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Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660.

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Fünftes Buch.
ich dann wol weiß/ daß er solches tuhn/ und sich einem so unverantwortlichen Laster nicht
ergeben wird. Ich bin kühn mein Herr Bruder/ daß ich solches reden darff; aber sein ver-
dächtiges zurük halten erwecket diese Sorge in meinem Herzen/ die ich vergeblich seyn hof-
fe/ und dannoch an seiner willigen verzeihung nicht zweifele. Arbianes erschrak dessen nit
wenig/ dann er merkete/ daß wegen seines verhaltens sie diesen Verdacht fassete; deßwegen
er/ solchen gänzlich außzureuten vor nöhtig hielt/ und ihr also begegnete: Durchl. Groß-
Fürstin; wann ihrer Durchl. ergebener Knecht Arbianes mit unzimlichen Gedanken um-
ginge/ müste er billicher in Schmach und Schande/ als bey ihrer Liebe auff der Gutsche
sitzen; wolle demnach dieselbe mir höchst verzeihen/ wann etwa meine stumme unverständ-
liche Reden/ sich nicht gnug haben erklären können/ denen die Zunge jezt zu hülffe kömt/ und
ihre Liebe versichert/ dz dergleichen ungebührligkeiten mir bißher ja so ferne/ als deren straf-
fen selbst geblieben sind. Daß aber ihre Liebe sich über meine gebührliche Ehrerbietung be-
beschweret/ und selbe mir verbeut/ dadurch leget sie mir eine schlechterdinge unerträgliche
Last auff/ welche über mich zunehmen/ ich mich ungescheuhet wegere; dann ich wil lieber
tausendmahl sterben/ als euer Liebe unvergleichliche Wirdigkeit zu ehren unterlassen. Son-
sten daß eure Liebe auff die Frage zu antworten mir ernstlich gebeut/ mus ich meinen Vor-
saz brechen/ und ihr unverhalten seyn lassen/ daß ich bißher nur eine Sonne am Himmel
erkennet; aber jezt deucht mich/ breche eine Neben. Sonne hervor/ wiewol unter dicken
Wolken verhüllet/ welche anzubehten ich dermassen gezwungen werde/ daß ich aller jrdi-
schen sachen drüber vergesse; ihre blicke/ die nicht mich/ aber ich sie durch die Wolken sehe/
speisen mich/ tränken mich/ leiten mich; sie sind mein schlaffen/ mein wachen; mein denken
und sinnen/ so daß inbetrachtung dieser Volkommenheit mich zu üben/ mir so lange wer-
de lassen angelegen seyn/ biß die Seele sich wegert dem Leibe solche mitleistung länger zu-
gönnen; alsdann wil ich (spricht meine Seele) bey der Häupt Sonnen mich unvermer-
ket halten/ ob vielleicht in dero Geselschaft angenommen/ ich dahin gelangen könte/ woselbst
mir vergönnet seyn wird/ ausser dem Leibe zubesichtigen/ was ich mit den Augen meines
Häuptes anzuschauen unwirdig bin/ auch vielleicht dieses garzuschwache Gesicht nicht
ertragen würde. Die Groß Fürstin antwortete ihm mit einem freundlichen Lachen: Hoch-
werter Herr Bruder; meines unbesonnenen Argwohns halben erkenne ich mich in euer
Liebe Straffe verfallen seyn/ dessen ich mich auch nicht entbrechen wil/ da ichs sonst mit
besseren diensten nicht ersetzen/ und mich loßarbeiten kan; betreffend euer Liebe verdeckete
Reden/ wolte ich sie zum teil errahten/ aber alle sind sie mir nicht behäglich/ wil doch an-
fangs mich in kein unnöhtiges Gezänke einlassen/ so viel mich selbst betrift/ weil ich schon
anhören müssen/ daß ihr mir in diesem stücke allen Gehorsam abschlaget. Wie aber/ mein
Herr Bruder/ darff ich dann dieser Neben-Sonne (wie ihr sie nennet) nicht bessere Kund-
schaft haben? vielleicht möchte die vermeinete andere Sonne/ (aber O der elende Sonne!)
bey dieser Neben-Sonne wirken können/ daß ihr zu liebe sie euch ihre Strahlen nicht allein
mitteilete/ sondern niemand anders als nur euch/ damit beschiene. Ich rede ernstlich mit
euch/ mein Herr Bruder/ und wollet ihr euren Zweg erreichen/ müsset ihr trauen euch selbst
nicht fesseln; deßwegen lasset mich eure Heimligkeit wissen/ und gedenket nur sicher/ daß
ihr mit derselben redet/ die eure Liebe als viel und sorgfältig sie kan/ zubefodern willens ist.

Aber

Fuͤnftes Buch.
ich dann wol weiß/ daß er ſolches tuhn/ und ſich einem ſo unverantwortlichen Laſter nicht
ergeben wird. Ich bin kuͤhn mein Herr Bruder/ daß ich ſolches reden darff; aber ſein veꝛ-
daͤchtiges zuruͤk halten erwecket dieſe Sorge in meinem Herzen/ die ich vergeblich ſeyn hof-
fe/ und dannoch an ſeiner willigen verzeihung nicht zweifele. Arbianes erſchrak deſſen nit
wenig/ dann er merkete/ daß wegen ſeines verhaltens ſie dieſen Verdacht faſſete; deßwegẽ
er/ ſolchen gaͤnzlich außzureuten vor noͤhtig hielt/ und ihr alſo begegnete: Durchl. Groß-
Fürſtin; wañ ihrer Durchl. ergebener Knecht Arbianes mit unzimlichen Gedanken um-
ginge/ muͤſte er billicher in Schmach und Schande/ als bey ihrer Liebe auff der Gutſche
ſitzen; wolle demnach dieſelbe mir hoͤchſt verzeihen/ wañ etwa meine ſtumme unverſtaͤnd-
liche Reden/ ſich nicht gnug haben erklaͤren koͤnnen/ denen die Zunge jezt zu huͤlffe koͤmt/ uñ
ihre Liebe verſichert/ dz dergleichen ungebuͤhrligkeiten mir bißher ja ſo ferne/ als deren ſtraf-
fen ſelbſt geblieben ſind. Daß aber ihre Liebe ſich uͤber meine gebührliche Ehrerbietung be-
beſchweret/ und ſelbe mir verbeut/ dadurch leget ſie mir eine ſchlechterdinge unertraͤgliche
Laſt auff/ welche uͤber mich zunehmen/ ich mich ungeſcheuhet wegere; dann ich wil lieber
tauſendmahl ſterbẽ/ als euer Liebe unvergleichliche Wirdigkeit zu ehren unterlaſſen. Son-
ſten daß eure Liebe auff die Frage zu antworten mir ernſtlich gebeut/ mus ich meinen Vor-
ſaz brechen/ und ihr unverhalten ſeyn laſſen/ daß ich bißher nur eine Sonne am Himmel
erkennet; aber jezt deucht mich/ breche eine Neben. Sonne hervor/ wiewol unter dicken
Wolken verhüllet/ welche anzubehten ich dermaſſen gezwungen werde/ daß ich aller jrdi-
ſchen ſachen druͤber vergeſſe; ihre blicke/ die nicht mich/ aber ich ſie durch die Wolken ſehe/
ſpeiſen mich/ traͤnken mich/ leiten mich; ſie ſind mein ſchlaffen/ mein wachen; mein denken
und ſinnen/ ſo daß inbetrachtung dieſer Volkommenheit mich zu uͤben/ mir ſo lange wer-
de laſſen angelegen ſeyn/ biß die Seele ſich wegert dem Leibe ſolche mitleiſtung laͤnger zu-
goͤnnen; alsdann wil ich (ſpricht meine Seele) bey der Haͤupt Sonnen mich unvermer-
ket halten/ ob vielleicht in dero Geſelſchaft angenom̃en/ ich dahin gelangen koͤnte/ woſelbſt
mir vergoͤnnet ſeyn wird/ auſſer dem Leibe zubeſichtigen/ was ich mit den Augen meines
Haͤuptes anzuſchauen unwirdig bin/ auch vielleicht dieſes garzuſchwache Geſicht nicht
ertragen wuͤrde. Die Groß Fuͤrſtin antwortete ihm mit einem freundlichen Lachen: Hoch-
werter Herr Bruder; meines unbeſonnenen Argwohns halben erkenne ich mich in euer
Liebe Straffe verfallen ſeyn/ deſſen ich mich auch nicht entbrechen wil/ da ichs ſonſt mit
beſſeren dienſten nicht erſetzen/ und mich loßarbeiten kan; betreffend euer Liebe verdeckete
Reden/ wolte ich ſie zum teil errahten/ aber alle ſind ſie mir nicht behaͤglich/ wil doch an-
fangs mich in kein unnoͤhtiges Gezaͤnke einlaſſen/ ſo viel mich ſelbſt betrift/ weil ich ſchon
anhoͤren muͤſſen/ daß ihr mir in dieſem ſtuͤcke allen Gehorſam abſchlaget. Wie aber/ mein
Herr Bruder/ darff ich dann dieſer Neben-Sonne (wie ihr ſie nennet) nicht beſſere Kund-
ſchaft haben? vielleicht moͤchte die vermeinete andere Sonne/ (aber O der elende Soñe!)
bey dieſer Neben-Sonne wirken koͤnnen/ daß ihr zu liebe ſie euch ihre Strahlen nicht allein
mitteilete/ ſondern niemand anders als nur euch/ damit beſchiene. Ich rede ernſtlich mit
euch/ mein Herr Bruder/ uñ wollet ihr euren Zweg erreichen/ muͤſſet ihr trauen euch ſelbſt
nicht feſſeln; deßwegen laſſet mich eure Heimligkeit wiſſen/ und gedenket nur ſicher/ daß
ihr mit derſelben redet/ die eure Liebe als viel und ſorgfaͤltig ſie kan/ zubefodern willens iſt.

Aber
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[54/0060] Fuͤnftes Buch. ich dann wol weiß/ daß er ſolches tuhn/ und ſich einem ſo unverantwortlichen Laſter nicht ergeben wird. Ich bin kuͤhn mein Herr Bruder/ daß ich ſolches reden darff; aber ſein veꝛ- daͤchtiges zuruͤk halten erwecket dieſe Sorge in meinem Herzen/ die ich vergeblich ſeyn hof- fe/ und dannoch an ſeiner willigen verzeihung nicht zweifele. Arbianes erſchrak deſſen nit wenig/ dann er merkete/ daß wegen ſeines verhaltens ſie dieſen Verdacht faſſete; deßwegẽ er/ ſolchen gaͤnzlich außzureuten vor noͤhtig hielt/ und ihr alſo begegnete: Durchl. Groß- Fürſtin; wañ ihrer Durchl. ergebener Knecht Arbianes mit unzimlichen Gedanken um- ginge/ muͤſte er billicher in Schmach und Schande/ als bey ihrer Liebe auff der Gutſche ſitzen; wolle demnach dieſelbe mir hoͤchſt verzeihen/ wañ etwa meine ſtumme unverſtaͤnd- liche Reden/ ſich nicht gnug haben erklaͤren koͤnnen/ denen die Zunge jezt zu huͤlffe koͤmt/ uñ ihre Liebe verſichert/ dz dergleichen ungebuͤhrligkeiten mir bißher ja ſo ferne/ als deren ſtraf- fen ſelbſt geblieben ſind. Daß aber ihre Liebe ſich uͤber meine gebührliche Ehrerbietung be- beſchweret/ und ſelbe mir verbeut/ dadurch leget ſie mir eine ſchlechterdinge unertraͤgliche Laſt auff/ welche uͤber mich zunehmen/ ich mich ungeſcheuhet wegere; dann ich wil lieber tauſendmahl ſterbẽ/ als euer Liebe unvergleichliche Wirdigkeit zu ehren unterlaſſen. Son- ſten daß eure Liebe auff die Frage zu antworten mir ernſtlich gebeut/ mus ich meinen Vor- ſaz brechen/ und ihr unverhalten ſeyn laſſen/ daß ich bißher nur eine Sonne am Himmel erkennet; aber jezt deucht mich/ breche eine Neben. Sonne hervor/ wiewol unter dicken Wolken verhüllet/ welche anzubehten ich dermaſſen gezwungen werde/ daß ich aller jrdi- ſchen ſachen druͤber vergeſſe; ihre blicke/ die nicht mich/ aber ich ſie durch die Wolken ſehe/ ſpeiſen mich/ traͤnken mich/ leiten mich; ſie ſind mein ſchlaffen/ mein wachen; mein denken und ſinnen/ ſo daß inbetrachtung dieſer Volkommenheit mich zu uͤben/ mir ſo lange wer- de laſſen angelegen ſeyn/ biß die Seele ſich wegert dem Leibe ſolche mitleiſtung laͤnger zu- goͤnnen; alsdann wil ich (ſpricht meine Seele) bey der Haͤupt Sonnen mich unvermer- ket halten/ ob vielleicht in dero Geſelſchaft angenom̃en/ ich dahin gelangen koͤnte/ woſelbſt mir vergoͤnnet ſeyn wird/ auſſer dem Leibe zubeſichtigen/ was ich mit den Augen meines Haͤuptes anzuſchauen unwirdig bin/ auch vielleicht dieſes garzuſchwache Geſicht nicht ertragen wuͤrde. Die Groß Fuͤrſtin antwortete ihm mit einem freundlichen Lachen: Hoch- werter Herr Bruder; meines unbeſonnenen Argwohns halben erkenne ich mich in euer Liebe Straffe verfallen ſeyn/ deſſen ich mich auch nicht entbrechen wil/ da ichs ſonſt mit beſſeren dienſten nicht erſetzen/ und mich loßarbeiten kan; betreffend euer Liebe verdeckete Reden/ wolte ich ſie zum teil errahten/ aber alle ſind ſie mir nicht behaͤglich/ wil doch an- fangs mich in kein unnoͤhtiges Gezaͤnke einlaſſen/ ſo viel mich ſelbſt betrift/ weil ich ſchon anhoͤren muͤſſen/ daß ihr mir in dieſem ſtuͤcke allen Gehorſam abſchlaget. Wie aber/ mein Herr Bruder/ darff ich dann dieſer Neben-Sonne (wie ihr ſie nennet) nicht beſſere Kund- ſchaft haben? vielleicht moͤchte die vermeinete andere Sonne/ (aber O der elende Soñe!) bey dieſer Neben-Sonne wirken koͤnnen/ daß ihr zu liebe ſie euch ihre Strahlen nicht allein mitteilete/ ſondern niemand anders als nur euch/ damit beſchiene. Ich rede ernſtlich mit euch/ mein Herr Bruder/ uñ wollet ihr euren Zweg erreichen/ muͤſſet ihr trauen euch ſelbſt nicht feſſeln; deßwegen laſſet mich eure Heimligkeit wiſſen/ und gedenket nur ſicher/ daß ihr mit derſelben redet/ die eure Liebe als viel und ſorgfaͤltig ſie kan/ zubefodern willens iſt. Aber

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Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660/60>, abgerufen am 23.11.2024.