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Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 2. Stuttgart, 1859.

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erscheint zuerst bei Cicero1) neben Aetion, Protogenes,
Apelles den älteren Schulen gegenüber als ein in jeder Be-
ziehung vollendeter Künstler. Bei Plutarch2) steht er dem
Zeuxis und Apelles zur Seite. Plinius3) führt ihn unter den
Malern, welche zu ihren unsterblichen Werken nur die be-
kannten vier Farben angewendet, in einer Reihe mit Apelles,
Aetion, Melanthios an. Schon hiernach kann es also nicht
zweifelhaft sein, dass Nikomachos den Künstlern ersten
Ranges zuzuzählen ist. Fragen wir aber nach den Ver-
diensten im Einzelnen, so erfahren wir über seine Behand-
lung der Farben ausser der schon angeführten Notiz von
ziemlich zweifelhaftem Werthe nur noch, dass er zum Weiss
sich der Kreide von Eretria bedient habe.4) Ueber seine
Zeichnung wird uns kein Wort gemeldet. Von den Gegen-
ständen seiner Darstellungen, Bildern von Göttern und He-
roen, lässt sich zwar im Allgemeinen behaupten, dass sie
durchweg eine ideale Richtung des Künstlers bekunden; ja
einige, wie der Raub der Proserpina, die Victoria mit dem
Viergespann scheinen schon an sich einen hohen Grad von
Lebendigkeit und Energie der Auffassung vorauszusetzen;
aber auch hier müssen wir uns mit der blossen Voraus-
setzung begnügen.

So bleibt uns denn, um der Individualität des Künstlers
etwas näher zu treten, zunächst die folgende Erzählung bei
Plinius übrig: "Keiner war in dieser Kunst (der Malerei) be-
hender. Man erzählt nemlich, er habe für Aristratos, Ty-
rannen von Sikyon, das Denkmal zu malen übernommen,
welches dieser dem Dichter Telestes setzte, wobei der Tag
festgesetzt war, an welchem es vollendet sein musste. Da
soll er nun erst kurz vorher gekommen sein, so dass der
Tyrann schon ihn zu strafen geneigt war, aber es in wenigen
Tagen vollendet haben, bewundernswerth sowohl wegen der
Schnelligkeit, als wegen der Kunst." Wir sehen hieraus,
dass auf jeden Fall Nikomachos die vollste Herrschaft über
die technischen Mittel der Darstellung besass. Wenn nun
freilich die blosse Virtuosität in ihrer Anwendung für sich
allein nicht immer für ein bedeutendes Verdienst gelten kann,
indem sie im Gegentheil sogar häufig den Künstler zur Ver-

1) Brut. 18.
2) De mul. virt. praef.
3) 35, 50.
4) Plin. 35, 38.

erscheint zuerst bei Cicero1) neben Aëtion, Protogenes,
Apelles den älteren Schulen gegenüber als ein in jeder Be-
ziehung vollendeter Künstler. Bei Plutarch2) steht er dem
Zeuxis und Apelles zur Seite. Plinius3) führt ihn unter den
Malern, welche zu ihren unsterblichen Werken nur die be-
kannten vier Farben angewendet, in einer Reihe mit Apelles,
Aëtion, Melanthios an. Schon hiernach kann es also nicht
zweifelhaft sein, dass Nikomachos den Künstlern ersten
Ranges zuzuzählen ist. Fragen wir aber nach den Ver-
diensten im Einzelnen, so erfahren wir über seine Behand-
lung der Farben ausser der schon angeführten Notiz von
ziemlich zweifelhaftem Werthe nur noch, dass er zum Weiss
sich der Kreide von Eretria bedient habe.4) Ueber seine
Zeichnung wird uns kein Wort gemeldet. Von den Gegen-
ständen seiner Darstellungen, Bildern von Göttern und He-
roen, lässt sich zwar im Allgemeinen behaupten, dass sie
durchweg eine ideale Richtung des Künstlers bekunden; ja
einige, wie der Raub der Proserpina, die Victoria mit dem
Viergespann scheinen schon an sich einen hohen Grad von
Lebendigkeit und Energie der Auffassung vorauszusetzen;
aber auch hier müssen wir uns mit der blossen Voraus-
setzung begnügen.

So bleibt uns denn, um der Individualität des Künstlers
etwas näher zu treten, zunächst die folgende Erzählung bei
Plinius übrig: „Keiner war in dieser Kunst (der Malerei) be-
hender. Man erzählt nemlich, er habe für Aristratos, Ty-
rannen von Sikyon, das Denkmal zu malen übernommen,
welches dieser dem Dichter Telestes setzte, wobei der Tag
festgesetzt war, an welchem es vollendet sein musste. Da
soll er nun erst kurz vorher gekommen sein, so dass der
Tyrann schon ihn zu strafen geneigt war, aber es in wenigen
Tagen vollendet haben, bewundernswerth sowohl wegen der
Schnelligkeit, als wegen der Kunst.‟ Wir sehen hieraus,
dass auf jeden Fall Nikomachos die vollste Herrschaft über
die technischen Mittel der Darstellung besass. Wenn nun
freilich die blosse Virtuosität in ihrer Anwendung für sich
allein nicht immer für ein bedeutendes Verdienst gelten kann,
indem sie im Gegentheil sogar häufig den Künstler zur Ver-

1) Brut. 18.
2) De mul. virt. praef.
3) 35, 50.
4) Plin. 35, 38.
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[169/0186] erscheint zuerst bei Cicero 1) neben Aëtion, Protogenes, Apelles den älteren Schulen gegenüber als ein in jeder Be- ziehung vollendeter Künstler. Bei Plutarch 2) steht er dem Zeuxis und Apelles zur Seite. Plinius 3) führt ihn unter den Malern, welche zu ihren unsterblichen Werken nur die be- kannten vier Farben angewendet, in einer Reihe mit Apelles, Aëtion, Melanthios an. Schon hiernach kann es also nicht zweifelhaft sein, dass Nikomachos den Künstlern ersten Ranges zuzuzählen ist. Fragen wir aber nach den Ver- diensten im Einzelnen, so erfahren wir über seine Behand- lung der Farben ausser der schon angeführten Notiz von ziemlich zweifelhaftem Werthe nur noch, dass er zum Weiss sich der Kreide von Eretria bedient habe. 4) Ueber seine Zeichnung wird uns kein Wort gemeldet. Von den Gegen- ständen seiner Darstellungen, Bildern von Göttern und He- roen, lässt sich zwar im Allgemeinen behaupten, dass sie durchweg eine ideale Richtung des Künstlers bekunden; ja einige, wie der Raub der Proserpina, die Victoria mit dem Viergespann scheinen schon an sich einen hohen Grad von Lebendigkeit und Energie der Auffassung vorauszusetzen; aber auch hier müssen wir uns mit der blossen Voraus- setzung begnügen. So bleibt uns denn, um der Individualität des Künstlers etwas näher zu treten, zunächst die folgende Erzählung bei Plinius übrig: „Keiner war in dieser Kunst (der Malerei) be- hender. Man erzählt nemlich, er habe für Aristratos, Ty- rannen von Sikyon, das Denkmal zu malen übernommen, welches dieser dem Dichter Telestes setzte, wobei der Tag festgesetzt war, an welchem es vollendet sein musste. Da soll er nun erst kurz vorher gekommen sein, so dass der Tyrann schon ihn zu strafen geneigt war, aber es in wenigen Tagen vollendet haben, bewundernswerth sowohl wegen der Schnelligkeit, als wegen der Kunst.‟ Wir sehen hieraus, dass auf jeden Fall Nikomachos die vollste Herrschaft über die technischen Mittel der Darstellung besass. Wenn nun freilich die blosse Virtuosität in ihrer Anwendung für sich allein nicht immer für ein bedeutendes Verdienst gelten kann, indem sie im Gegentheil sogar häufig den Künstler zur Ver- 1) Brut. 18. 2) De mul. virt. praef. 3) 35, 50. 4) Plin. 35, 38.

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Zitationshilfe: Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 2. Stuttgart, 1859, S. 169. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen02_1859/186>, abgerufen am 30.11.2024.