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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660.

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Fünftes Buch.
ren Hirkanisches Adels/ und nicht der Meynung/ ihrem ehrlichen Geschlechte einigen
Schandflek anzuwerffen/ bähten untertähnigst/ Ihre Groß Fürstl. Durchl. wolte sie des
ungleichen Verdachts gnädigst entheben/ oder zum wenigsten bey ihrem gnädigsten Herrn
ihnen Erläubniß erwerben/ in ihr Vaterland zuzihen. So wisset ihr euch alles bösen Vor-
nehmens so gar frey und unschuldig? sagte Phraortes. Ja/ gnädigster Herr/ antworteten
sie/ wolten auch lieber sterben/ als unzimliche Sachen vornehmen. Phraortes lachete ihrer
Ernsthafftigkeit/ und sagte: O wer sich warnen liesse/ ehe er überzeuget würde; dann her-
nach wird es viel zu lange geharret seyn. Diese drey sahen sich untereinander an/ und miß-
dauchte sie Bazaentes Abwesenheit/ wolten sich doch selbst nicht verrahten/ sondern bahten/
ihr vierder Geselle möchte zur Verantwortung dieser schweren Auflage auch gefodert
werden. Aber Phraortes gab zur Antwort: Seyd ihr drey from/ so wird der vierde wol
mit from seyn; oder ist er schlimmer als ihr/ dann haben wir an euch dreyen schon mehr als
gnug; wiewol euer Geselle nach befindung eben so wenig als ein ander frey ausgehen sol.
Machet euch aber hin/ und hohlet die drey par Handschuch her/ daß sie euer gerühmeten
Unschuld Zeuge seyn. Was vor Handschuch/ gnädigster Groß Fürst? fragete Trountes/
der gewöhnliche Worthalter. Du stellest dich sehr fremde/ sagte Phraortes; Ich fodere
dieselben/ welche ihr ins Neben Gemach getragen/ und sie daselbst mit einem wolriechenden
Sälbelein bestrichen habt. Der eine wahr willens zubekennen/ und umb Gnade zu bitten/
weil er hörete/ daß die Sache verrahten wahr; aber Trountes sing seiner Verwägenheit
nach an: Hat etwa Bazaentes/ der dabey nistelte/ etwas daran geschmieret/ wovon mir
gleichwol nichts bewust ist/ so straffe man ihn; ich und meine Gesellen wollen gern selbst
mit Hand anlegen. Bistu da zurissen/ sagte Phraortes/ so muß Meister Hämmerlein ü-
ber dich kommen; und meynestu Bube/ diese Hoch Fürstl. Geselschafft werde sich durch
deine schlauhe Verstellung hintergehen lassen? Hierauff wurden die anwesende Diener
befehlichet/ ihnen die Kleider zubesuchen. Worauf der eine/ nahmens Orontes/ alsbald einen
Fußfall taht/ legte sich auff die Erde/ und rief immerzu/ Gnade/ Gnade! die anderen beyde
aber sträubeten sich/ zücketen ihr Brodmesser/ und traten dem Tische näher/ des willens/ un-
sere beyde Helden zuerstechen; aber die anwesende Diener begriffen sie/ brachen ihnen die
Messer aus den Fäusten/ und wurden drey Böhmische darüber verwundet. Die Fürstli-
che Geselschafft kehrete sich nicht groß dran/ und wurden etliche Trabanten hinein geruf-
fen/ welche die Buben mit Stricken bunden/ und Herkules ihnen nochmahl zu reden er-
laubete; Worauff der vorige zu seinem Mit Schelme/ nahmens Mazezes sagte: Mein
redlicher Geselle und lieber Bruder/ du sihest und hörest/ daß der meinäidige Bazaentes
zum Verrähter worden ist/ wie ich allemahl gefürchtet/ und der furchtsame Orontes das
Herz verlohren hat; Laß uns aber geherzt sterben/ nachdem wir nicht länger glüklich leben/
noch unserm allerliebesten Könige weiter dienen können; wir wollen trauen weder Aufrüh-
rer noch Abtrünnige werden/ sondern deren Boßheit vielmehr verfluchen. Den Fürsten
ging solche Schmach durchs Herz/ und befahl Artaxerxes/ daß sie drunten im Vorhofe am
ganzen Leibe mit Ruhten biß auffs milde Blut gestrichen/ hernach in absonderliche Ge-
fängniß gelegt/ und auff der Folter stränge solten gezogen werden; da man die Gifftbüchs-
lein bey ihnen fand/ und ihre Uhrgicht mit Bazaentes Bekäntniß ganz überein stimmete.

Oron-
u

Fuͤnftes Buch.
ren Hirkaniſches Adels/ und nicht der Meynung/ ihrem ehrlichen Geſchlechte einigen
Schandflek anzuwerffen/ baͤhten untertaͤhnigſt/ Ihre Groß Fuͤrſtl. Durchl. wolte ſie des
ungleichen Verdachts gnaͤdigſt entheben/ oder zum wenigſten bey ihrem gnaͤdigſten Herꝛn
ihnen Erlaͤubniß erwerben/ in ihr Vaterland zuzihen. So wiſſet ihr euch alles boͤſen Vor-
nehmens ſo gar frey und unſchuldig? ſagte Phraortes. Ja/ gnaͤdigſter Herr/ antworteten
ſie/ wolten auch lieber ſterben/ als unzimliche Sachen vornehmen. Phraortes lachete ihreꝛ
Ernſthafftigkeit/ und ſagte: O wer ſich warnen lieſſe/ ehe er uͤberzeuget würde; dann her-
nach wird es viel zu lange geharret ſeyn. Dieſe drey ſahen ſich untereinander an/ und miß-
dauchte ſie Bazaentes Abweſenheit/ wolten ſich doch ſelbſt nicht verrahten/ ſondern bahten/
ihr vierder Geſelle moͤchte zur Verantwortung dieſer ſchweren Auflage auch gefodert
werden. Aber Phraortes gab zur Antwort: Seyd ihr drey from/ ſo wird der vierde wol
mit from ſeyn; oder iſt er ſchlimmer als ihr/ dann haben wir an euch dreyen ſchon mehꝛ als
gnug; wiewol euer Geſelle nach befindung eben ſo wenig als ein ander frey ausgehen ſol.
Machet euch aber hin/ und hohlet die drey par Handſchuch her/ daß ſie euer geruͤhmeten
Unſchuld Zeuge ſeyn. Was vor Handſchuch/ gnaͤdigſter Groß Fuͤrſt? fragete Trountes/
der gewoͤhnliche Worthalter. Du ſtelleſt dich ſehr fremde/ ſagte Phraortes; Ich fodere
dieſelben/ welche ihr ins Neben Gemach getragen/ und ſie daſelbſt mit einem wolriechenden
Saͤlbelein beſtrichen habt. Der eine wahr willens zubekennen/ und umb Gnade zu bitten/
weil er hoͤrete/ daß die Sache verrahten wahr; aber Trountes ſing ſeiner Verwaͤgenheit
nach an: Hat etwa Bazaentes/ der dabey niſtelte/ etwas daran geſchmieret/ wovon mir
gleichwol nichts bewuſt iſt/ ſo ſtraffe man ihn; ich und meine Geſellen wollen gern ſelbſt
mit Hand anlegen. Biſtu da zuriſſen/ ſagte Phraortes/ ſo muß Meiſter Haͤmmerlein uͤ-
ber dich kommen; und meyneſtu Bube/ dieſe Hoch Fuͤrſtl. Geſelſchafft werde ſich durch
deine ſchlauhe Verſtellung hintergehen laſſen? Hierauff wurden die anweſende Diener
befehlichet/ ihnen die Kleider zubeſuchen. Worauf der eine/ nahmens Orontes/ alsbald einẽ
Fußfall taht/ legte ſich auff die Erde/ und rief immerzu/ Gnade/ Gnade! die anderen beyde
aber ſtraͤubeten ſich/ zuͤcketen ihr Brodmeſſer/ und traten dem Tiſche naͤher/ des willens/ un-
ſere beyde Helden zuerſtechen; aber die anweſende Diener begriffen ſie/ brachen ihnen die
Meſſer aus den Faͤuſten/ und wurden drey Boͤhmiſche darüber verwundet. Die Fuͤrſtli-
che Geſelſchafft kehrete ſich nicht groß dran/ und wurden etliche Trabanten hinein geruf-
fen/ welche die Buben mit Stricken bunden/ und Herkules ihnen nochmahl zu reden er-
laubete; Worauff der vorige zu ſeinem Mit Schelme/ nahmens Mazezes ſagte: Mein
redlicher Geſelle und lieber Bruder/ du ſiheſt und hoͤreſt/ daß der meinaͤidige Bazaentes
zum Verraͤhter worden iſt/ wie ich allemahl gefuͤrchtet/ und der furchtſame Orontes das
Herz verlohren hat; Laß uns aber geherzt ſterben/ nachdem wir nicht laͤnger gluͤklich leben/
noch unſerm allerliebeſten Koͤnige weiter dienen koͤnnen; wir wollen trauen weder Aufruͤh-
rer noch Abtruͤnnige werden/ ſondern deren Boßheit vielmehr verfluchen. Den Fürſten
ging ſolche Schmach durchs Herz/ und befahl Artaxerxes/ daß ſie drunten im Vorhofe am
ganzen Leibe mit Ruhten biß auffs milde Blut geſtrichen/ hernach in abſonderliche Ge-
faͤngniß gelegt/ und auff der Folter ſtraͤnge ſolten gezogen werden; da man die Gifftbuͤchs-
lein bey ihnen fand/ und ihre Uhrgicht mit Bazaentes Bekaͤntniß ganz uͤberein ſtimmete.

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[153/0159] Fuͤnftes Buch. ren Hirkaniſches Adels/ und nicht der Meynung/ ihrem ehrlichen Geſchlechte einigen Schandflek anzuwerffen/ baͤhten untertaͤhnigſt/ Ihre Groß Fuͤrſtl. Durchl. wolte ſie des ungleichen Verdachts gnaͤdigſt entheben/ oder zum wenigſten bey ihrem gnaͤdigſten Herꝛn ihnen Erlaͤubniß erwerben/ in ihr Vaterland zuzihen. So wiſſet ihr euch alles boͤſen Vor- nehmens ſo gar frey und unſchuldig? ſagte Phraortes. Ja/ gnaͤdigſter Herr/ antworteten ſie/ wolten auch lieber ſterben/ als unzimliche Sachen vornehmen. Phraortes lachete ihreꝛ Ernſthafftigkeit/ und ſagte: O wer ſich warnen lieſſe/ ehe er uͤberzeuget würde; dann her- nach wird es viel zu lange geharret ſeyn. Dieſe drey ſahen ſich untereinander an/ und miß- dauchte ſie Bazaentes Abweſenheit/ wolten ſich doch ſelbſt nicht verrahten/ ſondern bahten/ ihr vierder Geſelle moͤchte zur Verantwortung dieſer ſchweren Auflage auch gefodert werden. Aber Phraortes gab zur Antwort: Seyd ihr drey from/ ſo wird der vierde wol mit from ſeyn; oder iſt er ſchlimmer als ihr/ dann haben wir an euch dreyen ſchon mehꝛ als gnug; wiewol euer Geſelle nach befindung eben ſo wenig als ein ander frey ausgehen ſol. Machet euch aber hin/ und hohlet die drey par Handſchuch her/ daß ſie euer geruͤhmeten Unſchuld Zeuge ſeyn. Was vor Handſchuch/ gnaͤdigſter Groß Fuͤrſt? fragete Trountes/ der gewoͤhnliche Worthalter. Du ſtelleſt dich ſehr fremde/ ſagte Phraortes; Ich fodere dieſelben/ welche ihr ins Neben Gemach getragen/ und ſie daſelbſt mit einem wolriechenden Saͤlbelein beſtrichen habt. Der eine wahr willens zubekennen/ und umb Gnade zu bitten/ weil er hoͤrete/ daß die Sache verrahten wahr; aber Trountes ſing ſeiner Verwaͤgenheit nach an: Hat etwa Bazaentes/ der dabey niſtelte/ etwas daran geſchmieret/ wovon mir gleichwol nichts bewuſt iſt/ ſo ſtraffe man ihn; ich und meine Geſellen wollen gern ſelbſt mit Hand anlegen. Biſtu da zuriſſen/ ſagte Phraortes/ ſo muß Meiſter Haͤmmerlein uͤ- ber dich kommen; und meyneſtu Bube/ dieſe Hoch Fuͤrſtl. Geſelſchafft werde ſich durch deine ſchlauhe Verſtellung hintergehen laſſen? Hierauff wurden die anweſende Diener befehlichet/ ihnen die Kleider zubeſuchen. Worauf der eine/ nahmens Orontes/ alsbald einẽ Fußfall taht/ legte ſich auff die Erde/ und rief immerzu/ Gnade/ Gnade! die anderen beyde aber ſtraͤubeten ſich/ zuͤcketen ihr Brodmeſſer/ und traten dem Tiſche naͤher/ des willens/ un- ſere beyde Helden zuerſtechen; aber die anweſende Diener begriffen ſie/ brachen ihnen die Meſſer aus den Faͤuſten/ und wurden drey Boͤhmiſche darüber verwundet. Die Fuͤrſtli- che Geſelſchafft kehrete ſich nicht groß dran/ und wurden etliche Trabanten hinein geruf- fen/ welche die Buben mit Stricken bunden/ und Herkules ihnen nochmahl zu reden er- laubete; Worauff der vorige zu ſeinem Mit Schelme/ nahmens Mazezes ſagte: Mein redlicher Geſelle und lieber Bruder/ du ſiheſt und hoͤreſt/ daß der meinaͤidige Bazaentes zum Verraͤhter worden iſt/ wie ich allemahl gefuͤrchtet/ und der furchtſame Orontes das Herz verlohren hat; Laß uns aber geherzt ſterben/ nachdem wir nicht laͤnger gluͤklich leben/ noch unſerm allerliebeſten Koͤnige weiter dienen koͤnnen; wir wollen trauen weder Aufruͤh- rer noch Abtruͤnnige werden/ ſondern deren Boßheit vielmehr verfluchen. Den Fürſten ging ſolche Schmach durchs Herz/ und befahl Artaxerxes/ daß ſie drunten im Vorhofe am ganzen Leibe mit Ruhten biß auffs milde Blut geſtrichen/ hernach in abſonderliche Ge- faͤngniß gelegt/ und auff der Folter ſtraͤnge ſolten gezogen werden; da man die Gifftbuͤchs- lein bey ihnen fand/ und ihre Uhrgicht mit Bazaentes Bekaͤntniß ganz uͤberein ſtimmete. Oron- u

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660, S. 153. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660/159>, abgerufen am 25.11.2024.