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Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 1. Leipzig, 1887.

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§ 8. Das Auftreten der deutschen Stämme.
erwähnt werden, gaben sie dem Kaiser Caracalla den Anlass, sie am
Main zu bekämpfen. Nachdem sie den Grenzwall durchbrochen und
den Römern das rechte Rheinufer entrissen hatten, fielen sie mehr-
mals verheerend in Gallien und Italien ein. Von Aurelian zurück-
geworfen, von Probus angegriffen und besiegt, vermögen sie sich den-
noch jenseits des limes zu behaupten. Auf das nachdrücklichste be-
schäftigen sie Julian, der ihnen 357 bei Strassburg eine empfindliche
Niederlage beibringt. Obwohl noch mehrmals überwunden haben die
Alamannen schliesslich das römische Obergermanien auf die Dauer
erworben. Als die Burgunder vom Mittelrhein nach Gallien abgezogen
waren, dehnten sich die Alamannen rheinabwärts aus, bis sie mit
Chlodwig zusammentrafen, der sie 496 besiegte und unterwarf. In
den Kämpfen gegen Julian standen die Alamannen unter einer Mehr-
zahl von Königen, Chlodwig hat nur noch mit einem Alamannenkönig
zu thun.

Etliche Jahrzehnte nach den Alamannen tauchen aus dem rhei-
nischen Völkergewirre die Franken empor. So viel wie die Freien
bedeutend, scheint der Name einen Gegensatz ausdrücken zu wollen
zu dem Verhältnis von Unterthänigkeit, in welchem ein Teil der
rheinischen Germanen zu den Römern stand oder gestanden hatte.
So sehr die Vermutungen über den Ursprung der Franken auseinander-
gehen, so herrscht doch kaum ein Zweifel, dass sie sich überwiegend
aus Völkerschaften zusammensetzten, welche von altersher am Nieder-
rhein als Unterthanen oder in der Nachbarschaft der niedergerma-
nischen Provinz als oft bekämpfte und oft genannte Gegner des römi-
schen Reiches sesshaft waren. Eine glaubwürdige Nachricht über einen
römischen Feldzug vom Jahre 392 lässt die Brukterer, die Chamaven,
die Amsivarier und die Chatten als Träger des Frankennamens und
als Verbündete erscheinen4. Zu den Franken wurden nach sicherem
Zeugnis ferner die Chattuarier gerechnet5. Aber als das wichtigste
Glied der Frankengruppe treten seit der zweiten Hälfte des vierten

Sitzen überflüssigen Raum für die Quaden gehabt haben sollten. Eher, dass die
Semnonen damals (um 178) schon im Abzuge begriffen waren und Wandergenossen
brauchen konnten.
4 Gregor. Tur. Hist. Franc. II 9 S 74 aus dem vierten Buche des Sulpicius
Alexander: Eodem anno Arbogastis Sunnonem et Marcomere subregulos Francorum
gentilibus odiis insectans Agrepinam ... petiit ... omnes Franciae recessus pene-
trandus urendusque ... transgressus Rhenum Bricteros ripae proximos, pagum etiam
quem Chamavi incolunt depopulatus est, nullo umquam occursante, nisi quod pauci
ex Ampsivariis et Catthis Marcomere duce in ulterioribus collium iugis apparuere.
5 Ammianus Marcellinus 20, 10: Francorum, quos Attuarios vocant.

§ 8. Das Auftreten der deutschen Stämme.
erwähnt werden, gaben sie dem Kaiser Caracalla den Anlaſs, sie am
Main zu bekämpfen. Nachdem sie den Grenzwall durchbrochen und
den Römern das rechte Rheinufer entrissen hatten, fielen sie mehr-
mals verheerend in Gallien und Italien ein. Von Aurelian zurück-
geworfen, von Probus angegriffen und besiegt, vermögen sie sich den-
noch jenseits des limes zu behaupten. Auf das nachdrücklichste be-
schäftigen sie Julian, der ihnen 357 bei Straſsburg eine empfindliche
Niederlage beibringt. Obwohl noch mehrmals überwunden haben die
Alamannen schlieſslich das römische Obergermanien auf die Dauer
erworben. Als die Burgunder vom Mittelrhein nach Gallien abgezogen
waren, dehnten sich die Alamannen rheinabwärts aus, bis sie mit
Chlodwig zusammentrafen, der sie 496 besiegte und unterwarf. In
den Kämpfen gegen Julian standen die Alamannen unter einer Mehr-
zahl von Königen, Chlodwig hat nur noch mit einem Alamannenkönig
zu thun.

Etliche Jahrzehnte nach den Alamannen tauchen aus dem rhei-
nischen Völkergewirre die Franken empor. So viel wie die Freien
bedeutend, scheint der Name einen Gegensatz ausdrücken zu wollen
zu dem Verhältnis von Unterthänigkeit, in welchem ein Teil der
rheinischen Germanen zu den Römern stand oder gestanden hatte.
So sehr die Vermutungen über den Ursprung der Franken auseinander-
gehen, so herrscht doch kaum ein Zweifel, daſs sie sich überwiegend
aus Völkerschaften zusammensetzten, welche von altersher am Nieder-
rhein als Unterthanen oder in der Nachbarschaft der niedergerma-
nischen Provinz als oft bekämpfte und oft genannte Gegner des römi-
schen Reiches seſshaft waren. Eine glaubwürdige Nachricht über einen
römischen Feldzug vom Jahre 392 läſst die Brukterer, die Chamaven,
die Amsivarier und die Chatten als Träger des Frankennamens und
als Verbündete erscheinen4. Zu den Franken wurden nach sicherem
Zeugnis ferner die Chattuarier gerechnet5. Aber als das wichtigste
Glied der Frankengruppe treten seit der zweiten Hälfte des vierten

Sitzen überflüssigen Raum für die Quaden gehabt haben sollten. Eher, daſs die
Semnonen damals (um 178) schon im Abzuge begriffen waren und Wandergenossen
brauchen konnten.
4 Gregor. Tur. Hist. Franc. II 9 S 74 aus dem vierten Buche des Sulpicius
Alexander: Eodem anno Arbogastis Sunnonem et Marcomere subregulos Francorum
gentilibus odiis insectans Agrepinam … petiit … omnes Franciae recessus pene-
trandus urendusque … transgressus Rhenum Bricteros ripae proximos, pagum etiam
quem Chamavi incolunt depopulatus est, nullo umquam occursante, nisi quod pauci
ex Ampsivariis et Catthis Marcomere duce in ulterioribus collium iugis apparuere.
5 Ammianus Marcellinus 20, 10: Francorum, quos Attuarios vocant.
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[42/0060] § 8. Das Auftreten der deutschen Stämme. erwähnt werden, gaben sie dem Kaiser Caracalla den Anlaſs, sie am Main zu bekämpfen. Nachdem sie den Grenzwall durchbrochen und den Römern das rechte Rheinufer entrissen hatten, fielen sie mehr- mals verheerend in Gallien und Italien ein. Von Aurelian zurück- geworfen, von Probus angegriffen und besiegt, vermögen sie sich den- noch jenseits des limes zu behaupten. Auf das nachdrücklichste be- schäftigen sie Julian, der ihnen 357 bei Straſsburg eine empfindliche Niederlage beibringt. Obwohl noch mehrmals überwunden haben die Alamannen schlieſslich das römische Obergermanien auf die Dauer erworben. Als die Burgunder vom Mittelrhein nach Gallien abgezogen waren, dehnten sich die Alamannen rheinabwärts aus, bis sie mit Chlodwig zusammentrafen, der sie 496 besiegte und unterwarf. In den Kämpfen gegen Julian standen die Alamannen unter einer Mehr- zahl von Königen, Chlodwig hat nur noch mit einem Alamannenkönig zu thun. Etliche Jahrzehnte nach den Alamannen tauchen aus dem rhei- nischen Völkergewirre die Franken empor. So viel wie die Freien bedeutend, scheint der Name einen Gegensatz ausdrücken zu wollen zu dem Verhältnis von Unterthänigkeit, in welchem ein Teil der rheinischen Germanen zu den Römern stand oder gestanden hatte. So sehr die Vermutungen über den Ursprung der Franken auseinander- gehen, so herrscht doch kaum ein Zweifel, daſs sie sich überwiegend aus Völkerschaften zusammensetzten, welche von altersher am Nieder- rhein als Unterthanen oder in der Nachbarschaft der niedergerma- nischen Provinz als oft bekämpfte und oft genannte Gegner des römi- schen Reiches seſshaft waren. Eine glaubwürdige Nachricht über einen römischen Feldzug vom Jahre 392 läſst die Brukterer, die Chamaven, die Amsivarier und die Chatten als Träger des Frankennamens und als Verbündete erscheinen 4. Zu den Franken wurden nach sicherem Zeugnis ferner die Chattuarier gerechnet 5. Aber als das wichtigste Glied der Frankengruppe treten seit der zweiten Hälfte des vierten 3 4 Gregor. Tur. Hist. Franc. II 9 S 74 aus dem vierten Buche des Sulpicius Alexander: Eodem anno Arbogastis Sunnonem et Marcomere subregulos Francorum gentilibus odiis insectans Agrepinam … petiit … omnes Franciae recessus pene- trandus urendusque … transgressus Rhenum Bricteros ripae proximos, pagum etiam quem Chamavi incolunt depopulatus est, nullo umquam occursante, nisi quod pauci ex Ampsivariis et Catthis Marcomere duce in ulterioribus collium iugis apparuere. 5 Ammianus Marcellinus 20, 10: Francorum, quos Attuarios vocant. 3 Sitzen überflüssigen Raum für die Quaden gehabt haben sollten. Eher, daſs die Semnonen damals (um 178) schon im Abzuge begriffen waren und Wandergenossen brauchen konnten.

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Zitationshilfe: Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 1. Leipzig, 1887, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunner_rechtsgeschichte01_1887/60>, abgerufen am 21.11.2024.