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Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1892.

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§ 136. Die Bussen.
erscheint als höchstes Friedensgeld das friesische Wergeldsimplum von
53 1/3 Solidi, zugleich der Betrag, um den man nach friesischem Rechte
den Verlust der verwirkten Hand abkaufte54. Die Friesen kannten
ausserdem einen fredus von 30 Solidi, den wir auch bei den Angel-
sachsen finden, die ihn in gewissen Fällen verdoppelten und verdrei-
fachten. Das burgundische Recht gewinnt einen höheren Fredus durch
Verdoppelung und Verdreifachung des kleineren. Den zweifachen Be-
trag ihres kleineren Fredus scheinen auch die Sachsen als höheres
Friedensgeld angewendet zu haben55. Einen eigenartigen Fredus
hatten die Anglowarnen neben der Diebstahlsbusse, die bei ihnen in
dem dreifachem Ersatze des Gestohlenen bestand. Sie setzten dies-
falls den Fredus dem Betrage der dilatura gleich56.

Fredus heisst in karolingischen Volksrechten und Kapitularien
manchmal auch die Bannbusse. Über diese ist oben S. 34 ff. ge-
handelt und zugleich bemerkt worden, dass der bannus, soweit er mit
dem fredus in Konkurrenz trat, sich an dessen Stelle setzte. Auf
Grund dieser Entwicklung sind auch die Franken im Gebiete der
Bannfälle zum System der festen Friedensgelder übergegangen; denn
thatsächlich stellt sich der bannus neben der Busse als fredus dar,
nur dass er nicht auf Volksrecht, sondern auf Königsrecht beruht.
Gelegentlich war der Königsbann auch neben einer Leibesstrafe an-
gedroht57. Er steht ausserdem auf zahlreiche Handlungen, die nach
Volksrecht straflos sind, u. a. auf solche, die sich als Versuch, Teil-
nahme oder Fahrlässigkeit darstellen58.

Unfreie und Hörige zahlen weder fredus59 noch bannus, sondern
empfangen körperliche Züchtigung, die seit der Zeit Ludwigs I. auch
freien Leuten angedroht wird, falls sie nicht imstande wären, den
bannus zu entrichten60.


54 Siehe oben I 226, Anm. 9.
55 Siehe oben I 227, Anm. 14. Schröder, RG. S. 334.
56 Lex Angl. et Werin. 37. 38. Siehe unten S. 626.
57 Siehe oben S. 542.
58 Siehe oben S. 564. 573. Ein Capitular Ludwigs I droht die Bannbusse
pro negligentia an, nämlich den Herren, deren Knechte, als Banden vereinigt, Tod-
schlag, Brandstiftung oder Plünderung begehen. Domini, quorum negligentia hoc
evenit, pro eo quod eos constringere noluerunt, ut talia facere non auderent, bannum
nostrum ... solvere cogantur. Cap. miss. v. J. 821, c. 1, I 300. Vgl. c. 7 a. O.
59 Cap. miss. v. J. 802, c. 13b, I 100 f.: si litus fuerit, solidos 15 componat
ad populum et fredo dominico in dorso accipiat. Si servus fuerit, solidos 10 ad
populum et fredo dorsum. Cap. de villis c. 4, I 83. Über die Prügelstrafe als Er-
satz des bannus siehe oben S. 36.
60 Cap. Olon. mund. v. J. 825, c 11, I 331. Liber Papiensis Loth. 81.

§ 136. Die Buſsen.
erscheint als höchstes Friedensgeld das friesische Wergeldsimplum von
53⅓ Solidi, zugleich der Betrag, um den man nach friesischem Rechte
den Verlust der verwirkten Hand abkaufte54. Die Friesen kannten
auſserdem einen fredus von 30 Solidi, den wir auch bei den Angel-
sachsen finden, die ihn in gewissen Fällen verdoppelten und verdrei-
fachten. Das burgundische Recht gewinnt einen höheren Fredus durch
Verdoppelung und Verdreifachung des kleineren. Den zweifachen Be-
trag ihres kleineren Fredus scheinen auch die Sachsen als höheres
Friedensgeld angewendet zu haben55. Einen eigenartigen Fredus
hatten die Anglowarnen neben der Diebstahlsbuſse, die bei ihnen in
dem dreifachem Ersatze des Gestohlenen bestand. Sie setzten dies-
falls den Fredus dem Betrage der dilatura gleich56.

Fredus heiſst in karolingischen Volksrechten und Kapitularien
manchmal auch die Bannbuſse. Über diese ist oben S. 34 ff. ge-
handelt und zugleich bemerkt worden, daſs der bannus, soweit er mit
dem fredus in Konkurrenz trat, sich an dessen Stelle setzte. Auf
Grund dieser Entwicklung sind auch die Franken im Gebiete der
Bannfälle zum System der festen Friedensgelder übergegangen; denn
thatsächlich stellt sich der bannus neben der Buſse als fredus dar,
nur daſs er nicht auf Volksrecht, sondern auf Königsrecht beruht.
Gelegentlich war der Königsbann auch neben einer Leibesstrafe an-
gedroht57. Er steht auſserdem auf zahlreiche Handlungen, die nach
Volksrecht straflos sind, u. a. auf solche, die sich als Versuch, Teil-
nahme oder Fahrlässigkeit darstellen58.

Unfreie und Hörige zahlen weder fredus59 noch bannus, sondern
empfangen körperliche Züchtigung, die seit der Zeit Ludwigs I. auch
freien Leuten angedroht wird, falls sie nicht imstande wären, den
bannus zu entrichten60.


54 Siehe oben I 226, Anm. 9.
55 Siehe oben I 227, Anm. 14. Schröder, RG. S. 334.
56 Lex Angl. et Werin. 37. 38. Siehe unten S. 626.
57 Siehe oben S. 542.
58 Siehe oben S. 564. 573. Ein Capitular Ludwigs I droht die Bannbuſse
pro negligentia an, nämlich den Herren, deren Knechte, als Banden vereinigt, Tod-
schlag, Brandstiftung oder Plünderung begehen. Domini, quorum negligentia hoc
evenit, pro eo quod eos constringere noluerunt, ut talia facere non auderent, bannum
nostrum … solvere cogantur. Cap. miss. v. J. 821, c. 1, I 300. Vgl. c. 7 a. O.
59 Cap. miss. v. J. 802, c. 13b, I 100 f.: si litus fuerit, solidos 15 componat
ad populum et fredo dominico in dorso accipiat. Si servus fuerit, solidos 10 ad
populum et fredo dorsum. Cap. de villis c. 4, I 83. Über die Prügelstrafe als Er-
satz des bannus siehe oben S. 36.
60 Cap. Olon. mund. v. J. 825, c 11, I 331. Liber Papiensis Loth. 81.
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[623/0641] § 136. Die Buſsen. erscheint als höchstes Friedensgeld das friesische Wergeldsimplum von 53⅓ Solidi, zugleich der Betrag, um den man nach friesischem Rechte den Verlust der verwirkten Hand abkaufte 54. Die Friesen kannten auſserdem einen fredus von 30 Solidi, den wir auch bei den Angel- sachsen finden, die ihn in gewissen Fällen verdoppelten und verdrei- fachten. Das burgundische Recht gewinnt einen höheren Fredus durch Verdoppelung und Verdreifachung des kleineren. Den zweifachen Be- trag ihres kleineren Fredus scheinen auch die Sachsen als höheres Friedensgeld angewendet zu haben 55. Einen eigenartigen Fredus hatten die Anglowarnen neben der Diebstahlsbuſse, die bei ihnen in dem dreifachem Ersatze des Gestohlenen bestand. Sie setzten dies- falls den Fredus dem Betrage der dilatura gleich 56. Fredus heiſst in karolingischen Volksrechten und Kapitularien manchmal auch die Bannbuſse. Über diese ist oben S. 34 ff. ge- handelt und zugleich bemerkt worden, daſs der bannus, soweit er mit dem fredus in Konkurrenz trat, sich an dessen Stelle setzte. Auf Grund dieser Entwicklung sind auch die Franken im Gebiete der Bannfälle zum System der festen Friedensgelder übergegangen; denn thatsächlich stellt sich der bannus neben der Buſse als fredus dar, nur daſs er nicht auf Volksrecht, sondern auf Königsrecht beruht. Gelegentlich war der Königsbann auch neben einer Leibesstrafe an- gedroht 57. Er steht auſserdem auf zahlreiche Handlungen, die nach Volksrecht straflos sind, u. a. auf solche, die sich als Versuch, Teil- nahme oder Fahrlässigkeit darstellen 58. Unfreie und Hörige zahlen weder fredus 59 noch bannus, sondern empfangen körperliche Züchtigung, die seit der Zeit Ludwigs I. auch freien Leuten angedroht wird, falls sie nicht imstande wären, den bannus zu entrichten 60. 54 Siehe oben I 226, Anm. 9. 55 Siehe oben I 227, Anm. 14. Schröder, RG. S. 334. 56 Lex Angl. et Werin. 37. 38. Siehe unten S. 626. 57 Siehe oben S. 542. 58 Siehe oben S. 564. 573. Ein Capitular Ludwigs I droht die Bannbuſse pro negligentia an, nämlich den Herren, deren Knechte, als Banden vereinigt, Tod- schlag, Brandstiftung oder Plünderung begehen. Domini, quorum negligentia hoc evenit, pro eo quod eos constringere noluerunt, ut talia facere non auderent, bannum nostrum … solvere cogantur. Cap. miss. v. J. 821, c. 1, I 300. Vgl. c. 7 a. O. 59 Cap. miss. v. J. 802, c. 13b, I 100 f.: si litus fuerit, solidos 15 componat ad populum et fredo dominico in dorso accipiat. Si servus fuerit, solidos 10 ad populum et fredo dorsum. Cap. de villis c. 4, I 83. Über die Prügelstrafe als Er- satz des bannus siehe oben S. 36. 60 Cap. Olon. mund. v. J. 825, c 11, I 331. Liber Papiensis Loth. 81.

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Zitationshilfe: Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1892, S. 623. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/brunner_rechtsgeschichte02_1892/641>, abgerufen am 22.11.2024.