ohnweit Olympia, Werke der Korinther Kleanthes und Aregon: und zwar von dem ersteren die Einnahme Troja's und Athenens Geburt, von dem zweiten Artemis auf einem Greife emporgetragen. In dem zweiten Bilde war unter anderem Poseidon dargestellt, welcher dem gebärenden Zeus einen Thunfisch darreicht. So berichtet Athenaeus 2) aus dem Troikos Diakosmos des Demetrius, welcher ebenfalls Kleanthes von Korinth als Künstler nennt. Eine Zeitbestimmung bietet allerdings keiner dieser Gewährs- männer dar; und Welcker 3) hat sogar "nach der scherzhaft (wie auch von Ktesilochos) behandelten Geburt des Zeus" schliessen wollen, dass diese Bilder nicht zu den ältesten der korinthischen Schule, sondern zu den späteren nach Alexan- der gehören. Aber Poseidon mit dem Attribute des Fisches findet sich gerade auch in Darstellungen der Geburt Athene's von durchaus alterthümlicher Auffassung auf Vasenbildern; und ebenso ist die Einnahme Troia's ein in alten Kunstdar- stellungen beliebter Gegenstand. Ich sehe also keinen Grund, diese Gemälde dem alten Korinther Kleanthes zu entziehen; und es scheint mir wahrscheinlicher, dass die Alten, aus denen Plinius schöpfte, um die Lücken der Ueberlieferung auszufüllen, Kleanthes als einen der ältesten bekannten nam- haften Maler lieber gleich zum Erfinder der Malerei über- haupt machten. Der Verdacht, dass die Zusammenstellung bei Plinius nur eine künstliche, nicht eine wirklich histo- rische Combination sei, würde dadurch allerdings bestätigt. Es scheint mir demnach ziemlich überflüssig zu untersuchen, ob die von Plinius angegebene Folge der Erfindungen die wirkliche ist. Sehen wir doch auch schon bei ersten Ver- suchen von Kindern, dass sie sich nicht immer mit blossen
1) VIII, p. 343 C.
2) VIII, 346 C.
3) Allg. Lit. Zeit. 1836, Oct. n. 177, S. 170.
und Ekphantos, welche bei Plinius zugleich drei verschiedene Stufen der Entwickelung bezeichnen. Freilich muss ich ge- stehen, dass mir gerade diese systematische Abstufung gegen die strenge historische Treue seiner Erzählung einige Zwei- fel erweckt; um so mehr, als dieselben durch anderweitige Ueberlieferungen nur noch verstärkt werden. Strabo 1) er- wähnt nemlich drei sehr gefeierte Gemälde im Tempel der Artemis Alpheionia ohnweit Olympia, Werke der Korinther Kleanthes und Aregon: und zwar von dem ersteren die Einnahme Troja’s und Athenens Geburt, von dem zweiten Artemis auf einem Greife emporgetragen. In dem zweiten Bilde war unter anderem Poseidon dargestellt, welcher dem gebärenden Zeus einen Thunfisch darreicht. So berichtet Athenaeus 2) aus dem Troikos Diakosmos des Demetrius, welcher ebenfalls Kleanthes von Korinth als Künstler nennt. Eine Zeitbestimmung bietet allerdings keiner dieser Gewährs- männer dar; und Welcker 3) hat sogar „nach der scherzhaft (wie auch von Ktesilochos) behandelten Geburt des Zeus“ schliessen wollen, dass diese Bilder nicht zu den ältesten der korinthischen Schule, sondern zu den späteren nach Alexan- der gehören. Aber Poseidon mit dem Attribute des Fisches findet sich gerade auch in Darstellungen der Geburt Athene’s von durchaus alterthümlicher Auffassung auf Vasenbildern; und ebenso ist die Einnahme Troia’s ein in alten Kunstdar- stellungen beliebter Gegenstand. Ich sehe also keinen Grund, diese Gemälde dem alten Korinther Kleanthes zu entziehen; und es scheint mir wahrscheinlicher, dass die Alten, aus denen Plinius schöpfte, um die Lücken der Ueberlieferung auszufüllen, Kleanthes als einen der ältesten bekannten nam- haften Maler lieber gleich zum Erfinder der Malerei über- haupt machten. Der Verdacht, dass die Zusammenstellung bei Plinius nur eine künstliche, nicht eine wirklich histo- rische Combination sei, würde dadurch allerdings bestätigt. Es scheint mir demnach ziemlich überflüssig zu untersuchen, ob die von Plinius angegebene Folge der Erfindungen die wirkliche ist. Sehen wir doch auch schon bei ersten Ver- suchen von Kindern, dass sie sich nicht immer mit blossen
1) VIII, p. 343 C.
2) VIII, 346 C.
3) Allg. Lit. Zeit. 1836, Oct. n. 177, S. 170.
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und Ekphantos, welche bei Plinius zugleich drei verschiedene
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stehen, dass mir gerade diese systematische Abstufung gegen
die strenge historische Treue seiner Erzählung einige Zwei-
fel erweckt; um so mehr, als dieselben durch anderweitige
Ueberlieferungen nur noch verstärkt werden. Strabo 1) er-
wähnt nemlich drei sehr gefeierte Gemälde im Tempel der
Artemis Alpheionia ohnweit Olympia, Werke der Korinther
Kleanthes und Aregon: und zwar von dem ersteren die
Einnahme Troja’s und Athenens Geburt, von dem zweiten
Artemis auf einem Greife emporgetragen. In dem zweiten
Bilde war unter anderem Poseidon dargestellt, welcher dem
gebärenden Zeus einen Thunfisch darreicht. So berichtet
Athenaeus 2) aus dem Troikos Diakosmos des Demetrius,
welcher ebenfalls Kleanthes von Korinth als Künstler nennt.
Eine Zeitbestimmung bietet allerdings keiner dieser Gewährs-
männer dar; und Welcker 3) hat sogar „nach der scherzhaft
(wie auch von Ktesilochos) behandelten Geburt des Zeus“
schliessen wollen, dass diese Bilder nicht zu den ältesten der
korinthischen Schule, sondern zu den späteren nach Alexan-
der gehören. Aber Poseidon mit dem Attribute des Fisches
findet sich gerade auch in Darstellungen der Geburt Athene’s
von durchaus alterthümlicher Auffassung auf Vasenbildern;
und ebenso ist die Einnahme Troia’s ein in alten Kunstdar-
stellungen beliebter Gegenstand. Ich sehe also keinen Grund,
diese Gemälde dem alten Korinther Kleanthes zu entziehen;
und es scheint mir wahrscheinlicher, dass die Alten, aus
denen Plinius schöpfte, um die Lücken der Ueberlieferung
auszufüllen, Kleanthes als einen der ältesten bekannten nam-
haften Maler lieber gleich zum Erfinder der Malerei über-
haupt machten. Der Verdacht, dass die Zusammenstellung
bei Plinius nur eine künstliche, nicht eine wirklich histo-
rische Combination sei, würde dadurch allerdings bestätigt.
Es scheint mir demnach ziemlich überflüssig zu untersuchen,
ob die von Plinius angegebene Folge der Erfindungen die
wirkliche ist. Sehen wir doch auch schon bei ersten Ver-
suchen von Kindern, dass sie sich nicht immer mit blossen
1) VIII, p. 343 C.
2) VIII, 346 C.
3) Allg. Lit. Zeit. 1836, Oct.
n. 177, S. 170.
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Brunn, Heinrich: Geschichte der griechischen Künstler. T. 2, Abt. 1. Braunschweig, 1856, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen0201_1856/15>, abgerufen am 21.11.2024.
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