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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660.

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Siebendes Buch.
mir nicht finden lässet; es sey aber wie ihm wolle/ so befinde ich mich nicht allein unwirdig
solcher gar zugrosser Liebe/ sondern auch hart verpflchtet/ dieselbe nach äusserstem vermögen
mit allem Gehorsam/ und was meinem Fürsten kan behäglich seyn/ zuersetzen/ dessen ich
auch/ sobald wir bey den lieben meinigen ankommen werden/ mich in keinem begehreten
und mir zuleisten möglichen Stücke entbrechen wil. Arbianes hatte sich wieder erhohlet/
zog das Fräulein auff seine Schoß/ und betrachtete ihr Angesicht mit sonderlicher An-
muht; hernach erinnerte er sich ihrer Reden/ daß sie sich vor unwirdig so grosser Liebe ge-
scholten hätte/ und beantwortete es folgender Gestalt/ in dem er sie immer steiff ansahe; O
du unvergleichlicher Pracht aller Schönheit/ sagete er; ja du volkommenes Muster der
jungfräulichen Tugend und Wirden; könnet ihr beyde zugleich der Zungen es so gar unge-
straffet hingegen lassen/ daß sie sich an euch so hoch vergreiffet/ und eure Wirdigkeit in
zweiffel zihen darf? mein löbliches und liebliches Seelichen/ höret auff/ euch selbst zuverach-
ten/ und gebet nicht Ursach/ daß ich etwas an euch hassen solte/ welches mir doch unmög-
lich ist/ gläubets bey meinem äide/ daß es meinem Herzen lauter tödliche Stiche sind/ wann
ich solches anzuhören gezwungen werde/ daß ihr unbarmherziger Mund wider die herliche
Volkommenheiten wütet; lasset/ bitte ich/ die Warheit meiner Reden frey gehen/ und ta-
delt nicht/ was Gott selbst über andere weit erhoben hat. Was solte mir Libussa vorge-
schwätzet haben? zwar ich lasse sie in ihren Wirden/ als eine adeliche verständige Frau/
aber von meiner Liebe hat ausser meiner Fr. Schwester kein einiger Mensch ein Wort auß
meinem Munde gehöret/ auch Groß Fürst Herkules selber nicht. Ach mein teurer Fürst/
antwortete sie; eben als wann auff diesem unachtsahmen Häu ich mich von ihm zu sol-
chem Stolze würde auffblasen lassen/ daß ich mich wirdigschätzete/ um deret Willen wol
Großfürstliche Herren zu Bauer Knechten gedeien solten; nimmermehr wird mein
Schaz ein solches bey mir erhalten/ ungeachtet ich mich schon zu allem möglichen Gehor-
sam/ wie billich/ verbund[en] habe; dann ein solches würde mich unwirdiger machen/ als
kein Ding in der Welt; aber wie mein Fürst; werden wir uns nicht schier zur Reise fertig
machen/ oder müssen wir den starken Grase Geruch uns noch heut den ganzen Tag unser
Häupter füllen lassen? Arbianes erzählete ihr was gestalt sie vor abends wegen Unsicher-
heit nit auffbrechen dürften/ würden auch ihre Kleider mit bürgerlicher schlechter Tracht
verwechseln müssen/ damit sie ohn angefochten in die Stad kähmen. Ach ach! antwortete
sie/ es währe alles wol angelegt/ wann nur meine wenige Schönheit/ wie geringe sie auch
ist/ mich nicht verrahten möchte/ daß ich etwas mehr als Bürger-Standes bin. Darauff
habe ich mich bey Zeiten geschikt/ sagte er/ und mit einem Kunstpulver mich versehen/ da-
mit ich mein Fräulein unkäntlich gnug machen/ und der Farbe nach/ sie wie ein heßliches
Bauren-Mägdlein zurichten wil/ daß ihre Eltern selbst sie nicht kennen sollen; nur scheue
ich mich/ ihrer außbündigen Schönheit diesen Schimpf anzulegen/ und möchte die Son-
ne am Himmel selbst auff mich zürnen/ daß ich ihr das anschauen eurer trefflichen Zierde/
durch diesen Nebel entzihen wolte. Ach nein ach nein mein Fürst/ antwortete sie/ wie wür-
de ich ihm hernähst in solcher heßlichen Gestalt gefallen können? hat Eure Liebe eine zimli-
che vergnügung an meiner wenigen Schönheit/ so beraube er mich derselben nicht/ es sey
dann daß die unvermeidliche Noht es erfodern würde. Der Fürst merkete ihren Irtuhm/

und

Siebendes Buch.
mir nicht finden laͤſſet; es ſey aber wie ihm wolle/ ſo befinde ich mich nicht allein unwirdig
ſolcher gar zugroſſer Liebe/ ſondern auch hart verpflchtet/ dieſelbe nach aͤuſſerſtem vermoͤgẽ
mit allem Gehorſam/ und was meinem Fuͤrſten kan behaͤglich ſeyn/ zuerſetzen/ deſſen ich
auch/ ſobald wir bey den lieben meinigen ankommen werden/ mich in keinem begehreten
und mir zuleiſten moͤglichen Stuͤcke entbrechen wil. Arbianes hatte ſich wieder erhohlet/
zog das Fraͤulein auff ſeine Schoß/ und betrachtete ihr Angeſicht mit ſonderlicher An-
muht; hernach erinnerte er ſich ihrer Reden/ daß ſie ſich vor unwirdig ſo groſſer Liebe ge-
ſcholten haͤtte/ und beantwortete es folgender Geſtalt/ in dem er ſie immer ſteiff anſahe; O
du unvergleichlicher Pracht aller Schoͤnheit/ ſagete er; ja du volkommenes Muſter der
jungfraͤulichen Tugend und Wirden; koͤnnet ihr beyde zugleich der Zungen es ſo gar unge-
ſtraffet hingegen laſſen/ daß ſie ſich an euch ſo hoch vergreiffet/ und eure Wirdigkeit in
zweiffel zihen darf? mein loͤbliches und liebliches Seelichen/ hoͤret auff/ euch ſelbſt zuverach-
ten/ und gebet nicht Urſach/ daß ich etwas an euch haſſen ſolte/ welches mir doch unmoͤg-
lich iſt/ glaͤubets bey meinem aͤide/ daß es meinem Herzen lauteꝛ toͤdliche Stiche ſind/ wann
ich ſolches anzuhoͤren gezwungen werde/ daß ihr unbarmherziger Mund wider die herliche
Volkommenheiten wütet; laſſet/ bitte ich/ die Warheit meiner Reden frey gehen/ und ta-
delt nicht/ was Gott ſelbſt uͤber andere weit erhoben hat. Was ſolte mir Libuſſa vorge-
ſchwaͤtzet haben? zwar ich laſſe ſie in ihren Wirden/ als eine adeliche verſtaͤndige Frau/
aber von meiner Liebe hat auſſer meiner Fr. Schweſter kein einiger Menſch ein Wort auß
meinem Munde gehoͤret/ auch Groß Fuͤrſt Herkules ſelber nicht. Ach mein teurer Fuͤrſt/
antwortete ſie; eben als wann auff dieſem unachtſahmen Haͤu ich mich von ihm zu ſol-
chem Stolze wuͤrde auffblaſen laſſen/ daß ich mich wirdigſchaͤtzete/ um deret Willen wol
Großfuͤrſtliche Herren zu Bauer Knechten gedeien ſolten; nimmermehr wird mein
Schaz ein ſolches bey mir erhalten/ ungeachtet ich mich ſchon zu allem moͤglichen Gehor-
ſam/ wie billich/ verbund[en] habe; dann ein ſolches wuͤrde mich unwirdiger machen/ als
kein Ding in der Welt; aber wie mein Fuͤrſt; werden wir uns nicht ſchier zur Reiſe fertig
machen/ oder muͤſſen wir den ſtarken Graſe Geruch uns noch heut den ganzen Tag unſer
Haͤupter fuͤllen laſſen? Arbianes erzaͤhlete ihr was geſtalt ſie vor abends wegen Unſicher-
heit nit auffbrechen duͤrften/ würden auch ihre Kleider mit bürgerlicher ſchlechter Tracht
verwechſeln muͤſſen/ damit ſie ohn angefochten in die Stad kaͤhmen. Ach ach! antwortete
ſie/ es waͤhre alles wol angelegt/ wann nur meine wenige Schoͤnheit/ wie geringe ſie auch
iſt/ mich nicht verrahten moͤchte/ daß ich etwas mehr als Buͤrger-Standes bin. Darauff
habe ich mich bey Zeiten geſchikt/ ſagte er/ und mit einem Kunſtpulver mich verſehen/ da-
mit ich mein Fraͤulein unkaͤntlich gnug machen/ und der Farbe nach/ ſie wie ein heßliches
Bauren-Maͤgdlein zurichten wil/ daß ihre Eltern ſelbſt ſie nicht kennen ſollen; nur ſcheue
ich mich/ ihrer außbuͤndigen Schoͤnheit dieſen Schimpf anzulegen/ und moͤchte die Son-
ne am Himmel ſelbſt auff mich zuͤrnen/ daß ich ihr das anſchauen eurer trefflichen Zierde/
durch dieſen Nebel entzihen wolte. Ach nein ach nein mein Fuͤrſt/ antwortete ſie/ wie wuͤr-
de ich ihm hernaͤhſt in ſolcher heßlichen Geſtalt gefallen koͤnnen? hat Eure Liebe eine zimli-
che vergnuͤgung an meiner wenigen Schoͤnheit/ ſo beraube er mich derſelben nicht/ es ſey
dann daß die unvermeidliche Noht es erfodern wuͤrde. Der Fürſt merkete ihren Irtuhm/

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[540/0546] Siebendes Buch. mir nicht finden laͤſſet; es ſey aber wie ihm wolle/ ſo befinde ich mich nicht allein unwirdig ſolcher gar zugroſſer Liebe/ ſondern auch hart verpflchtet/ dieſelbe nach aͤuſſerſtem vermoͤgẽ mit allem Gehorſam/ und was meinem Fuͤrſten kan behaͤglich ſeyn/ zuerſetzen/ deſſen ich auch/ ſobald wir bey den lieben meinigen ankommen werden/ mich in keinem begehreten und mir zuleiſten moͤglichen Stuͤcke entbrechen wil. Arbianes hatte ſich wieder erhohlet/ zog das Fraͤulein auff ſeine Schoß/ und betrachtete ihr Angeſicht mit ſonderlicher An- muht; hernach erinnerte er ſich ihrer Reden/ daß ſie ſich vor unwirdig ſo groſſer Liebe ge- ſcholten haͤtte/ und beantwortete es folgender Geſtalt/ in dem er ſie immer ſteiff anſahe; O du unvergleichlicher Pracht aller Schoͤnheit/ ſagete er; ja du volkommenes Muſter der jungfraͤulichen Tugend und Wirden; koͤnnet ihr beyde zugleich der Zungen es ſo gar unge- ſtraffet hingegen laſſen/ daß ſie ſich an euch ſo hoch vergreiffet/ und eure Wirdigkeit in zweiffel zihen darf? mein loͤbliches und liebliches Seelichen/ hoͤret auff/ euch ſelbſt zuverach- ten/ und gebet nicht Urſach/ daß ich etwas an euch haſſen ſolte/ welches mir doch unmoͤg- lich iſt/ glaͤubets bey meinem aͤide/ daß es meinem Herzen lauteꝛ toͤdliche Stiche ſind/ wann ich ſolches anzuhoͤren gezwungen werde/ daß ihr unbarmherziger Mund wider die herliche Volkommenheiten wütet; laſſet/ bitte ich/ die Warheit meiner Reden frey gehen/ und ta- delt nicht/ was Gott ſelbſt uͤber andere weit erhoben hat. Was ſolte mir Libuſſa vorge- ſchwaͤtzet haben? zwar ich laſſe ſie in ihren Wirden/ als eine adeliche verſtaͤndige Frau/ aber von meiner Liebe hat auſſer meiner Fr. Schweſter kein einiger Menſch ein Wort auß meinem Munde gehoͤret/ auch Groß Fuͤrſt Herkules ſelber nicht. Ach mein teurer Fuͤrſt/ antwortete ſie; eben als wann auff dieſem unachtſahmen Haͤu ich mich von ihm zu ſol- chem Stolze wuͤrde auffblaſen laſſen/ daß ich mich wirdigſchaͤtzete/ um deret Willen wol Großfuͤrſtliche Herren zu Bauer Knechten gedeien ſolten; nimmermehr wird mein Schaz ein ſolches bey mir erhalten/ ungeachtet ich mich ſchon zu allem moͤglichen Gehor- ſam/ wie billich/ verbunden habe; dann ein ſolches wuͤrde mich unwirdiger machen/ als kein Ding in der Welt; aber wie mein Fuͤrſt; werden wir uns nicht ſchier zur Reiſe fertig machen/ oder muͤſſen wir den ſtarken Graſe Geruch uns noch heut den ganzen Tag unſer Haͤupter fuͤllen laſſen? Arbianes erzaͤhlete ihr was geſtalt ſie vor abends wegen Unſicher- heit nit auffbrechen duͤrften/ würden auch ihre Kleider mit bürgerlicher ſchlechter Tracht verwechſeln muͤſſen/ damit ſie ohn angefochten in die Stad kaͤhmen. Ach ach! antwortete ſie/ es waͤhre alles wol angelegt/ wann nur meine wenige Schoͤnheit/ wie geringe ſie auch iſt/ mich nicht verrahten moͤchte/ daß ich etwas mehr als Buͤrger-Standes bin. Darauff habe ich mich bey Zeiten geſchikt/ ſagte er/ und mit einem Kunſtpulver mich verſehen/ da- mit ich mein Fraͤulein unkaͤntlich gnug machen/ und der Farbe nach/ ſie wie ein heßliches Bauren-Maͤgdlein zurichten wil/ daß ihre Eltern ſelbſt ſie nicht kennen ſollen; nur ſcheue ich mich/ ihrer außbuͤndigen Schoͤnheit dieſen Schimpf anzulegen/ und moͤchte die Son- ne am Himmel ſelbſt auff mich zuͤrnen/ daß ich ihr das anſchauen eurer trefflichen Zierde/ durch dieſen Nebel entzihen wolte. Ach nein ach nein mein Fuͤrſt/ antwortete ſie/ wie wuͤr- de ich ihm hernaͤhſt in ſolcher heßlichen Geſtalt gefallen koͤnnen? hat Eure Liebe eine zimli- che vergnuͤgung an meiner wenigen Schoͤnheit/ ſo beraube er mich derſelben nicht/ es ſey dann daß die unvermeidliche Noht es erfodern wuͤrde. Der Fürſt merkete ihren Irtuhm/ und

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660, S. 540. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660/546>, abgerufen am 22.11.2024.