gewährt einzig des Plinius Nachricht, dass er für Aristratos, Tyrannen von Sikyon, am Denkmal des Dichters Telestes arbeitete. Aristratos heisst bei Demosthenes1) und Plutarch2) Zeitgenosse Philipps von Makedonien, welcher Ol. 105, 2 zur Regierung gelangte. Damit ist indessen nicht gesagt, dass die Arbeit des Nikomachos nicht vor diesen Regierungsan- tritt fallen könne, vielmehr wird das Gegentheil durch die Zeitbestimmung des Telestes sogar wahrscheinlich.3) Der parischen Marmorchronik zufolge siegte dieser Dichter Ol. 94, 3 in Athen, und Diodor4) setzt seine Blüthe Ol. 95, 3. Von da bis zum Regierungsantritt Philipps sind vierzig Jahre, also immer ein ziemlich langer Zwischenraum. Rücken wir aber die Arbeit an Telestes Grabe bis gegen Ol. 105 herab, so bleibt es noch immer dahingestellt, ob der Künst- ler sie als Jüngling oder als Greis ausführte. Wir dürfen danach die Annahme, dass seine Thätigkeit bereits um Ol. 95 begonnen haben könne, wenigstens als eine Möglichkeit gelten lassen.
Wenden wir uns jetzt zu seinen Schülern. Ueber die Zeit des Koroebos, eines Künstlers dritten Ranges (früher Korybas genannt)5) erfahren wir nichts Bestimmtes. Phi- loxenos von Eretria dagegen malte für Kassander eine Schlacht des Alexander mit Darius.6) Doch lässt uns auch diese Angabe wieder einen ziemlich weiten Spielraum. Denn dass Plinius Kassander König nennt, wird uns, wenn wir so manche ähnliche Angaben in Betracht ziehen, nicht zu der Behauptung zwingen, dass jenes Bild durchaus erst nach Annahme des Königstitels, Ol. 116, 2, gemalt sein müsse. Sicher ist also nur, dass der Künstler einige Zeit nach der Schlacht, sei es nun der ersten oder der letzten, also in der 112ten Olympiade noch in Thätigkeit war.
Den schwierigsten Punkt in diesen Untersuchungen bil- den aber die Fragen, welche sich an die Person des Aristides knüpfen, namentlich daran, ob er der Bruder oder der Sohn seines Lehrers Nikomachos war. Zuerst müssen wir aus- sprechen, dass wir es nur mit einem einzigen Aristides zu
1) De coron. §. 48. 295.
2) Arat. 13.
3) Vgl. M. Schmidt: Rhein. Mus. N. F. IV, S. 305.
4) XIV, 46.
5) Plin. 35, 146.
6) Plin. 35, 110.
gewährt einzig des Plinius Nachricht, dass er für Aristratos, Tyrannen von Sikyon, am Denkmal des Dichters Telestes arbeitete. Aristratos heisst bei Demosthenes1) und Plutarch2) Zeitgenosse Philipps von Makedonien, welcher Ol. 105, 2 zur Regierung gelangte. Damit ist indessen nicht gesagt, dass die Arbeit des Nikomachos nicht vor diesen Regierungsan- tritt fallen könne, vielmehr wird das Gegentheil durch die Zeitbestimmung des Telestes sogar wahrscheinlich.3) Der parischen Marmorchronik zufolge siegte dieser Dichter Ol. 94, 3 in Athen, und Diodor4) setzt seine Blüthe Ol. 95, 3. Von da bis zum Regierungsantritt Philipps sind vierzig Jahre, also immer ein ziemlich langer Zwischenraum. Rücken wir aber die Arbeit an Telestes Grabe bis gegen Ol. 105 herab, so bleibt es noch immer dahingestellt, ob der Künst- ler sie als Jüngling oder als Greis ausführte. Wir dürfen danach die Annahme, dass seine Thätigkeit bereits um Ol. 95 begonnen haben könne, wenigstens als eine Möglichkeit gelten lassen.
Wenden wir uns jetzt zu seinen Schülern. Ueber die Zeit des Koroebos, eines Künstlers dritten Ranges (früher Korybas genannt)5) erfahren wir nichts Bestimmtes. Phi- loxenos von Eretria dagegen malte für Kassander eine Schlacht des Alexander mit Darius.6) Doch lässt uns auch diese Angabe wieder einen ziemlich weiten Spielraum. Denn dass Plinius Kassander König nennt, wird uns, wenn wir so manche ähnliche Angaben in Betracht ziehen, nicht zu der Behauptung zwingen, dass jenes Bild durchaus erst nach Annahme des Königstitels, Ol. 116, 2, gemalt sein müsse. Sicher ist also nur, dass der Künstler einige Zeit nach der Schlacht, sei es nun der ersten oder der letzten, also in der 112ten Olympiade noch in Thätigkeit war.
Den schwierigsten Punkt in diesen Untersuchungen bil- den aber die Fragen, welche sich an die Person des Aristides knüpfen, namentlich daran, ob er der Bruder oder der Sohn seines Lehrers Nikomachos war. Zuerst müssen wir aus- sprechen, dass wir es nur mit einem einzigen Aristides zu
1) De coron. §. 48. 295.
2) Arat. 13.
3) Vgl. M. Schmidt: Rhein. Mus. N. F. IV, S. 305.
4) XIV, 46.
5) Plin. 35, 146.
6) Plin. 35, 110.
<TEI><text><body><divn="1"><divn="2"><divn="3"><p><pbfacs="#f0177"n="160"/>
gewährt einzig des Plinius Nachricht, dass er für Aristratos,<lb/>
Tyrannen von Sikyon, am Denkmal des Dichters Telestes<lb/>
arbeitete. Aristratos heisst bei Demosthenes<noteplace="foot"n="1)">De coron. §. 48. 295.</note> und Plutarch<noteplace="foot"n="2)">Arat. 13.</note><lb/>
Zeitgenosse Philipps von Makedonien, welcher Ol. 105, 2 zur<lb/>
Regierung gelangte. Damit ist indessen nicht gesagt, dass<lb/>
die Arbeit des Nikomachos nicht vor diesen Regierungsan-<lb/>
tritt fallen könne, vielmehr wird das Gegentheil durch die<lb/>
Zeitbestimmung des Telestes sogar wahrscheinlich.<noteplace="foot"n="3)">Vgl. M. Schmidt: Rhein.<lb/>
Mus. N. F. IV, S. 305.</note> Der<lb/>
parischen Marmorchronik zufolge siegte dieser Dichter Ol.<lb/>
94, 3 in Athen, und Diodor<noteplace="foot"n="4)">XIV, 46.</note> setzt seine Blüthe Ol. 95, 3.<lb/>
Von da bis zum Regierungsantritt Philipps sind vierzig<lb/>
Jahre, also immer ein ziemlich langer Zwischenraum. Rücken<lb/>
wir aber die Arbeit an Telestes Grabe bis gegen Ol. 105<lb/>
herab, so bleibt es noch immer dahingestellt, ob der Künst-<lb/>
ler sie als Jüngling oder als Greis ausführte. Wir dürfen<lb/>
danach die Annahme, dass seine Thätigkeit bereits um Ol. 95<lb/>
begonnen haben könne, wenigstens als eine Möglichkeit<lb/>
gelten lassen.</p><lb/><p>Wenden wir uns jetzt zu seinen Schülern. Ueber die<lb/>
Zeit des <hirendition="#g">Koroebos,</hi> eines Künstlers dritten Ranges (früher<lb/>
Korybas genannt)<noteplace="foot"n="5)">Plin. 35, 146.</note> erfahren wir nichts Bestimmtes. <hirendition="#g">Phi-<lb/>
loxenos</hi> von Eretria dagegen malte für Kassander eine<lb/>
Schlacht des Alexander mit Darius.<noteplace="foot"n="6)">Plin.<lb/>
35, 110.</note> Doch lässt uns auch<lb/>
diese Angabe wieder einen ziemlich weiten Spielraum. Denn<lb/>
dass Plinius Kassander König nennt, wird uns, wenn wir so<lb/>
manche ähnliche Angaben in Betracht ziehen, nicht zu der<lb/>
Behauptung zwingen, dass jenes Bild durchaus erst nach<lb/>
Annahme des Königstitels, Ol. 116, 2, gemalt sein müsse.<lb/>
Sicher ist also nur, dass der Künstler einige Zeit nach der<lb/>
Schlacht, sei es nun der ersten oder der letzten, also in der<lb/>
112ten Olympiade noch in Thätigkeit war.</p><lb/><p>Den schwierigsten Punkt in diesen Untersuchungen bil-<lb/>
den aber die Fragen, welche sich an die Person des Aristides<lb/>
knüpfen, namentlich daran, ob er der Bruder oder der Sohn<lb/>
seines Lehrers Nikomachos war. Zuerst müssen wir aus-<lb/>
sprechen, dass wir es nur mit einem einzigen Aristides zu<lb/></p></div></div></div></body></text></TEI>
[160/0177]
gewährt einzig des Plinius Nachricht, dass er für Aristratos,
Tyrannen von Sikyon, am Denkmal des Dichters Telestes
arbeitete. Aristratos heisst bei Demosthenes 1) und Plutarch 2)
Zeitgenosse Philipps von Makedonien, welcher Ol. 105, 2 zur
Regierung gelangte. Damit ist indessen nicht gesagt, dass
die Arbeit des Nikomachos nicht vor diesen Regierungsan-
tritt fallen könne, vielmehr wird das Gegentheil durch die
Zeitbestimmung des Telestes sogar wahrscheinlich. 3) Der
parischen Marmorchronik zufolge siegte dieser Dichter Ol.
94, 3 in Athen, und Diodor 4) setzt seine Blüthe Ol. 95, 3.
Von da bis zum Regierungsantritt Philipps sind vierzig
Jahre, also immer ein ziemlich langer Zwischenraum. Rücken
wir aber die Arbeit an Telestes Grabe bis gegen Ol. 105
herab, so bleibt es noch immer dahingestellt, ob der Künst-
ler sie als Jüngling oder als Greis ausführte. Wir dürfen
danach die Annahme, dass seine Thätigkeit bereits um Ol. 95
begonnen haben könne, wenigstens als eine Möglichkeit
gelten lassen.
Wenden wir uns jetzt zu seinen Schülern. Ueber die
Zeit des Koroebos, eines Künstlers dritten Ranges (früher
Korybas genannt) 5) erfahren wir nichts Bestimmtes. Phi-
loxenos von Eretria dagegen malte für Kassander eine
Schlacht des Alexander mit Darius. 6) Doch lässt uns auch
diese Angabe wieder einen ziemlich weiten Spielraum. Denn
dass Plinius Kassander König nennt, wird uns, wenn wir so
manche ähnliche Angaben in Betracht ziehen, nicht zu der
Behauptung zwingen, dass jenes Bild durchaus erst nach
Annahme des Königstitels, Ol. 116, 2, gemalt sein müsse.
Sicher ist also nur, dass der Künstler einige Zeit nach der
Schlacht, sei es nun der ersten oder der letzten, also in der
112ten Olympiade noch in Thätigkeit war.
Den schwierigsten Punkt in diesen Untersuchungen bil-
den aber die Fragen, welche sich an die Person des Aristides
knüpfen, namentlich daran, ob er der Bruder oder der Sohn
seines Lehrers Nikomachos war. Zuerst müssen wir aus-
sprechen, dass wir es nur mit einem einzigen Aristides zu
1) De coron. §. 48. 295.
2) Arat. 13.
3) Vgl. M. Schmidt: Rhein.
Mus. N. F. IV, S. 305.
4) XIV, 46.
5) Plin. 35, 146.
6) Plin.
35, 110.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Sie haben einen Fehler gefunden?
Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform
DTAQ melden.
Kommentar zur DTA-Ausgabe
Der zweite Band der "Geschichte der griechischen … [mehr]
Der zweite Band der "Geschichte der griechischen Künstler" von Heinrich von Brunn enthält ebenfalls den "Zweiten Teil der ersten Abteilung", die im Deutschen Textarchiv als eigenständiges Werk verzeichnet ist.
Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 2. Stuttgart, 1859, S. 160. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen02_1859/177>, abgerufen am 10.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.