Brunner, Heinrich: Deutsche Rechtsgeschichte. Bd. 2. Leipzig, 1892.§ 66. Königsschutz. Über die Aufnahme in den Königsschutz kann der Schützling Eine bedeutsame Rolle spielt die Verleihung von Mundbriefen Da das Schutzverhältnis eine persönliche Abhängigkeit des Schütz- 21 Marculf I 24, Zeumer S. 58. Marc. Add. 2, Zeumer S. 111, Form. Flavin. Nr. 69, Zeumer S. 484. Form. imper. Nr. 48, Zeumer S. 323. Vgl. Carta Senon. Nr. 28, Zeumer S. 197. Form. imper. Nr. 32. 41. 55, Zeumer S. 311. 318. 326. 22 Form. Bitur. Nr. 14, Zeumer S. 174. 23 Der älteste königliche Schutzbrief der karolingischen Zeit ist Pippin für Anisola v. J. 752, Mühlbacher Nr. 64. Drei merowingische Schutzbriefe für Anisola, Pertz, Dipl. M. 4. 9. 50, sind mindestens verunechtet. Havet, Questions Merovingiennes IV erklärt sie für falsch. 24 Karl der Kahle für das Marienkloster in der Pfalz zu Compiegne v. J. 877, Bouquet VIII 661, Nr. 272: et quia praefatas res omnes ex fiscis nostris fuisse constat, volumus ... ut sub ea lege qua res fisci nostri iugiter maneant atque sub eo mundeburde et defensione tueantur ac defendantur et sub ea tuitione imperiali consistant, qua coenobia Prumia scilicet, quod atavus noster construxit, et monasterium sanctimonialium Lauduno ... constructum consistere noscuntur. Vgl. Bouquet VIII 555, Nr. 150 v. J. 859 für Beaulieu: sic in nostra protectione sub im- munitatis titulo suscipimus, sicut ea monasteria, quae sive praedecessores nostri de suo aedificaverint sive a bonis nostris aedificata sibi conservanda susceperint. 25 Karolingische Eigenklöster waren z. B. Prüm und Epternach, tradierte
Klöster z. B. Aniane, Hersfeld, Onolzbach. Vgl. Th. Sickel, Beiträge III 35. 98. § 66. Königsschutz. Über die Aufnahme in den Königsschutz kann der Schützling Eine bedeutsame Rolle spielt die Verleihung von Mundbriefen Da das Schutzverhältnis eine persönliche Abhängigkeit des Schütz- 21 Marculf I 24, Zeumer S. 58. Marc. Add. 2, Zeumer S. 111, Form. Flavin. Nr. 69, Zeumer S. 484. Form. imper. Nr. 48, Zeumer S. 323. Vgl. Carta Senon. Nr. 28, Zeumer S. 197. Form. imper. Nr. 32. 41. 55, Zeumer S. 311. 318. 326. 22 Form. Bitur. Nr. 14, Zeumer S. 174. 23 Der älteste königliche Schutzbrief der karolingischen Zeit ist Pippin für Anisola v. J. 752, Mühlbacher Nr. 64. Drei merowingische Schutzbriefe für Anisola, Pertz, Dipl. M. 4. 9. 50, sind mindestens verunechtet. Havet, Questions Mérovingiennes IV erklärt sie für falsch. 24 Karl der Kahle für das Marienkloster in der Pfalz zu Compiègne v. J. 877, Bouquet VIII 661, Nr. 272: et quia praefatas res omnes ex fiscis nostris fuisse constat, volumus … ut sub ea lege qua res fisci nostri iugiter maneant atque sub eo mundeburde et defensione tueantur ac defendantur et sub ea tuitione imperiali consistant, qua coenobia Prumia scilicet, quod atavus noster construxit, et monasterium sanctimonialium Lauduno … constructum consistere noscuntur. Vgl. Bouquet VIII 555, Nr. 150 v. J. 859 für Beaulieu: sic in nostra protectione sub im- munitatis titulo suscipimus, sicut ea monasteria, quae sive praedecessores nostri de suo aedificaverint sive a bonis nostris aedificata sibi conservanda susceperint. 25 Karolingische Eigenklöster waren z. B. Prüm und Epternach, tradierte
Klöster z. B. Aniane, Hersfeld, Onolzbach. Vgl. Th. Sickel, Beiträge III 35. 98. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <pb facs="#f0070" n="52"/> <fw place="top" type="header">§ 66. Königsschutz.</fw><lb/> <p>Über die Aufnahme in den Königsschutz kann der Schützling<lb/> sich eine Königsurkunde geben lassen, carta de mundeburde<note place="foot" n="21">Marculf I 24, Zeumer S. 58. Marc. Add. 2, Zeumer S. 111, Form. Flavin.<lb/> Nr. 69, Zeumer S. 484. Form. imper. Nr. 48, Zeumer S. 323. Vgl. Carta Senon.<lb/> Nr. 28, Zeumer S. 197. Form. imper. Nr. 32. 41. 55, Zeumer S. 311. 318. 326.</note>, carta<lb/> mundburalis<note place="foot" n="22">Form. Bitur. Nr. 14, Zeumer S. 174.</note>. Entsprechend den Wirkungen des königlichen Mun-<lb/> diums enthält das Formular des Schutzbriefs drei Klauseln, nämlich<lb/> 1. die Schutzklausel, worin der König erklärt, daſs er den Schutz-<lb/> suchenden in seinen Schutz aufgenommen habe, 2. die Friedensbann-<lb/> klausel, welche jede Verletzung des Schützlings verbietet, und 3. die<lb/> Reklamationsklausel, die dem Schützling das Recht gewährt, seine<lb/> Streitsachen an den Königshof zu dingen.</p><lb/> <p>Eine bedeutsame Rolle spielt die Verleihung von Mundbriefen<lb/> an Klöster<note place="foot" n="23">Der älteste königliche Schutzbrief der karolingischen Zeit ist Pippin für<lb/> Anisola v. J. 752, <hi rendition="#g">Mühlbacher</hi> Nr. 64. Drei merowingische Schutzbriefe für<lb/> Anisola, Pertz, Dipl. M. 4. 9. 50, sind mindestens verunechtet. <hi rendition="#g">Havet</hi>, Questions<lb/> Mérovingiennes IV erklärt sie für falsch.</note>. Von Hause aus hatten den besonderen Königsschutz<lb/> die Klöster, die sich im Eigentum des Königs (in dominio regis) be-<lb/> fanden<note place="foot" n="24">Karl der Kahle für das Marienkloster in der Pfalz zu Compiègne v. J.<lb/> 877, Bouquet VIII 661, Nr. 272: et quia praefatas res omnes ex fiscis nostris<lb/> fuisse constat, volumus … ut sub ea lege qua res fisci nostri iugiter maneant<lb/> atque sub eo mundeburde et defensione tueantur ac defendantur et sub ea tuitione<lb/> imperiali consistant, qua coenobia Prumia scilicet, quod atavus noster construxit, et<lb/> monasterium sanctimonialium Lauduno … constructum consistere noscuntur. Vgl.<lb/> Bouquet VIII 555, Nr. 150 v. J. 859 für Beaulieu: sic in nostra protectione sub im-<lb/> munitatis titulo suscipimus, sicut ea monasteria, quae sive praedecessores nostri de<lb/> suo aedificaverint sive a bonis nostris aedificata sibi conservanda susceperint.</note>, das heiſst jene, die aus Krongut gestiftet oder dem König,<lb/> um der Kirche die rechtliche Stellung des Königsgutes zu verschaffen,<lb/> übereignet worden waren<note place="foot" n="25">Karolingische Eigenklöster waren z. B. Prüm und Epternach, tradierte<lb/> Klöster z. B. Aniane, Hersfeld, Onolzbach. Vgl. <hi rendition="#g">Th. Sickel</hi>, Beiträge III 35. 98.</note>. Der ihnen gebührende Königsschutz<lb/> wurde mitunter durch Mundbriefe besonders bestätigt. Nichtkönig-<lb/> liche Klöster konnten den besonderen Königsschutz durch königliche<lb/> Verleihung erlangen. Sofern sie von der Kommendation abhing,<lb/> muſste der Abt des Klosters sie vornehmen und muſste die Kommen-<lb/> dation bei Thronfall, und wenn der Abt wechselte, wiederholt werden.</p><lb/> <p>Da das Schutzverhältnis eine persönliche Abhängigkeit des Schütz-<lb/> lings vom Schutzherrn herbeiführte, drohte der Eintritt von Kirchen<lb/> und von Klerikern in Schutzverhältnisse zu Laien dem festen Gefüge<lb/> der fränkischen Kirchenverfassung gefährlich zu werden. Darum findet<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [52/0070]
§ 66. Königsschutz.
Über die Aufnahme in den Königsschutz kann der Schützling
sich eine Königsurkunde geben lassen, carta de mundeburde 21, carta
mundburalis 22. Entsprechend den Wirkungen des königlichen Mun-
diums enthält das Formular des Schutzbriefs drei Klauseln, nämlich
1. die Schutzklausel, worin der König erklärt, daſs er den Schutz-
suchenden in seinen Schutz aufgenommen habe, 2. die Friedensbann-
klausel, welche jede Verletzung des Schützlings verbietet, und 3. die
Reklamationsklausel, die dem Schützling das Recht gewährt, seine
Streitsachen an den Königshof zu dingen.
Eine bedeutsame Rolle spielt die Verleihung von Mundbriefen
an Klöster 23. Von Hause aus hatten den besonderen Königsschutz
die Klöster, die sich im Eigentum des Königs (in dominio regis) be-
fanden 24, das heiſst jene, die aus Krongut gestiftet oder dem König,
um der Kirche die rechtliche Stellung des Königsgutes zu verschaffen,
übereignet worden waren 25. Der ihnen gebührende Königsschutz
wurde mitunter durch Mundbriefe besonders bestätigt. Nichtkönig-
liche Klöster konnten den besonderen Königsschutz durch königliche
Verleihung erlangen. Sofern sie von der Kommendation abhing,
muſste der Abt des Klosters sie vornehmen und muſste die Kommen-
dation bei Thronfall, und wenn der Abt wechselte, wiederholt werden.
Da das Schutzverhältnis eine persönliche Abhängigkeit des Schütz-
lings vom Schutzherrn herbeiführte, drohte der Eintritt von Kirchen
und von Klerikern in Schutzverhältnisse zu Laien dem festen Gefüge
der fränkischen Kirchenverfassung gefährlich zu werden. Darum findet
21 Marculf I 24, Zeumer S. 58. Marc. Add. 2, Zeumer S. 111, Form. Flavin.
Nr. 69, Zeumer S. 484. Form. imper. Nr. 48, Zeumer S. 323. Vgl. Carta Senon.
Nr. 28, Zeumer S. 197. Form. imper. Nr. 32. 41. 55, Zeumer S. 311. 318. 326.
22 Form. Bitur. Nr. 14, Zeumer S. 174.
23 Der älteste königliche Schutzbrief der karolingischen Zeit ist Pippin für
Anisola v. J. 752, Mühlbacher Nr. 64. Drei merowingische Schutzbriefe für
Anisola, Pertz, Dipl. M. 4. 9. 50, sind mindestens verunechtet. Havet, Questions
Mérovingiennes IV erklärt sie für falsch.
24 Karl der Kahle für das Marienkloster in der Pfalz zu Compiègne v. J.
877, Bouquet VIII 661, Nr. 272: et quia praefatas res omnes ex fiscis nostris
fuisse constat, volumus … ut sub ea lege qua res fisci nostri iugiter maneant
atque sub eo mundeburde et defensione tueantur ac defendantur et sub ea tuitione
imperiali consistant, qua coenobia Prumia scilicet, quod atavus noster construxit, et
monasterium sanctimonialium Lauduno … constructum consistere noscuntur. Vgl.
Bouquet VIII 555, Nr. 150 v. J. 859 für Beaulieu: sic in nostra protectione sub im-
munitatis titulo suscipimus, sicut ea monasteria, quae sive praedecessores nostri de
suo aedificaverint sive a bonis nostris aedificata sibi conservanda susceperint.
25 Karolingische Eigenklöster waren z. B. Prüm und Epternach, tradierte
Klöster z. B. Aniane, Hersfeld, Onolzbach. Vgl. Th. Sickel, Beiträge III 35. 98.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |