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Brunn, Heinrich: Geschichte der griechischen Künstler. T. 2, Abt. 1. Braunschweig, 1856.

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Kalliphon als aus einer solchen hervorgegangen be-
trachten wollen. Er malte in dem Heiligthume der Artemis
zu Ephesos, was allerdings scheinbar gegen die ältere Zeit
vor dem Tempelbrande spricht. Wenn sich indessen das
Bild in einem Nebengebäude befand, deren es dort gewiss,
wie in Olympia, Delphi, mehrere gab, so konnte es leicht
der Zerstörung entgehen; Pausanias aber spricht nicht von
dem Tempel selbst (naos), sondern allgemeiner von dem Hei-
ligthume (ieron); und was er von Einzelnheiten aus dem Ge-
mälde, dem Kampfe der Hellenen und der Troer, erwähnt,
scheint gerade auf die ältere Zeit zu deuten: die Auffassung
der Eris nach dem Muster ihrer Darstellung auf dem Kasten
des Kypselos (pros taute), d. i.: aiskhiste to eidos eoikhuia: V,
19, 1, gehört namentlich der früheren Kunst an; aus späteren
Kampfdarstellungen verschwindet Eris fast gänzlich. Bei
Gelegenheit der polygnotischen Gemälde (X, 26, 2) gedenkt
ferner Pausanias einer Gruppe aus dem Gemälde des Kalli-
phon: Patroklos, welchem von Frauen der Doppelpanzer
(gualothorax) angelegt ward. Er nennt diese Form des Pan-
zers zu seiner Zeit ungewöhnlich; und führt die Darstellung
derselben in den beiden Gemälden offenbar als eine Seltenheit
an. Führt nun hier die Zusammenstellung mit Polygnot eben-
falls wieder auf die ältere Zeit, so scheint darauf nicht minder
das ganze Gemälde zu deuten. Die Rüstungsscene stand
gewiss im nächsten Zusammenhange mit dem Kampfe bei
den Schiffen; die Composition scheint daher der älteren mehr
epischen Weise, wie wir sie aus den delphischen und atti-
schen Gemälden des Polygnot und seiner Genossen kennen,
angehört zu haben, wodurch es möglich ward, den Kampf
in den verschiedenen Stadien seiner Entwickelung in einer
Reihe von einzelnen, aber doch zusammengehörigen Scenen
darzulegen.

Von einem anderen Maler aus Samos, Agatharchos, so
wie von einem Künstler Kleinasiens, Dionysios aus Ko-
lophon, ist bereits früher gehandelt worden. Ausserdem
gehört nach Kleinasien und zwar gegen das Ende dieser
Periode:

Euenor aus Ephesos, Vater und Lehrer des Parrhasios,
nach Plinius (35, 60) zwar schon selbst ein tüchtiger Künst-

Kalliphon als aus einer solchen hervorgegangen be-
trachten wollen. Er malte in dem Heiligthume der Artemis
zu Ephesos, was allerdings scheinbar gegen die ältere Zeit
vor dem Tempelbrande spricht. Wenn sich indessen das
Bild in einem Nebengebäude befand, deren es dort gewiss,
wie in Olympia, Delphi, mehrere gab, so konnte es leicht
der Zerstörung entgehen; Pausanias aber spricht nicht von
dem Tempel selbst (ναός), sondern allgemeiner von dem Hei-
ligthume (ἱεϱόν); und was er von Einzelnheiten aus dem Ge-
mälde, dem Kampfe der Hellenen und der Troer, erwähnt,
scheint gerade auf die ältere Zeit zu deuten: die Auffassung
der Eris nach dem Muster ihrer Darstellung auf dem Kasten
des Kypselos (πϱὸς ταύτῃ), d. i.: αἰσχίστῃ τὸ εἶδος ἐοιχυῖα: V,
19, 1, gehört namentlich der früheren Kunst an; aus späteren
Kampfdarstellungen verschwindet Eris fast gänzlich. Bei
Gelegenheit der polygnotischen Gemälde (X, 26, 2) gedenkt
ferner Pausanias einer Gruppe aus dem Gemälde des Kalli-
phon: Patroklos, welchem von Frauen der Doppelpanzer
(γυαλοϑώϱαξ) angelegt ward. Er nennt diese Form des Pan-
zers zu seiner Zeit ungewöhnlich; und führt die Darstellung
derselben in den beiden Gemälden offenbar als eine Seltenheit
an. Führt nun hier die Zusammenstellung mit Polygnot eben-
falls wieder auf die ältere Zeit, so scheint darauf nicht minder
das ganze Gemälde zu deuten. Die Rüstungsscene stand
gewiss im nächsten Zusammenhange mit dem Kampfe bei
den Schiffen; die Composition scheint daher der älteren mehr
epischen Weise, wie wir sie aus den delphischen und atti-
schen Gemälden des Polygnot und seiner Genossen kennen,
angehört zu haben, wodurch es möglich ward, den Kampf
in den verschiedenen Stadien seiner Entwickelung in einer
Reihe von einzelnen, aber doch zusammengehörigen Scenen
darzulegen.

Von einem anderen Maler aus Samos, Agatharchos, so
wie von einem Künstler Kleinasiens, Dionysios aus Ko-
lophon, ist bereits früher gehandelt worden. Ausserdem
gehört nach Kleinasien und zwar gegen das Ende dieser
Periode:

Euenor aus Ephesos, Vater und Lehrer des Parrhasios,
nach Plinius (35, 60) zwar schon selbst ein tüchtiger Künst-

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[56/0064] Kalliphon als aus einer solchen hervorgegangen be- trachten wollen. Er malte in dem Heiligthume der Artemis zu Ephesos, was allerdings scheinbar gegen die ältere Zeit vor dem Tempelbrande spricht. Wenn sich indessen das Bild in einem Nebengebäude befand, deren es dort gewiss, wie in Olympia, Delphi, mehrere gab, so konnte es leicht der Zerstörung entgehen; Pausanias aber spricht nicht von dem Tempel selbst (ναός), sondern allgemeiner von dem Hei- ligthume (ἱεϱόν); und was er von Einzelnheiten aus dem Ge- mälde, dem Kampfe der Hellenen und der Troer, erwähnt, scheint gerade auf die ältere Zeit zu deuten: die Auffassung der Eris nach dem Muster ihrer Darstellung auf dem Kasten des Kypselos (πϱὸς ταύτῃ), d. i.: αἰσχίστῃ τὸ εἶδος ἐοιχυῖα: V, 19, 1, gehört namentlich der früheren Kunst an; aus späteren Kampfdarstellungen verschwindet Eris fast gänzlich. Bei Gelegenheit der polygnotischen Gemälde (X, 26, 2) gedenkt ferner Pausanias einer Gruppe aus dem Gemälde des Kalli- phon: Patroklos, welchem von Frauen der Doppelpanzer (γυαλοϑώϱαξ) angelegt ward. Er nennt diese Form des Pan- zers zu seiner Zeit ungewöhnlich; und führt die Darstellung derselben in den beiden Gemälden offenbar als eine Seltenheit an. Führt nun hier die Zusammenstellung mit Polygnot eben- falls wieder auf die ältere Zeit, so scheint darauf nicht minder das ganze Gemälde zu deuten. Die Rüstungsscene stand gewiss im nächsten Zusammenhange mit dem Kampfe bei den Schiffen; die Composition scheint daher der älteren mehr epischen Weise, wie wir sie aus den delphischen und atti- schen Gemälden des Polygnot und seiner Genossen kennen, angehört zu haben, wodurch es möglich ward, den Kampf in den verschiedenen Stadien seiner Entwickelung in einer Reihe von einzelnen, aber doch zusammengehörigen Scenen darzulegen. Von einem anderen Maler aus Samos, Agatharchos, so wie von einem Künstler Kleinasiens, Dionysios aus Ko- lophon, ist bereits früher gehandelt worden. Ausserdem gehört nach Kleinasien und zwar gegen das Ende dieser Periode: Euenor aus Ephesos, Vater und Lehrer des Parrhasios, nach Plinius (35, 60) zwar schon selbst ein tüchtiger Künst-

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Zitationshilfe: Brunn, Heinrich: Geschichte der griechischen Künstler. T. 2, Abt. 1. Braunschweig, 1856, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen0201_1856/64>, abgerufen am 23.11.2024.