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Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1892.

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§ 64. Der Königsbann.
potentes 39, drei Fälle des Verordnungsbannes, nämlich Frauenraub,
Heimsuchung und Brandstiftung, und ein Fall des Verwaltungsbannes,
nämlich das Versäumnis des Heerdienstes. In diesem Vorgehen Karls
des Grossen lag nicht etwa ein Verzicht des Königtums, die Bann-
gewalt auch in anderen Fällen geltend zu machen; vielmehr behielt
Karl sich in einem Kapitular für Baiern ausdrücklich vor, noch
sonstige Fälle zu bezeichnen, in welchen die Bannsumme zu bezahlen
sei 40.

Für die Geltendmachung des Bannbruchs war die öffentliche
Gewalt im Allgemeinen nicht auf die Formen des Gerichtsverfahrens
und auf den ordentlichen Rechtsgang angewiesen. Die Bannbusse
konnte im Verwaltungswege beigetrieben werden, wie uns dies von
der Heerbannbusse ausdrücklich bezeugt ist 41. Gegen den Säumigen
stand dem Fiskus eine administrative Auspfändung und die Fronung
des Vermögens zu Gebote. War der Bannbruch zugleich Friedens-
bruch, so musste die Missethat, wenn sie geleugnet wurde und nicht
handhaft war, sicherlich im Wege gerichtlichen Beweisverfahrens kon-
statiert werden, ehe die Bannbusse beigetrieben werden durfte. Dies-
falls konnte der Fiskus die Bannbusse durch gerichtliches Urteil aus-
sprechen lassen 42, vorausgesetzt, dass der betreffende Bannfall in das
Volksrecht aufgenommen war.

Die Bedeutung, welche die Banngewalt des Königs für die Aus-
bildung des Königsrechtes besass, ist schon erörtert worden 43. Die
Banngewalt der königlichen Beamten wird bei Darstellung des Ämter-
wesens zur Sprache kommen.


39 D. h. an Schwachen, Armen, Hilfsbedürftigen. Die Summula de bannis
nennt statt der homines minus potentes: pauperinus, qui se ipsus defendere non
possunt, qui dicuntur unvermagon (unvermögende), das Cap. miss. v. J. 802 c. 5,
I 93 dagegen die peregrini, Pilger. Vgl. Cap. miss. Aquisgr. v. J. 810 c. 20. I 154:
ut pauperes, orfani et viduae et ecclesiae Dei pacem habeant.
40 Haec octo capitula in assiduitate; reliqua autem reservata sunt regibus, ut
ipsi potestatem habeant nominative demandare, unde exire debent.
41 Cap. de rebus exercitalibus v. J. 811, c. 6, I 165. Greg. Tur. Hist. Franc.
V 26, vgl. X 7. Sohm a. O. S. 118. v. Bethmann-Hollweg, Civilprozess V 181.
Siehe unten § 87. 111. 112.
42 In Meichelbeck Nr. 116 v. J. 802 wird dem Beklagten neben der com-
positio immunitatis das debitum regale erlassen.
43 Oben I 277. 380.

§ 64. Der Königsbann.
potentes 39, drei Fälle des Verordnungsbannes, nämlich Frauenraub,
Heimsuchung und Brandstiftung, und ein Fall des Verwaltungsbannes,
nämlich das Versäumnis des Heerdienstes. In diesem Vorgehen Karls
des Groſsen lag nicht etwa ein Verzicht des Königtums, die Bann-
gewalt auch in anderen Fällen geltend zu machen; vielmehr behielt
Karl sich in einem Kapitular für Baiern ausdrücklich vor, noch
sonstige Fälle zu bezeichnen, in welchen die Bannsumme zu bezahlen
sei 40.

Für die Geltendmachung des Bannbruchs war die öffentliche
Gewalt im Allgemeinen nicht auf die Formen des Gerichtsverfahrens
und auf den ordentlichen Rechtsgang angewiesen. Die Bannbuſse
konnte im Verwaltungswege beigetrieben werden, wie uns dies von
der Heerbannbuſse ausdrücklich bezeugt ist 41. Gegen den Säumigen
stand dem Fiskus eine administrative Auspfändung und die Fronung
des Vermögens zu Gebote. War der Bannbruch zugleich Friedens-
bruch, so muſste die Missethat, wenn sie geleugnet wurde und nicht
handhaft war, sicherlich im Wege gerichtlichen Beweisverfahrens kon-
statiert werden, ehe die Bannbuſse beigetrieben werden durfte. Dies-
falls konnte der Fiskus die Bannbuſse durch gerichtliches Urteil aus-
sprechen lassen 42, vorausgesetzt, daſs der betreffende Bannfall in das
Volksrecht aufgenommen war.

Die Bedeutung, welche die Banngewalt des Königs für die Aus-
bildung des Königsrechtes besaſs, ist schon erörtert worden 43. Die
Banngewalt der königlichen Beamten wird bei Darstellung des Ämter-
wesens zur Sprache kommen.


39 D. h. an Schwachen, Armen, Hilfsbedürftigen. Die Summula de bannis
nennt statt der homines minus potentes: pauperinus, qui se ipsus defendere non
possunt, qui dicuntur unvermagon (unvermögende), das Cap. miss. v. J. 802 c. 5,
I 93 dagegen die peregrini, Pilger. Vgl. Cap. miss. Aquisgr. v. J. 810 c. 20. I 154:
ut pauperes, orfani et viduae et ecclesiae Dei pacem habeant.
40 Haec octo capitula in assiduitate; reliqua autem reservata sunt regibus, ut
ipsi potestatem habeant nominative demandare, unde exire debent.
41 Cap. de rebus exercitalibus v. J. 811, c. 6, I 165. Greg. Tur. Hist. Franc.
V 26, vgl. X 7. Sohm a. O. S. 118. v. Bethmann-Hollweg, Civilprozeſs V 181.
Siehe unten § 87. 111. 112.
42 In Meichelbeck Nr. 116 v. J. 802 wird dem Beklagten neben der com-
positio immunitatis das debitum regale erlassen.
43 Oben I 277. 380.
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[41/0059] § 64. Der Königsbann. potentes 39, drei Fälle des Verordnungsbannes, nämlich Frauenraub, Heimsuchung und Brandstiftung, und ein Fall des Verwaltungsbannes, nämlich das Versäumnis des Heerdienstes. In diesem Vorgehen Karls des Groſsen lag nicht etwa ein Verzicht des Königtums, die Bann- gewalt auch in anderen Fällen geltend zu machen; vielmehr behielt Karl sich in einem Kapitular für Baiern ausdrücklich vor, noch sonstige Fälle zu bezeichnen, in welchen die Bannsumme zu bezahlen sei 40. Für die Geltendmachung des Bannbruchs war die öffentliche Gewalt im Allgemeinen nicht auf die Formen des Gerichtsverfahrens und auf den ordentlichen Rechtsgang angewiesen. Die Bannbuſse konnte im Verwaltungswege beigetrieben werden, wie uns dies von der Heerbannbuſse ausdrücklich bezeugt ist 41. Gegen den Säumigen stand dem Fiskus eine administrative Auspfändung und die Fronung des Vermögens zu Gebote. War der Bannbruch zugleich Friedens- bruch, so muſste die Missethat, wenn sie geleugnet wurde und nicht handhaft war, sicherlich im Wege gerichtlichen Beweisverfahrens kon- statiert werden, ehe die Bannbuſse beigetrieben werden durfte. Dies- falls konnte der Fiskus die Bannbuſse durch gerichtliches Urteil aus- sprechen lassen 42, vorausgesetzt, daſs der betreffende Bannfall in das Volksrecht aufgenommen war. Die Bedeutung, welche die Banngewalt des Königs für die Aus- bildung des Königsrechtes besaſs, ist schon erörtert worden 43. Die Banngewalt der königlichen Beamten wird bei Darstellung des Ämter- wesens zur Sprache kommen. 39 D. h. an Schwachen, Armen, Hilfsbedürftigen. Die Summula de bannis nennt statt der homines minus potentes: pauperinus, qui se ipsus defendere non possunt, qui dicuntur unvermagon (unvermögende), das Cap. miss. v. J. 802 c. 5, I 93 dagegen die peregrini, Pilger. Vgl. Cap. miss. Aquisgr. v. J. 810 c. 20. I 154: ut pauperes, orfani et viduae et ecclesiae Dei pacem habeant. 40 Haec octo capitula in assiduitate; reliqua autem reservata sunt regibus, ut ipsi potestatem habeant nominative demandare, unde exire debent. 41 Cap. de rebus exercitalibus v. J. 811, c. 6, I 165. Greg. Tur. Hist. Franc. V 26, vgl. X 7. Sohm a. O. S. 118. v. Bethmann-Hollweg, Civilprozeſs V 181. Siehe unten § 87. 111. 112. 42 In Meichelbeck Nr. 116 v. J. 802 wird dem Beklagten neben der com- positio immunitatis das debitum regale erlassen. 43 Oben I 277. 380.

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Zitationshilfe: Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1892, S. 41. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunner_rechtsgeschichte02_1892/59>, abgerufen am 23.11.2024.