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Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 1. Leipzig, 1887.

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§ 45. Die Lex Frisionum.
nicht der westgotische Gesetzgeber aus der Gundobada, sondern der
burgundische aus westgotischen Vorlagen geschöpft hat 26.

Nach der Einverleibung Burgunds in das fränkische Reich blieb
die Lex Burgundionum in ungebrochener Geltung. Als ein Werk des
Arianers Gundobad erfuhr sie in der Regierungszeit Ludwigs des
Frommen einen Angriff von kirchlicher Seite. Bischof Agobard von
Lyon schrieb damals eine Streitschrift, worin er den fränkischen König
aufforderte, die Lex Gundobada zu beseitigen, zumal sie in Burgund
nur noch für wenige Personen gelte 27. Nichtsdestoweniger erhielt
sie sich für die burgundische Bevölkerung als die Grundlage ihres
persönlichen Rechtes. Da für die römischen Bewohner Burgunds
römisches, für die salischen salisches Recht galt, wurde das Personal-
recht der eigentlichen Burgunder, auch soweit es nicht durch Gesetz,
sondern durch Gewohnheit geregelt war, als Lex Gundobada be-
zeichnet. In diesem Sinne ist es zu verstehen, wenn urkundliche
Zeugnisse des zehnten und elften Jahrhunderts die Anwendung der
Lex Gundobada als persönlichen Rechtes erwähnen 28.

§ 45. Die Lex Frisionum.

Ausgaben: Die Lex ist uns nur aus Herolds Ausgabe der Volksrechte bekannt.
Im Anschluss an Herold hat sie zuletzt v. Richthofen in den Mon. Germ. LL
III 631 ff. ediert. Einen Abdruck des Richthofenschen Textes, seiner Einleitung
und Anmerkungen gab Lintelo de Geer, Leeuwarden 1866.
Litteratur: v. Richthofen, Praefatio LL III a. O. De Geer, Über die Zu-
sammensetzung der Lex Frisionum, Z f. RG VIII 134 f. und holländisch im An-
hang zu seinem Textabdruck S 168 ff. Gaupp, Germanistische Abhandl. I: über
das Wergeld- und Bussensystem der alten Lex Frisionum, 1853.

26 Gaupp, Hall. allg. Litt.-Zeit. 1849 Nr 114. A. Ans. Roth, Entst. d. Lex
Bai. S 30 f.; Stobbe, RQ I 90. Die westgot. Parallelstellen liegen uns nur in
der umgearbeiteten Gestalt vor, die sie in der Lex Wisig. erhalten haben. Dass ihre
ursprüngliche Form der Gundobada näher stand wie der Text der Lex Wisig., zeigt
die Lex Baiuw. So kennt z. B. Lex Bai. X 19 die Busse von 12 solidi und die
Unterscheidung zwischen via publica und vicinalis ebenso wie Burg. 27. Lex Burg.
4, 6: si autem impedicato caballo ingenuus pedicam tulerit, eiusdem meriti caballum
se redditurum esse cognoscat, wird erst verständlich, wenn man die Parallelstelle
Lex Wisig. VIII 4, 1 (vgl. Lex Sal. 27, 3) zur Ergänzung heranzieht. Der Ersatz
des Pferdes ist nur zu leisten: si super hanc occasionem perierit.
27 Agobardi adversus legem Gundobadi liber in Opp. ed. Baluze I 113 ff.
Die bezeichnenden Stellen hat Bluhme, LL III 504 f. abgedruckt.
28 Bernard, Recueil des chartes de Cluny I 176, Nr 189 v. J. 912: secun-
dum lege mea Gonbada. Monum. patriae, Chart. I 584 v. J. 1055: qui professus
sum ex natione mea lege vivere Gundobada.

§ 45. Die Lex Frisionum.
nicht der westgotische Gesetzgeber aus der Gundobada, sondern der
burgundische aus westgotischen Vorlagen geschöpft hat 26.

Nach der Einverleibung Burgunds in das fränkische Reich blieb
die Lex Burgundionum in ungebrochener Geltung. Als ein Werk des
Arianers Gundobad erfuhr sie in der Regierungszeit Ludwigs des
Frommen einen Angriff von kirchlicher Seite. Bischof Agobard von
Lyon schrieb damals eine Streitschrift, worin er den fränkischen König
aufforderte, die Lex Gundobada zu beseitigen, zumal sie in Burgund
nur noch für wenige Personen gelte 27. Nichtsdestoweniger erhielt
sie sich für die burgundische Bevölkerung als die Grundlage ihres
persönlichen Rechtes. Da für die römischen Bewohner Burgunds
römisches, für die salischen salisches Recht galt, wurde das Personal-
recht der eigentlichen Burgunder, auch soweit es nicht durch Gesetz,
sondern durch Gewohnheit geregelt war, als Lex Gundobada be-
zeichnet. In diesem Sinne ist es zu verstehen, wenn urkundliche
Zeugnisse des zehnten und elften Jahrhunderts die Anwendung der
Lex Gundobada als persönlichen Rechtes erwähnen 28.

§ 45. Die Lex Frisionum.

Ausgaben: Die Lex ist uns nur aus Herolds Ausgabe der Volksrechte bekannt.
Im Anschluſs an Herold hat sie zuletzt v. Richthofen in den Mon. Germ. LL
III 631 ff. ediert. Einen Abdruck des Richthofenschen Textes, seiner Einleitung
und Anmerkungen gab Lintelo de Geer, Leeuwarden 1866.
Litteratur: v. Richthofen, Praefatio LL III a. O. De Geer, Über die Zu-
sammensetzung der Lex Frisionum, Z f. RG VIII 134 f. und holländisch im An-
hang zu seinem Textabdruck S 168 ff. Gaupp, Germanistische Abhandl. I: über
das Wergeld- und Buſsensystem der alten Lex Frisionum, 1853.

26 Gaupp, Hall. allg. Litt.-Zeit. 1849 Nr 114. A. Ans. Roth, Entst. d. Lex
Bai. S 30 f.; Stobbe, RQ I 90. Die westgot. Parallelstellen liegen uns nur in
der umgearbeiteten Gestalt vor, die sie in der Lex Wisig. erhalten haben. Daſs ihre
ursprüngliche Form der Gundobada näher stand wie der Text der Lex Wisig., zeigt
die Lex Baiuw. So kennt z. B. Lex Bai. X 19 die Buſse von 12 solidi und die
Unterscheidung zwischen via publica und vicinalis ebenso wie Burg. 27. Lex Burg.
4, 6: si autem impedicato caballo ingenuus pedicam tulerit, eiusdem meriti caballum
se redditurum esse cognoscat, wird erst verständlich, wenn man die Parallelstelle
Lex Wisig. VIII 4, 1 (vgl. Lex Sal. 27, 3) zur Ergänzung heranzieht. Der Ersatz
des Pferdes ist nur zu leisten: si super hanc occasionem perierit.
27 Agobardi adversus legem Gundobadi liber in Opp. ed. Baluze I 113 ff.
Die bezeichnenden Stellen hat Bluhme, LL III 504 f. abgedruckt.
28 Bernard, Recueil des chartes de Cluny I 176, Nr 189 v. J. 912: secun-
dum lege mea Gonbada. Monum. patriae, Chart. I 584 v. J. 1055: qui professus
sum ex natione mea lege vivere Gundobada.
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[340/0358] § 45. Die Lex Frisionum. nicht der westgotische Gesetzgeber aus der Gundobada, sondern der burgundische aus westgotischen Vorlagen geschöpft hat 26. Nach der Einverleibung Burgunds in das fränkische Reich blieb die Lex Burgundionum in ungebrochener Geltung. Als ein Werk des Arianers Gundobad erfuhr sie in der Regierungszeit Ludwigs des Frommen einen Angriff von kirchlicher Seite. Bischof Agobard von Lyon schrieb damals eine Streitschrift, worin er den fränkischen König aufforderte, die Lex Gundobada zu beseitigen, zumal sie in Burgund nur noch für wenige Personen gelte 27. Nichtsdestoweniger erhielt sie sich für die burgundische Bevölkerung als die Grundlage ihres persönlichen Rechtes. Da für die römischen Bewohner Burgunds römisches, für die salischen salisches Recht galt, wurde das Personal- recht der eigentlichen Burgunder, auch soweit es nicht durch Gesetz, sondern durch Gewohnheit geregelt war, als Lex Gundobada be- zeichnet. In diesem Sinne ist es zu verstehen, wenn urkundliche Zeugnisse des zehnten und elften Jahrhunderts die Anwendung der Lex Gundobada als persönlichen Rechtes erwähnen 28. § 45. Die Lex Frisionum. Ausgaben: Die Lex ist uns nur aus Herolds Ausgabe der Volksrechte bekannt. Im Anschluſs an Herold hat sie zuletzt v. Richthofen in den Mon. Germ. LL III 631 ff. ediert. Einen Abdruck des Richthofenschen Textes, seiner Einleitung und Anmerkungen gab Lintelo de Geer, Leeuwarden 1866. Litteratur: v. Richthofen, Praefatio LL III a. O. De Geer, Über die Zu- sammensetzung der Lex Frisionum, Z f. RG VIII 134 f. und holländisch im An- hang zu seinem Textabdruck S 168 ff. Gaupp, Germanistische Abhandl. I: über das Wergeld- und Buſsensystem der alten Lex Frisionum, 1853. 26 Gaupp, Hall. allg. Litt.-Zeit. 1849 Nr 114. A. Ans. Roth, Entst. d. Lex Bai. S 30 f.; Stobbe, RQ I 90. Die westgot. Parallelstellen liegen uns nur in der umgearbeiteten Gestalt vor, die sie in der Lex Wisig. erhalten haben. Daſs ihre ursprüngliche Form der Gundobada näher stand wie der Text der Lex Wisig., zeigt die Lex Baiuw. So kennt z. B. Lex Bai. X 19 die Buſse von 12 solidi und die Unterscheidung zwischen via publica und vicinalis ebenso wie Burg. 27. Lex Burg. 4, 6: si autem impedicato caballo ingenuus pedicam tulerit, eiusdem meriti caballum se redditurum esse cognoscat, wird erst verständlich, wenn man die Parallelstelle Lex Wisig. VIII 4, 1 (vgl. Lex Sal. 27, 3) zur Ergänzung heranzieht. Der Ersatz des Pferdes ist nur zu leisten: si super hanc occasionem perierit. 27 Agobardi adversus legem Gundobadi liber in Opp. ed. Baluze I 113 ff. Die bezeichnenden Stellen hat Bluhme, LL III 504 f. abgedruckt. 28 Bernard, Recueil des chartes de Cluny I 176, Nr 189 v. J. 912: secun- dum lege mea Gonbada. Monum. patriae, Chart. I 584 v. J. 1055: qui professus sum ex natione mea lege vivere Gundobada.

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Zitationshilfe: Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 1. Leipzig, 1887, S. 340. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunner_rechtsgeschichte01_1887/358>, abgerufen am 24.11.2024.