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Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 2. Stuttgart, 1859.

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Auch in Betreff der nicht architektonischen Werke
mögen hier noch einige Nachträge ihre Stelle finden:

Das Bild des Theodoros. Wenn auch keine hin-
längliche Veranlassung vorliegt, dasselbe dem Theodoros
abzusprechen, so ist doch gewiss das Miniaturviergespann
auf der Hand von Plinius fälschlich mit demselben in Ver-
bindung gebracht worden, wie bei Gelegenheit des Kallikra-
tes und Myrmekides in dem Abschnitt über die Toreuten
näher dargelegt werden wird.

Ueber den Ring des Polykrates ist bei Gelegenheit
der Gemmenschneider zu handeln.

Der bekannten Erzählung Diodor's I, 98 von der Statue
des Apollon Pythaeos sucht Urlichs (S. 15) einen höhern
Grad von Wahrscheinlichkeit zu vindiciren, als ich zugege-
ben hatte. "Das Bild war vermuthlich wegen des dünnen
Stammes einer edeln Holzart, etwa Cedernholz, in zwei
Stücken, der Länge nach, verfertigt worden, nach einer
genauen Zeichnung oder einem Modell, wonach beide Hälften
in Uebereinstimmung gebracht wurden." Da nun der Augen-
schein ergeben musste, dass die Stücke zusammengekittet
waren, so soll darin eine Gewähr für die Richtigkeit jener
wunderbaren Ueberlieferung liegen, dass zwei Künstler an
verschiedenen Orten jeder eine Hälfte gearbeitet haben.
Betrachte ich jedoch die ganze Art, wie ähnliche Fabeln
sich zu bilden pflegen, so glaube ich zu einer ganz andern
Ansicht gelangen zu müssen. Weil nach der Ueberlieferung
zwei Künstler an dem Bilde gearbeitet hatten, so bil-
dete sich eben aus dem Umstande, dass es aus zwei
Stücken zusammengefügt war, die Sage: diese Stücke
seien auch ursprünglich von einander getrennt ausge-
führt worden.

Umfassende Nachweisungen hat Urlichs (S. 26 flgd.) über
den goldenen Weinstock und die goldene Platane
gegeben. "Jenen nennt Himerius bei Photius (p. 612 H.)
ein Werk des Theodoros aus Samos. Da nun der goldene
Kessel, welcher neben ihm in dem Schlafgemache der Könige
zu Susa aufbewahrt wurde, von Amyntas bei Athenäus
(XIV, 514 F) demselben Meister zugeschrieben wird, und

Auch in Betreff der nicht architektonischen Werke
mögen hier noch einige Nachträge ihre Stelle finden:

Das Bild des Theodoros. Wenn auch keine hin-
längliche Veranlassung vorliegt, dasselbe dem Theodoros
abzusprechen, so ist doch gewiss das Miniaturviergespann
auf der Hand von Plinius fälschlich mit demselben in Ver-
bindung gebracht worden, wie bei Gelegenheit des Kallikra-
tes und Myrmekides in dem Abschnitt über die Toreuten
näher dargelegt werden wird.

Ueber den Ring des Polykrates ist bei Gelegenheit
der Gemmenschneider zu handeln.

Der bekannten Erzählung Diodor’s I, 98 von der Statue
des Apollon Pythaeos sucht Urlichs (S. 15) einen höhern
Grad von Wahrscheinlichkeit zu vindiciren, als ich zugege-
ben hatte. „Das Bild war vermuthlich wegen des dünnen
Stammes einer edeln Holzart, etwa Cedernholz, in zwei
Stücken, der Länge nach, verfertigt worden, nach einer
genauen Zeichnung oder einem Modell, wonach beide Hälften
in Uebereinstimmung gebracht wurden.‟ Da nun der Augen-
schein ergeben musste, dass die Stücke zusammengekittet
waren, so soll darin eine Gewähr für die Richtigkeit jener
wunderbaren Ueberlieferung liegen, dass zwei Künstler an
verschiedenen Orten jeder eine Hälfte gearbeitet haben.
Betrachte ich jedoch die ganze Art, wie ähnliche Fabeln
sich zu bilden pflegen, so glaube ich zu einer ganz andern
Ansicht gelangen zu müssen. Weil nach der Ueberlieferung
zwei Künstler an dem Bilde gearbeitet hatten, so bil-
dete sich eben aus dem Umstande, dass es aus zwei
Stücken zusammengefügt war, die Sage: diese Stücke
seien auch ursprünglich von einander getrennt ausge-
führt worden.

Umfassende Nachweisungen hat Urlichs (S. 26 flgd.) über
den goldenen Weinstock und die goldene Platane
gegeben. „Jenen nennt Himerius bei Photius (p. 612 H.)
ein Werk des Theodoros aus Samos. Da nun der goldene
Kessel, welcher neben ihm in dem Schlafgemache der Könige
zu Susa aufbewahrt wurde, von Amyntas bei Athenäus
(XIV, 514 F) demselben Meister zugeschrieben wird, und

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[389/0406] Auch in Betreff der nicht architektonischen Werke mögen hier noch einige Nachträge ihre Stelle finden: Das Bild des Theodoros. Wenn auch keine hin- längliche Veranlassung vorliegt, dasselbe dem Theodoros abzusprechen, so ist doch gewiss das Miniaturviergespann auf der Hand von Plinius fälschlich mit demselben in Ver- bindung gebracht worden, wie bei Gelegenheit des Kallikra- tes und Myrmekides in dem Abschnitt über die Toreuten näher dargelegt werden wird. Ueber den Ring des Polykrates ist bei Gelegenheit der Gemmenschneider zu handeln. Der bekannten Erzählung Diodor’s I, 98 von der Statue des Apollon Pythaeos sucht Urlichs (S. 15) einen höhern Grad von Wahrscheinlichkeit zu vindiciren, als ich zugege- ben hatte. „Das Bild war vermuthlich wegen des dünnen Stammes einer edeln Holzart, etwa Cedernholz, in zwei Stücken, der Länge nach, verfertigt worden, nach einer genauen Zeichnung oder einem Modell, wonach beide Hälften in Uebereinstimmung gebracht wurden.‟ Da nun der Augen- schein ergeben musste, dass die Stücke zusammengekittet waren, so soll darin eine Gewähr für die Richtigkeit jener wunderbaren Ueberlieferung liegen, dass zwei Künstler an verschiedenen Orten jeder eine Hälfte gearbeitet haben. Betrachte ich jedoch die ganze Art, wie ähnliche Fabeln sich zu bilden pflegen, so glaube ich zu einer ganz andern Ansicht gelangen zu müssen. Weil nach der Ueberlieferung zwei Künstler an dem Bilde gearbeitet hatten, so bil- dete sich eben aus dem Umstande, dass es aus zwei Stücken zusammengefügt war, die Sage: diese Stücke seien auch ursprünglich von einander getrennt ausge- führt worden. Umfassende Nachweisungen hat Urlichs (S. 26 flgd.) über den goldenen Weinstock und die goldene Platane gegeben. „Jenen nennt Himerius bei Photius (p. 612 H.) ein Werk des Theodoros aus Samos. Da nun der goldene Kessel, welcher neben ihm in dem Schlafgemache der Könige zu Susa aufbewahrt wurde, von Amyntas bei Athenäus (XIV, 514 F) demselben Meister zugeschrieben wird, und

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Zitationshilfe: Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 2. Stuttgart, 1859, S. 389. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen02_1859/406>, abgerufen am 24.11.2024.