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Brunn, Heinrich: Geschichte der griechischen Künstler. T. 2, Abt. 1. Braunschweig, 1856.

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dem Gemälde das Grässliche der That selbst durchaus ver-
mieden; und es erklärt sich daher nur aus einer moralischen,
nicht künstlerischen Betrachtungsweise, wenn Plutarch 1) dem
Timomachos aus der Wahl des Gegenstandes einen Vorwurf
macht. In diesem Sinne glaube ich auch das Epigramm des
Philippus 2) auffassen zu müssen, welches Lessing 3) auf die
Medea eines andern Künstlers beziehen zu müssen glaubte,
worin ihm allerdings schon Ausonius in seiner freien Nach-
bildung bestimmt vorangegangen ist; 4) schon die Verewi-
gung der Mordgedanken scheint dem Dichter barbarisch,
und er nennt die Medea Kindermörderin auch vor der That,
da diese doch sicher bevorstehe und man auch in dem Ge-
mälde das Unmaass der Leidenschaft spüre. -- In ähnlicher
Weise wie bei der Medea scheint dem darüber erhaltenen
Epigramme zufolge auch bei der Iphigenie der Kampf zwi-
schen den Gefühlen der priesterlichen, wenn auch noch so
verhassten Pflicht, und der Ahnung, dass ihr als Schlacht-
opfer der eigene Bruder gegenüberstehe, das Grundmotiv
der Darstellung abgegeben zu haben. Welchen der zahl-
reichen verwandten Momente aus der Sage des Orestes Ti-
momachos für seine Darstellung desselben gewählt habe,
sind wir leider zu bestimmen ausser Stande. Dass bei der
Gorgo die hohe Vortrefflichkeit auf den entsetzlichen Con-
trasten zwischen der Schönheit der Bildung und der Furcht-
barkeit des Ausdrucks beruht haben wird, dürfen wir wohl
auch ohne ein bestätigendes Zeugniss annehmen. -- Unter
den noch übrigen Werken fällt wegen der eigenthümlichen
Benennung Lekythion auf. Zwar kennen wir Lekuthion als

lung die in Rom zusammengehäuften Schätze keineswegs ausschliessen will,
lehrt z. B. die zugleich erwähnte Anadyomene des Apelles, welche ja eben-
falls in Rom aufgestellt war.
1) de aud. poet. p. 18 A.
2) Tis sou, Kolkhis athesme, sunegraphen eikoni thumon;
tis kai en eidolo barbaron eirgasato;
aei gar dipsas brepheon phonon . e tis Ieson
deuteros, e Glauke; tis pali soi prophasis;
erre kai en kero, paidoktone ; son gar ametron
zelon eis a theleis kai graphis aisthanetai.
Für eis a theleis eonjicirt Jacobs lussaleos.
3) Laok. Kap. 3.
4) ep.
130, wo am Schlusse die Verse hinzugefügt werden:
Laudo Timomachum, matrem quod pinxit in ense
Cunctantem, prolis sanguine ne maculet.

dem Gemälde das Grässliche der That selbst durchaus ver-
mieden; und es erklärt sich daher nur aus einer moralischen,
nicht künstlerischen Betrachtungsweise, wenn Plutarch 1) dem
Timomachos aus der Wahl des Gegenstandes einen Vorwurf
macht. In diesem Sinne glaube ich auch das Epigramm des
Philippus 2) auffassen zu müssen, welches Lessing 3) auf die
Medea eines andern Künstlers beziehen zu müssen glaubte,
worin ihm allerdings schon Ausonius in seiner freien Nach-
bildung bestimmt vorangegangen ist; 4) schon die Verewi-
gung der Mordgedanken scheint dem Dichter barbarisch,
und er nennt die Medea Kindermörderin auch vor der That,
da diese doch sicher bevorstehe und man auch in dem Ge-
mälde das Unmaass der Leidenschaft spüre. — In ähnlicher
Weise wie bei der Medea scheint dem darüber erhaltenen
Epigramme zufolge auch bei der Iphigenie der Kampf zwi-
schen den Gefühlen der priesterlichen, wenn auch noch so
verhassten Pflicht, und der Ahnung, dass ihr als Schlacht-
opfer der eigene Bruder gegenüberstehe, das Grundmotiv
der Darstellung abgegeben zu haben. Welchen der zahl-
reichen verwandten Momente aus der Sage des Orestes Ti-
momachos für seine Darstellung desselben gewählt habe,
sind wir leider zu bestimmen ausser Stande. Dass bei der
Gorgo die hohe Vortrefflichkeit auf den entsetzlichen Con-
trasten zwischen der Schönheit der Bildung und der Furcht-
barkeit des Ausdrucks beruht haben wird, dürfen wir wohl
auch ohne ein bestätigendes Zeugniss annehmen. — Unter
den noch übrigen Werken fällt wegen der eigenthümlichen
Benennung Lekythion auf. Zwar kennen wir Ληκυϑίων als

lung die in Rom zusammengehäuften Schätze keineswegs ausschliessen will,
lehrt z. B. die zugleich erwähnte Anadyomene des Apelles, welche ja eben-
falls in Rom aufgestellt war.
1) de aud. poet. p. 18 A.
2) Τίς σου, Κολχὶς ἄϑεσμε, συνέγϱαφεν εἰκόνι ϑυμόν;
τίς καὶ ἐν εἰδώλῳ βάϱβαϱον εἰϱγἀσατο;
ἀεὶ γὰϱ διψᾷς βϱεφέων φόνον . ἤ τις Ἰήσων
δεύτεϱος, ἤ Γλαύκη; τίς παλι σοὶ πϱόφασις;
ἔϱϱε καὶ ἐν κηϱῷ, παιδοκτόνε · σῶν γὰϱ ἀμέτϱων
ζήλων εἰς ἃ ϑέλεις καὶ γϱαφὶς αἰσϑάνεται.
Für εἰς ἅ ϑέλεις eonjicirt Jacobs λυσσαλέος.
3) Laok. Kap. 3.
4) ep.
130, wo am Schlusse die Verse hinzugefügt werden:
Laudo Timomachum, matrem quod pinxit in ense
Cunctantem, prolis sanguine ne maculet.
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[279/0287] dem Gemälde das Grässliche der That selbst durchaus ver- mieden; und es erklärt sich daher nur aus einer moralischen, nicht künstlerischen Betrachtungsweise, wenn Plutarch 1) dem Timomachos aus der Wahl des Gegenstandes einen Vorwurf macht. In diesem Sinne glaube ich auch das Epigramm des Philippus 2) auffassen zu müssen, welches Lessing 3) auf die Medea eines andern Künstlers beziehen zu müssen glaubte, worin ihm allerdings schon Ausonius in seiner freien Nach- bildung bestimmt vorangegangen ist; 4) schon die Verewi- gung der Mordgedanken scheint dem Dichter barbarisch, und er nennt die Medea Kindermörderin auch vor der That, da diese doch sicher bevorstehe und man auch in dem Ge- mälde das Unmaass der Leidenschaft spüre. — In ähnlicher Weise wie bei der Medea scheint dem darüber erhaltenen Epigramme zufolge auch bei der Iphigenie der Kampf zwi- schen den Gefühlen der priesterlichen, wenn auch noch so verhassten Pflicht, und der Ahnung, dass ihr als Schlacht- opfer der eigene Bruder gegenüberstehe, das Grundmotiv der Darstellung abgegeben zu haben. Welchen der zahl- reichen verwandten Momente aus der Sage des Orestes Ti- momachos für seine Darstellung desselben gewählt habe, sind wir leider zu bestimmen ausser Stande. Dass bei der Gorgo die hohe Vortrefflichkeit auf den entsetzlichen Con- trasten zwischen der Schönheit der Bildung und der Furcht- barkeit des Ausdrucks beruht haben wird, dürfen wir wohl auch ohne ein bestätigendes Zeugniss annehmen. — Unter den noch übrigen Werken fällt wegen der eigenthümlichen Benennung Lekythion auf. Zwar kennen wir Ληκυϑίων als 4) 1) de aud. poet. p. 18 A. 2) Τίς σου, Κολχὶς ἄϑεσμε, συνέγϱαφεν εἰκόνι ϑυμόν; τίς καὶ ἐν εἰδώλῳ βάϱβαϱον εἰϱγἀσατο; ἀεὶ γὰϱ διψᾷς βϱεφέων φόνον . ἤ τις Ἰήσων δεύτεϱος, ἤ Γλαύκη; τίς παλι σοὶ πϱόφασις; ἔϱϱε καὶ ἐν κηϱῷ, παιδοκτόνε · σῶν γὰϱ ἀμέτϱων ζήλων εἰς ἃ ϑέλεις καὶ γϱαφὶς αἰσϑάνεται. Für εἰς ἅ ϑέλεις eonjicirt Jacobs λυσσαλέος. 3) Laok. Kap. 3. 4) ep. 130, wo am Schlusse die Verse hinzugefügt werden: Laudo Timomachum, matrem quod pinxit in ense Cunctantem, prolis sanguine ne maculet. 4) lung die in Rom zusammengehäuften Schätze keineswegs ausschliessen will, lehrt z. B. die zugleich erwähnte Anadyomene des Apelles, welche ja eben- falls in Rom aufgestellt war.

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Zitationshilfe: Brunn, Heinrich: Geschichte der griechischen Künstler. T. 2, Abt. 1. Braunschweig, 1856, S. 279. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen0201_1856/287>, abgerufen am 24.11.2024.