sein, der aber seine Armuth mit einem gewissen Humor er- trug. So war wohl seine Persönlichkeit vorzugsweise ge- eignet, den Spott der Komiker zu reizen; und in der That macht ihn Aristophanes mehrmals zur Zielscheibe seines Wi- tzes: Plut. 602; Acharn. 854; Thesmoph. 949; vgl. die Scho- lien, die ihn ausdrücklich Maler nennen. Umgekehrt mag auch er wieder seine Freude daran gehabt haben, sich über an- dere Leute lustig zu machen. Eine Anekdote dieser Art we- nigstens, wie er einen Besteller gefoppt, wird mehrfach er- zählt: Lucian Dem. enc. 24; Plut. de Pyth. or. p. 396 E; Aelian v. h. XIV, 15. Es ward ihm nemlich aufgetragen, ein Pferd zu malen, das sich wälze. Er jedoch malte es laufend von Staub umhüllt. Darüber vom Besteller zur Rede gesetzt, drehte er es um, und nun erschien es, wie es verlangt war. Sonach möchte man den Grundzug seines Charakters in der Ironie suchen dürfen, wie sich diese auch bei manchen Phi- losophen seiner Zeit zu zeigen beginnt. Sie setzt eine be- stimmte natürliche Befähigung, eine gewisse Schnelligkeit des Geistes voraus. Da es aber im Wesen von Witz und Spott liegt, dem Hohen und Edlen etwas von seiner Würde zu neh- men, so musste diese Ironie, wo sie nicht, wie bei Sokrates, nur als Mittel zu einem höheren Zwecke benutzt ward, bald dahin gelangen, dem Hässlichen und Gemeinen an sich eine selbstständige Berechtigung zuerkennen zu wollen. Dass Pauson geradezu Caricaturen gemalt habe, wie man wohl ge- meint hat, ist darum noch nicht mit Nothwendigkeit anzuneh- men; es mochte ihm eine humoristische Auffassung des Häss- lichen genügen, bei welcher es mehr auf eine leichte, scharfe Charakteristik ankam, als auf eine sorgfältige Durchführung aller Einzelnheiten. Daraus erklärt sich zugleich seine Frucht- barkeit, in Folge deren noch ein Schriftsteller des vierten Jahrhunderts, Themistius, tadelnd bemerkt, dass die grosse Zahl von Werken keinen Ersatz gewähre für die hohe Vor- trefflichkeit, wie sie sich z. B. bei Zeuxis und Apelles finde: Themist. de praefect. suscept. §. 11, p. 40 ed. Mai; cf. R. Roch. peint. ant. in. p. 86. -- Die Zeit seiner Thätigkeit er- giebt sich übrigens aus der Aufführungszeit der Komödien des Aristophanes, in denen seiner gedacht wird: die Achar- ner fallen in Ol. 88, 3; die Thesmophoriazusen Ol. 92, 2; der Plutos Ol. 97, 4; so dass Pauson, was nicht zu übersehen
sein, der aber seine Armuth mit einem gewissen Humor er- trug. So war wohl seine Persönlichkeit vorzugsweise ge- eignet, den Spott der Komiker zu reizen; und in der That macht ihn Aristophanes mehrmals zur Zielscheibe seines Wi- tzes: Plut. 602; Acharn. 854; Thesmoph. 949; vgl. die Scho- lien, die ihn ausdrücklich Maler nennen. Umgekehrt mag auch er wieder seine Freude daran gehabt haben, sich über an- dere Leute lustig zu machen. Eine Anekdote dieser Art we- nigstens, wie er einen Besteller gefoppt, wird mehrfach er- zählt: Lucian Dem. enc. 24; Plut. de Pyth. or. p. 396 E; Aelian v. h. XIV, 15. Es ward ihm nemlich aufgetragen, ein Pferd zu malen, das sich wälze. Er jedoch malte es laufend von Staub umhüllt. Darüber vom Besteller zur Rede gesetzt, drehte er es um, und nun erschien es, wie es verlangt war. Sonach möchte man den Grundzug seines Charakters in der Ironie suchen dürfen, wie sich diese auch bei manchen Phi- losophen seiner Zeit zu zeigen beginnt. Sie setzt eine be- stimmte natürliche Befähigung, eine gewisse Schnelligkeit des Geistes voraus. Da es aber im Wesen von Witz und Spott liegt, dem Hohen und Edlen etwas von seiner Würde zu neh- men, so musste diese Ironie, wo sie nicht, wie bei Sokrates, nur als Mittel zu einem höheren Zwecke benutzt ward, bald dahin gelangen, dem Hässlichen und Gemeinen an sich eine selbstständige Berechtigung zuerkennen zu wollen. Dass Pauson geradezu Caricaturen gemalt habe, wie man wohl ge- meint hat, ist darum noch nicht mit Nothwendigkeit anzuneh- men; es mochte ihm eine humoristische Auffassung des Häss- lichen genügen, bei welcher es mehr auf eine leichte, scharfe Charakteristik ankam, als auf eine sorgfältige Durchführung aller Einzelnheiten. Daraus erklärt sich zugleich seine Frucht- barkeit, in Folge deren noch ein Schriftsteller des vierten Jahrhunderts, Themistius, tadelnd bemerkt, dass die grosse Zahl von Werken keinen Ersatz gewähre für die hohe Vor- trefflichkeit, wie sie sich z. B. bei Zeuxis und Apelles finde: Themist. de praefect. suscept. §. 11, p. 40 ed. Mai; cf. R. Roch. peint. ant. in. p. 86. — Die Zeit seiner Thätigkeit er- giebt sich übrigens aus der Aufführungszeit der Komödien des Aristophanes, in denen seiner gedacht wird: die Achar- ner fallen in Ol. 88, 3; die Thesmophoriazusen Ol. 92, 2; der Plutos Ol. 97, 4; so dass Pauson, was nicht zu übersehen
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[50/0058]
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trug. So war wohl seine Persönlichkeit vorzugsweise ge-
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macht ihn Aristophanes mehrmals zur Zielscheibe seines Wi-
tzes: Plut. 602; Acharn. 854; Thesmoph. 949; vgl. die Scho-
lien, die ihn ausdrücklich Maler nennen. Umgekehrt mag auch
er wieder seine Freude daran gehabt haben, sich über an-
dere Leute lustig zu machen. Eine Anekdote dieser Art we-
nigstens, wie er einen Besteller gefoppt, wird mehrfach er-
zählt: Lucian Dem. enc. 24; Plut. de Pyth. or. p. 396 E; Aelian
v. h. XIV, 15. Es ward ihm nemlich aufgetragen, ein Pferd
zu malen, das sich wälze. Er jedoch malte es laufend von
Staub umhüllt. Darüber vom Besteller zur Rede gesetzt,
drehte er es um, und nun erschien es, wie es verlangt war.
Sonach möchte man den Grundzug seines Charakters in der
Ironie suchen dürfen, wie sich diese auch bei manchen Phi-
losophen seiner Zeit zu zeigen beginnt. Sie setzt eine be-
stimmte natürliche Befähigung, eine gewisse Schnelligkeit des
Geistes voraus. Da es aber im Wesen von Witz und Spott
liegt, dem Hohen und Edlen etwas von seiner Würde zu neh-
men, so musste diese Ironie, wo sie nicht, wie bei Sokrates,
nur als Mittel zu einem höheren Zwecke benutzt ward, bald
dahin gelangen, dem Hässlichen und Gemeinen an sich eine
selbstständige Berechtigung zuerkennen zu wollen. Dass
Pauson geradezu Caricaturen gemalt habe, wie man wohl ge-
meint hat, ist darum noch nicht mit Nothwendigkeit anzuneh-
men; es mochte ihm eine humoristische Auffassung des Häss-
lichen genügen, bei welcher es mehr auf eine leichte, scharfe
Charakteristik ankam, als auf eine sorgfältige Durchführung
aller Einzelnheiten. Daraus erklärt sich zugleich seine Frucht-
barkeit, in Folge deren noch ein Schriftsteller des vierten
Jahrhunderts, Themistius, tadelnd bemerkt, dass die grosse
Zahl von Werken keinen Ersatz gewähre für die hohe Vor-
trefflichkeit, wie sie sich z. B. bei Zeuxis und Apelles finde:
Themist. de praefect. suscept. §. 11, p. 40 ed. Mai; cf. R.
Roch. peint. ant. in. p. 86. — Die Zeit seiner Thätigkeit er-
giebt sich übrigens aus der Aufführungszeit der Komödien
des Aristophanes, in denen seiner gedacht wird: die Achar-
ner fallen in Ol. 88, 3; die Thesmophoriazusen Ol. 92, 2; der
Plutos Ol. 97, 4; so dass Pauson, was nicht zu übersehen
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Brunn, Heinrich: Geschichte der griechischen Künstler. T. 2, Abt. 1. Braunschweig, 1856, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen0201_1856/58>, abgerufen am 23.11.2024.
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