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Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 2. Stuttgart, 1859.

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in Formen und Bewegungen ([fremdsprachliches Material - fehlt]) findet. Auf die Farben
nahm er nur in so weit Rücksicht, als sie als etwas dem
Stoffe Inwohnendes betrachtet werden können. Freilich be-
darf jede Farbe des Lichtes, um nur zur Erscheinung zu
kommen. Allein wir unterscheiden zwischen der einheit-
lichen Grundfarbe des Stoffes unter der Wirkung des Lichtes
überhaupt (der Localfarbe), und zwischen den Veränderungen,
welche dieselbe durch die grössere oder geringere Menge
des auf sie wirkenden Lichtes, so wie durch den Wechsel
der Beleuchtung erleidet. Erst die Berücksichtigung dieser
Veränderungen bewirkt in der Kunst die Illusion; und dar-
auf, dass Apollodor das Streben nach ihr zu einer Haupt-
aufgabe der Malerei erhob, beruht sowohl seine hervortre-
tendste Eigenthümlichkeit als seine besondere Stellung in
der Kunstgeschichte; ja wenn wir uns der Schlusserörterung
über Polygnot erinnern, so können wir sogar in gewissem
Sinne Apollodor den ersten eigentlichen "Maler" nennen.

Den Anstoss zu diesem Umschwunge mochte allerdings,
wie Müller1) bemerkt, die Ausbildung der Skenographie ge-
geben haben; und daraus erklärt sich, wie man dieselbe als
der Skiagraphie identisch hinstellen konnte; vgl. Hesychius
s. v. [fremdsprachliches Material - fehlt]
[fremdsprachliches Material - fehlt].
Eine noch concretere Vorstellung von dieser Verwandtschaft
würden wir gewinnen, wenn wir die Beschreibung eines Ge-
mäldes bei dem älteren Philostratus2) mit der von Plinius
erwähnten Darstellung des Aiax von Apollodor in eine be-
stimmte Verbindung bringen dürften, wie es nach Welcker's
Vermuthung geschehen muss. Nur kann allerdings die Be-
zeichnung Aiax fulmine incensus etwas zu knapp und gesucht
erscheinen für einen Aiax, dessen Schiff vom Blitze getroffen
ist, und der nun schiffbrüchig gegen Felsen geschleudert den
Göttern noch trotzen will, während Poseidon, sie zu rächen,
heraneilt. Dagegen würde die ganze scenische Anordnung,
das aufgeregte Meer, die von der Brandung ausgehöhlten
Felsen, das brennende Schiff, die beste Gewähr für die ur-
sprüngliche Verwandtschaft der Skenographie und der Skia-
graphie darbieten. Wie dem aber auch sei, so dürfen wir

1) Handb. §. 136.
2) II, 13.

in Formen und Bewegungen ([fremdsprachliches Material – fehlt]) findet. Auf die Farben
nahm er nur in so weit Rücksicht, als sie als etwas dem
Stoffe Inwohnendes betrachtet werden können. Freilich be-
darf jede Farbe des Lichtes, um nur zur Erscheinung zu
kommen. Allein wir unterscheiden zwischen der einheit-
lichen Grundfarbe des Stoffes unter der Wirkung des Lichtes
überhaupt (der Localfarbe), und zwischen den Veränderungen,
welche dieselbe durch die grössere oder geringere Menge
des auf sie wirkenden Lichtes, so wie durch den Wechsel
der Beleuchtung erleidet. Erst die Berücksichtigung dieser
Veränderungen bewirkt in der Kunst die Illusion; und dar-
auf, dass Apollodor das Streben nach ihr zu einer Haupt-
aufgabe der Malerei erhob, beruht sowohl seine hervortre-
tendste Eigenthümlichkeit als seine besondere Stellung in
der Kunstgeschichte; ja wenn wir uns der Schlusserörterung
über Polygnot erinnern, so können wir sogar in gewissem
Sinne Apollodor den ersten eigentlichen „Maler‟ nennen.

Den Anstoss zu diesem Umschwunge mochte allerdings,
wie Müller1) bemerkt, die Ausbildung der Skenographie ge-
geben haben; und daraus erklärt sich, wie man dieselbe als
der Skiagraphie identisch hinstellen konnte; vgl. Hesychius
s. v. [fremdsprachliches Material – fehlt]
[fremdsprachliches Material – fehlt].
Eine noch concretere Vorstellung von dieser Verwandtschaft
würden wir gewinnen, wenn wir die Beschreibung eines Ge-
mäldes bei dem älteren Philostratus2) mit der von Plinius
erwähnten Darstellung des Aiax von Apollodor in eine be-
stimmte Verbindung bringen dürften, wie es nach Welcker’s
Vermuthung geschehen muss. Nur kann allerdings die Be-
zeichnung Aiax fulmine incensus etwas zu knapp und gesucht
erscheinen für einen Aiax, dessen Schiff vom Blitze getroffen
ist, und der nun schiffbrüchig gegen Felsen geschleudert den
Göttern noch trotzen will, während Poseidon, sie zu rächen,
heraneilt. Dagegen würde die ganze scenische Anordnung,
das aufgeregte Meer, die von der Brandung ausgehöhlten
Felsen, das brennende Schiff, die beste Gewähr für die ur-
sprüngliche Verwandtschaft der Skenographie und der Skia-
graphie darbieten. Wie dem aber auch sei, so dürfen wir

1) Handb. §. 136.
2) II, 13.
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[73/0090] in Formen und Bewegungen (_ ) findet. Auf die Farben nahm er nur in so weit Rücksicht, als sie als etwas dem Stoffe Inwohnendes betrachtet werden können. Freilich be- darf jede Farbe des Lichtes, um nur zur Erscheinung zu kommen. Allein wir unterscheiden zwischen der einheit- lichen Grundfarbe des Stoffes unter der Wirkung des Lichtes überhaupt (der Localfarbe), und zwischen den Veränderungen, welche dieselbe durch die grössere oder geringere Menge des auf sie wirkenden Lichtes, so wie durch den Wechsel der Beleuchtung erleidet. Erst die Berücksichtigung dieser Veränderungen bewirkt in der Kunst die Illusion; und dar- auf, dass Apollodor das Streben nach ihr zu einer Haupt- aufgabe der Malerei erhob, beruht sowohl seine hervortre- tendste Eigenthümlichkeit als seine besondere Stellung in der Kunstgeschichte; ja wenn wir uns der Schlusserörterung über Polygnot erinnern, so können wir sogar in gewissem Sinne Apollodor den ersten eigentlichen „Maler‟ nennen. Den Anstoss zu diesem Umschwunge mochte allerdings, wie Müller 1) bemerkt, die Ausbildung der Skenographie ge- geben haben; und daraus erklärt sich, wie man dieselbe als der Skiagraphie identisch hinstellen konnte; vgl. Hesychius s. v. _ _ . Eine noch concretere Vorstellung von dieser Verwandtschaft würden wir gewinnen, wenn wir die Beschreibung eines Ge- mäldes bei dem älteren Philostratus 2) mit der von Plinius erwähnten Darstellung des Aiax von Apollodor in eine be- stimmte Verbindung bringen dürften, wie es nach Welcker’s Vermuthung geschehen muss. Nur kann allerdings die Be- zeichnung Aiax fulmine incensus etwas zu knapp und gesucht erscheinen für einen Aiax, dessen Schiff vom Blitze getroffen ist, und der nun schiffbrüchig gegen Felsen geschleudert den Göttern noch trotzen will, während Poseidon, sie zu rächen, heraneilt. Dagegen würde die ganze scenische Anordnung, das aufgeregte Meer, die von der Brandung ausgehöhlten Felsen, das brennende Schiff, die beste Gewähr für die ur- sprüngliche Verwandtschaft der Skenographie und der Skia- graphie darbieten. Wie dem aber auch sei, so dürfen wir 1) Handb. §. 136. 2) II, 13.

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Zitationshilfe: Brunn, Heinrich von: Geschichte der griechischen Künstler. Bd. 2. Stuttgart, 1859, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunn_griechen02_1859/90>, abgerufen am 21.11.2024.