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Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1892.

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§ 128. Mitthäterschaft und Teilnahme.
nur einmal erlegen 4. Ebenso ist nach der Lex Alamannorum der an
dem Faidosus in unmittelbarer Verfolgung mit Bruch des Hausfriedens
verübte Todschlag von den Mitthätern nur einfach zu büssen 5. Aus-
drücklich bestimmt das langobardische Edikt, dass mehrere Personen,
die gemeinschaftlich einen Todschlag oder Diebstahl begingen, sich
zur Zahlung des Wergeldes oder der Busse vereinigen können. Will
sich ein einzelner der Haftung entziehen, indem er seine Mitwirkung
leugnet, so wird er im Falle der Überführung verurteilt, die Missethat
zu büssen, als ob er allein sie begangen hätte 6.

War auf das Verbrechen Acht, bezw. Lebens- oder Leibesstrafe,
gesetzt, so hatte von den Mitthätern wohl insgemein jeder die Strafe
zu leiden oder abzulösen 7. Von da aus ist dann der Grundsatz
selbständiger Vollhaftung jedes Mitthäters auf einzelne, primär mit
Busse bedrohte Verbrechen übergegangen. Ein Beispiel bietet die
Behandlung schwerer Diebstähle, insbesondere des Heerdendiebstahls,
im ribuarischen Rechte 8. Waren nämlich daran mehrere Freie be-

4 Dies gilt nur, wenn der Zechgenossen nicht mehr als sieben und mindestens
vier waren. Waren es mehr als sieben, non omnes teneantur obnoxii, sed quibus
fuerit adprobatum (imputatum), illi secundum legem componant. Diesfalls versagt
die Fiktion des gemeinschaftlichen Todschlags; vielmehr ist es Sache des Klägers,
die Schuldigen zu überführen. Waren der Genossen nur drei und ist einer von
ihnen erschlagen worden, so lag es nahe, zu befürchten, dass die zwei übrigen
sich den Todschlag gegenseitig zuschieben. Codex 1--3 verlangen mindestens fünf
Zechgenossen.
5 Lex Alam. 44. Nach Lex Fris. 14, 1 ff. wird der in einem Volksgetümmel
begangene Todschlag nur einmal gesühnt. Doch ist hier das prozessualische Ver-
fahren darauf angelegt, dass nur einer als der Schuldige zu büssen hat. Die Klage
darf nach mittel- und westfriesischem Rechte höchstens gegen sieben erhoben wer-
den. Vgl. Gulathingslög 157 und v. Amira, Obligationenrecht II 211, wonach der
Kläger nur drei Zechgenossen nacheinander als Todschläger belangen kann.
6 Roth. 12. 263. Osenbrüggen, Strafr. der Langobarden S. 40 f. Nach
angelsächsischem Rechte zahlen bei Bandentodschlag die Genossen der Bande,
wenn keiner von ihnen den Todschlag auf sich nimmt, Were und Wette gemein-
schaftlich. Alfred 31, 1.
7 Das lässt sich aus der analogen Behandlung der Teilnahme erschliessen.
Siehe unten S. 574, Anm. 61. Beispiele bei Gregor von Tours Hist. Franc. V 18
(S. 215, 18), VIII 29, X 18. 21.
8 Lex Rib. 18: quod si multi ingenui fuerint, sicut in omne texacam consti-
tuemus, unusquisque 600 solidos culpabilis iudicetur et insuper capitale et dilatura
restituant (al. restituat). Capitale und dilatura mussten sicherlich nur einmal be-
zahlt werden, weshalb die Lesart restituant vorzuziehen ist. Die Haftung dafür war
wohl eine solidarische. Vgl. Leges Henrici primi 59, 25: si furtum redimendum
est, capitale repetentis simul coniectent. L. c. 49, 7: si unus ... adducatur ad
reddendum quod exigitur, non reddent alii ... Debet autem de convictis iusti-
cia fieri.

§ 128. Mitthäterschaft und Teilnahme.
nur einmal erlegen 4. Ebenso ist nach der Lex Alamannorum der an
dem Faidosus in unmittelbarer Verfolgung mit Bruch des Hausfriedens
verübte Todschlag von den Mitthätern nur einfach zu büſsen 5. Aus-
drücklich bestimmt das langobardische Edikt, daſs mehrere Personen,
die gemeinschaftlich einen Todschlag oder Diebstahl begingen, sich
zur Zahlung des Wergeldes oder der Buſse vereinigen können. Will
sich ein einzelner der Haftung entziehen, indem er seine Mitwirkung
leugnet, so wird er im Falle der Überführung verurteilt, die Missethat
zu büſsen, als ob er allein sie begangen hätte 6.

War auf das Verbrechen Acht, bezw. Lebens- oder Leibesstrafe,
gesetzt, so hatte von den Mitthätern wohl insgemein jeder die Strafe
zu leiden oder abzulösen 7. Von da aus ist dann der Grundsatz
selbständiger Vollhaftung jedes Mitthäters auf einzelne, primär mit
Buſse bedrohte Verbrechen übergegangen. Ein Beispiel bietet die
Behandlung schwerer Diebstähle, insbesondere des Heerdendiebstahls,
im ribuarischen Rechte 8. Waren nämlich daran mehrere Freie be-

4 Dies gilt nur, wenn der Zechgenossen nicht mehr als sieben und mindestens
vier waren. Waren es mehr als sieben, non omnes teneantur obnoxii, sed quibus
fuerit adprobatum (imputatum), illi secundum legem componant. Diesfalls versagt
die Fiktion des gemeinschaftlichen Todschlags; vielmehr ist es Sache des Klägers,
die Schuldigen zu überführen. Waren der Genossen nur drei und ist einer von
ihnen erschlagen worden, so lag es nahe, zu befürchten, daſs die zwei übrigen
sich den Todschlag gegenseitig zuschieben. Codex 1—3 verlangen mindestens fünf
Zechgenossen.
5 Lex Alam. 44. Nach Lex Fris. 14, 1 ff. wird der in einem Volksgetümmel
begangene Todschlag nur einmal gesühnt. Doch ist hier das prozessualische Ver-
fahren darauf angelegt, daſs nur einer als der Schuldige zu büſsen hat. Die Klage
darf nach mittel- und westfriesischem Rechte höchstens gegen sieben erhoben wer-
den. Vgl. Gulaþíngslög 157 und v. Amira, Obligationenrecht II 211, wonach der
Kläger nur drei Zechgenossen nacheinander als Todschläger belangen kann.
6 Roth. 12. 263. Osenbrüggen, Strafr. der Langobarden S. 40 f. Nach
angelsächsischem Rechte zahlen bei Bandentodschlag die Genossen der Bande,
wenn keiner von ihnen den Todschlag auf sich nimmt, Were und Wette gemein-
schaftlich. Alfred 31, 1.
7 Das läſst sich aus der analogen Behandlung der Teilnahme erschlieſsen.
Siehe unten S. 574, Anm. 61. Beispiele bei Gregor von Tours Hist. Franc. V 18
(S. 215, 18), VIII 29, X 18. 21.
8 Lex Rib. 18: quod si multi ingenui fuerint, sicut in omne texacam consti-
tuemus, unusquisque 600 solidos culpabilis iudicetur et insuper capitale et dilatura
restituant (al. restituat). Capitale und dilatura muſsten sicherlich nur einmal be-
zahlt werden, weshalb die Lesart restituant vorzuziehen ist. Die Haftung dafür war
wohl eine solidarische. Vgl. Leges Henrici primi 59, 25: si furtum redimendum
est, capitale repetentis simul coniectent. L. c. 49, 7: si unus … adducatur ad
reddendum quod exigitur, non reddent alii … Debet autem de convictis iusti-
cia fieri.
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[566/0584] § 128. Mitthäterschaft und Teilnahme. nur einmal erlegen 4. Ebenso ist nach der Lex Alamannorum der an dem Faidosus in unmittelbarer Verfolgung mit Bruch des Hausfriedens verübte Todschlag von den Mitthätern nur einfach zu büſsen 5. Aus- drücklich bestimmt das langobardische Edikt, daſs mehrere Personen, die gemeinschaftlich einen Todschlag oder Diebstahl begingen, sich zur Zahlung des Wergeldes oder der Buſse vereinigen können. Will sich ein einzelner der Haftung entziehen, indem er seine Mitwirkung leugnet, so wird er im Falle der Überführung verurteilt, die Missethat zu büſsen, als ob er allein sie begangen hätte 6. War auf das Verbrechen Acht, bezw. Lebens- oder Leibesstrafe, gesetzt, so hatte von den Mitthätern wohl insgemein jeder die Strafe zu leiden oder abzulösen 7. Von da aus ist dann der Grundsatz selbständiger Vollhaftung jedes Mitthäters auf einzelne, primär mit Buſse bedrohte Verbrechen übergegangen. Ein Beispiel bietet die Behandlung schwerer Diebstähle, insbesondere des Heerdendiebstahls, im ribuarischen Rechte 8. Waren nämlich daran mehrere Freie be- 4 Dies gilt nur, wenn der Zechgenossen nicht mehr als sieben und mindestens vier waren. Waren es mehr als sieben, non omnes teneantur obnoxii, sed quibus fuerit adprobatum (imputatum), illi secundum legem componant. Diesfalls versagt die Fiktion des gemeinschaftlichen Todschlags; vielmehr ist es Sache des Klägers, die Schuldigen zu überführen. Waren der Genossen nur drei und ist einer von ihnen erschlagen worden, so lag es nahe, zu befürchten, daſs die zwei übrigen sich den Todschlag gegenseitig zuschieben. Codex 1—3 verlangen mindestens fünf Zechgenossen. 5 Lex Alam. 44. Nach Lex Fris. 14, 1 ff. wird der in einem Volksgetümmel begangene Todschlag nur einmal gesühnt. Doch ist hier das prozessualische Ver- fahren darauf angelegt, daſs nur einer als der Schuldige zu büſsen hat. Die Klage darf nach mittel- und westfriesischem Rechte höchstens gegen sieben erhoben wer- den. Vgl. Gulaþíngslög 157 und v. Amira, Obligationenrecht II 211, wonach der Kläger nur drei Zechgenossen nacheinander als Todschläger belangen kann. 6 Roth. 12. 263. Osenbrüggen, Strafr. der Langobarden S. 40 f. Nach angelsächsischem Rechte zahlen bei Bandentodschlag die Genossen der Bande, wenn keiner von ihnen den Todschlag auf sich nimmt, Were und Wette gemein- schaftlich. Alfred 31, 1. 7 Das läſst sich aus der analogen Behandlung der Teilnahme erschlieſsen. Siehe unten S. 574, Anm. 61. Beispiele bei Gregor von Tours Hist. Franc. V 18 (S. 215, 18), VIII 29, X 18. 21. 8 Lex Rib. 18: quod si multi ingenui fuerint, sicut in omne texacam consti- tuemus, unusquisque 600 solidos culpabilis iudicetur et insuper capitale et dilatura restituant (al. restituat). Capitale und dilatura muſsten sicherlich nur einmal be- zahlt werden, weshalb die Lesart restituant vorzuziehen ist. Die Haftung dafür war wohl eine solidarische. Vgl. Leges Henrici primi 59, 25: si furtum redimendum est, capitale repetentis simul coniectent. L. c. 49, 7: si unus … adducatur ad reddendum quod exigitur, non reddent alii … Debet autem de convictis iusti- cia fieri.

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Zitationshilfe: Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1892, S. 566. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunner_rechtsgeschichte02_1892/584>, abgerufen am 22.11.2024.