oder zu demütigen, eine Pfändung zu verhindern, mochte ihr zu Grunde liegen. Räuberischen Überfall, dem das Opfer trotz thätlichen An- griffs entkommt, bestraft die Lex Salica mit der Busse der Lebensge- fährdung 35.
In der scharfen Ahndung des Versuchsdeliktes und der Versuchs- handlung zeichnet sich das Volksrecht der Salfranken vor allen anderen aus. Die Lex Salica hat dafür die verhältnismässig strengsten Strafen, wenn wir von dem Anschlag gegen das Leben des Königs bei Lango- barden und Angelsachsen absehen. Die salischen Bussen der Lebens- gefährdung sind Quoten des Wergeldes, stufen sich daher nach dem Stande des Gefährdeten ab 36. Dagegen verfügt das langobardische Recht bei consilium mortis nur über den festen und verhältnismässig niedrigen Satz von zwanzig Solidi, der in ähnlicher Weise wie die entsprechende Unwahnsbusse des bairischen Rechtes eine Art von Injurienbusse dar- stellt 37.
Gemeinsam ist dem salischen und dem langobardischen Rechte, dass sie in bestimmten Fällen, jenes bei Fehlschuss und Fehlschlag und bei der als Mordversuch qualifizierten Wassertauche, dieses bei dem consilium mortis überhaupt, über die Schranken des typischen Versuchsdeliktes hinausgedrungen sind, indem sie im Einzelfalle die Absicht der Tötung verlangten. Dahingestellt möge bleiben, wie weit das Rechtsleben, insbesondere das salische, in dieser Beziehung die fortgeschrittene Theorie des Gesetzgebers verwirklichte.
Dass der fränkische Königsbann ein Mittel darbot, um eine nach Volksrecht straflose Versuchshandlung unter Strafe zu stellen, ist schon oben S. 39 bemerkt worden. Ein Beispiel solcher Anwendung des Bannes bietet die Lex Saxonum dar, nach welcher den bannus ver- wirkt, wer einem Kirchgänger nachstellt, ohne ihn zu töten 38.
35 Lex Sal. 17, 9. Die Stelle steht in dem Titel De vulneribus. Die For- meln heben bei räuberischem Überfall regelmässig das livorare hervor. Die Septem Causae fassen wohl denselben Fall geradezu als Tötungsversuch auf, wenn sie in 4, 2 sagen: si quis homo alio adsallierit et sua arma (?) et occidere voluerit et retentus fuerit, sol. 621/2 culp. iud.
36 Siehe unten § 136 und vgl. oben S. 560, Anm. 7. 9.
37 Vgl. Wilda, Strafr. S. 601 ff.
38 Lex Sax. 23: si non occiderit, tamen insidias fecerit, bannum solvat de reliquis.
§ 127. Der Versuch und die Versuchsverbrechen.
oder zu demütigen, eine Pfändung zu verhindern, mochte ihr zu Grunde liegen. Räuberischen Überfall, dem das Opfer trotz thätlichen An- griffs entkommt, bestraft die Lex Salica mit der Buſse der Lebensge- fährdung 35.
In der scharfen Ahndung des Versuchsdeliktes und der Versuchs- handlung zeichnet sich das Volksrecht der Salfranken vor allen anderen aus. Die Lex Salica hat dafür die verhältnismäſsig strengsten Strafen, wenn wir von dem Anschlag gegen das Leben des Königs bei Lango- barden und Angelsachsen absehen. Die salischen Buſsen der Lebens- gefährdung sind Quoten des Wergeldes, stufen sich daher nach dem Stande des Gefährdeten ab 36. Dagegen verfügt das langobardische Recht bei consilium mortis nur über den festen und verhältnismäſsig niedrigen Satz von zwanzig Solidi, der in ähnlicher Weise wie die entsprechende Unwahnsbuſse des bairischen Rechtes eine Art von Injurienbuſse dar- stellt 37.
Gemeinsam ist dem salischen und dem langobardischen Rechte, daſs sie in bestimmten Fällen, jenes bei Fehlschuſs und Fehlschlag und bei der als Mordversuch qualifizierten Wassertauche, dieses bei dem consilium mortis überhaupt, über die Schranken des typischen Versuchsdeliktes hinausgedrungen sind, indem sie im Einzelfalle die Absicht der Tötung verlangten. Dahingestellt möge bleiben, wie weit das Rechtsleben, insbesondere das salische, in dieser Beziehung die fortgeschrittene Theorie des Gesetzgebers verwirklichte.
Daſs der fränkische Königsbann ein Mittel darbot, um eine nach Volksrecht straflose Versuchshandlung unter Strafe zu stellen, ist schon oben S. 39 bemerkt worden. Ein Beispiel solcher Anwendung des Bannes bietet die Lex Saxonum dar, nach welcher den bannus ver- wirkt, wer einem Kirchgänger nachstellt, ohne ihn zu töten 38.
35 Lex Sal. 17, 9. Die Stelle steht in dem Titel De vulneribus. Die For- meln heben bei räuberischem Überfall regelmäſsig das livorare hervor. Die Septem Causae fassen wohl denselben Fall geradezu als Tötungsversuch auf, wenn sie in 4, 2 sagen: si quis homo alio adsallierit et sua arma (?) et occidere voluerit et retentus fuerit, sol. 62½ culp. iud.
36 Siehe unten § 136 und vgl. oben S. 560, Anm. 7. 9.
37 Vgl. Wilda, Strafr. S. 601 ff.
38 Lex Sax. 23: si non occiderit, tamen insidias fecerit, bannum solvat de reliquis.
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§ 127. Der Versuch und die Versuchsverbrechen.
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liegen. Räuberischen Überfall, dem das Opfer trotz thätlichen An-
griffs entkommt, bestraft die Lex Salica mit der Buſse der Lebensge-
fährdung 35.
In der scharfen Ahndung des Versuchsdeliktes und der Versuchs-
handlung zeichnet sich das Volksrecht der Salfranken vor allen anderen
aus. Die Lex Salica hat dafür die verhältnismäſsig strengsten Strafen,
wenn wir von dem Anschlag gegen das Leben des Königs bei Lango-
barden und Angelsachsen absehen. Die salischen Buſsen der Lebens-
gefährdung sind Quoten des Wergeldes, stufen sich daher nach dem
Stande des Gefährdeten ab 36. Dagegen verfügt das langobardische Recht
bei consilium mortis nur über den festen und verhältnismäſsig niedrigen
Satz von zwanzig Solidi, der in ähnlicher Weise wie die entsprechende
Unwahnsbuſse des bairischen Rechtes eine Art von Injurienbuſse dar-
stellt 37.
Gemeinsam ist dem salischen und dem langobardischen Rechte,
daſs sie in bestimmten Fällen, jenes bei Fehlschuſs und Fehlschlag
und bei der als Mordversuch qualifizierten Wassertauche, dieses bei
dem consilium mortis überhaupt, über die Schranken des typischen
Versuchsdeliktes hinausgedrungen sind, indem sie im Einzelfalle die
Absicht der Tötung verlangten. Dahingestellt möge bleiben, wie weit
das Rechtsleben, insbesondere das salische, in dieser Beziehung die
fortgeschrittene Theorie des Gesetzgebers verwirklichte.
Daſs der fränkische Königsbann ein Mittel darbot, um eine nach
Volksrecht straflose Versuchshandlung unter Strafe zu stellen, ist schon
oben S. 39 bemerkt worden. Ein Beispiel solcher Anwendung des
Bannes bietet die Lex Saxonum dar, nach welcher den bannus ver-
wirkt, wer einem Kirchgänger nachstellt, ohne ihn zu töten 38.
35 Lex Sal. 17, 9. Die Stelle steht in dem Titel De vulneribus. Die For-
meln heben bei räuberischem Überfall regelmäſsig das livorare hervor. Die Septem
Causae fassen wohl denselben Fall geradezu als Tötungsversuch auf, wenn sie in
4, 2 sagen: si quis homo alio adsallierit et sua arma (?) et occidere voluerit et
retentus fuerit, sol. 62½ culp. iud.
36 Siehe unten § 136 und vgl. oben S. 560, Anm. 7. 9.
37 Vgl. Wilda, Strafr. S. 601 ff.
38 Lex Sax. 23: si non occiderit, tamen insidias fecerit, bannum solvat de
reliquis.
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Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1892, S. 564. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunner_rechtsgeschichte02_1892/582>, abgerufen am 22.11.2024.
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