stände nach beiden Seiten hin gleichmässig ab, wie in einer Trilogie des Aeschylos (S. 26).
In solcher Schärfe, wie hier, lässt sich allerdings für das Gemälde der Unterwelt ein streng einheitlicher Grundgedanke nicht nachweisen. Es konnte schon der Sache nach nicht sowohl eine Folge von Handlungen, als ein Bild des Zustan- des der Schatten uns vor Augen geführt werden. Doch ist auch hier dieses allgemeine Thema in sehr bestimmter Weise zusammengezogen und begrenzt. Odysseus ist herabgestie- gen zu den Schatten: und obwohl er keineswegs der Mittel- punkt des Ganzen ist, so ist doch dadurch nicht nur ein be- stimmter Zeitpunkt gewonnen, sondern es muss deshalb auch die Beziehung auf die Helden des troischen Krieges in den Mittelpunkt treten. Und in der That gerade im Centrum er- scheint als König der Schatten Achilleus, des Neoptolemos Vater, über dessen Grabe die ganze Lesche errichtet ist. Wie um ihn seine Freunde vereint sind, so hat die gemeinsa- me Feindschaft gegen Odysseus eine andere Gruppe griechi- scher Helden zusammengeführt. In diesen drei Gruppen, des Achill, des Odysseus und der seiner Feinde, ist ein hinrei- chend streng verbundener Kern für das Ganze gegeben, an welchen sich die übrigen Theile in mehr lockerer Weise an- lehnen durften. Die Gruppe der absichtlich von den Achae- ern ganz getrennt gehaltenen troischen Führer ausgenommen, zeigt sich dies auch nach den beiden Enden zu in gesteiger- tem Maasse. Anstatt bestimmter mythologischer Persönlich- keiten erscheinen immer mehr Büssende von allgemeinerer Bedeutung, -- selbst Tantalos und Sisyphos unterscheiden sich darin wenig von dem Vatermörder und Tempelräuber -- bis ganz an den Enden in dem scharfen Gegensatze zwischen Eingeweihten und Uneingeweihten der Beschauer an seine eigene Zukunft nach dem Tode und die Wahl, welche ihm in Betreff derselben hergestellt ist, gemahnt wird. Wir ver- mögen also auch in diesem Gemälde den tiefen dichterischen Sinn nicht zu verkennen, welcher den Künstler überall in der Auffassung des Ganzen, wie in der Anordnung seiner Theile geleitet hat.
Ueber die übrigen Werke des Polygnot sind wir leider nicht in gleich ausführlicher Weise unterrichtet. Bei dem Ge- mälde in der Poekile müssen wir uns daher begnügen, auf
stände nach beiden Seiten hin gleichmässig ab, wie in einer Trilogie des Aeschylos (S. 26).
In solcher Schärfe, wie hier, lässt sich allerdings für das Gemälde der Unterwelt ein streng einheitlicher Grundgedanke nicht nachweisen. Es konnte schon der Sache nach nicht sowohl eine Folge von Handlungen, als ein Bild des Zustan- des der Schatten uns vor Augen geführt werden. Doch ist auch hier dieses allgemeine Thema in sehr bestimmter Weise zusammengezogen und begrenzt. Odysseus ist herabgestie- gen zu den Schatten: und obwohl er keineswegs der Mittel- punkt des Ganzen ist, so ist doch dadurch nicht nur ein be- stimmter Zeitpunkt gewonnen, sondern es muss deshalb auch die Beziehung auf die Helden des troischen Krieges in den Mittelpunkt treten. Und in der That gerade im Centrum er- scheint als König der Schatten Achilleus, des Neoptolemos Vater, über dessen Grabe die ganze Lesche errichtet ist. Wie um ihn seine Freunde vereint sind, so hat die gemeinsa- me Feindschaft gegen Odysseus eine andere Gruppe griechi- scher Helden zusammengeführt. In diesen drei Gruppen, des Achill, des Odysseus und der seiner Feinde, ist ein hinrei- chend streng verbundener Kern für das Ganze gegeben, an welchen sich die übrigen Theile in mehr lockerer Weise an- lehnen durften. Die Gruppe der absichtlich von den Achae- ern ganz getrennt gehaltenen troischen Führer ausgenommen, zeigt sich dies auch nach den beiden Enden zu in gesteiger- tem Maasse. Anstatt bestimmter mythologischer Persönlich- keiten erscheinen immer mehr Büssende von allgemeinerer Bedeutung, — selbst Tantalos und Sisyphos unterscheiden sich darin wenig von dem Vatermörder und Tempelräuber — bis ganz an den Enden in dem scharfen Gegensatze zwischen Eingeweihten und Uneingeweihten der Beschauer an seine eigene Zukunft nach dem Tode und die Wahl, welche ihm in Betreff derselben hergestellt ist, gemahnt wird. Wir ver- mögen also auch in diesem Gemälde den tiefen dichterischen Sinn nicht zu verkennen, welcher den Künstler überall in der Auffassung des Ganzen, wie in der Anordnung seiner Theile geleitet hat.
Ueber die übrigen Werke des Polygnot sind wir leider nicht in gleich ausführlicher Weise unterrichtet. Bei dem Ge- mälde in der Poekile müssen wir uns daher begnügen, auf
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stände nach beiden Seiten hin gleichmässig ab, wie in einer
Trilogie des Aeschylos (S. 26).
In solcher Schärfe, wie hier, lässt sich allerdings für das
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nicht nachweisen. Es konnte schon der Sache nach nicht
sowohl eine Folge von Handlungen, als ein Bild des Zustan-
des der Schatten uns vor Augen geführt werden. Doch ist
auch hier dieses allgemeine Thema in sehr bestimmter Weise
zusammengezogen und begrenzt. Odysseus ist herabgestie-
gen zu den Schatten: und obwohl er keineswegs der Mittel-
punkt des Ganzen ist, so ist doch dadurch nicht nur ein be-
stimmter Zeitpunkt gewonnen, sondern es muss deshalb auch
die Beziehung auf die Helden des troischen Krieges in den
Mittelpunkt treten. Und in der That gerade im Centrum er-
scheint als König der Schatten Achilleus, des Neoptolemos
Vater, über dessen Grabe die ganze Lesche errichtet ist.
Wie um ihn seine Freunde vereint sind, so hat die gemeinsa-
me Feindschaft gegen Odysseus eine andere Gruppe griechi-
scher Helden zusammengeführt. In diesen drei Gruppen, des
Achill, des Odysseus und der seiner Feinde, ist ein hinrei-
chend streng verbundener Kern für das Ganze gegeben, an
welchen sich die übrigen Theile in mehr lockerer Weise an-
lehnen durften. Die Gruppe der absichtlich von den Achae-
ern ganz getrennt gehaltenen troischen Führer ausgenommen,
zeigt sich dies auch nach den beiden Enden zu in gesteiger-
tem Maasse. Anstatt bestimmter mythologischer Persönlich-
keiten erscheinen immer mehr Büssende von allgemeinerer
Bedeutung, — selbst Tantalos und Sisyphos unterscheiden
sich darin wenig von dem Vatermörder und Tempelräuber —
bis ganz an den Enden in dem scharfen Gegensatze zwischen
Eingeweihten und Uneingeweihten der Beschauer an seine
eigene Zukunft nach dem Tode und die Wahl, welche ihm
in Betreff derselben hergestellt ist, gemahnt wird. Wir ver-
mögen also auch in diesem Gemälde den tiefen dichterischen
Sinn nicht zu verkennen, welcher den Künstler überall in
der Auffassung des Ganzen, wie in der Anordnung seiner
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Ueber die übrigen Werke des Polygnot sind wir leider
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Brunn, Heinrich: Geschichte der griechischen Künstler. T. 2, Abt. 1. Braunschweig, 1856, S. 38. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen0201_1856/46>, abgerufen am 03.12.2024.
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