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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659.

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Vierdes Buch.
gen könten. Kleon ging zuvor nach dem Stalle/ nam seine daselbst vergrabene Kleinot ne-
ben einer Sturmhaube/ Schwert und Schild zu sich/ und machte sich mit seiner Gesell-
schafft frölich davon/ dem Himmel höchlich dankend/ daß er dieser beschwerlichen und ge-
zwungenen Unkeuscheit entrunnen wahr/ und nunmehr die ganze Welt wiederumb offen
hatte. Er ritte schnelle fort/ und fragete nach den Landstrassen gar fleissig/ weil er seinem vor-
geben nach/ erstes Tages an die Persischen Grenzen solte verschicket werden. Als sie nun
an einen Scheideweg kahmen/ von welchem ihm seine Gefärten sageten/ daß er nach Per-
sen ginge/ zeigete er ihnen an/ dieser währe ihm zureiten von seiner Gn. Frauen befohlen/ und
könten sie nach belieben entweder nach Nabarzanes Schlosse umkehren/ oder gen Susa
sich verfügen/ ihrem Fürsten anzuzeigen/ der Vogel währe nicht mehr im Bauer/ sondern
durch ein enges Ritzchen davon geflogen. Diese hingegen lacheten seines vorgebens/ es hät-
te die Meynung nicht/ sie hätten der Frauen befehl selbst angehöret/ daß er nach Susa mit
ihnen solte/ deßwegen müste er sich nicht von ihnen trennen. Er aber reiß den angeklebeten
Bart hinweg/ daß der eine/ der ihn vor mehr gesehen hatte/ ihn alsbald kennete/ welcher zu
seinem Gesellen sagete: Hui Bruder/ eben dieser ist der Verrähter Kleon/ welchen zufahen
wir ausgeschicket sind/ deswegen müssen wir ihn greiffen oder sterben. Was/ bin ich ein
Verrähter? sagte er; setzete damit ernstlich unter sie/ und erlegete den einen alsbald; der
ander/ ob er gleich gute Gegenwehre taht/ muste endlich auch mit dem Leben bezahlen. Sta-
tira erfuhr gleich diese Nacht/ es hätte Orsillos den verstelleten Kleon an der Rede erkennet/
und solches einem andern Knechte vertrauet/ daher sie einem ihrer geträuesten Dienern be-
fahl/ ihn unter dem Schein/ daß er Holtz tragen solte/ alsbald in den Wald mit zunehmen/
zuerschlagen/ das Häupt ihm abzuschneiden/ und das übrige den wilden Tihren zulassen.
Dieser wolte solchem Befehl nachkommen/ ging mit ihm fort/ und trug eine schwere Holz-
Axt auff der Schulter. Orsillos empfand ein starkes grausen in seinem Herzen/ nam eine
kurze Erklärung/ vorige Freyheit wieder zusuchen/ stürtzete seinen Gefärten unversehens zu
bodem/ erschlug ihn hernach mit der Axt/ machte sich auch mit derselben von der grössesten
Last seiner Bein Ketten loß/ schleppete den Ermordeten ins Gesträuch/ und lieff gegen Mit-
tag des nähesten Weges nach dem Persischen Meer zu/ da er in einem Flecken sich bey ei-
nem Schmide/ den er in der Jugend gekennet hatte/ angab/ und das übrige von der Ketten
abfeilen ließ/ und weil er keine Lebensmittel hatte/ nehrete er sich des raubens und stehlens
eine zeitlang. Kleon/ so bald er seine Geleitsleute vom Brod getahn hatte/ jagete drey Mei-
len in den Frühstunden fort/ biß er in einem Dorffe anlangete/ woselbst er nach allem Wun-
sche einen Kauffmann antraff/ der viel Reit Harnische auff unterschiedlichen Wagen nach
Susa zuverhandeln führete/ kauffte ihm der festesten einen ab/ und nach vierstündiger Ru-
he nam er einen Bauren zu sich/ welcher ihn den sichersten Weg nach Fr. Statiren Wase
führen muste/ kehrete bey ihr ein/ und nach angemeldetem Grusse von ihrer Wasen/ über-
reichete er das Schreiben mit guter Höfligkeit. Diese wahr eine gar alte ansehnliche Frau/
Nahmens Artystona/ von grossen Baarschafften/ hatte Statiren in kindlichen Jahren auf-
erzogen/ und in der Jugend gleiches Handwerk der Unkeuscheit mit Fürst Gobares Vater
getrieben. Sie hatte aber in Jahresfrist keine Zeitung von ihrer Wasen gehabt/ daher ihr
das Schreiben sehr angenehm wahr/ und sie aus demselben ihre Liebe zu Kleon leicht spü-

rete/

Vierdes Buch.
gen koͤnten. Kleon ging zuvor nach dem Stalle/ nam ſeine daſelbſt vergrabene Kleinot ne-
ben einer Sturmhaube/ Schwert und Schild zu ſich/ und machte ſich mit ſeiner Geſell-
ſchafft froͤlich davon/ dem Himmel hoͤchlich dankend/ daß er dieſer beſchwerlichen und ge-
zwungenen Unkeuſcheit entrunnen wahr/ und nunmehr die ganze Welt wiederumb offen
hatte. Er ritte ſchnelle foꝛt/ und fragete nach den Landſtraſſen gar fleiſſig/ weil er ſeinem vor-
geben nach/ erſtes Tages an die Perſiſchen Grenzen ſolte verſchicket werden. Als ſie nun
an einen Scheideweg kahmen/ von welchem ihm ſeine Gefaͤrten ſageten/ daß er nach Per-
ſen ginge/ zeigete er ihnen an/ dieſer waͤhre ihm zureiten von ſeiner Gn. Frauen befohlen/ uñ
koͤnten ſie nach belieben entweder nach Nabarzanes Schloſſe umkehren/ oder gen Suſa
ſich verfuͤgen/ ihrem Fuͤrſten anzuzeigen/ der Vogel waͤhre nicht mehr im Bauer/ ſondern
durch ein enges Ritzchen davon geflogen. Dieſe hingegen lacheten ſeines vorgebens/ es haͤt-
te die Meynung nicht/ ſie haͤtten der Frauen befehl ſelbſt angehoͤret/ daß er nach Suſa mit
ihnen ſolte/ deßwegen muͤſte er ſich nicht von ihnen trennen. Er aber reiß den angeklebeten
Bart hinweg/ daß der eine/ der ihn vor mehr geſehen hatte/ ihn alsbald kennete/ welcher zu
ſeinem Geſellen ſagete: Hui Bruder/ eben dieſer iſt der Verraͤhter Kleon/ welchen zufahen
wir ausgeſchicket ſind/ deswegen muͤſſen wir ihn greiffen oder ſterben. Was/ bin ich ein
Verraͤhter? ſagte er; ſetzete damit ernſtlich unter ſie/ und erlegete den einen alsbald; der
ander/ ob er gleich gute Gegenwehre taht/ muſte endlich auch mit dem Leben bezahlen. Sta-
tira erfuhr gleich dieſe Nacht/ es haͤtte Orſillos den verſtelleten Kleon an der Rede erkeñet/
uñ ſolches einem andern Knechte vertrauet/ daher ſie einem ihrer getraͤueſten Dienern be-
fahl/ ihn unter dem Schein/ daß er Holtz tragen ſolte/ alsbald in den Wald mit zunehmen/
zuerſchlagen/ das Haͤupt ihm abzuſchneiden/ und das uͤbrige den wilden Tihren zulaſſen.
Dieſer wolte ſolchem Befehl nachkommen/ ging mit ihm fort/ und trug eine ſchwere Holz-
Axt auff der Schulter. Orſillos empfand ein ſtarkes grauſen in ſeinem Herzen/ nam eine
kurze Erklaͤrung/ vorige Freyheit wieder zuſuchen/ ſtuͤrtzete ſeinen Gefaͤrten unverſehens zu
bodem/ erſchlug ihn hernach mit der Axt/ machte ſich auch mit derſelben von der groͤſſeſten
Laſt ſeiner Bein Ketten loß/ ſchleppete den Ermordeten ins Geſtraͤuch/ und lieff gegen Mit-
tag des naͤheſten Weges nach dem Perſiſchen Meer zu/ da er in einem Flecken ſich bey ei-
nem Schmide/ den er in der Jugend gekennet hatte/ angab/ und das uͤbrige von der Ketten
abfeilen ließ/ und weil er keine Lebensmittel hatte/ nehrete er ſich des raubens und ſtehlens
eine zeitlang. Kleon/ ſo bald er ſeine Geleitsleute vom Brod getahn hatte/ jagete drey Mei-
len in den Fruͤhſtunden fort/ biß er in einem Dorffe anlangete/ woſelbſt er nach allem Wun-
ſche einen Kauffmann antraff/ der viel Reit Harniſche auff unterſchiedlichen Wagen nach
Suſa zuverhandeln fuͤhrete/ kauffte ihm der feſteſten einen ab/ und nach vierſtuͤndiger Ru-
he nam er einen Bauren zu ſich/ welcher ihn den ſicherſten Weg nach Fr. Statiren Waſe
fuͤhren muſte/ kehrete bey ihr ein/ und nach angemeldetem Gruſſe von ihrer Waſen/ uͤber-
reichete er das Schreiben mit guter Hoͤfligkeit. Dieſe wahr eine gar alte anſehnliche Frau/
Nahmens Artyſtona/ von groſſen Baarſchafften/ hatte Statiren in kindlichen Jahrẽ auf-
erzogen/ und in der Jugend gleiches Handwerk der Unkeuſcheit mit Fuͤrſt Gobares Vater
getrieben. Sie hatte aber in Jahresfriſt keine Zeitung von ihrer Waſen gehabt/ daher ihr
das Schreiben ſehr angenehm wahr/ und ſie aus demſelben ihre Liebe zu Kleon leicht ſpuͤ-

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[812/0850] Vierdes Buch. gen koͤnten. Kleon ging zuvor nach dem Stalle/ nam ſeine daſelbſt vergrabene Kleinot ne- ben einer Sturmhaube/ Schwert und Schild zu ſich/ und machte ſich mit ſeiner Geſell- ſchafft froͤlich davon/ dem Himmel hoͤchlich dankend/ daß er dieſer beſchwerlichen und ge- zwungenen Unkeuſcheit entrunnen wahr/ und nunmehr die ganze Welt wiederumb offen hatte. Er ritte ſchnelle foꝛt/ und fragete nach den Landſtraſſen gar fleiſſig/ weil er ſeinem vor- geben nach/ erſtes Tages an die Perſiſchen Grenzen ſolte verſchicket werden. Als ſie nun an einen Scheideweg kahmen/ von welchem ihm ſeine Gefaͤrten ſageten/ daß er nach Per- ſen ginge/ zeigete er ihnen an/ dieſer waͤhre ihm zureiten von ſeiner Gn. Frauen befohlen/ uñ koͤnten ſie nach belieben entweder nach Nabarzanes Schloſſe umkehren/ oder gen Suſa ſich verfuͤgen/ ihrem Fuͤrſten anzuzeigen/ der Vogel waͤhre nicht mehr im Bauer/ ſondern durch ein enges Ritzchen davon geflogen. Dieſe hingegen lacheten ſeines vorgebens/ es haͤt- te die Meynung nicht/ ſie haͤtten der Frauen befehl ſelbſt angehoͤret/ daß er nach Suſa mit ihnen ſolte/ deßwegen muͤſte er ſich nicht von ihnen trennen. Er aber reiß den angeklebeten Bart hinweg/ daß der eine/ der ihn vor mehr geſehen hatte/ ihn alsbald kennete/ welcher zu ſeinem Geſellen ſagete: Hui Bruder/ eben dieſer iſt der Verraͤhter Kleon/ welchen zufahen wir ausgeſchicket ſind/ deswegen muͤſſen wir ihn greiffen oder ſterben. Was/ bin ich ein Verraͤhter? ſagte er; ſetzete damit ernſtlich unter ſie/ und erlegete den einen alsbald; der ander/ ob er gleich gute Gegenwehre taht/ muſte endlich auch mit dem Leben bezahlen. Sta- tira erfuhr gleich dieſe Nacht/ es haͤtte Orſillos den verſtelleten Kleon an der Rede erkeñet/ uñ ſolches einem andern Knechte vertrauet/ daher ſie einem ihrer getraͤueſten Dienern be- fahl/ ihn unter dem Schein/ daß er Holtz tragen ſolte/ alsbald in den Wald mit zunehmen/ zuerſchlagen/ das Haͤupt ihm abzuſchneiden/ und das uͤbrige den wilden Tihren zulaſſen. Dieſer wolte ſolchem Befehl nachkommen/ ging mit ihm fort/ und trug eine ſchwere Holz- Axt auff der Schulter. Orſillos empfand ein ſtarkes grauſen in ſeinem Herzen/ nam eine kurze Erklaͤrung/ vorige Freyheit wieder zuſuchen/ ſtuͤrtzete ſeinen Gefaͤrten unverſehens zu bodem/ erſchlug ihn hernach mit der Axt/ machte ſich auch mit derſelben von der groͤſſeſten Laſt ſeiner Bein Ketten loß/ ſchleppete den Ermordeten ins Geſtraͤuch/ und lieff gegen Mit- tag des naͤheſten Weges nach dem Perſiſchen Meer zu/ da er in einem Flecken ſich bey ei- nem Schmide/ den er in der Jugend gekennet hatte/ angab/ und das uͤbrige von der Ketten abfeilen ließ/ und weil er keine Lebensmittel hatte/ nehrete er ſich des raubens und ſtehlens eine zeitlang. Kleon/ ſo bald er ſeine Geleitsleute vom Brod getahn hatte/ jagete drey Mei- len in den Fruͤhſtunden fort/ biß er in einem Dorffe anlangete/ woſelbſt er nach allem Wun- ſche einen Kauffmann antraff/ der viel Reit Harniſche auff unterſchiedlichen Wagen nach Suſa zuverhandeln fuͤhrete/ kauffte ihm der feſteſten einen ab/ und nach vierſtuͤndiger Ru- he nam er einen Bauren zu ſich/ welcher ihn den ſicherſten Weg nach Fr. Statiren Waſe fuͤhren muſte/ kehrete bey ihr ein/ und nach angemeldetem Gruſſe von ihrer Waſen/ uͤber- reichete er das Schreiben mit guter Hoͤfligkeit. Dieſe wahr eine gar alte anſehnliche Frau/ Nahmens Artyſtona/ von groſſen Baarſchafften/ hatte Statiren in kindlichen Jahrẽ auf- erzogen/ und in der Jugend gleiches Handwerk der Unkeuſcheit mit Fuͤrſt Gobares Vater getrieben. Sie hatte aber in Jahresfriſt keine Zeitung von ihrer Waſen gehabt/ daher ihr das Schreiben ſehr angenehm wahr/ und ſie aus demſelben ihre Liebe zu Kleon leicht ſpuͤ- rete/

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlichen Teutschen Groß-Fürsten Herkules Und der Böhmischen Königlichen Fräulein Valjska Wunder-Geschichte. Bd. 1. Braunschweig, 1659, S. 812. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules01_1659/850>, abgerufen am 17.06.2024.