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Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1892.

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§ 104. Parteieid und Eideshilfe.
der nötigen Zahl von Magen, so genügt die Eideshilfe von freien
Franken 28. Die Besonderheit dieser Bestimmungen liegt darin, dass
die Eidhelfer nicht zu gleichen Teilen von der Vater- und von
der Mutterseite zu nehmen sind. Auch dies gilt nur, wenn der Gegner
des Beweisführers die Unfreiheit bloss von einer Seite der Vorfahren
des in Anspruch genommenen Knechtes behauptet. Macht er sie für
beide Seiten geltend, so greift die allgemeine Regel Platz, welche wir
nach den salischen Rechtssätzen über die Stellung der Sippe erwarten
müssen, d. h. es sind die Eidhelfer zu gleichen Hälften aus den Vater-
und Muttermagen zu wählen 29. Eine Singularität ist es ferner, wenn
nicht Verwandte schlechtweg, sondern die nächsten als Helfer dienen
müssen. Abgesehen vom Freiheitsbeweise muss es auch sonst noch
Rechtens oder Brauch gewesen sein, dass man die Eide mit Magen
schwur 30. Jüngere Quellen des fränkischen Rechtskreises betonen
häufig genug, dass die Helfer der Sippe zu entnehmen seien 31.

Auf den ursprünglichen Geschlechtseid weisen auch die Auskunfts-
mittel zurück, durch die nach verschiedenen Rechten das Erfordernis
verwandter Eidhelfer ersetzt werden konnte.

Bei den Langobarden hatte die Anbrüderung (affratatio) 32 u. a.
den Zweck, sich der gegenseitigen Eideshilfe zu versichern. Aus-
drücklich gestattet Rothari, die Eidhelfer aus den gamahali oder confa-
bulati zu nehmen 33. Dem entspricht es, dass nachmals Gildebrüder
zur Eideshilfe zugelassen, beziehungsweise gefordert werden.


Seite zu stellen, ex qua parte mundior est, eine Erleichterung des Freiheits-
beweises, die sich daraus erklärt, dass es sich um einen Beklagten handelt, qui in
alia regione fuit natus aut longe infra patria.
28 Form. Senon. rec. 2: et si fermortui sunt apud duodecim Francos tales,
qualem se esse dixit, .. debeat coniurare.
29 Form. Lindenbrog. 21.
30 Vgl. Cosack S. 22.
31 Noordewier S. 433. Bennecke, Zur Gesch. des deutschen Strafpro-
zesses 1886, S. 57, Anm. 5. 6; S. 58, Anm. 1. Matthijssen, Brieler Rechts-
buch S. 164. Dat die clagher sal nemen by hem vive sijnre maghen, die mit hem
die custeede doen sullen. Verslagen en Mededeel. I 355, § 30. Drenther Landr. v. J.
1412, § 28: die mach syn onschult doen myt twalff syne maghen .. in den dinx-
spil .. ende hadde he gene maghen in Drenthe, soe mach he ander twalf guede
mannen nemen. Siehe noch Seerp Gratama, Rechtsgeschiedenis van Drenthe
S. 233 f.
32 Tamassia, L'affratellamento 1886. Abignente, Le chartulae fraterni-
tatis ed il libro de' confratres della chiesa Salernitana 1888, S. 20 ff.
33 Roth. 362. In der Papienser Glosse zu Ro. 363: conspiratis vel inter se
obligatis, ut iuramento se adiuvent.

§ 104. Parteieid und Eideshilfe.
der nötigen Zahl von Magen, so genügt die Eideshilfe von freien
Franken 28. Die Besonderheit dieser Bestimmungen liegt darin, daſs
die Eidhelfer nicht zu gleichen Teilen von der Vater- und von
der Mutterseite zu nehmen sind. Auch dies gilt nur, wenn der Gegner
des Beweisführers die Unfreiheit bloſs von einer Seite der Vorfahren
des in Anspruch genommenen Knechtes behauptet. Macht er sie für
beide Seiten geltend, so greift die allgemeine Regel Platz, welche wir
nach den salischen Rechtssätzen über die Stellung der Sippe erwarten
müssen, d. h. es sind die Eidhelfer zu gleichen Hälften aus den Vater-
und Muttermagen zu wählen 29. Eine Singularität ist es ferner, wenn
nicht Verwandte schlechtweg, sondern die nächsten als Helfer dienen
müssen. Abgesehen vom Freiheitsbeweise muſs es auch sonst noch
Rechtens oder Brauch gewesen sein, daſs man die Eide mit Magen
schwur 30. Jüngere Quellen des fränkischen Rechtskreises betonen
häufig genug, daſs die Helfer der Sippe zu entnehmen seien 31.

Auf den ursprünglichen Geschlechtseid weisen auch die Auskunfts-
mittel zurück, durch die nach verschiedenen Rechten das Erfordernis
verwandter Eidhelfer ersetzt werden konnte.

Bei den Langobarden hatte die Anbrüderung (affratatio) 32 u. a.
den Zweck, sich der gegenseitigen Eideshilfe zu versichern. Aus-
drücklich gestattet Rothari, die Eidhelfer aus den gamahali oder confa-
bulati zu nehmen 33. Dem entspricht es, daſs nachmals Gildebrüder
zur Eideshilfe zugelassen, beziehungsweise gefordert werden.


Seite zu stellen, ex qua parte mundior est, eine Erleichterung des Freiheits-
beweises, die sich daraus erklärt, daſs es sich um einen Beklagten handelt, qui in
alia regione fuit natus aut longe infra patria.
28 Form. Senon. rec. 2: et si fermortui sunt apud duodecim Francos tales,
qualem se esse dixit, .. debeat coniurare.
29 Form. Lindenbrog. 21.
30 Vgl. Cosack S. 22.
31 Noordewier S. 433. Bennecke, Zur Gesch. des deutschen Strafpro-
zesses 1886, S. 57, Anm. 5. 6; S. 58, Anm. 1. Matthijssen, Brieler Rechts-
buch S. 164. Dat die clagher sal nemen by hem vive sijnre maghen, die mit hem
die custeede doen sullen. Verslagen en Mededeel. I 355, § 30. Drenther Landr. v. J.
1412, § 28: die mach syn onschult doen myt twalff syne maghen .. in den dinx-
spil .. ende hadde he gene maghen in Drenthe, soe mach he ander twalf guede
mannen nemen. Siehe noch Seerp Gratama, Rechtsgeschiedenis van Drenthe
S. 233 f.
32 Tamassia, L’affratellamento 1886. Abignente, Le chartulae fraterni-
tatis ed il libro de’ confratres della chiesa Salernitana 1888, S. 20 ff.
33 Roth. 362. In der Papienser Glosse zu Ro. 363: conspiratis vel inter se
obligatis, ut iuramento se adiuvent.
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[382/0400] § 104. Parteieid und Eideshilfe. der nötigen Zahl von Magen, so genügt die Eideshilfe von freien Franken 28. Die Besonderheit dieser Bestimmungen liegt darin, daſs die Eidhelfer nicht zu gleichen Teilen von der Vater- und von der Mutterseite zu nehmen sind. Auch dies gilt nur, wenn der Gegner des Beweisführers die Unfreiheit bloſs von einer Seite der Vorfahren des in Anspruch genommenen Knechtes behauptet. Macht er sie für beide Seiten geltend, so greift die allgemeine Regel Platz, welche wir nach den salischen Rechtssätzen über die Stellung der Sippe erwarten müssen, d. h. es sind die Eidhelfer zu gleichen Hälften aus den Vater- und Muttermagen zu wählen 29. Eine Singularität ist es ferner, wenn nicht Verwandte schlechtweg, sondern die nächsten als Helfer dienen müssen. Abgesehen vom Freiheitsbeweise muſs es auch sonst noch Rechtens oder Brauch gewesen sein, daſs man die Eide mit Magen schwur 30. Jüngere Quellen des fränkischen Rechtskreises betonen häufig genug, daſs die Helfer der Sippe zu entnehmen seien 31. Auf den ursprünglichen Geschlechtseid weisen auch die Auskunfts- mittel zurück, durch die nach verschiedenen Rechten das Erfordernis verwandter Eidhelfer ersetzt werden konnte. Bei den Langobarden hatte die Anbrüderung (affratatio) 32 u. a. den Zweck, sich der gegenseitigen Eideshilfe zu versichern. Aus- drücklich gestattet Rothari, die Eidhelfer aus den gamahali oder confa- bulati zu nehmen 33. Dem entspricht es, daſs nachmals Gildebrüder zur Eideshilfe zugelassen, beziehungsweise gefordert werden. 27 28 Form. Senon. rec. 2: et si fermortui sunt apud duodecim Francos tales, qualem se esse dixit, .. debeat coniurare. 29 Form. Lindenbrog. 21. 30 Vgl. Cosack S. 22. 31 Noordewier S. 433. Bennecke, Zur Gesch. des deutschen Strafpro- zesses 1886, S. 57, Anm. 5. 6; S. 58, Anm. 1. Matthijssen, Brieler Rechts- buch S. 164. Dat die clagher sal nemen by hem vive sijnre maghen, die mit hem die custeede doen sullen. Verslagen en Mededeel. I 355, § 30. Drenther Landr. v. J. 1412, § 28: die mach syn onschult doen myt twalff syne maghen .. in den dinx- spil .. ende hadde he gene maghen in Drenthe, soe mach he ander twalf guede mannen nemen. Siehe noch Seerp Gratama, Rechtsgeschiedenis van Drenthe S. 233 f. 32 Tamassia, L’affratellamento 1886. Abignente, Le chartulae fraterni- tatis ed il libro de’ confratres della chiesa Salernitana 1888, S. 20 ff. 33 Roth. 362. In der Papienser Glosse zu Ro. 363: conspiratis vel inter se obligatis, ut iuramento se adiuvent. 27 Seite zu stellen, ex qua parte mundior est, eine Erleichterung des Freiheits- beweises, die sich daraus erklärt, daſs es sich um einen Beklagten handelt, qui in alia regione fuit natus aut longe infra patria.

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Zitationshilfe: Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1892, S. 382. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunner_rechtsgeschichte02_1892/400>, abgerufen am 21.11.2024.