dennoch das Bild sein Gesicht mehr wirklich zu zeigen, als errathen zu lassen schien:" Plin. 35, 94.
Ankaeos, oder wenn wir der Lesart der Bamberger Handschrift den Vorzug geben: Antaeos, wie es scheint, in Rhodos: Plin. 35, 93. Da dieses Bild sich in Verbindung mit einigen Portraits erwähnt findet, so möchte man es ebenfalls für ein solches zu halten geneigt sein. Ankaeos und Antaeos scheinen freilich nur als Namen mythologischer Personen vor- zukommen: dagegen findet sich die Form Antaeon, und zwar gerade auf rhodischen Münzen: Mionn. Suppl. VI, p. 586.
In der Mitte zwischen den eigentlich mythologischen und den Darstellungen aus der Wirklichkeit stehen bei Apelles mehrere andere, welche wir als symbolische und allegorische bezeichnen können. Dahin gehören:
Bronte, Astrape, Keraunobolia: Donner, Blitzleuch- ten und Blitzschleuderung. Wenn Plinius (35, 96) diese Werke mit der Bemerkung anführt: Apelles habe gemalt, was sich eigentlich nicht malen lasse, so werden wir dadurch über die Art der Darstellung um nichts klüger. Zum Ver- gleich können wir dagegen auf ein Gemälde bei Philostratus I, 14 verweisen, in welcher bei der Feuergeburt des Diony- sos "der Donner in dräuender Gestalt und der Blitz, wie er Strahlen aus den Augen entsendet," dargestellt waren.
Ueber eine andere mehr allegorische Gestalt, den Krieg, ist bei Gelegenheit der Bilder Alexanders zu reden.
Besonders ausführlich sind wir über ein Bild der Ver- leumdung durch Lucian (de calumn. n. tem. cred. 5) un- terrichtet. Wir geben zunächst die Beschreibung und spre- chen dann erst über die historischen Umstände, auf welche es sich beziehen soll: Rechts sitzt ein Mann mit grossen Oh- ren, dem Midas darin fast vergleichbar, welcher der Diabole, der Verleumdung, schon von fern die Hand entgegenstreckt. Ihm zur Seite stehen zwei Weiber: Agnoia und Hypolepsis, Unwissenheit und Argwohn, "wie es scheint" (die Namen waren also wohl nicht beigeschrieben). Von der andern Seite kommt Diabole heran, ein prächtig schönes Weib, et- was hitzig und erregt, wie um Leidenschaft und Zorn zu zei- gen. In der Linken trägt sie eine brennende Fackel, mit der Rechten schleppt sie einen Jüngling bei den Haaren herbei, der die Hände zum Himmel erhebt und die Götter zu Zeugen
dennoch das Bild sein Gesicht mehr wirklich zu zeigen, als errathen zu lassen schien:“ Plin. 35, 94.
Ankaeos, oder wenn wir der Lesart der Bamberger Handschrift den Vorzug geben: Antaeos, wie es scheint, in Rhodos: Plin. 35, 93. Da dieses Bild sich in Verbindung mit einigen Portraits erwähnt findet, so möchte man es ebenfalls für ein solches zu halten geneigt sein. Ankaeos und Antaeos scheinen freilich nur als Namen mythologischer Personen vor- zukommen: dagegen findet sich die Form Antaeon, und zwar gerade auf rhodischen Münzen: Mionn. Suppl. VI, p. 586.
In der Mitte zwischen den eigentlich mythologischen und den Darstellungen aus der Wirklichkeit stehen bei Apelles mehrere andere, welche wir als symbolische und allegorische bezeichnen können. Dahin gehören:
Bronte, Astrape, Keraunobolia: Donner, Blitzleuch- ten und Blitzschleuderung. Wenn Plinius (35, 96) diese Werke mit der Bemerkung anführt: Apelles habe gemalt, was sich eigentlich nicht malen lasse, so werden wir dadurch über die Art der Darstellung um nichts klüger. Zum Ver- gleich können wir dagegen auf ein Gemälde bei Philostratus I, 14 verweisen, in welcher bei der Feuergeburt des Diony- sos „der Donner in dräuender Gestalt und der Blitz, wie er Strahlen aus den Augen entsendet,“ dargestellt waren.
Ueber eine andere mehr allegorische Gestalt, den Krieg, ist bei Gelegenheit der Bilder Alexanders zu reden.
Besonders ausführlich sind wir über ein Bild der Ver- leumdung durch Lucian (de calumn. n. tem. cred. 5) un- terrichtet. Wir geben zunächst die Beschreibung und spre- chen dann erst über die historischen Umstände, auf welche es sich beziehen soll: Rechts sitzt ein Mann mit grossen Oh- ren, dem Midas darin fast vergleichbar, welcher der Diabole, der Verleumdung, schon von fern die Hand entgegenstreckt. Ihm zur Seite stehen zwei Weiber: Agnoia und Hypolepsis, Unwissenheit und Argwohn, „wie es scheint“ (die Namen waren also wohl nicht beigeschrieben). Von der andern Seite kommt Diabole heran, ein prächtig schönes Weib, et- was hitzig und erregt, wie um Leidenschaft und Zorn zu zei- gen. In der Linken trägt sie eine brennende Fackel, mit der Rechten schleppt sie einen Jüngling bei den Haaren herbei, der die Hände zum Himmel erhebt und die Götter zu Zeugen
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Handschrift den Vorzug geben: Antaeos, wie es scheint, in
Rhodos: Plin. 35, 93. Da dieses Bild sich in Verbindung mit
einigen Portraits erwähnt findet, so möchte man es ebenfalls
für ein solches zu halten geneigt sein. Ankaeos und Antaeos
scheinen freilich nur als Namen mythologischer Personen vor-
zukommen: dagegen findet sich die Form Antaeon, und zwar
gerade auf rhodischen Münzen: Mionn. Suppl. VI, p. 586.
In der Mitte zwischen den eigentlich mythologischen und
den Darstellungen aus der Wirklichkeit stehen bei Apelles
mehrere andere, welche wir als symbolische und allegorische
bezeichnen können. Dahin gehören:
Bronte, Astrape, Keraunobolia: Donner, Blitzleuch-
ten und Blitzschleuderung. Wenn Plinius (35, 96) diese
Werke mit der Bemerkung anführt: Apelles habe gemalt, was
sich eigentlich nicht malen lasse, so werden wir dadurch
über die Art der Darstellung um nichts klüger. Zum Ver-
gleich können wir dagegen auf ein Gemälde bei Philostratus
I, 14 verweisen, in welcher bei der Feuergeburt des Diony-
sos „der Donner in dräuender Gestalt und der Blitz, wie er
Strahlen aus den Augen entsendet,“ dargestellt waren.
Ueber eine andere mehr allegorische Gestalt, den Krieg,
ist bei Gelegenheit der Bilder Alexanders zu reden.
Besonders ausführlich sind wir über ein Bild der Ver-
leumdung durch Lucian (de calumn. n. tem. cred. 5) un-
terrichtet. Wir geben zunächst die Beschreibung und spre-
chen dann erst über die historischen Umstände, auf welche
es sich beziehen soll: Rechts sitzt ein Mann mit grossen Oh-
ren, dem Midas darin fast vergleichbar, welcher der Diabole,
der Verleumdung, schon von fern die Hand entgegenstreckt.
Ihm zur Seite stehen zwei Weiber: Agnoia und Hypolepsis,
Unwissenheit und Argwohn, „wie es scheint“ (die Namen
waren also wohl nicht beigeschrieben). Von der andern
Seite kommt Diabole heran, ein prächtig schönes Weib, et-
was hitzig und erregt, wie um Leidenschaft und Zorn zu zei-
gen. In der Linken trägt sie eine brennende Fackel, mit der
Rechten schleppt sie einen Jüngling bei den Haaren herbei,
der die Hände zum Himmel erhebt und die Götter zu Zeugen
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Brunn, Heinrich: Geschichte der griechischen Künstler. T. 2, Abt. 1. Braunschweig, 1856, S. 207. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen0201_1856/215>, abgerufen am 21.11.2024.
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