Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 1. Leipzig, 1887.§ 32. Adel und Freie. lich des höheren Reichsamtes beseitigt und im übrigen jene Entwick-lung wenigstens zum Stehen gebracht. Allein gegen Ende der karolingischen Zeit neigen das Grafenamt und das Dienstverhältnis der Vassallität ganz entschieden zur Erblichkeit hin, welche dann in der folgenden Periode zur rechtlichen Anerkennung gelangt ist. Wie der alte Volksadel, der -- von Friesland abgesehen -- in Aus vereinzelten Nachrichten der merowingischen Zeit lässt sich Dagegen hatte die Pflicht zur Entrichtung eines Zinses, der nicht Verschiedene Ursachen mussten zusammenwirken, um einen Teil mit Vorbehalt an. Roth, Feudalität S 223 sieht in dem Francus homo den Vassallen. Aber die Stellung des Francus homo ist augenscheinlich eine erbliche, er hat Grundeigentum, das er auf die Söhne vererbt und, wie es scheint, nicht ver äussern kann. 29 Bei den Langobarden hiessen sie arimanni, exercitales. 30 Karlowa, Röm. RG I 909 ff. 31 Gregor. Tur. Hist. Fr. VII 15: Ipse (Audo iudex) cum Mummulo praefecto multos de Francis, qui tempore Childeberthi regis senioris ingenui fuerant, publico tributo subegit. In Marculf I 19 giebt der König die Erlaubnis, dass jemand sich zum Kleriker scheren lasse, se memoratus ille de caput suum bene ingenuus esse videtur et in poleptico publico (im Steuerkataster) censitus non est. 32 Lex Alam. 8 B.
§ 32. Adel und Freie. lich des höheren Reichsamtes beseitigt und im übrigen jene Entwick-lung wenigstens zum Stehen gebracht. Allein gegen Ende der karolingischen Zeit neigen das Grafenamt und das Dienstverhältnis der Vassallität ganz entschieden zur Erblichkeit hin, welche dann in der folgenden Periode zur rechtlichen Anerkennung gelangt ist. Wie der alte Volksadel, der — von Friesland abgesehen — in Aus vereinzelten Nachrichten der merowingischen Zeit läſst sich Dagegen hatte die Pflicht zur Entrichtung eines Zinses, der nicht Verschiedene Ursachen muſsten zusammenwirken, um einen Teil mit Vorbehalt an. Roth, Feudalität S 223 sieht in dem Francus homo den Vassallen. Aber die Stellung des Francus homo ist augenscheinlich eine erbliche, er hat Grundeigentum, das er auf die Söhne vererbt und, wie es scheint, nicht ver äuſsern kann. 29 Bei den Langobarden hieſsen sie arimanni, exercitales. 30 Karlowa, Röm. RG I 909 ff. 31 Gregor. Tur. Hist. Fr. VII 15: Ipse (Audo iudex) cum Mummulo praefecto multos de Francis, qui tempore Childeberthi regis senioris ingenui fuerant, publico tributo subegit. In Marculf I 19 giebt der König die Erlaubnis, daſs jemand sich zum Kleriker scheren lasse, se memoratus ille de caput suum bene ingenuus esse videtur et in poleptico publico (im Steuerkataster) censitus non est. 32 Lex Alam. 8 B.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0271" n="253"/><fw place="top" type="header">§ 32. Adel und Freie.</fw><lb/> lich des höheren Reichsamtes beseitigt und im übrigen jene Entwick-<lb/> lung wenigstens zum Stehen gebracht. Allein gegen Ende der<lb/> karolingischen Zeit neigen das Grafenamt und das Dienstverhältnis<lb/> der Vassallität ganz entschieden zur Erblichkeit hin, welche dann in<lb/> der folgenden Periode zur rechtlichen Anerkennung gelangt ist.</p><lb/> <p>Wie der alte Volksadel, der — von Friesland abgesehen — in<lb/> den neuen Dienstadel aufging, ist auch der Stand der Freien (liberi,<lb/> ingenui, franci <note place="foot" n="29">Bei den Langobarden hieſsen sie arimanni, exercitales.</note>) zersetzt worden. Nicht nur daſs er seine kräftigsten<lb/> Elemente an den neuen Dienstadel verlor, hat sich auch ein Stand<lb/> von Minderfreien abgezweigt, der unter den Gemeinfreien steht. Der<lb/> Grund der Freiheitsminderung ist ein Abhängigkeitsverhältnis niederer<lb/> Ordnung.</p><lb/> <p>Aus vereinzelten Nachrichten der merowingischen Zeit läſst sich<lb/> entnehmen, daſs die Unterwerfung unter die Kopfsteuer, welche nach<lb/> der römischen Steuerverfassung die Kolonen und die plebs urbana<lb/> belastet hatte <note place="foot" n="30"><hi rendition="#g">Karlowa,</hi> Röm. RG I 909 ff.</note>, als ein Zeichen mangelnder Vollfreiheit angesehen<lb/> wurde <note place="foot" n="31">Gregor. Tur. Hist. Fr. VII 15: Ipse (Audo iudex) cum Mummulo praefecto<lb/> multos de Francis, qui tempore Childeberthi regis senioris <hi rendition="#g">ingenui</hi> fuerant, publico<lb/> tributo subegit. In Marculf I 19 giebt der König die Erlaubnis, daſs jemand sich<lb/> zum Kleriker scheren lasse, se memoratus ille de caput suum bene ingenuus esse<lb/> videtur et in poleptico publico (im Steuerkataster) censitus non est.</note>. Wie die Freiheitsminderung, die in der Volksmeinung ohne<lb/> Zweifel mit der Kopfsteuerpflicht verbunden war, sich in rechtlichen<lb/> Wirkungen äuſserte, läſst sich nicht mit Sicherheit bestimmen.</p><lb/> <p>Dagegen hatte die Pflicht zur Entrichtung eines Zinses, der nicht<lb/> de capite, sondern für ein Leihegut bezahlt wurde, an sich eine<lb/> capitis deminutio nicht zur Folge. Auch der freie Hintersasse gilt für<lb/> vollfrei und bleibt ohne Änderung seines Gerichtsstandes in un-<lb/> geschmälertem Genusse des Landrechtes, so lange er wie andere Freie<lb/> persönlich in Heer und Gericht erscheint und Dritten gegenüber für<lb/> sich einsteht. Eine Schmälerung des Wergeldes führte die Stellung des<lb/> freien Hintersassen nicht herbei. Im alamannischen Volksrechte ist<lb/> das Wergeld des liber ecclesiae, quem colonum vocant, dem der<lb/> übrigen Alamannen gleichgestellt <note place="foot" n="32">Lex Alam. 8 B.</note>.</p><lb/> <p>Verschiedene Ursachen muſsten zusammenwirken, um einen Teil<lb/><note xml:id="seg2pn_2_2" prev="#seg2pn_2_1" place="foot" n="28">mit Vorbehalt an. <hi rendition="#g">Roth,</hi> Feudalität S 223 sieht in dem Francus homo den<lb/> Vassallen. Aber die Stellung des Francus homo ist augenscheinlich eine erbliche,<lb/> er hat Grundeigentum, das er auf die Söhne vererbt und, wie es scheint, nicht ver<lb/> äuſsern kann.</note><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [253/0271]
§ 32. Adel und Freie.
lich des höheren Reichsamtes beseitigt und im übrigen jene Entwick-
lung wenigstens zum Stehen gebracht. Allein gegen Ende der
karolingischen Zeit neigen das Grafenamt und das Dienstverhältnis
der Vassallität ganz entschieden zur Erblichkeit hin, welche dann in
der folgenden Periode zur rechtlichen Anerkennung gelangt ist.
Wie der alte Volksadel, der — von Friesland abgesehen — in
den neuen Dienstadel aufging, ist auch der Stand der Freien (liberi,
ingenui, franci 29) zersetzt worden. Nicht nur daſs er seine kräftigsten
Elemente an den neuen Dienstadel verlor, hat sich auch ein Stand
von Minderfreien abgezweigt, der unter den Gemeinfreien steht. Der
Grund der Freiheitsminderung ist ein Abhängigkeitsverhältnis niederer
Ordnung.
Aus vereinzelten Nachrichten der merowingischen Zeit läſst sich
entnehmen, daſs die Unterwerfung unter die Kopfsteuer, welche nach
der römischen Steuerverfassung die Kolonen und die plebs urbana
belastet hatte 30, als ein Zeichen mangelnder Vollfreiheit angesehen
wurde 31. Wie die Freiheitsminderung, die in der Volksmeinung ohne
Zweifel mit der Kopfsteuerpflicht verbunden war, sich in rechtlichen
Wirkungen äuſserte, läſst sich nicht mit Sicherheit bestimmen.
Dagegen hatte die Pflicht zur Entrichtung eines Zinses, der nicht
de capite, sondern für ein Leihegut bezahlt wurde, an sich eine
capitis deminutio nicht zur Folge. Auch der freie Hintersasse gilt für
vollfrei und bleibt ohne Änderung seines Gerichtsstandes in un-
geschmälertem Genusse des Landrechtes, so lange er wie andere Freie
persönlich in Heer und Gericht erscheint und Dritten gegenüber für
sich einsteht. Eine Schmälerung des Wergeldes führte die Stellung des
freien Hintersassen nicht herbei. Im alamannischen Volksrechte ist
das Wergeld des liber ecclesiae, quem colonum vocant, dem der
übrigen Alamannen gleichgestellt 32.
Verschiedene Ursachen muſsten zusammenwirken, um einen Teil
28
29 Bei den Langobarden hieſsen sie arimanni, exercitales.
30 Karlowa, Röm. RG I 909 ff.
31 Gregor. Tur. Hist. Fr. VII 15: Ipse (Audo iudex) cum Mummulo praefecto
multos de Francis, qui tempore Childeberthi regis senioris ingenui fuerant, publico
tributo subegit. In Marculf I 19 giebt der König die Erlaubnis, daſs jemand sich
zum Kleriker scheren lasse, se memoratus ille de caput suum bene ingenuus esse
videtur et in poleptico publico (im Steuerkataster) censitus non est.
32 Lex Alam. 8 B.
28 mit Vorbehalt an. Roth, Feudalität S 223 sieht in dem Francus homo den
Vassallen. Aber die Stellung des Francus homo ist augenscheinlich eine erbliche,
er hat Grundeigentum, das er auf die Söhne vererbt und, wie es scheint, nicht ver
äuſsern kann.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |