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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660.

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Siebendes Buch.
verrichtete; da er nach Eröffnung denselben Brief küssete/ und ihn solcher gestalt anrede-
te: O du allerliebstes Briefelein/ hastu einige Glükseligkeit in dir/ so teile doch dem bißher
allerunglükseligsten Arbianes etwas mit/ auff daß er in seinem Leiden nicht gar untergehe/
noch dieses Häu sein Todten Bette seyn möge. Reichete ihn hiemit dem Fräulein ganz
ehrerbietig über/ und baht mit freundlicher Umfahung/ diesem Schreiben die Lesens-wir-
digung anzutuhn/ in betrachtung der Herz Schwesterlichen Liebe/ damit die Groß Fürstin
ihr zugetahn währe. Dieses ist eine hohe und kräfftige Ermahnung/ sagte sie/ deren ich mich
nicht zuwider setzen weiß; legete den Brief von einander und lase/ da Arbianes ihr leuchte-
te/ folgenden Inhalt/ ohn einiges Wortsprechen.

Herzallerliebste Fräulein Schwester; nach dem der gütige Gott uns ingesamt wieder nach Hau-
se geleitet/ auch unsern Lieben Eltern und Euer Liebe Rettung zutuhn/ Gelegenheit bescheret hat/ ha-
ben Euer Liebe Herren Brüder und ich/ den Durchleuchtigsten Groß Fürstlichen Herren auß Meden/
Fürst Arbianes/ dessen hefftiger Verliebung gegen eure Vortreffligkeit/ keine andere gleichen mag/
mit über bringen/ und ihr denselben als ihren versprochenen Bräutigam und Gemahl zuführen wol-
len/ nicht zweiffelnd/ dieselbe werde unserm festgemachten Schlusse keines weges wiedersprechen/ son-
dern/ wann dem lieben Fürsten seine vorgenommene Bemühung/ Eure Liebe aus Räuber Händen zu-
reissen/ glücken solte/ ihn dessen nach seinem ehrliebenden Begehren geniessen zulassen/ und nicht anders
gedencken/ als daß sie in Begleitung ihres versprochenen Bräutigams sich befinde/ massen wir unsers
Orts gar nicht zweiffeln/ es werden eure liebe Eltern in diese Heyraht einwilligen/ und ihrer Herren
Söhne/ wie auch meinen wolgemeineten Vortrag gelten lassen; daher wir der gänzlichen Zuversicht
zugleich leben/ Eure Liebe werde/ ehe sie bey uns anlanget/ also bald nach Lesung dieses Brieffleins/ ihr
Herz und Willen dem unsern gleichstimmend machen/ und diesen Lieben ihr gantz und gar zu eigen er-
gebenen Fürsten ihr Herz zur steten Wohnung einräumen/ dafern sonsten noch ein einziges Blutäder-
chen an ihrem Leibe übrig ist/ welches ihren Herren Brüdern und mir mit Schwesterlichem Willen zu-
getahn verbleibet. Inzwischen bewahre der Allmächtige Gott eure Ehre/ Leben und Gesundheit vor
den boßhafftigen Räubern/ und bringe uns in wenig Stunden wieder zusammen/ wie solches wün-
schet und hoffet/ Euer Liebe inbrünstig-ergebene Schwester und geträue Freundin Valiska.

Der Fürst gab fleissige Achtung auff ihr Gesichte/ weil sie den Brieff lase/ und auß
ihren unterschiedlichen Verenderungen merkete er/ daß seiner Sache bester massen darin-
nen würde gedacht seyn/ baht daher inständig/ dafern möglich/ ihm des Brieffes Inhalt
wissen zulassen. Ja warumb nicht Durchl. Fürst? sagte sie/ legte inzwischen das Schreiben
wieder zusammen/ steckete es an den vorigen Ort/ und fuhr in ihrer Rede fort/ sie würde/
von ihrer Fr. Schwester wegen glüklicher Wiederkunfft ihrer Herrn Brüder berichtet
und daß ihre Liebe auß guter Gewogenheit gegen ihre Wenigkeit mit überkommen währe/
umb bey ihren lieben Eltern zuvernehmen/ ob einige Heyraht zwischen ihnen könte gefliff-
tet und verabredet/ auch über etliche Zeit/ wann sie zu den verständigen Jahren würde kom-
men seyn/ volzogen werden; da dann ihre Fr. Schwester bey ihr ansuchete/ sich hierin ge-
gen ihrer lieben Eltern und Brüder Willen nicht zu wiederspenstigen. Dieses ist der gan-
ze Inhalt/ Hochwerter Fürst/ sagete sie/ welchem nachzukommen/ ich mich schon im Anfan-
ge von mir selbst erkläret habe. Sie brachte dieses mit einer angenommenen Ernsthafftig-
keit vor/ und gedachte nochmals/ ihn damit hinzuhalten/ würde auch in ihren Gedanken
nicht betrogen seyn/ wann sie nur der weiten Außstellung des Beylagers nicht gedacht hät-
te; welches dem verliebeten Fürsten allen Glauben benam/ sintemahl die Großfürstin ihm

viel

Siebendes Buch.
verrichtete; da er nach Eroͤffnung denſelben Brief küſſete/ und ihn ſolcher geſtalt anrede-
te: O du allerliebſtes Briefelein/ haſtu einige Glükſeligkeit in dir/ ſo teile doch dem bißher
allerungluͤkſeligſten Arbianes etwas mit/ auff daß er in ſeinem Leiden nicht gar untergehe/
noch dieſes Haͤu ſein Todten Bette ſeyn moͤge. Reichete ihn hiemit dem Fraͤulein ganz
ehrerbietig uͤber/ und baht mit freundlicher Umfahung/ dieſem Schreiben die Leſens-wir-
digung anzutuhn/ in betrachtung der Herz Schweſterlichen Liebe/ damit die Groß Fuͤrſtin
ihr zugetahn waͤhre. Dieſes iſt eine hohe und kraͤfftige Ermahnung/ ſagte ſie/ derẽ ich mich
nicht zuwider ſetzen weiß; legete den Brief von einander und laſe/ da Arbianes ihr leuchte-
te/ folgenden Inhalt/ ohn einiges Wortſprechen.

Herzallerliebſte Fraͤulein Schweſter; nach dem der guͤtige Gott uns ingeſamt wieder nach Hau-
ſe geleitet/ auch unſern Lieben Eltern und Euer Liebe Rettung zutuhn/ Gelegenheit beſcheret hat/ ha-
ben Euer Liebe Herren Bruͤder und ich/ den Durchleuchtigſten Groß Fuͤrſtlichen Herren auß Meden/
Fuͤrſt Arbianes/ deſſen hefftiger Verliebung gegen eure Vortreffligkeit/ keine andere gleichen mag/
mit uͤber bringen/ und ihr denſelben als ihren verſprochenen Braͤutigam und Gemahl zufuͤhren wol-
len/ nicht zweiffelnd/ dieſelbe werde unſerm feſtgemachten Schluſſe keines weges wiederſprechen/ ſon-
dern/ wann dem lieben Fuͤrſten ſeine vorgenommene Bemuͤhung/ Eure Liebe aus Raͤuber Haͤnden zu-
reiſſen/ gluͤcken ſolte/ ihn deſſen nach ſeinem ehrliebenden Begehren genieſſen zulaſſen/ uñ nicht anders
gedencken/ als daß ſie in Begleitung ihres verſprochenen Braͤutigams ſich befinde/ maſſen wir unſers
Orts gar nicht zweiffeln/ es werden eure liebe Eltern in dieſe Heyraht einwilligen/ und ihrer Herꝛen
Soͤhne/ wie auch meinen wolgemeineten Vortrag gelten laſſen; daher wir der gaͤnzlichen Zuverſicht
zugleich leben/ Eure Liebe werde/ ehe ſie bey uns anlanget/ alſo bald nach Leſung dieſes Brieffleins/ ihr
Herz und Willen dem unſern gleichſtimmend machen/ und dieſen Lieben ihr gantz und gar zu eigen er-
gebenen Fuͤrſten ihr Herz zur ſteten Wohnung einraͤumen/ dafern ſonſten noch ein einziges Blutaͤder-
chen an ihrem Leibe uͤbrig iſt/ welches ihren Herꝛen Bruͤdern und mir mit Schweſterlichem Willen zu-
getahn verbleibet. Inzwiſchen bewahre der Allmaͤchtige Gott eure Ehre/ Leben und Geſundheit vor
den boßhafftigen Raͤubern/ und bringe uns in wenig Stunden wieder zuſammen/ wie ſolches wuͤn-
ſchet und hoffet/ Euer Liebe inbruͤnſtig-ergebene Schweſter und getraͤue Freundin Valiſka.

Der Fuͤrſt gab fleiſſige Achtung auff ihr Geſichte/ weil ſie den Brieff laſe/ und auß
ihren unterſchiedlichen Verenderungen merkete er/ daß ſeiner Sache beſter maſſen darin-
nen wuͤrde gedacht ſeyn/ baht daher inſtaͤndig/ dafern moͤglich/ ihm des Brieffes Inhalt
wiſſen zulaſſen. Ja warumb nicht Durchl. Fürſt? ſagte ſie/ legte inzwiſchen das Schreiben
wieder zuſammen/ ſteckete es an den vorigen Ort/ und fuhr in ihrer Rede fort/ ſie wuͤrde/
von ihrer Fr. Schweſter wegen gluͤklicher Wiederkunfft ihrer Herrn Bruͤder berichtet
und daß ihre Liebe auß guter Gewogenheit gegen ihre Wenigkeit mit überkommen waͤhre/
umb bey ihren lieben Eltern zuvernehmen/ ob einige Heyraht zwiſchen ihnen koͤnte gefliff-
tet und verabredet/ auch uͤber etliche Zeit/ wann ſie zu den verſtaͤndigen Jahren wuͤrde kom-
men ſeyn/ volzogen werden; da dann ihre Fr. Schweſter bey ihr anſuchete/ ſich hierin ge-
gen ihrer lieben Eltern und Bruͤder Willen nicht zu wiederſpenſtigen. Dieſes iſt der gan-
ze Inhalt/ Hochwerter Fuͤrſt/ ſagete ſie/ welchem nachzukommen/ ich mich ſchon im Anfan-
ge von mir ſelbſt erklaͤret habe. Sie brachte dieſes mit einer angenommenen Ernſthafftig-
keit vor/ und gedachte nochmals/ ihn damit hinzuhalten/ wuͤrde auch in ihren Gedanken
nicht betrogen ſeyn/ wann ſie nur der weiten Außſtellung des Beylagers nicht gedacht haͤt-
te; welches dem verliebeten Fuͤrſten allen Glauben benam/ ſintemahl die Großfuͤrſtin ihm

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[524/0530] Siebendes Buch. verrichtete; da er nach Eroͤffnung denſelben Brief küſſete/ und ihn ſolcher geſtalt anrede- te: O du allerliebſtes Briefelein/ haſtu einige Glükſeligkeit in dir/ ſo teile doch dem bißher allerungluͤkſeligſten Arbianes etwas mit/ auff daß er in ſeinem Leiden nicht gar untergehe/ noch dieſes Haͤu ſein Todten Bette ſeyn moͤge. Reichete ihn hiemit dem Fraͤulein ganz ehrerbietig uͤber/ und baht mit freundlicher Umfahung/ dieſem Schreiben die Leſens-wir- digung anzutuhn/ in betrachtung der Herz Schweſterlichen Liebe/ damit die Groß Fuͤrſtin ihr zugetahn waͤhre. Dieſes iſt eine hohe und kraͤfftige Ermahnung/ ſagte ſie/ derẽ ich mich nicht zuwider ſetzen weiß; legete den Brief von einander und laſe/ da Arbianes ihr leuchte- te/ folgenden Inhalt/ ohn einiges Wortſprechen. Herzallerliebſte Fraͤulein Schweſter; nach dem der guͤtige Gott uns ingeſamt wieder nach Hau- ſe geleitet/ auch unſern Lieben Eltern und Euer Liebe Rettung zutuhn/ Gelegenheit beſcheret hat/ ha- ben Euer Liebe Herren Bruͤder und ich/ den Durchleuchtigſten Groß Fuͤrſtlichen Herren auß Meden/ Fuͤrſt Arbianes/ deſſen hefftiger Verliebung gegen eure Vortreffligkeit/ keine andere gleichen mag/ mit uͤber bringen/ und ihr denſelben als ihren verſprochenen Braͤutigam und Gemahl zufuͤhren wol- len/ nicht zweiffelnd/ dieſelbe werde unſerm feſtgemachten Schluſſe keines weges wiederſprechen/ ſon- dern/ wann dem lieben Fuͤrſten ſeine vorgenommene Bemuͤhung/ Eure Liebe aus Raͤuber Haͤnden zu- reiſſen/ gluͤcken ſolte/ ihn deſſen nach ſeinem ehrliebenden Begehren genieſſen zulaſſen/ uñ nicht anders gedencken/ als daß ſie in Begleitung ihres verſprochenen Braͤutigams ſich befinde/ maſſen wir unſers Orts gar nicht zweiffeln/ es werden eure liebe Eltern in dieſe Heyraht einwilligen/ und ihrer Herꝛen Soͤhne/ wie auch meinen wolgemeineten Vortrag gelten laſſen; daher wir der gaͤnzlichen Zuverſicht zugleich leben/ Eure Liebe werde/ ehe ſie bey uns anlanget/ alſo bald nach Leſung dieſes Brieffleins/ ihr Herz und Willen dem unſern gleichſtimmend machen/ und dieſen Lieben ihr gantz und gar zu eigen er- gebenen Fuͤrſten ihr Herz zur ſteten Wohnung einraͤumen/ dafern ſonſten noch ein einziges Blutaͤder- chen an ihrem Leibe uͤbrig iſt/ welches ihren Herꝛen Bruͤdern und mir mit Schweſterlichem Willen zu- getahn verbleibet. Inzwiſchen bewahre der Allmaͤchtige Gott eure Ehre/ Leben und Geſundheit vor den boßhafftigen Raͤubern/ und bringe uns in wenig Stunden wieder zuſammen/ wie ſolches wuͤn- ſchet und hoffet/ Euer Liebe inbruͤnſtig-ergebene Schweſter und getraͤue Freundin Valiſka. Der Fuͤrſt gab fleiſſige Achtung auff ihr Geſichte/ weil ſie den Brieff laſe/ und auß ihren unterſchiedlichen Verenderungen merkete er/ daß ſeiner Sache beſter maſſen darin- nen wuͤrde gedacht ſeyn/ baht daher inſtaͤndig/ dafern moͤglich/ ihm des Brieffes Inhalt wiſſen zulaſſen. Ja warumb nicht Durchl. Fürſt? ſagte ſie/ legte inzwiſchen das Schreiben wieder zuſammen/ ſteckete es an den vorigen Ort/ und fuhr in ihrer Rede fort/ ſie wuͤrde/ von ihrer Fr. Schweſter wegen gluͤklicher Wiederkunfft ihrer Herrn Bruͤder berichtet und daß ihre Liebe auß guter Gewogenheit gegen ihre Wenigkeit mit überkommen waͤhre/ umb bey ihren lieben Eltern zuvernehmen/ ob einige Heyraht zwiſchen ihnen koͤnte gefliff- tet und verabredet/ auch uͤber etliche Zeit/ wann ſie zu den verſtaͤndigen Jahren wuͤrde kom- men ſeyn/ volzogen werden; da dann ihre Fr. Schweſter bey ihr anſuchete/ ſich hierin ge- gen ihrer lieben Eltern und Bruͤder Willen nicht zu wiederſpenſtigen. Dieſes iſt der gan- ze Inhalt/ Hochwerter Fuͤrſt/ ſagete ſie/ welchem nachzukommen/ ich mich ſchon im Anfan- ge von mir ſelbſt erklaͤret habe. Sie brachte dieſes mit einer angenommenen Ernſthafftig- keit vor/ und gedachte nochmals/ ihn damit hinzuhalten/ wuͤrde auch in ihren Gedanken nicht betrogen ſeyn/ wann ſie nur der weiten Außſtellung des Beylagers nicht gedacht haͤt- te; welches dem verliebeten Fuͤrſten allen Glauben benam/ ſintemahl die Großfuͤrſtin ihm viel

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660, S. 524. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660/530>, abgerufen am 22.11.2024.