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Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 2. Stuttgart, 1859.

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Die Maler im übrigen Griechenland.

Indem wir die noch übrigen Künstler dieser Periode
nach ihrer Heimath anordnen, müssen wir zuerst wieder nach
Thasos, dem Vaterlande des Polygnot, und zwar zu dessen
Familie zurückkehren.

Aristophon war der Bruder des Polygnot, scheint aber
einer durchaus verschiedenen Kunstrichtung gefolgt zu sein,
weshalb ich ihn absichtlich nicht mit diesem im Zusammen-
hange betrachtet habe. Dass er der jüngere war, folgt aus
unserer bei der Erörterung über seinen Vater Aglophon aus-
gesprochenen Vermuthung, wonach er noch für Alkibiades,
also bis gegen das Ende der achtziger Olympiaden, thätig
war. Plinius, der ihn unter den Künstlern zweiten Ranges
(primis proximi) anführt, erwähnt zwei Werke von ihm (35,
138). Das eine stellte dar den Ankaeos vom Eber verwundet
und von Astypale, oder richtiger Astypalaea, betrauert. Wie
Jahn (Ber. d. sächs. Ges. 1848, S. 127) bemerkt hat, haben
wir hier nicht an den Jagdgenossen des Meleager zu denken,
sondern an den Herrscher von Samos, Sohn des Poseidon
und der Astypalaea, an welchem sich die sprüchwörtlich ge-
wordene Warnung erfüllte:

[fremdsprachliches Material - fehlt].

Denn als er schon den Becher mit dem Weine, dessen Ge-
nuss ihm nach einer Weissagung nicht sollte zu Theil werden,
an die Lippen gesetzt hatte, kam die Botschaft, dass ein mäch-
tiger Eber die Aecker verwüste; er zog ihm entgegen und fiel
auf der Jagd. -- Das zweite Bild umfasste eine Darstel-
lung von sechs Figuren: "Priamus, Helena, Credulitas, Ulixes,
Deiphobus, Dolon;" stellte also, wie Jahn (Arch. Zeit. 1847,
S. 127) bemerkt, ein Abenteuer des Odysseus aus der letzten
Zeit der Belagerung Troja's dar, nachdem Paris gefallen und
Helena mit Deiphobos vermählt war; wahrscheinlich wie
Odysseus als Bettler verkleidet sich in die Stadt einschlich
und mit Helena den Plan zur Eroberung der Stadt verabredete
(Welcker gr. Trag. S. 948 fg.). Auffallend kann es sein, dass
Plinius dieses Bild von sechs Figuren eine numerosa tabula
nennt. Die Erklärung dafür werden wir in einer schon
unter Myron angeführten Stelle des Quintilian (V, 10) zu
suchen haben: vulgoque (inter opifices) paullo numerosius

Die Maler im übrigen Griechenland.

Indem wir die noch übrigen Künstler dieser Periode
nach ihrer Heimath anordnen, müssen wir zuerst wieder nach
Thasos, dem Vaterlande des Polygnot, und zwar zu dessen
Familie zurückkehren.

Aristophon war der Bruder des Polygnot, scheint aber
einer durchaus verschiedenen Kunstrichtung gefolgt zu sein,
weshalb ich ihn absichtlich nicht mit diesem im Zusammen-
hange betrachtet habe. Dass er der jüngere war, folgt aus
unserer bei der Erörterung über seinen Vater Aglophon aus-
gesprochenen Vermuthung, wonach er noch für Alkibiades,
also bis gegen das Ende der achtziger Olympiaden, thätig
war. Plinius, der ihn unter den Künstlern zweiten Ranges
(primis proximi) anführt, erwähnt zwei Werke von ihm (35,
138). Das eine stellte dar den Ankaeos vom Eber verwundet
und von Astypale, oder richtiger Astypalaea, betrauert. Wie
Jahn (Ber. d. sächs. Ges. 1848, S. 127) bemerkt hat, haben
wir hier nicht an den Jagdgenossen des Meleager zu denken,
sondern an den Herrscher von Samos, Sohn des Poseidon
und der Astypalaea, an welchem sich die sprüchwörtlich ge-
wordene Warnung erfüllte:

[fremdsprachliches Material – fehlt].

Denn als er schon den Becher mit dem Weine, dessen Ge-
nuss ihm nach einer Weissagung nicht sollte zu Theil werden,
an die Lippen gesetzt hatte, kam die Botschaft, dass ein mäch-
tiger Eber die Aecker verwüste; er zog ihm entgegen und fiel
auf der Jagd. — Das zweite Bild umfasste eine Darstel-
lung von sechs Figuren: „Priamus, Helena, Credulitas, Ulixes,
Deiphobus, Dolon;‟ stellte also, wie Jahn (Arch. Zeit. 1847,
S. 127) bemerkt, ein Abenteuer des Odysseus aus der letzten
Zeit der Belagerung Troja’s dar, nachdem Paris gefallen und
Helena mit Deiphobos vermählt war; wahrscheinlich wie
Odysseus als Bettler verkleidet sich in die Stadt einschlich
und mit Helena den Plan zur Eroberung der Stadt verabredete
(Welcker gr. Trag. S. 948 fg.). Auffallend kann es sein, dass
Plinius dieses Bild von sechs Figuren eine numerosa tabula
nennt. Die Erklärung dafür werden wir in einer schon
unter Myron angeführten Stelle des Quintilian (V, 10) zu
suchen haben: vulgoque (inter opifices) paullo numerosius

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[53/0070] Die Maler im übrigen Griechenland. Indem wir die noch übrigen Künstler dieser Periode nach ihrer Heimath anordnen, müssen wir zuerst wieder nach Thasos, dem Vaterlande des Polygnot, und zwar zu dessen Familie zurückkehren. Aristophon war der Bruder des Polygnot, scheint aber einer durchaus verschiedenen Kunstrichtung gefolgt zu sein, weshalb ich ihn absichtlich nicht mit diesem im Zusammen- hange betrachtet habe. Dass er der jüngere war, folgt aus unserer bei der Erörterung über seinen Vater Aglophon aus- gesprochenen Vermuthung, wonach er noch für Alkibiades, also bis gegen das Ende der achtziger Olympiaden, thätig war. Plinius, der ihn unter den Künstlern zweiten Ranges (primis proximi) anführt, erwähnt zwei Werke von ihm (35, 138). Das eine stellte dar den Ankaeos vom Eber verwundet und von Astypale, oder richtiger Astypalaea, betrauert. Wie Jahn (Ber. d. sächs. Ges. 1848, S. 127) bemerkt hat, haben wir hier nicht an den Jagdgenossen des Meleager zu denken, sondern an den Herrscher von Samos, Sohn des Poseidon und der Astypalaea, an welchem sich die sprüchwörtlich ge- wordene Warnung erfüllte: _ . Denn als er schon den Becher mit dem Weine, dessen Ge- nuss ihm nach einer Weissagung nicht sollte zu Theil werden, an die Lippen gesetzt hatte, kam die Botschaft, dass ein mäch- tiger Eber die Aecker verwüste; er zog ihm entgegen und fiel auf der Jagd. — Das zweite Bild umfasste eine Darstel- lung von sechs Figuren: „Priamus, Helena, Credulitas, Ulixes, Deiphobus, Dolon;‟ stellte also, wie Jahn (Arch. Zeit. 1847, S. 127) bemerkt, ein Abenteuer des Odysseus aus der letzten Zeit der Belagerung Troja’s dar, nachdem Paris gefallen und Helena mit Deiphobos vermählt war; wahrscheinlich wie Odysseus als Bettler verkleidet sich in die Stadt einschlich und mit Helena den Plan zur Eroberung der Stadt verabredete (Welcker gr. Trag. S. 948 fg.). Auffallend kann es sein, dass Plinius dieses Bild von sechs Figuren eine numerosa tabula nennt. Die Erklärung dafür werden wir in einer schon unter Myron angeführten Stelle des Quintilian (V, 10) zu suchen haben: vulgoque (inter opifices) paullo numerosius

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Zitationshilfe: Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 2. Stuttgart, 1859, S. 53. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen02_1859/70>, abgerufen am 24.11.2024.