Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1892.§ 65. Königsfriede. Nach einer angelsächsischen Rechtsaufzeichnung erstreckt sich Es fällt auf, dass die fränkischen Volksrechte von jenem örtlichen 22 Anhang XII bei Schmid, Ges. der Ags. S. 411. 23 Roth. 37. 24 Lex Alam. 28. 25 Lex Fris. 17, 2. Vgl. oben I 343. 26 [Spaltenumbruch]
Lex Alam. 33. Si quis in curte ducis pugna comiserit et ibi clamor orta fuerit .. quidquid ibi factum fuerit per concursum eius, qualiscumque homo neg- lexerit et aliquid contra legem fece- rit, tripliciter conponat. Ille autem, per cuius voce vel opere haec contentio orta fuerit, 60 (al. 40) sol. in publico conponat. [Spaltenumbruch] Lex Baiuw. II 10: Si quis in curte ducis scandalum commiserit, ut ibi pugna fiat ... quicquid ibi factum fuerit, om- nia secundum legem conponat et propter stultitiam suam in publico conponat sol. 40. Nach beiden Leges zahlt der Urheber des Streites 40 Solidi. Wer in dem Streite einen anderen verletzt, mag es nun der Urheber des Streites oder ein an- derer gewesen sein, büsst nach der Lex Alam. seine That mit der dreifachen Busse (vgl. Lex Alam. 28). Dagegen wird nach der Lex Baiuw. die Verletzung vom Urheber des Streites (nur einfach) gebüsst, auch wenn sie ein anderer beging. Offenbar hat sie darin ihre Vorlage missverständlich wiedergegeben (vgl. Lex Baiuw. II 4), ein Beleg für die oben I 314 vertretene Auffassung. 27 Lex Alam. 30. 28 Lex Baiuw. II 12.
§ 65. Königsfriede. Nach einer angelsächsischen Rechtsaufzeichnung erstreckt sich Es fällt auf, daſs die fränkischen Volksrechte von jenem örtlichen 22 Anhang XII bei Schmid, Ges. der Ags. S. 411. 23 Roth. 37. 24 Lex Alam. 28. 25 Lex Fris. 17, 2. Vgl. oben I 343. 26 [Spaltenumbruch]
Lex Alam. 33. Si quis in curte ducis pugna comiserit et ibi clamor orta fuerit .. quidquid ibi factum fuerit per concursum eius, qualiscumque homo neg- lexerit et aliquid contra legem fece- rit, tripliciter conponat. Ille autem, per cuius voce vel opere haec contentio orta fuerit, 60 (al. 40) sol. in publico conponat. [Spaltenumbruch] Lex Baiuw. II 10: Si quis in curte ducis scandalum commiserit, ut ibi pugna fiat … quicquid ibi factum fuerit, om- nia secundum legem conponat et propter stultitiam suam in publico conponat sol. 40. Nach beiden Leges zahlt der Urheber des Streites 40 Solidi. Wer in dem Streite einen anderen verletzt, mag es nun der Urheber des Streites oder ein an- derer gewesen sein, büſst nach der Lex Alam. seine That mit der dreifachen Buſse (vgl. Lex Alam. 28). Dagegen wird nach der Lex Baiuw. die Verletzung vom Urheber des Streites (nur einfach) gebüſst, auch wenn sie ein anderer beging. Offenbar hat sie darin ihre Vorlage miſsverständlich wiedergegeben (vgl. Lex Baiuw. II 4), ein Beleg für die oben I 314 vertretene Auffassung. 27 Lex Alam. 30. 28 Lex Baiuw. II 12.
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0064" n="46"/> <fw place="top" type="header">§ 65. Königsfriede.</fw><lb/> <p>Nach einer angelsächsischen Rechtsaufzeichnung erstreckt sich<lb/> der örtliche Sonderfriede des Königs von der Burg, wo er sitzt, auf<lb/> drei Meilen und drei Ackerlängen und drei Ackerbreiten und neun<lb/> Fuſs und neun Handbreiten und neun Gerstenkörner<note place="foot" n="22">Anhang XII bei <hi rendition="#g">Schmid</hi>, Ges. der Ags. S. 411.</note>. Auch bei<lb/> den Langobarden wirkt der Friede, den die Person des Königs aus-<lb/> strahlt, in die Ferne, aber mit schwächerer Wirkung. Wer nämlich in<lb/> der Stadt, wo der König sich aufhält, aber auſserhalb seiner Pfalz,<lb/> den Frieden bricht, hat nur ein bestimmtes Friedensgeld zu bezahlen<note place="foot" n="23">Roth. 37.</note>.<lb/> Ebenso dehnte das jüngere norwegische Recht den Königsfrieden auf<lb/> die Stadt, das jütische auf die Hundertschaft, das schonische auf das<lb/> Land aus, wo der König sich aufhält.</p><lb/> <p>Es fällt auf, daſs die fränkischen Volksrechte von jenem örtlichen<lb/> Königsfrieden schweigen. Nichtsdestoweniger muſs er vorhanden ge-<lb/> wesen sein. Denn wir finden als Abglanz solchen Königsfriedens einen<lb/> Herzogsfrieden im alemannischen, baierischen und friesischen Volks-<lb/> rechte, einen Bischofsfrieden im Rechte von Churrätien. Das drei-<lb/> fache Wergeld verwirkt nach alemannischem Rechte<note place="foot" n="24">Lex Alam. 28.</note>, das neunfache<lb/> Wergeldsimplum und neunfaches Friedensgeld nach friesischem Rechte<note place="foot" n="25">Lex Fris. 17, 2. Vgl. oben I 343.</note>,<lb/> wer am Hofe des Herzogs einen Todschlag begeht. Auf Erregung<lb/> von Streit im Hause des Herzogs setzt die Lex Alamannorum und die<lb/> Lex Baiuwariorum den fredus von 40 Solidi, auſserdem die erstere<lb/> auf jede dort zugefügte Verletzung dreifache Buſse<note place="foot" n="26"><lb/><cb/> Lex Alam. 33. Si quis in curte<lb/> ducis pugna comiserit et ibi clamor orta<lb/> fuerit .. quidquid ibi factum fuerit per<lb/> concursum eius, qualiscumque homo neg-<lb/> lexerit et aliquid contra legem fece-<lb/> rit, tripliciter conponat. Ille autem, per<lb/> cuius voce vel opere haec contentio orta<lb/> fuerit, 60 (al. 40) sol. in publico conponat.<lb/><cb/> Lex Baiuw. II 10: Si quis in curte<lb/> ducis scandalum commiserit, ut ibi pugna<lb/> fiat … quicquid ibi factum fuerit, om-<lb/> nia secundum legem conponat et propter<lb/> stultitiam suam in publico conponat<lb/> sol. 40.<lb/> Nach beiden Leges zahlt der Urheber des Streites 40 Solidi. Wer in dem<lb/> Streite einen anderen verletzt, mag es nun der Urheber des Streites oder ein an-<lb/> derer gewesen sein, büſst nach der Lex Alam. seine That mit der dreifachen<lb/> Buſse (vgl. Lex Alam. 28). Dagegen wird nach der Lex Baiuw. die Verletzung<lb/> vom Urheber des Streites (nur einfach) gebüſst, auch wenn sie ein anderer beging.<lb/> Offenbar hat sie darin ihre Vorlage miſsverständlich wiedergegeben (vgl. Lex Baiuw.<lb/> II 4), ein Beleg für die oben I 314 vertretene Auffassung.</note>. Diebstahl in<lb/> curte ducis wird nach dem schwäbischen Volksrechte mit der doppelten<lb/> Buſse gesühnt<note place="foot" n="27">Lex Alam. 30.</note>, nach baierischem<note place="foot" n="28">Lex Baiuw. II 12.</note> Rechte mit der dreifachen, quia<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [46/0064]
§ 65. Königsfriede.
Nach einer angelsächsischen Rechtsaufzeichnung erstreckt sich
der örtliche Sonderfriede des Königs von der Burg, wo er sitzt, auf
drei Meilen und drei Ackerlängen und drei Ackerbreiten und neun
Fuſs und neun Handbreiten und neun Gerstenkörner 22. Auch bei
den Langobarden wirkt der Friede, den die Person des Königs aus-
strahlt, in die Ferne, aber mit schwächerer Wirkung. Wer nämlich in
der Stadt, wo der König sich aufhält, aber auſserhalb seiner Pfalz,
den Frieden bricht, hat nur ein bestimmtes Friedensgeld zu bezahlen 23.
Ebenso dehnte das jüngere norwegische Recht den Königsfrieden auf
die Stadt, das jütische auf die Hundertschaft, das schonische auf das
Land aus, wo der König sich aufhält.
Es fällt auf, daſs die fränkischen Volksrechte von jenem örtlichen
Königsfrieden schweigen. Nichtsdestoweniger muſs er vorhanden ge-
wesen sein. Denn wir finden als Abglanz solchen Königsfriedens einen
Herzogsfrieden im alemannischen, baierischen und friesischen Volks-
rechte, einen Bischofsfrieden im Rechte von Churrätien. Das drei-
fache Wergeld verwirkt nach alemannischem Rechte 24, das neunfache
Wergeldsimplum und neunfaches Friedensgeld nach friesischem Rechte 25,
wer am Hofe des Herzogs einen Todschlag begeht. Auf Erregung
von Streit im Hause des Herzogs setzt die Lex Alamannorum und die
Lex Baiuwariorum den fredus von 40 Solidi, auſserdem die erstere
auf jede dort zugefügte Verletzung dreifache Buſse 26. Diebstahl in
curte ducis wird nach dem schwäbischen Volksrechte mit der doppelten
Buſse gesühnt 27, nach baierischem 28 Rechte mit der dreifachen, quia
22 Anhang XII bei Schmid, Ges. der Ags. S. 411.
23 Roth. 37.
24 Lex Alam. 28.
25 Lex Fris. 17, 2. Vgl. oben I 343.
26
Lex Alam. 33. Si quis in curte
ducis pugna comiserit et ibi clamor orta
fuerit .. quidquid ibi factum fuerit per
concursum eius, qualiscumque homo neg-
lexerit et aliquid contra legem fece-
rit, tripliciter conponat. Ille autem, per
cuius voce vel opere haec contentio orta
fuerit, 60 (al. 40) sol. in publico conponat.
Lex Baiuw. II 10: Si quis in curte
ducis scandalum commiserit, ut ibi pugna
fiat … quicquid ibi factum fuerit, om-
nia secundum legem conponat et propter
stultitiam suam in publico conponat
sol. 40.
Nach beiden Leges zahlt der Urheber des Streites 40 Solidi. Wer in dem
Streite einen anderen verletzt, mag es nun der Urheber des Streites oder ein an-
derer gewesen sein, büſst nach der Lex Alam. seine That mit der dreifachen
Buſse (vgl. Lex Alam. 28). Dagegen wird nach der Lex Baiuw. die Verletzung
vom Urheber des Streites (nur einfach) gebüſst, auch wenn sie ein anderer beging.
Offenbar hat sie darin ihre Vorlage miſsverständlich wiedergegeben (vgl. Lex Baiuw.
II 4), ein Beleg für die oben I 314 vertretene Auffassung.
27 Lex Alam. 30.
28 Lex Baiuw. II 12.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |