Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 1. Leipzig, 1887.§ 7. Das Germanentum im römischen Reich. Innerhalb der nationalen Elemente, von welchen das römische Veränderungen in der Organisation des Heerwesens beförderten 21 Mommsen, Conscriptionsordnung S 55; Röm. Gesch. V 228. 22 Mommsen, Conscriptionsordnung S 219. 231. Der cuneus hat seinen Namen vermutlich der germanischen Heeresordnung entlehnt. Als Bezeichnung einer Heeresabteilung verwendet den Ausdruck noch Gregor von Tours IV 48. Siehe Z2 f. RG V 227. Nach der älteren Vita Vedasti (bald nach 540 verfasst), bei v. Schubart, Die Unterwerfung der Alamannen unter die Franken S 212, treten dem fränkischen Heere in der Nähe des Rheins die Keile der Alamannen, hostium chunei, entgegen. 23 Das Wort hat eine andere Bedeutung gewonnen. Die im Ausland ge-
worbenen oder aus den Reihen besiegter Feinde zwangsweise eingestellten Auxiliar- mannschaften wurden nicht wie die aus Unterthanen ausgehobenen Auxilien der augustischen Heerordnung zum eigentlichen Reichsheere gerechnet. Über das Militärwesen seit Konstantin fehlt es leider an genügenden Untersuchungen. § 7. Das Germanentum im römischen Reich. Innerhalb der nationalen Elemente, von welchen das römische Veränderungen in der Organisation des Heerwesens beförderten 21 Mommsen, Conscriptionsordnung S 55; Röm. Gesch. V 228. 22 Mommsen, Conscriptionsordnung S 219. 231. Der cuneus hat seinen Namen vermutlich der germanischen Heeresordnung entlehnt. Als Bezeichnung einer Heeresabteilung verwendet den Ausdruck noch Gregor von Tours IV 48. Siehe Z2 f. RG V 227. Nach der älteren Vita Vedasti (bald nach 540 verfaſst), bei v. Schubart, Die Unterwerfung der Alamannen unter die Franken S 212, treten dem fränkischen Heere in der Nähe des Rheins die Keile der Alamannen, hostium chunei, entgegen. 23 Das Wort hat eine andere Bedeutung gewonnen. Die im Ausland ge-
worbenen oder aus den Reihen besiegter Feinde zwangsweise eingestellten Auxiliar- mannschaften wurden nicht wie die aus Unterthanen ausgehobenen Auxilien der augustischen Heerordnung zum eigentlichen Reichsheere gerechnet. Über das Militärwesen seit Konstantin fehlt es leider an genügenden Untersuchungen. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0056" n="38"/> <fw place="top" type="header">§ 7. Das Germanentum im römischen Reich.</fw><lb/> <p>Innerhalb der nationalen Elemente, von welchen das römische<lb/> Militärwesen seit seiner allmählichen Barbarisierung getragen wird,<lb/> läſst sich ein gewisser Gegensatz der gallisch-germanischen und der<lb/> illyrisch-thrakischen Truppen nicht verkennen. Er muſs bei der<lb/> Rivalität zwischen der Rhein- und der Donauarmee eine maſsgebende<lb/> Rolle gespielt haben. Zunächst haben nicht die Germanen, deren<lb/> entschiedene Begünstigung nach dem Sturz der claudischen Dynastie<lb/> eine Unterbrechung erfuhr, sondern haben die Illyrier die Oberhand<lb/> gewonnen. Nachdem Septimius Severus den Schwerpunkt der Kon-<lb/> skription nach Pannonien und Thrakien verlegt hatte, ward im dritten<lb/> Jahrhundert die illyrische Soldateska die Herrin des Reiches, welches<lb/> aus ihren Reihen eine Anzahl seiner kräftigsten Imperatoren empfing<note place="foot" n="21"><hi rendition="#g">Mommsen</hi>, Conscriptionsordnung S 55; Röm. Gesch. V 228.</note>.<lb/> Seit Konstantin tritt dann eine Wendung ein, welche die Germanen<lb/> in die Höhe bringt. Vornehmlich dem Einfluſs eines Alamannen-<lb/> königs hatte es Konstantin zu danken, daſs ihn das britannische Heer<lb/> zum Imperator ausrief. In den Kämpfen gegen Maxentius und gegen<lb/> den Illyrier Licinius hatten die Germanen ihm wesentliche Dienste<lb/> geleistet. Ein Eintreten für die Traditionen des altrömischen Kultus<lb/> war bei ihnen nicht zu besorgen. So lag es denn in der Natur der<lb/> Verhältnisse, daſs Konstantin jene besondere Vorliebe für die Ger-<lb/> manen bethätigte, welche ihm von seinem Nachfolger Julian zum Vor-<lb/> wurf gemacht worden ist.</p><lb/> <p>Veränderungen in der Organisation des Heerwesens beförderten<lb/> dessen Barbarisierung, so die Bildung geschlossener nationaler Truppen-<lb/> körper (numeri und cunei<note place="foot" n="22"><hi rendition="#g">Mommsen</hi>, Conscriptionsordnung S 219. 231. Der cuneus hat seinen<lb/> Namen vermutlich der germanischen Heeresordnung entlehnt. Als Bezeichnung<lb/> einer Heeresabteilung verwendet den Ausdruck noch Gregor von Tours IV 48.<lb/> Siehe Z<hi rendition="#sup">2</hi> f. RG V 227. Nach der älteren Vita Vedasti (bald nach 540 verfaſst),<lb/> bei v. <hi rendition="#g">Schubart</hi>, Die Unterwerfung der Alamannen unter die Franken S 212,<lb/> treten dem fränkischen Heere in der Nähe des Rheins die Keile der Alamannen,<lb/> hostium chunei, entgegen.</note>), die Werbung und Pressung von Söld-<lb/> nern aus reichsfremden Völkerschaften, durch welche nunmehr die<lb/> „Auxilien“ gebildet werden<note place="foot" n="23">Das Wort hat eine andere Bedeutung gewonnen. Die im Ausland ge-<lb/> worbenen oder aus den Reihen besiegter Feinde zwangsweise eingestellten Auxiliar-<lb/> mannschaften wurden nicht wie die aus Unterthanen ausgehobenen Auxilien der<lb/> augustischen Heerordnung zum eigentlichen Reichsheere gerechnet. Über das<lb/> Militärwesen seit Konstantin fehlt es leider an genügenden Untersuchungen.</note>, ebenso die Trennung des höheren Zivil-<lb/> und Militärdienstes, welche den Germanen den Zugang zu den höheren<lb/> Offizierstellen erleichterte.</p><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [38/0056]
§ 7. Das Germanentum im römischen Reich.
Innerhalb der nationalen Elemente, von welchen das römische
Militärwesen seit seiner allmählichen Barbarisierung getragen wird,
läſst sich ein gewisser Gegensatz der gallisch-germanischen und der
illyrisch-thrakischen Truppen nicht verkennen. Er muſs bei der
Rivalität zwischen der Rhein- und der Donauarmee eine maſsgebende
Rolle gespielt haben. Zunächst haben nicht die Germanen, deren
entschiedene Begünstigung nach dem Sturz der claudischen Dynastie
eine Unterbrechung erfuhr, sondern haben die Illyrier die Oberhand
gewonnen. Nachdem Septimius Severus den Schwerpunkt der Kon-
skription nach Pannonien und Thrakien verlegt hatte, ward im dritten
Jahrhundert die illyrische Soldateska die Herrin des Reiches, welches
aus ihren Reihen eine Anzahl seiner kräftigsten Imperatoren empfing 21.
Seit Konstantin tritt dann eine Wendung ein, welche die Germanen
in die Höhe bringt. Vornehmlich dem Einfluſs eines Alamannen-
königs hatte es Konstantin zu danken, daſs ihn das britannische Heer
zum Imperator ausrief. In den Kämpfen gegen Maxentius und gegen
den Illyrier Licinius hatten die Germanen ihm wesentliche Dienste
geleistet. Ein Eintreten für die Traditionen des altrömischen Kultus
war bei ihnen nicht zu besorgen. So lag es denn in der Natur der
Verhältnisse, daſs Konstantin jene besondere Vorliebe für die Ger-
manen bethätigte, welche ihm von seinem Nachfolger Julian zum Vor-
wurf gemacht worden ist.
Veränderungen in der Organisation des Heerwesens beförderten
dessen Barbarisierung, so die Bildung geschlossener nationaler Truppen-
körper (numeri und cunei 22), die Werbung und Pressung von Söld-
nern aus reichsfremden Völkerschaften, durch welche nunmehr die
„Auxilien“ gebildet werden 23, ebenso die Trennung des höheren Zivil-
und Militärdienstes, welche den Germanen den Zugang zu den höheren
Offizierstellen erleichterte.
21 Mommsen, Conscriptionsordnung S 55; Röm. Gesch. V 228.
22 Mommsen, Conscriptionsordnung S 219. 231. Der cuneus hat seinen
Namen vermutlich der germanischen Heeresordnung entlehnt. Als Bezeichnung
einer Heeresabteilung verwendet den Ausdruck noch Gregor von Tours IV 48.
Siehe Z2 f. RG V 227. Nach der älteren Vita Vedasti (bald nach 540 verfaſst),
bei v. Schubart, Die Unterwerfung der Alamannen unter die Franken S 212,
treten dem fränkischen Heere in der Nähe des Rheins die Keile der Alamannen,
hostium chunei, entgegen.
23 Das Wort hat eine andere Bedeutung gewonnen. Die im Ausland ge-
worbenen oder aus den Reihen besiegter Feinde zwangsweise eingestellten Auxiliar-
mannschaften wurden nicht wie die aus Unterthanen ausgehobenen Auxilien der
augustischen Heerordnung zum eigentlichen Reichsheere gerechnet. Über das
Militärwesen seit Konstantin fehlt es leider an genügenden Untersuchungen.
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