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Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 2. Stuttgart, 1859.

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attischen Kunst in der Benutzung und Verwendung der
bereits bekannten Formen zur Lösung von Aufgaben, welche
durch besondere praktische oder religiöse Zwecke oder
durch locale Verhältnisse ein Abgehen von den gewöhn-
lichen Dispositionen nöthig machen. Von dieser Art sind
die Propyläen, das Erechtheum, das Telesterion zu Eleusis,
also Werke, welche gerade zu den berühmtesten dieser
Periode gehören.

Aber noch andere Forderungen durchaus neuer Art
stellte diese Zeit. In die Periode der Perserkriege fällt die
Ausbildung der dramatischen Poesie, und mit ihr geht
die Ausbildung des Theaterbaues Hand in Hand. Die Aus-
schmückung der Scene ist zunächst mehr Aufgabe der Ma-
lerei: hier erwirbt sich zuerst Agatharchos Ruhm, und zur
Ergründung der hierbei in Betracht kommenden optischen
Gesetze wirken, ohne selbst Künstler zu sein, Demokrit und
Anaxagoras auf wissenschaftlichem Wege. Doch begegnen
wir etwas später auch der Vereinigung des Architekten und
Scenenmalers in einer Person, in der des Kleisthenes,
Vaters und in seiner Kunst auch Lehrers des Philosophen
Menedemos. Hinter der Ausbildung der Scene blieb aber
die der Zuschauerräume keineswegs zurück. Das athenische
Theater ward schon vor den Perserkriegen begonnen. Doch
ist uns der Architekt dieses, wie der eines spätem in
mancher Beziehung analogen Baues, des Odeum, nicht be-
kannt. Wie aber hier bald, nachdem nur erst die Grund-
formen allgemein festgestellt waren, auch das Höchste ge-
leistet wurde, das lehrt das Theater (und Odeum) zu Epi-
dauros, ein Werk des Polyklet, von welchem Pausanias
bemerkt, dass es in Harmonie und Schönheit unübertroffen
in aller spätem Zeit sei. Einen weitern Beweis für die
hohe Ausbildung dieser Gattung der Architektur liefert uns
ferner das Theater zu Syrakus, welches vor der 90ten Olym-
piade von Demokopos mit dem Beinamen Myrilla ausge-
führt ward. In dieselbe Zeit mag auch das bereits von Hip-
pokrates erwähnte Theater des Epigenes zu Thasos ge-
hören. -- An die Theater schliessen wir die Erwähnung
der kunstreichen Schranken an, welche Kleoetas zur
Zeit des Phidias in dem Hippodrom zu Olympia anlegte
und welche später Aristides vervollkommnete, indem es

attischen Kunst in der Benutzung und Verwendung der
bereits bekannten Formen zur Lösung von Aufgaben, welche
durch besondere praktische oder religiöse Zwecke oder
durch locale Verhältnisse ein Abgehen von den gewöhn-
lichen Dispositionen nöthig machen. Von dieser Art sind
die Propyläen, das Erechtheum, das Telesterion zu Eleusis,
also Werke, welche gerade zu den berühmtesten dieser
Periode gehören.

Aber noch andere Forderungen durchaus neuer Art
stellte diese Zeit. In die Periode der Perserkriege fällt die
Ausbildung der dramatischen Poesie, und mit ihr geht
die Ausbildung des Theaterbaues Hand in Hand. Die Aus-
schmückung der Scene ist zunächst mehr Aufgabe der Ma-
lerei: hier erwirbt sich zuerst Agatharchos Ruhm, und zur
Ergründung der hierbei in Betracht kommenden optischen
Gesetze wirken, ohne selbst Künstler zu sein, Demokrit und
Anaxagoras auf wissenschaftlichem Wege. Doch begegnen
wir etwas später auch der Vereinigung des Architekten und
Scenenmalers in einer Person, in der des Kleisthenes,
Vaters und in seiner Kunst auch Lehrers des Philosophen
Menedemos. Hinter der Ausbildung der Scene blieb aber
die der Zuschauerräume keineswegs zurück. Das athenische
Theater ward schon vor den Perserkriegen begonnen. Doch
ist uns der Architekt dieses, wie der eines spätem in
mancher Beziehung analogen Baues, des Odeum, nicht be-
kannt. Wie aber hier bald, nachdem nur erst die Grund-
formen allgemein festgestellt waren, auch das Höchste ge-
leistet wurde, das lehrt das Theater (und Odeum) zu Epi-
dauros, ein Werk des Polyklet, von welchem Pausanias
bemerkt, dass es in Harmonie und Schönheit unübertroffen
in aller spätem Zeit sei. Einen weitern Beweis für die
hohe Ausbildung dieser Gattung der Architektur liefert uns
ferner das Theater zu Syrakus, welches vor der 90ten Olym-
piade von Demokopos mit dem Beinamen Myrilla ausge-
führt ward. In dieselbe Zeit mag auch das bereits von Hip-
pokrates erwähnte Theater des Epigenes zu Thasos ge-
hören. — An die Theater schliessen wir die Erwähnung
der kunstreichen Schranken an, welche Kleoetas zur
Zeit des Phidias in dem Hippodrom zu Olympia anlegte
und welche später Aristides vervollkommnete, indem es

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[329/0346] attischen Kunst in der Benutzung und Verwendung der bereits bekannten Formen zur Lösung von Aufgaben, welche durch besondere praktische oder religiöse Zwecke oder durch locale Verhältnisse ein Abgehen von den gewöhn- lichen Dispositionen nöthig machen. Von dieser Art sind die Propyläen, das Erechtheum, das Telesterion zu Eleusis, also Werke, welche gerade zu den berühmtesten dieser Periode gehören. Aber noch andere Forderungen durchaus neuer Art stellte diese Zeit. In die Periode der Perserkriege fällt die Ausbildung der dramatischen Poesie, und mit ihr geht die Ausbildung des Theaterbaues Hand in Hand. Die Aus- schmückung der Scene ist zunächst mehr Aufgabe der Ma- lerei: hier erwirbt sich zuerst Agatharchos Ruhm, und zur Ergründung der hierbei in Betracht kommenden optischen Gesetze wirken, ohne selbst Künstler zu sein, Demokrit und Anaxagoras auf wissenschaftlichem Wege. Doch begegnen wir etwas später auch der Vereinigung des Architekten und Scenenmalers in einer Person, in der des Kleisthenes, Vaters und in seiner Kunst auch Lehrers des Philosophen Menedemos. Hinter der Ausbildung der Scene blieb aber die der Zuschauerräume keineswegs zurück. Das athenische Theater ward schon vor den Perserkriegen begonnen. Doch ist uns der Architekt dieses, wie der eines spätem in mancher Beziehung analogen Baues, des Odeum, nicht be- kannt. Wie aber hier bald, nachdem nur erst die Grund- formen allgemein festgestellt waren, auch das Höchste ge- leistet wurde, das lehrt das Theater (und Odeum) zu Epi- dauros, ein Werk des Polyklet, von welchem Pausanias bemerkt, dass es in Harmonie und Schönheit unübertroffen in aller spätem Zeit sei. Einen weitern Beweis für die hohe Ausbildung dieser Gattung der Architektur liefert uns ferner das Theater zu Syrakus, welches vor der 90ten Olym- piade von Demokopos mit dem Beinamen Myrilla ausge- führt ward. In dieselbe Zeit mag auch das bereits von Hip- pokrates erwähnte Theater des Epigenes zu Thasos ge- hören. — An die Theater schliessen wir die Erwähnung der kunstreichen Schranken an, welche Kleoetas zur Zeit des Phidias in dem Hippodrom zu Olympia anlegte und welche später Aristides vervollkommnete, indem es

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Zitationshilfe: Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 2. Stuttgart, 1859, S. 329. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen02_1859/346>, abgerufen am 24.11.2024.