Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1892.§ 95. Die Vögte. hunderts noch den Fall, dass der Vogt ein Kleriker sei 51. Dochwaren die Vögte wohl von Anfang an regelmässig, schliesslich durch- aus Laien, eine Eigenschaft, die deshalb nötig wurde, weil der Kle- riker unfähig gewesen wäre, die Rechte der Kirche in gerichtlichem Zweikampfe geltend zu machen. Seit Karl dem Grossen gewinnt die Staatsgewalt massgebenden Die Vögte werden in den Kapitularien vielfach den öffentlichen 51 Cap. Pipp. 782--786, c. 6, I 192: et talis sit ipse advocatus liber homo et bonae opinionis laicus aut clericus. 52 Cap. miss. v. J. 803, c. 3, I 115. Wenn Ludwig I. in dem Legationis edictum Cap. I 310 von advocati nostri spricht, sind kirchliche Vögte gemeint, die der König ernannte oder ernennen liess. 53 Siehe die Stellen bei Waitz IV 469, Anm. 4. 54 Cap. Aquisgr. v. J. 809, c. 22, I 151: .. cum comite et populo eligantur. Pipp. Cap. ital. 801--810, c. 11, I 210: ut advocati in presentia comitis eligan- tur. Mem. Olonn. 822--823, c. 9, I 319: ut episcopus una cum comite suo ad- vocatum elegat. Eine Formel der Bestellung eines Vogtes bietet Liber Papiensis zu Karl 22, LL IV 488. Der Graf hatte wohl ein Recht des Widerspruches. 55 Cap. Aquisgr. 801--813, c. 14, I 172. 56 v. Wickede a. O. S. 24. 57 Vgl. Annales Fuldenses z. J. 852 oben S. 184, Anm. 28. v. Wickede a. O. S. 46 f. Benedictus sagt VII 157 in einer Stelle, die auf Lex Rom. Wisig. C. Theod. II 10, 2, interpr. zurückgeht: et videat (advocatus), ne iudicis et assertoris personam accipiat. 58 Cap. miss. v. J. 819, c. 19, I 290: ut nullus episcopus nec abbas nec co-
mis nec abbatissa centenarium comitis advocatum habeat. § 95. Die Vögte. hunderts noch den Fall, daſs der Vogt ein Kleriker sei 51. Dochwaren die Vögte wohl von Anfang an regelmäſsig, schlieſslich durch- aus Laien, eine Eigenschaft, die deshalb nötig wurde, weil der Kle- riker unfähig gewesen wäre, die Rechte der Kirche in gerichtlichem Zweikampfe geltend zu machen. Seit Karl dem Groſsen gewinnt die Staatsgewalt maſsgebenden Die Vögte werden in den Kapitularien vielfach den öffentlichen 51 Cap. Pipp. 782—786, c. 6, I 192: et talis sit ipse advocatus liber homo et bonae opinionis laicus aut clericus. 52 Cap. miss. v. J. 803, c. 3, I 115. Wenn Ludwig I. in dem Legationis edictum Cap. I 310 von advocati nostri spricht, sind kirchliche Vögte gemeint, die der König ernannte oder ernennen lieſs. 53 Siehe die Stellen bei Waitz IV 469, Anm. 4. 54 Cap. Aquisgr. v. J. 809, c. 22, I 151: .. cum comite et populo eligantur. Pipp. Cap. ital. 801—810, c. 11, I 210: ut advocati in presentia comitis eligan- tur. Mem. Olonn. 822—823, c. 9, I 319: ut episcopus una cum comite suo ad- vocatum elegat. Eine Formel der Bestellung eines Vogtes bietet Liber Papiensis zu Karl 22, LL IV 488. Der Graf hatte wohl ein Recht des Widerspruches. 55 Cap. Aquisgr. 801—813, c. 14, I 172. 56 v. Wickede a. O. S. 24. 57 Vgl. Annales Fuldenses z. J. 852 oben S. 184, Anm. 28. v. Wickede a. O. S. 46 f. Benedictus sagt VII 157 in einer Stelle, die auf Lex Rom. Wisig. C. Theod. II 10, 2, interpr. zurückgeht: et videat (advocatus), ne iudicis et assertoris personam accipiat. 58 Cap. miss. v. J. 819, c. 19, I 290: ut nullus episcopus nec abbas nec co-
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§ 95. Die Vögte.
hunderts noch den Fall, daſs der Vogt ein Kleriker sei 51. Doch
waren die Vögte wohl von Anfang an regelmäſsig, schlieſslich durch-
aus Laien, eine Eigenschaft, die deshalb nötig wurde, weil der Kle-
riker unfähig gewesen wäre, die Rechte der Kirche in gerichtlichem
Zweikampfe geltend zu machen.
Seit Karl dem Groſsen gewinnt die Staatsgewalt maſsgebenden
Einfluſs auf die Bestellung der Vögte. Die Ernennung der kirchlichen
Vögte gilt an sich für ein Recht des Königs, welches er gelegentlich
selbst oder durch seine Missi ausübt 52. Durch königliches Privileg
wird einzelnen Klöstern das Recht der freien Vogtwahl eingeräumt 53.
Sofern der König sein Ernennungsrecht nicht ausübt, muſs die Be-
stellung des Vogtes vor dem Grafen stattfinden 54, eine Vorschrift, die
auch für weltliche Grund- und Immunitätsherren gilt. Die Vögte der
Kirchen sollen in der Grafschaft, in welcher sie die Kirche vertreten,
Grundeigentum haben 55; sie können also nicht aus den Hintersassen ge-
nommen werden 56. Dem Grafen und dem öffentlichrechtlichen Centenar
ist es untersagt, Funktionen eines Vogtes auszuüben 57. Insbesondere
wird es verboten, letzteren geradezu als Vogt einzusetzen 58, weil die
Pflichten des öffentlichen Richters und die eines Parteivertreters sich
nicht mit einander vertragen.
Die Vögte werden in den Kapitularien vielfach den öffentlichen
Beamten des Königs zur Seite gestellt. Mit ihnen schwören sie dem
51 Cap. Pipp. 782—786, c. 6, I 192: et talis sit ipse advocatus liber homo
et bonae opinionis laicus aut clericus.
52 Cap. miss. v. J. 803, c. 3, I 115. Wenn Ludwig I. in dem Legationis
edictum Cap. I 310 von advocati nostri spricht, sind kirchliche Vögte gemeint, die
der König ernannte oder ernennen lieſs.
53 Siehe die Stellen bei Waitz IV 469, Anm. 4.
54 Cap. Aquisgr. v. J. 809, c. 22, I 151: .. cum comite et populo eligantur.
Pipp. Cap. ital. 801—810, c. 11, I 210: ut advocati in presentia comitis eligan-
tur. Mem. Olonn. 822—823, c. 9, I 319: ut episcopus una cum comite suo ad-
vocatum elegat. Eine Formel der Bestellung eines Vogtes bietet Liber Papiensis
zu Karl 22, LL IV 488. Der Graf hatte wohl ein Recht des Widerspruches.
55 Cap. Aquisgr. 801—813, c. 14, I 172.
56 v. Wickede a. O. S. 24.
57 Vgl. Annales Fuldenses z. J. 852 oben S. 184, Anm. 28. v. Wickede
a. O. S. 46 f. Benedictus sagt VII 157 in einer Stelle, die auf Lex Rom. Wisig.
C. Theod. II 10, 2, interpr. zurückgeht: et videat (advocatus), ne iudicis et assertoris
personam accipiat.
58 Cap. miss. v. J. 819, c. 19, I 290: ut nullus episcopus nec abbas nec co-
mis nec abbatissa centenarium comitis advocatum habeat.
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