strut, Weser und Werra 1829. G. Landau, Beschreibung der deutschen Gaue 2 Bde. 1855. 1857. Gaukarten in Spruner und Menke, Hist.-geograph. Handatlas, 3. Aufl. 1880.
Das gesamte fränkische Reich heisst regnum Francorum, gelegent- lich auch Francia, ein Ausdruck, der aber auch in engerer, vielfach schwankender Anwendung gebraucht wird.
Da die Reichsteilungen begrifflich nur Teilungen der Reichs- verwaltung waren, so bedeutete in den Zeiten der Teilherrschaft, die nach dem Tode Clodovechs fast Regel wurde, das einzelne Teilreich staatsrechtlich einen grossen Verwaltungsbezirk. In der Geschichte der Teilungen stehen sich in erster Linie Austrasien (Auster, Austria, Austra- sia), der germanische Osten, und Neustrien (Neuster, dann auch Neu- stria 1), der überwiegend romanische Westen, als gegensätzliche Reichs- hälften gegenüber 2. Ihnen gesellt sich als ein dritter Hauptteil Burgund hinzu. Die administrative Absonderung dieser drei Reichs- teile steigert sich in merowingischer Zeit so weit, dass sie ihre be- sonderen Hausmeier haben, auch wenn das Gesamtreich unter einem Könige steht. Nachdem die Arnulfinger von Austrasien aus die Selb- ständigkeit Neustriens gebrochen hatten, tritt der Gegensatz von Ost und West auf längere Zeit zurück, um unter Ludwigs Söhnen wie- derum kräftiger aufzuleben, bis er in dem Zerfall des fränkischen Reiches seine Lösung findet. Für das Herrschaftsgebiet Ludwigs des Deutschen bürgerte sich die Bezeichnung Ostfranken, Francia orien- talis, ein. Seit 833 datierte Ludwig der Deutsche seine Urkunden nach den Jahren seiner Regierung in orientali Francia. Bei der Auf- lösung der fränkischen Monarchie trat das deutsche Reich zunächst als ostfränkisches Reich in die Geschichte ein.
Als besondere Verwaltungsbezirke dürfen auch die Unterkönig- reiche angesehen werden, welche Mitgliedern des Königshauses, nament- lich Söhnen des regierenden Königs, mit grösserer oder geringerer Selbständigkeit zugewiesen wurden. In dieser Form kommt unter den Karolingern namentlich die durch die geschichtlichen Verhältnisse hergebrachte Sonderstellung Italiens, Aquitaniens und Baierns zum Ausdruck.
Von den eigentlichen Amtssprengeln waren die grössten in mero- wingischer Zeit die Herzogtümer oder Dukate, auch Provinzen ge-
1 Westland nach Zeuss S. 349, oder eigentlich Neuwestland, Niuwestria, Ni- westria nach Grimm, Gesch. der deutschen Sprache S. 370, Anm. *. Nach Bon- nell, Anfänge des karol. Hauses S. 223, dem Sohm a. O. S. 10 folgt, Neuland.
2 Ebenso unterschieden die Langobarden Austria und Neustria. So Liutprand im Prolog zu seinen Gesetzen v. J. 713.
§ 78. Die Verwaltungsbezirke.
strut, Weser und Werra 1829. G. Landau, Beschreibung der deutschen Gaue 2 Bde. 1855. 1857. Gaukarten in Spruner und Menke, Hist.-geograph. Handatlas, 3. Aufl. 1880.
Das gesamte fränkische Reich heiſst regnum Francorum, gelegent- lich auch Francia, ein Ausdruck, der aber auch in engerer, vielfach schwankender Anwendung gebraucht wird.
Da die Reichsteilungen begrifflich nur Teilungen der Reichs- verwaltung waren, so bedeutete in den Zeiten der Teilherrschaft, die nach dem Tode Clodovechs fast Regel wurde, das einzelne Teilreich staatsrechtlich einen groſsen Verwaltungsbezirk. In der Geschichte der Teilungen stehen sich in erster Linie Austrasien (Auster, Austria, Austra- sia), der germanische Osten, und Neustrien (Neuster, dann auch Neu- stria 1), der überwiegend romanische Westen, als gegensätzliche Reichs- hälften gegenüber 2. Ihnen gesellt sich als ein dritter Hauptteil Burgund hinzu. Die administrative Absonderung dieser drei Reichs- teile steigert sich in merowingischer Zeit so weit, daſs sie ihre be- sonderen Hausmeier haben, auch wenn das Gesamtreich unter einem Könige steht. Nachdem die Arnulfinger von Austrasien aus die Selb- ständigkeit Neustriens gebrochen hatten, tritt der Gegensatz von Ost und West auf längere Zeit zurück, um unter Ludwigs Söhnen wie- derum kräftiger aufzuleben, bis er in dem Zerfall des fränkischen Reiches seine Lösung findet. Für das Herrschaftsgebiet Ludwigs des Deutschen bürgerte sich die Bezeichnung Ostfranken, Francia orien- talis, ein. Seit 833 datierte Ludwig der Deutsche seine Urkunden nach den Jahren seiner Regierung in orientali Francia. Bei der Auf- lösung der fränkischen Monarchie trat das deutsche Reich zunächst als ostfränkisches Reich in die Geschichte ein.
Als besondere Verwaltungsbezirke dürfen auch die Unterkönig- reiche angesehen werden, welche Mitgliedern des Königshauses, nament- lich Söhnen des regierenden Königs, mit gröſserer oder geringerer Selbständigkeit zugewiesen wurden. In dieser Form kommt unter den Karolingern namentlich die durch die geschichtlichen Verhältnisse hergebrachte Sonderstellung Italiens, Aquitaniens und Baierns zum Ausdruck.
Von den eigentlichen Amtssprengeln waren die gröſsten in mero- wingischer Zeit die Herzogtümer oder Dukate, auch Provinzen ge-
1 Westland nach Zeuſs S. 349, oder eigentlich Neuwestland, Niuwestria, Ni- westria nach Grimm, Gesch. der deutschen Sprache S. 370, Anm. *. Nach Bon- nell, Anfänge des karol. Hauses S. 223, dem Sohm a. O. S. 10 folgt, Neuland.
2 Ebenso unterschieden die Langobarden Austria und Neustria. So Liutprand im Prolog zu seinen Gesetzen v. J. 713.
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§ 78. Die Verwaltungsbezirke.
strut, Weser und Werra 1829. G. Landau, Beschreibung der deutschen Gaue
2 Bde. 1855. 1857. Gaukarten in Spruner und Menke, Hist.-geograph. Handatlas,
3. Aufl. 1880.
Das gesamte fränkische Reich heiſst regnum Francorum, gelegent-
lich auch Francia, ein Ausdruck, der aber auch in engerer, vielfach
schwankender Anwendung gebraucht wird.
Da die Reichsteilungen begrifflich nur Teilungen der Reichs-
verwaltung waren, so bedeutete in den Zeiten der Teilherrschaft, die
nach dem Tode Clodovechs fast Regel wurde, das einzelne Teilreich
staatsrechtlich einen groſsen Verwaltungsbezirk. In der Geschichte der
Teilungen stehen sich in erster Linie Austrasien (Auster, Austria, Austra-
sia), der germanische Osten, und Neustrien (Neuster, dann auch Neu-
stria 1), der überwiegend romanische Westen, als gegensätzliche Reichs-
hälften gegenüber 2. Ihnen gesellt sich als ein dritter Hauptteil
Burgund hinzu. Die administrative Absonderung dieser drei Reichs-
teile steigert sich in merowingischer Zeit so weit, daſs sie ihre be-
sonderen Hausmeier haben, auch wenn das Gesamtreich unter einem
Könige steht. Nachdem die Arnulfinger von Austrasien aus die Selb-
ständigkeit Neustriens gebrochen hatten, tritt der Gegensatz von Ost
und West auf längere Zeit zurück, um unter Ludwigs Söhnen wie-
derum kräftiger aufzuleben, bis er in dem Zerfall des fränkischen
Reiches seine Lösung findet. Für das Herrschaftsgebiet Ludwigs des
Deutschen bürgerte sich die Bezeichnung Ostfranken, Francia orien-
talis, ein. Seit 833 datierte Ludwig der Deutsche seine Urkunden
nach den Jahren seiner Regierung in orientali Francia. Bei der Auf-
lösung der fränkischen Monarchie trat das deutsche Reich zunächst
als ostfränkisches Reich in die Geschichte ein.
Als besondere Verwaltungsbezirke dürfen auch die Unterkönig-
reiche angesehen werden, welche Mitgliedern des Königshauses, nament-
lich Söhnen des regierenden Königs, mit gröſserer oder geringerer
Selbständigkeit zugewiesen wurden. In dieser Form kommt unter den
Karolingern namentlich die durch die geschichtlichen Verhältnisse
hergebrachte Sonderstellung Italiens, Aquitaniens und Baierns zum
Ausdruck.
Von den eigentlichen Amtssprengeln waren die gröſsten in mero-
wingischer Zeit die Herzogtümer oder Dukate, auch Provinzen ge-
1 Westland nach Zeuſs S. 349, oder eigentlich Neuwestland, Niuwestria, Ni-
westria nach Grimm, Gesch. der deutschen Sprache S. 370, Anm. *. Nach Bon-
nell, Anfänge des karol. Hauses S. 223, dem Sohm a. O. S. 10 folgt, Neuland.
2 Ebenso unterschieden die Langobarden Austria und Neustria. So Liutprand
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Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1892, S. 142. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunner_rechtsgeschichte02_1892/160>, abgerufen am 21.11.2024.
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