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Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1892.

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§ 113. Ungehorsamsverfahren, Acht und Vorbann.
§ 113. Ungehorsamsverfahren, Acht und Vorbann.

Waitz, VG IV 518. Roth, Beneficialwesen S. 141. Grimm, RA S. 731 f.
Wilda, Strafrecht S. 281. Siegel, Gerichtsverfahren S. 76 f. Sohm, Prozess
der Lex Salica S. 155 ff. 180 ff. Derselbe, Reichs- u. Gerichtsverfassung S. 162
und in LL V 266. v. Bethmann-Hollweg, Civilprozess IV 518 ff. V 176 f.
v. Amira, Recht S. 176. Hugo Meyer, Das Strafverfahren gegen Abwesende
1869, S. 48 ff. Frensdorff, Recht und Rede in den historischen Aufsätzen für
Waitz S. 460 ff. Beauchet, Histoire de l'organisation judiciaire S. 179. Es-
mein, Histoire de procedure criminelle en France 1882, S. 60 ff.

Der prozessualische Ungehorsam kann Ungehorsam gegen die
Ladung und Ungehorsam gegen das Urteil sein. Ungehorsam gegen
die Ladung liegt nicht vor, wenn der Beklagte sein Erscheinen vor
Gericht versprochen oder etwa verbürgt hatte. Da das Versprechen,
zu Recht zu stehen, von vornherein eine Unterwerfung unter das
Urteil des Gerichtes bedeutet, kann gegen denjenigen, der trotz vor-
ausgegangenen Streitgedinges nicht erscheint, als gegen einen iectivus
ein Urteil ergehen, das ihm auferlegt, den vom Kläger erhobenen An-
spruch zu erfüllen. Derartige Urteile sind uns auf Grund konsta-
tierter fideiussio oder wadiatio insbesondere im königsgerichtlichen
Verfahren frühzeitig bezeugt 1. Ebensowenig ist es Ungehorsam gegen
das Urteil, wenn die Partei dessen Erfüllung zwar angelobt, aber
nicht ausführt. Sie hat dann ihr Versprechen, die fides facta, ge-
brochen, ist dem Zugriff auf ihr Vermögen und auf ihre Person aus-
gesetzt, mag gepfändet und der Gewalt des Siegers übergeben werden.

Wer auf die Ladung hin unentschuldigt ausbleibt, verwirkt, wie
bereits oben S. 335 bemerkt worden ist, zunächst eine Busse, auf die
durch Urteil erkannt wird. Ist die Zahl der gesetzlichen Ladungs-
fristen vergeblich verstrichen, so ist ein Urteil auf Beweis oder Er-
füllung des Klagebegehrens nicht möglich 2; vielmehr kann nach

1 NA XIII 157 v. J. 648, H. 23: ut dum evidenter taliter datum habuit
fideiussores ... ipsa vinea cum legis beneficiis (beneficio) partibus supradicto ponti-
fice (debirit restitui, wie dem Sinne nach statt der Korruptel: destatui der in
mangelhafter Abschrift überlieferten Urkunde zu lesen ist). Pertz, Dipl. M. 66. In
M. 60, Marculf I 37, Form. Turon. 33 lautet das dem Urteil entsprechende Rechts-
gebot des Königs dahin: ut quicquid lex loci de tale causa edocet .., ille partibus
illius conponere et satisfacere non recuset oder ähnlich. Vgl. noch Carta Senon. 26.
2 A. A. Bethmann-Hollweg IV 519, der aus Lex Sal. 56 schliesst, dass
alternativ auf Kesselfang oder Busse erkannt worden sei. Allein Lex Sal. 56, 1
fasst nicht nur den Kesselfang, sondern in den Worten nec de ulla lege auch an-
§ 113. Ungehorsamsverfahren, Acht und Vorbann.
§ 113. Ungehorsamsverfahren, Acht und Vorbann.

Waitz, VG IV 518. Roth, Beneficialwesen S. 141. Grimm, RA S. 731 f.
Wilda, Strafrecht S. 281. Siegel, Gerichtsverfahren S. 76 f. Sohm, Prozeſs
der Lex Salica S. 155 ff. 180 ff. Derselbe, Reichs- u. Gerichtsverfassung S. 162
und in LL V 266. v. Bethmann-Hollweg, Civilprozeſs IV 518 ff. V 176 f.
v. Amira, Recht S. 176. Hugo Meyer, Das Strafverfahren gegen Abwesende
1869, S. 48 ff. Frensdorff, Recht und Rede in den historischen Aufsätzen für
Waitz S. 460 ff. Beauchet, Histoire de l’organisation judiciaire S. 179. Es-
mein, Histoire de procédure criminelle en France 1882, S. 60 ff.

Der prozessualische Ungehorsam kann Ungehorsam gegen die
Ladung und Ungehorsam gegen das Urteil sein. Ungehorsam gegen
die Ladung liegt nicht vor, wenn der Beklagte sein Erscheinen vor
Gericht versprochen oder etwa verbürgt hatte. Da das Versprechen,
zu Recht zu stehen, von vornherein eine Unterwerfung unter das
Urteil des Gerichtes bedeutet, kann gegen denjenigen, der trotz vor-
ausgegangenen Streitgedinges nicht erscheint, als gegen einen iectivus
ein Urteil ergehen, das ihm auferlegt, den vom Kläger erhobenen An-
spruch zu erfüllen. Derartige Urteile sind uns auf Grund konsta-
tierter fideiussio oder wadiatio insbesondere im königsgerichtlichen
Verfahren frühzeitig bezeugt 1. Ebensowenig ist es Ungehorsam gegen
das Urteil, wenn die Partei dessen Erfüllung zwar angelobt, aber
nicht ausführt. Sie hat dann ihr Versprechen, die fides facta, ge-
brochen, ist dem Zugriff auf ihr Vermögen und auf ihre Person aus-
gesetzt, mag gepfändet und der Gewalt des Siegers übergeben werden.

Wer auf die Ladung hin unentschuldigt ausbleibt, verwirkt, wie
bereits oben S. 335 bemerkt worden ist, zunächst eine Buſse, auf die
durch Urteil erkannt wird. Ist die Zahl der gesetzlichen Ladungs-
fristen vergeblich verstrichen, so ist ein Urteil auf Beweis oder Er-
füllung des Klagebegehrens nicht möglich 2; vielmehr kann nach

1 NA XIII 157 v. J. 648, H. 23: ut dum evidenter taliter datum habuit
fideiussores … ipsa vinea cum legis beneficiis (beneficio) partibus supradicto ponti-
fice (debirit restitui, wie dem Sinne nach statt der Korruptel: destatui der in
mangelhafter Abschrift überlieferten Urkunde zu lesen ist). Pertz, Dipl. M. 66. In
M. 60, Marculf I 37, Form. Turon. 33 lautet das dem Urteil entsprechende Rechts-
gebot des Königs dahin: ut quicquid lex loci de tale causa edocet .., ille partibus
illius conponere et satisfacere non recuset oder ähnlich. Vgl. noch Carta Senon. 26.
2 A. A. Bethmann-Hollweg IV 519, der aus Lex Sal. 56 schlieſst, daſs
alternativ auf Kesselfang oder Buſse erkannt worden sei. Allein Lex Sal. 56, 1
faſst nicht nur den Kesselfang, sondern in den Worten nec de ulla lege auch an-
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[461/0479] § 113. Ungehorsamsverfahren, Acht und Vorbann. § 113. Ungehorsamsverfahren, Acht und Vorbann. Waitz, VG IV 518. Roth, Beneficialwesen S. 141. Grimm, RA S. 731 f. Wilda, Strafrecht S. 281. Siegel, Gerichtsverfahren S. 76 f. Sohm, Prozeſs der Lex Salica S. 155 ff. 180 ff. Derselbe, Reichs- u. Gerichtsverfassung S. 162 und in LL V 266. v. Bethmann-Hollweg, Civilprozeſs IV 518 ff. V 176 f. v. Amira, Recht S. 176. Hugo Meyer, Das Strafverfahren gegen Abwesende 1869, S. 48 ff. Frensdorff, Recht und Rede in den historischen Aufsätzen für Waitz S. 460 ff. Beauchet, Histoire de l’organisation judiciaire S. 179. Es- mein, Histoire de procédure criminelle en France 1882, S. 60 ff. Der prozessualische Ungehorsam kann Ungehorsam gegen die Ladung und Ungehorsam gegen das Urteil sein. Ungehorsam gegen die Ladung liegt nicht vor, wenn der Beklagte sein Erscheinen vor Gericht versprochen oder etwa verbürgt hatte. Da das Versprechen, zu Recht zu stehen, von vornherein eine Unterwerfung unter das Urteil des Gerichtes bedeutet, kann gegen denjenigen, der trotz vor- ausgegangenen Streitgedinges nicht erscheint, als gegen einen iectivus ein Urteil ergehen, das ihm auferlegt, den vom Kläger erhobenen An- spruch zu erfüllen. Derartige Urteile sind uns auf Grund konsta- tierter fideiussio oder wadiatio insbesondere im königsgerichtlichen Verfahren frühzeitig bezeugt 1. Ebensowenig ist es Ungehorsam gegen das Urteil, wenn die Partei dessen Erfüllung zwar angelobt, aber nicht ausführt. Sie hat dann ihr Versprechen, die fides facta, ge- brochen, ist dem Zugriff auf ihr Vermögen und auf ihre Person aus- gesetzt, mag gepfändet und der Gewalt des Siegers übergeben werden. Wer auf die Ladung hin unentschuldigt ausbleibt, verwirkt, wie bereits oben S. 335 bemerkt worden ist, zunächst eine Buſse, auf die durch Urteil erkannt wird. Ist die Zahl der gesetzlichen Ladungs- fristen vergeblich verstrichen, so ist ein Urteil auf Beweis oder Er- füllung des Klagebegehrens nicht möglich 2; vielmehr kann nach 1 NA XIII 157 v. J. 648, H. 23: ut dum evidenter taliter datum habuit fideiussores … ipsa vinea cum legis beneficiis (beneficio) partibus supradicto ponti- fice (debirit restitui, wie dem Sinne nach statt der Korruptel: destatui der in mangelhafter Abschrift überlieferten Urkunde zu lesen ist). Pertz, Dipl. M. 66. In M. 60, Marculf I 37, Form. Turon. 33 lautet das dem Urteil entsprechende Rechts- gebot des Königs dahin: ut quicquid lex loci de tale causa edocet .., ille partibus illius conponere et satisfacere non recuset oder ähnlich. Vgl. noch Carta Senon. 26. 2 A. A. Bethmann-Hollweg IV 519, der aus Lex Sal. 56 schlieſst, daſs alternativ auf Kesselfang oder Buſse erkannt worden sei. Allein Lex Sal. 56, 1 faſst nicht nur den Kesselfang, sondern in den Worten nec de ulla lege auch an-

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Zitationshilfe: Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1892, S. 461. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunner_rechtsgeschichte02_1892/479>, abgerufen am 22.11.2024.