Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659.Erstes Buch. he/ daß sein Feind den Schild auch von sich legete/ und zwar bloß nur darumb/ daß er kei-nen Vortel vor ihn haben wolte; noch dannoch wahr der Rächer so frevelmühtig/ daß er kein Wort reden wolte/ weßwegen Herkules ihm dergestalt umb die Ohren ging/ daß ihm geschwand/ welches er merkend/ zu ihm trat/ ihm den Helm vom Kopffe reiß/ und zu ihm sagete: Nun habe ich dich gezwungen/ mir dein Angesicht sehen zulassen/ und melde mir ja bald deinen Nahmen/ oder unser Streit muß ein Kampff ohn Gnade seyn. Der Rächer bisse die Zähne im Kopffe/ und weil er bey dem Käyser keine Gnade zuhoffen hat- te/ setzete er stilschweigens auff Herkules mit höchster Wuht/ welches aber einen kurzen Lauff hatte/ massen er gar bald einen Stoß ins rechte Auge bekam/ daß er zu Bodem fiel. Er fragete ihn also liegend/ ob er lieber seinen Nahmen von sich geben/ oder den Kopff ver- lieren wolte; Und als dieser an stat der Demuht noch schmähe worte vernehmen lies/ schlug er ihm das Häupt mit einem Streiche herunter/ wischete sein Schwert/ und ging ganz unverwundet nach seinem Ladisla zu/ welcher ihm mit einem ledigen Pferde entgegen ran- te/ worauff er sich setzete/ und den Stathalter baht/ daß er den Reutern ihres todten Her- ren Leichnam wegzuführen gönnen möchte; welches er leicht erhielt. Die Anwesende Ritterschafft verwunderte sich zum höchsten über Herkules Tapfferkeit/ und rieffen ihm alle Glük zum Siege zu/ denen er mit blossem Häupte/ und frischen freundlichen Angesicht dankete; baht auch den Stathalter/ daß das Stechen alsbald seinen Fortgang wieder ge- winnen möchte/ nachdem er seine übung geendiget/ deren er sich nicht vermuhten gewest währe. Der Einrit in die Schranken geschahe nach der erstgehaltenen Ordnung/ und versuchten sich noch etliche Ritter/ die kein sonderliches Zeichen löseten; biß der zum er- sten eingerittene sich auff die Bahn setzete/ seinen Helm auffschlug/ und ins gemein re- dete: da einer oder der ander ihn eines Rittes wirdigen wolte/ währe er solches zuer- kennen willig. Der schwarze Ritter gewehrete jhn des Ansuchens/ traffen zu beyden seiten wol/ und liessen sich keines Wanks merken; im and'n Ritte entwischete dem Schwar- zen der rechte Stegreif/ aber im dritten muste er gar herunter/ da doch jener stets fest sitzen blieb/ auch bald ümkehrete/ und den gefelleten üm Verzeihung baht/ indem er zugleich des- sen Manheit preisete/ und den Fall bloß auff das Gluk legete; welche Höffligkeit unseren Helden wolgefiel. Nach diesem Verlauf stellete sich der blanke Ritter ein/ und baht ümb ei- nen Versuch; worauff ein starker ansehnlicher aus dem Hauffen hervorsprengete/ und die- se Antwort gab: Ritter ich bin euch zugefallen/ dafern ich nicht zu dem andern treffen ge- nöhtiget werde. Dem Blanken dauchte diese Anmuhtung etwas stolz seyn/ und sagete: Rit- ter/ wir wollen zuvor den ersten Gang versuchen/ und den andern auff gut Glük aussetzen. Es führete sein Gegener einen Uhr Ochsen im Schilde/ welcher mit den Hörnern wieder einen grossen Baum lief/ mit dieser ümbschrifft: Ne quid nimis. Vermiß dich nicht zu viel. Auf dem Helme stund das Glückes-Bilde/ und diese Worte dabey: Per me succumbit fortior. Wann ich wil muß der Stärkere unterliegen Sie nahmen beyde einen langen Lauff/ traffen nicht allein mit den Speeren/ sondern auch mit den Pferden und Leibern dergestalt/ daß sie übern hauffen fielen/ und jederman gedachte/ sie hätten unter jhren Pferden das Herz im Leibe zubrochen; arbeiteten sich doch loß/ und sahen mit Verwunderung/ wie jhre Pferde alle viere von sich strecketen und verschieden/ daß man sie muste hinweg schleppen lassen; bekah- men
Erſtes Buch. he/ daß ſein Feind den Schild auch von ſich legete/ und zwar bloß nur darumb/ daß er kei-nen Vortel vor ihn haben wolte; noch dannoch wahr der Raͤcher ſo frevelmuͤhtig/ daß er kein Wort reden wolte/ weßwegen Herkules ihm dergeſtalt umb die Ohren ging/ daß ihm geſchwand/ welches er merkend/ zu ihm trat/ ihm den Helm vom Kopffe reiß/ und zu ihm ſagete: Nun habe ich dich gezwungen/ mir dein Angeſicht ſehen zulaſſen/ und melde mir ja bald deinen Nahmen/ oder unſer Streit muß ein Kampff ohn Gnade ſeyn. Der Raͤcher biſſe die Zaͤhne im Kopffe/ und weil er bey dem Kaͤyſer keine Gnade zuhoffen hat- te/ ſetzete er ſtilſchweigens auff Herkules mit hoͤchſter Wuht/ welches aber einen kurzen Lauff hatte/ maſſen er gar bald einen Stoß ins rechte Auge bekam/ daß er zu Bodem fiel. Er fragete ihn alſo liegend/ ob er lieber ſeinen Nahmen von ſich geben/ oder den Kopff ver- lieren wolte; Und als dieſer an ſtat der Demuht noch ſchmaͤhe worte vernehmẽ lies/ ſchlug er ihm das Haͤupt mit einem Streiche herunter/ wiſchete ſein Schwert/ und ging ganz unverwundet nach ſeinem Ladiſla zu/ welcher ihm mit einem ledigen Pferde entgegen ran- te/ worauff er ſich ſetzete/ und den Stathalter baht/ daß er den Reutern ihres todten Her- ren Leichnam wegzufuͤhren goͤnnen moͤchte; welches er leicht erhielt. Die Anweſende Ritterſchafft verwunderte ſich zum hoͤchſten uͤber Herkules Tapfferkeit/ und rieffen ihm alle Gluͤk zum Siege zu/ denen er mit bloſſem Haͤupte/ und friſchen freundlichen Angeſicht dankete; baht auch den Stathalter/ daß das Stechen alsbald ſeinen Fortgang wieder ge- winnen moͤchte/ nachdem er ſeine uͤbung geendiget/ deren er ſich nicht vermuhten geweſt waͤhre. Der Einrit in die Schranken geſchahe nach der erſtgehaltenen Ordnung/ und verſuchten ſich noch etliche Ritter/ die kein ſonderliches Zeichen loͤſeten; biß der zum er- ſten eingerittene ſich auff die Bahn ſetzete/ ſeinen Helm auffſchlug/ und ins gemein re- dete: da einer oder der ander ihn eines Rittes wirdigen wolte/ waͤhre er ſolches zuer- kennen willig. Der ſchwarze Ritter gewehrete jhn des Anſuchens/ traffen zu beyden ſeiten wol/ uñ lieſſen ſich keines Wanks meꝛken; im and’n Ritte entwiſchete dem Schwaꝛ- zen der rechte Stegreif/ aber im dritten muſte er gar herunter/ da doch jener ſtets feſt ſitzen blieb/ auch bald uͤmkehrete/ und den gefelleten uͤm Verzeihung baht/ indem er zugleich deſ- ſen Manheit preiſete/ und den Fall bloß auff das Gluk legete; welche Hoͤffligkeit unſeren Helden wolgefiel. Nach dieſem Verlauf ſtellete ſich der blanke Ritter ein/ und baht uͤmb ei- nen Verſuch; worauff ein ſtarker anſehnlicher aus dem Hauffen hervorſprengete/ und die- ſe Antwort gab: Ritter ich bin euch zugefallen/ dafern ich nicht zu dem andern treffen ge- noͤhtiget weꝛde. Dem Blanken dauchte dieſe Anmuhtung etwas ſtolz ſeyn/ und ſagete: Rit- ter/ wir wollen zuvor den erſten Gang verſuchen/ und den andern auff gut Gluͤk ausſetzen. Es fuͤhrete ſein Gegener einen Uhr Ochſen im Schilde/ welcher mit den Hoͤrnern wieder einen groſſen Baum lief/ mit dieſer uͤmbſchrifft: Ne quid nimis. Vermiß dich nicht zu viel. Auf dem Helme ſtund das Gluͤckes-Bilde/ und dieſe Worte dabey: Per me ſuccumbit fortior. Wañ ich wil muß der Staͤrkere unterliegen Sie nahmen beyde einen langen Lauff/ traffen nicht allein mit den Speeren/ ſondeꝛn auch mit den Pferden und Leibern dergeſtalt/ daß ſie uͤbeꝛn hauffen fielen/ und jederman gedachte/ ſie haͤtten unter jhren Pferden das Herz im Leibe zubrochen; arbeiteten ſich doch loß/ und ſahen mit Verwunderung/ wie jhre Pferde alle viere von ſich ſtrecketen und verſchieden/ daß man ſie muſte hinweg ſchleppen laſſen; bekah- men
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Erſtes Buch.
he/ daß ſein Feind den Schild auch von ſich legete/ und zwar bloß nur darumb/ daß er kei-
nen Vortel vor ihn haben wolte; noch dannoch wahr der Raͤcher ſo frevelmuͤhtig/ daß
er kein Wort reden wolte/ weßwegen Herkules ihm dergeſtalt umb die Ohren ging/ daß
ihm geſchwand/ welches er merkend/ zu ihm trat/ ihm den Helm vom Kopffe reiß/ und zu
ihm ſagete: Nun habe ich dich gezwungen/ mir dein Angeſicht ſehen zulaſſen/ und melde
mir ja bald deinen Nahmen/ oder unſer Streit muß ein Kampff ohn Gnade ſeyn. Der
Raͤcher biſſe die Zaͤhne im Kopffe/ und weil er bey dem Kaͤyſer keine Gnade zuhoffen hat-
te/ ſetzete er ſtilſchweigens auff Herkules mit hoͤchſter Wuht/ welches aber einen kurzen
Lauff hatte/ maſſen er gar bald einen Stoß ins rechte Auge bekam/ daß er zu Bodem fiel.
Er fragete ihn alſo liegend/ ob er lieber ſeinen Nahmen von ſich geben/ oder den Kopff ver-
lieren wolte; Und als dieſer an ſtat der Demuht noch ſchmaͤhe worte vernehmẽ lies/ ſchlug
er ihm das Haͤupt mit einem Streiche herunter/ wiſchete ſein Schwert/ und ging ganz
unverwundet nach ſeinem Ladiſla zu/ welcher ihm mit einem ledigen Pferde entgegen ran-
te/ worauff er ſich ſetzete/ und den Stathalter baht/ daß er den Reutern ihres todten Her-
ren Leichnam wegzufuͤhren goͤnnen moͤchte; welches er leicht erhielt. Die Anweſende
Ritterſchafft verwunderte ſich zum hoͤchſten uͤber Herkules Tapfferkeit/ und rieffen ihm
alle Gluͤk zum Siege zu/ denen er mit bloſſem Haͤupte/ und friſchen freundlichen Angeſicht
dankete; baht auch den Stathalter/ daß das Stechen alsbald ſeinen Fortgang wieder ge-
winnen moͤchte/ nachdem er ſeine uͤbung geendiget/ deren er ſich nicht vermuhten geweſt
waͤhre. Der Einrit in die Schranken geſchahe nach der erſtgehaltenen Ordnung/ und
verſuchten ſich noch etliche Ritter/ die kein ſonderliches Zeichen loͤſeten; biß der zum er-
ſten eingerittene ſich auff die Bahn ſetzete/ ſeinen Helm auffſchlug/ und ins gemein re-
dete: da einer oder der ander ihn eines Rittes wirdigen wolte/ waͤhre er ſolches zuer-
kennen willig. Der ſchwarze Ritter gewehrete jhn des Anſuchens/ traffen zu beyden
ſeiten wol/ uñ lieſſen ſich keines Wanks meꝛken; im and’n Ritte entwiſchete dem Schwaꝛ-
zen der rechte Stegreif/ aber im dritten muſte er gar herunter/ da doch jener ſtets feſt ſitzen
blieb/ auch bald uͤmkehrete/ und den gefelleten uͤm Verzeihung baht/ indem er zugleich deſ-
ſen Manheit preiſete/ und den Fall bloß auff das Gluk legete; welche Hoͤffligkeit unſeren
Helden wolgefiel. Nach dieſem Verlauf ſtellete ſich der blanke Ritter ein/ und baht uͤmb ei-
nen Verſuch; worauff ein ſtarker anſehnlicher aus dem Hauffen hervorſprengete/ und die-
ſe Antwort gab: Ritter ich bin euch zugefallen/ dafern ich nicht zu dem andern treffen ge-
noͤhtiget weꝛde. Dem Blanken dauchte dieſe Anmuhtung etwas ſtolz ſeyn/ und ſagete: Rit-
ter/ wir wollen zuvor den erſten Gang verſuchen/ und den andern auff gut Gluͤk ausſetzen.
Es fuͤhrete ſein Gegener einen Uhr Ochſen im Schilde/ welcher mit den Hoͤrnern wieder
einen groſſen Baum lief/ mit dieſer uͤmbſchrifft: Ne quid nimis. Vermiß dich nicht zu viel. Auf
dem Helme ſtund das Gluͤckes-Bilde/ und dieſe Worte dabey: Per me ſuccumbit fortior.
Wañ ich wil muß der Staͤrkere unterliegen Sie nahmen beyde einen langen Lauff/ traffen nicht
allein mit den Speeren/ ſondeꝛn auch mit den Pferden und Leibern dergeſtalt/ daß ſie uͤbeꝛn
hauffen fielen/ und jederman gedachte/ ſie haͤtten unter jhren Pferden das Herz im Leibe
zubrochen; arbeiteten ſich doch loß/ und ſahen mit Verwunderung/ wie jhre Pferde alle
viere von ſich ſtrecketen und verſchieden/ daß man ſie muſte hinweg ſchleppen laſſen; bekah-
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Zitationshilfe: | Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659, S. 239. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659/277>, abgerufen am 16.06.2024. |