Begünstigung; so die Begünstigung von Spionen30, so die Verteidigung des Mannes, der seinen Herrn getötet hatte31. Leben oder Wergeld ver- wirkt der Fährmann, der einen flüchtigen Freien über den Fluss setzt und damit dessen Flucht ins Ausland fördert, eine That, die den Flücht- ling friedlos machte32.
§ 130. Die Sonderfrieden.
Wilda, Strafrecht S. 233. v. Amira, Recht S. 174. Gaupp, Das alte Gesetz der Thüringer S. 388. v. Richthofen, Zur Lex Saxonum S. 229 ff. 251 ff. Osen- brüggen, Der Hausfrieden, ein Beitrag zur d. RG 1857. Weinhold, Über die deutschen Fried- und Freistätten 1864. Du Boys, Histoire du droit criminel I 78.
Die höheren Frieden der germanischen Zeit hatten auf religiöser Grundlage beruht. Ein Sonderfriede sakralen Charakters konnte an eine bestimmte Friedensstätte, ags. fridhus, fridstol, nord. gridastadr, geknüpft sein1. Solche Friedensstätten waren den Germanen die Tempel und Haine ihrer Götter gewesen. Heiliger Gottesfriede hatte innerhalb des ganzen Volksgebietes in der Zeit der grossen Götter- feste geherrscht, ebenso in den Volks- und Gerichtsversammlungen, die ja unter dem Schutze der Götter tagten, und im Heere, das mit den Bildern und Symbolen der Gottheit in den Krieg zog. Religiösen Ursprungs ist der Marktfriede und scheint auch der höhere Friede zu sein, den die Person des Königs und der Ort geniesst, wo er sich aufhält.
Im fränkischen Reiche gehen die meisten Sonderfrieden auf das Königtum zurück, dessen Friedensbann die gesteigerten Frieden reli- giösen Charakters fast sämtlich und fast allenthalben in sich auf- genommen hat.
Von den Sonderfrieden, die uns in den Quellen der fränkischen Zeit begegnen, haben wir bereits oben S. 45 den Frieden des Königs- sitzes kennen gelernt. Ein höherer Friede schützt seit dem voll- ständigen Siege des Christentums die Kirchengebäude und zwar nicht
30 Roth. 5. Scamara ist doch wohl mit Osenbrüggen, Strafrecht der Lango- barden S. 44 f., als Spion aufzufassen und nicht wie oben I 168 Anm. 13 als Fried- loser. Spia, explorator hat die Glosse zu Liber Pap. Roth. 5, während andere Glossen allerdings scamara auf furtum beziehen. Das Wort steht auch im Pactum Venetum Hoth. I v. J. 840, c. 6, Cap. II 131. Wilda, Strafr. S. 992.
31 Roth. 13.
32 Roth. 268. Vgl. Roth. 3.
1 Friedensstätten, deren Heiligkeit sie ehren, haben auch die germanischen Götter. Snorra Edda, Gylfaginning 34. 50.
§ 130. Die Sonderfrieden.
Begünstigung; so die Begünstigung von Spionen30, so die Verteidigung des Mannes, der seinen Herrn getötet hatte31. Leben oder Wergeld ver- wirkt der Fährmann, der einen flüchtigen Freien über den Fluſs setzt und damit dessen Flucht ins Ausland fördert, eine That, die den Flücht- ling friedlos machte32.
§ 130. Die Sonderfrieden.
Wilda, Strafrecht S. 233. v. Amira, Recht S. 174. Gaupp, Das alte Gesetz der Thüringer S. 388. v. Richthofen, Zur Lex Saxonum S. 229 ff. 251 ff. Osen- brüggen, Der Hausfrieden, ein Beitrag zur d. RG 1857. Weinhold, Über die deutschen Fried- und Freistätten 1864. Du Boys, Histoire du droit criminel I 78.
Die höheren Frieden der germanischen Zeit hatten auf religiöser Grundlage beruht. Ein Sonderfriede sakralen Charakters konnte an eine bestimmte Friedensstätte, ags. friđhus, friđstól, nord. griđastađr, geknüpft sein1. Solche Friedensstätten waren den Germanen die Tempel und Haine ihrer Götter gewesen. Heiliger Gottesfriede hatte innerhalb des ganzen Volksgebietes in der Zeit der groſsen Götter- feste geherrscht, ebenso in den Volks- und Gerichtsversammlungen, die ja unter dem Schutze der Götter tagten, und im Heere, das mit den Bildern und Symbolen der Gottheit in den Krieg zog. Religiösen Ursprungs ist der Marktfriede und scheint auch der höhere Friede zu sein, den die Person des Königs und der Ort genieſst, wo er sich aufhält.
Im fränkischen Reiche gehen die meisten Sonderfrieden auf das Königtum zurück, dessen Friedensbann die gesteigerten Frieden reli- giösen Charakters fast sämtlich und fast allenthalben in sich auf- genommen hat.
Von den Sonderfrieden, die uns in den Quellen der fränkischen Zeit begegnen, haben wir bereits oben S. 45 den Frieden des Königs- sitzes kennen gelernt. Ein höherer Friede schützt seit dem voll- ständigen Siege des Christentums die Kirchengebäude und zwar nicht
30 Roth. 5. Scamara ist doch wohl mit Osenbrüggen, Strafrecht der Lango- barden S. 44 f., als Spion aufzufassen und nicht wie oben I 168 Anm. 13 als Fried- loser. Spia, explorator hat die Glosse zu Liber Pap. Roth. 5, während andere Glossen allerdings scamara auf furtum beziehen. Das Wort steht auch im Pactum Venetum Hoth. I v. J. 840, c. 6, Cap. II 131. Wilda, Strafr. S. 992.
31 Roth. 13.
32 Roth. 268. Vgl. Roth. 3.
1 Friedensstätten, deren Heiligkeit sie ehren, haben auch die germanischen Götter. Snorra Edda, Gylfaginning 34. 50.
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§ 130. Die Sonderfrieden.
Begünstigung; so die Begünstigung von Spionen 30, so die Verteidigung
des Mannes, der seinen Herrn getötet hatte 31. Leben oder Wergeld ver-
wirkt der Fährmann, der einen flüchtigen Freien über den Fluſs setzt
und damit dessen Flucht ins Ausland fördert, eine That, die den Flücht-
ling friedlos machte 32.
§ 130. Die Sonderfrieden.
Wilda, Strafrecht S. 233. v. Amira, Recht S. 174. Gaupp, Das alte Gesetz
der Thüringer S. 388. v. Richthofen, Zur Lex Saxonum S. 229 ff. 251 ff. Osen-
brüggen, Der Hausfrieden, ein Beitrag zur d. RG 1857. Weinhold, Über die
deutschen Fried- und Freistätten 1864. Du Boys, Histoire du droit criminel I 78.
Die höheren Frieden der germanischen Zeit hatten auf religiöser
Grundlage beruht. Ein Sonderfriede sakralen Charakters konnte an
eine bestimmte Friedensstätte, ags. friđhus, friđstól, nord. griđastađr,
geknüpft sein 1. Solche Friedensstätten waren den Germanen die
Tempel und Haine ihrer Götter gewesen. Heiliger Gottesfriede hatte
innerhalb des ganzen Volksgebietes in der Zeit der groſsen Götter-
feste geherrscht, ebenso in den Volks- und Gerichtsversammlungen,
die ja unter dem Schutze der Götter tagten, und im Heere, das mit
den Bildern und Symbolen der Gottheit in den Krieg zog. Religiösen
Ursprungs ist der Marktfriede und scheint auch der höhere Friede zu
sein, den die Person des Königs und der Ort genieſst, wo er sich
aufhält.
Im fränkischen Reiche gehen die meisten Sonderfrieden auf das
Königtum zurück, dessen Friedensbann die gesteigerten Frieden reli-
giösen Charakters fast sämtlich und fast allenthalben in sich auf-
genommen hat.
Von den Sonderfrieden, die uns in den Quellen der fränkischen
Zeit begegnen, haben wir bereits oben S. 45 den Frieden des Königs-
sitzes kennen gelernt. Ein höherer Friede schützt seit dem voll-
ständigen Siege des Christentums die Kirchengebäude und zwar nicht
30 Roth. 5. Scamara ist doch wohl mit Osenbrüggen, Strafrecht der Lango-
barden S. 44 f., als Spion aufzufassen und nicht wie oben I 168 Anm. 13 als Fried-
loser. Spia, explorator hat die Glosse zu Liber Pap. Roth. 5, während andere
Glossen allerdings scamara auf furtum beziehen. Das Wort steht auch im Pactum
Venetum Hoth. I v. J. 840, c. 6, Cap. II 131. Wilda, Strafr. S. 992.
31 Roth. 13.
32 Roth. 268. Vgl. Roth. 3.
1 Friedensstätten, deren Heiligkeit sie ehren, haben auch die germanischen
Götter. Snorra Edda, Gylfaginning 34. 50.
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Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1892, S. 580. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunner_rechtsgeschichte02_1892/598>, abgerufen am 17.06.2024.
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