Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660.Achtes Buch. Pferde/ 40000 Rindvieh/ 20000 malter Früchte auff Wagen geladen; 300 Wagen mitallerhand Waaren zu Kleidungen; 1200 fuder Wein/ 19 Tonnen Goldes an Baarschaft/ 70000 Schaffe/ und sehr viel geschlachtetes und eingesalzen Fleischwerk. Bey dem Vieh und Wagen wahren über 8000 Leibeigene/ mehrenteils Böhmen/ welches alles nach möglicher Eile fortgebracht ward/ so daß nach verlauff 23 Stunden sie im Lager ankah- men/ und ein durchgehendes Freudengeschrey erwecketen. Die vornehmsten Häupter von dem Feinde/ sahen auff ihrem erhöheten Wahle mit grosser bestürzung zu/ und erzeigete sich Dropion nicht anders als ein Wahnwitziger/ daß ihm alle mögligkeit auszufallen gänzlich abgestricket wahr/ er auch kaum noch auff einen einzigen Tag Lebensmittel an Speise und Trank in seinem Lager hatte/ daß wann der König seine ankunft noch vier Tage weiter hin- aus gesetzet/ hätten sie aus Noht sich alle ergeben müssen/ daher ein überaus grosses Leid un- ter ihnen entstund/ weil von des Königes anzuge sie ganz keine nachricht hatten/ und weil die unsern noch so ungescheuhet zum Lande hinein gingen/ den Raub zu hohlen/ sie in der Furcht stecketen/ es würde keine anstalt gemacht/ solches zu hindern. Die unsern sahen daß es zeit seyn würde auffzubrechen/ liessen alle Beute samt den Gefangenen alsbald forttrei- ben/ und lagerten sich gegen den Feind/ nicht anders/ als ob sie daselbst ein Lager befestigen wolten; aber so bald die Dunkelheit einbrach/ zogen sie in aller stille fort/ ritten die ganze Nacht/ und bekahmen eine Enge hinter sich/ daß sie vor überfal gesichert wahren. Dropion hätte sich dessen nimmermehr versehen/ ließ zwar aus seinem Lager etliche kleine Reuter- schaaren gehen/ weil er alle Schanzen ledig sahe/ und gleichwol trauete er nicht/ weil er sich einer Hinterlist befürchtete/ nochmehr aber/ daß seine Knechte wegen mangels gar davon lauffen möchten/ wann sie das weite Feld offen hätten; aber als etliche Bauren/ insonder- heit fünff Abtrünnige von den Gefangenen (welchen die Dunkelheit davon half) ihm die gewisse Zeitung brachten/ der Feind ginge in aller eile hinter sich/ ward er dessen zum teil froh/ wiewol er nicht aufhörete auff seinen König und dessen Gewaltige (deren etliche dann/ wel- ches er wuste/ ihm diesen eingelegeten Schimpf wol gönneten) zu schmähen; aber ein ge- träuer des Königes/ redete ihm ein/ er möchte alles nach belieben reden/ und nur Königl. Hocheit schonen/ als welche hieselbst keines weges zubeschuldigen währe/ sondern vielmehr wir selbst/ sagete er/ in dem wir diesen Fehler begangen/ und uns so gar auff die Grenze gelegt/ da kein mittel gewesen ist/ einigen Bohten abzufertigen/ oder zubekommen; welches versehen doch unser König uns nicht auffrücken wird/ weil kein Mensch einer solchen Schlauheit zu dem Feinde sich hätte versehen können. Dropion stellete sich äusserlich/ als wann er durch solche Vermahnung völlig zu frieden gestellet währe/ aber des folgenden morgens fand man diesen redlichen Mann auff seinem Lager Tod/ da ihm das Häupt an der rechten seite eingeschlagen und die Kehle abgestochen wahr. Kurz nach dem Dropion des Feindes Abzug erfahren hatte/ kam ein Königlicher Bohte zu ihm/ anmeldend/ es näh- me den König/ und alle seine Leute höchlich wunder/ daß ihm in etlichen Tagen so gar keine Botschaft aus dem Lager zukommen währe/ hätte darüber geeilet/ mit der Reuterey voran zu gehen/ mit welcher er gegen Abend bey ihm seyn/ und den Feind ernstlich angreiffen wol- te. Dropion schickete ihm 2000 Reuter/ unter der Anführung seiner ergebenen entgegen/ welche ihm alles nach seinem Willen vortragen und den Fehler beschönen solten. Wir ha- ben
Achtes Buch. Pferde/ 40000 Rindvieh/ 20000 malter Früchte auff Wagen geladen; 300 Wagen mitallerhand Waaren zu Kleidungen; 1200 fuder Wein/ 19 Tonnen Goldes an Baarſchaft/ 70000 Schaffe/ und ſehr viel geſchlachtetes und eingeſalzen Fleiſchwerk. Bey dem Vieh und Wagen wahren uͤber 8000 Leibeigene/ mehrenteils Boͤhmen/ welches alles nach moͤglicher Eile fortgebracht ward/ ſo daß nach verlauff 23 Stunden ſie im Lager ankah- men/ und ein durchgehendes Freudengeſchrey erwecketen. Die vornehmſten Haͤupter von dem Feinde/ ſahen auff ihrem erhoͤheten Wahle mit groſſer beſtuͤrzung zu/ und erzeigete ſich Dropion nicht anders als ein Wahnwitziger/ daß ihm alle moͤgligkeit auszufallen gaͤnzlich abgeſtricket wahr/ er auch kaum noch auff einen einzigen Tag Lebensmittel an Speiſe und Trank in ſeinem Lager hatte/ daß wann der Koͤnig ſeine ankunft noch vier Tage weiter hin- aus geſetzet/ haͤtten ſie aus Noht ſich alle ergeben müſſen/ daher ein uͤberaus groſſes Leid un- ter ihnen entſtund/ weil von des Koͤniges anzuge ſie ganz keine nachricht hatten/ und weil die unſern noch ſo ungeſcheuhet zum Lande hinein gingen/ den Raub zu hohlen/ ſie in der Furcht ſtecketen/ es wuͤrde keine anſtalt gemacht/ ſolches zu hindern. Die unſern ſahen daß es zeit ſeyn wuͤrde auffzubrechen/ lieſſen alle Beute ſamt den Gefangenen alsbald forttrei- ben/ und lagerten ſich gegen den Feind/ nicht anders/ als ob ſie daſelbſt ein Lager befeſtigen wolten; aber ſo bald die Dunkelheit einbrach/ zogen ſie in aller ſtille fort/ ritten die ganze Nacht/ und bekahmen eine Enge hinter ſich/ daß ſie vor uͤberfal geſichert wahren. Dropion haͤtte ſich deſſen nimmermehr verſehen/ ließ zwar aus ſeinem Lager etliche kleine Reuter- ſchaaren gehen/ weil er alle Schanzen ledig ſahe/ und gleichwol trauete er nicht/ weil er ſich einer Hinterliſt befuͤrchtete/ nochmehr aber/ daß ſeine Knechte wegen mangels gar davon lauffen moͤchten/ wann ſie das weite Feld offen haͤtten; aber als etliche Bauren/ inſonder- heit fuͤnff Abtruͤnnige von den Gefangenen (welchen die Dunkelheit davon half) ihm die gewiſſe Zeitung brachtẽ/ der Feind ginge in aller eile hinter ſich/ ward eꝛ deſſen zum teil froh/ wiewol er nicht aufhoͤrete auff ſeinen Koͤnig und deſſen Gewaltige (deren etliche dañ/ wel- ches er wuſte/ ihm dieſen eingelegeten Schimpf wol goͤnneten) zu ſchmaͤhen; aber ein ge- traͤuer des Koͤniges/ redete ihm ein/ er moͤchte alles nach belieben reden/ und nur Koͤnigl. Hocheit ſchonen/ als welche hieſelbſt keines weges zubeſchuldigen waͤhre/ ſondern vielmehr wir ſelbſt/ ſagete er/ in dem wir dieſen Fehler begangen/ und uns ſo gar auff die Grenze gelegt/ da kein mittel geweſen iſt/ einigen Bohten abzufertigen/ oder zubekommen; welches verſehen doch unſer Koͤnig uns nicht auffruͤcken wird/ weil kein Menſch einer ſolchen Schlauheit zu dem Feinde ſich haͤtte verſehen koͤnnen. Dropion ſtellete ſich aͤuſſerlich/ als wann er durch ſolche Vermahnung voͤllig zu frieden geſtellet waͤhre/ aber des folgenden morgens fand man dieſen redlichen Mann auff ſeinem Lager Tod/ da ihm das Haͤupt an der rechten ſeite eingeſchlagen und die Kehle abgeſtochen wahr. Kurz nach dem Dropion des Feindes Abzug erfahren hatte/ kam ein Koͤniglicher Bohte zu ihm/ anmeldend/ es naͤh- me den Koͤnig/ und alle ſeine Leute hoͤchlich wunder/ daß ihm in etlichen Tagen ſo gar keine Botſchaft aus dem Lager zukommen waͤhre/ haͤtte daruͤber geeilet/ mit der Reuterey voran zu gehen/ mit welcher er gegen Abend bey ihm ſeyn/ und den Feind ernſtlich angreiffen wol- te. Dropion ſchickete ihm 2000 Reuter/ unter der Anführung ſeiner ergebenen entgegen/ welche ihm alles nach ſeinem Willen vortragen und den Fehler beſchoͤnen ſolten. Wir ha- ben
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Achtes Buch.
Pferde/ 40000 Rindvieh/ 20000 malter Früchte auff Wagen geladen; 300 Wagen mit
allerhand Waaren zu Kleidungen; 1200 fuder Wein/ 19 Tonnen Goldes an Baarſchaft/
70000 Schaffe/ und ſehr viel geſchlachtetes und eingeſalzen Fleiſchwerk. Bey dem Vieh
und Wagen wahren uͤber 8000 Leibeigene/ mehrenteils Boͤhmen/ welches alles nach
moͤglicher Eile fortgebracht ward/ ſo daß nach verlauff 23 Stunden ſie im Lager ankah-
men/ und ein durchgehendes Freudengeſchrey erwecketen. Die vornehmſten Haͤupter von
dem Feinde/ ſahen auff ihrem erhoͤheten Wahle mit groſſer beſtuͤrzung zu/ und erzeigete ſich
Dropion nicht anders als ein Wahnwitziger/ daß ihm alle moͤgligkeit auszufallen gaͤnzlich
abgeſtricket wahr/ er auch kaum noch auff einen einzigen Tag Lebensmittel an Speiſe und
Trank in ſeinem Lager hatte/ daß wann der Koͤnig ſeine ankunft noch vier Tage weiter hin-
aus geſetzet/ haͤtten ſie aus Noht ſich alle ergeben müſſen/ daher ein uͤberaus groſſes Leid un-
ter ihnen entſtund/ weil von des Koͤniges anzuge ſie ganz keine nachricht hatten/ und weil
die unſern noch ſo ungeſcheuhet zum Lande hinein gingen/ den Raub zu hohlen/ ſie in der
Furcht ſtecketen/ es wuͤrde keine anſtalt gemacht/ ſolches zu hindern. Die unſern ſahen daß
es zeit ſeyn wuͤrde auffzubrechen/ lieſſen alle Beute ſamt den Gefangenen alsbald forttrei-
ben/ und lagerten ſich gegen den Feind/ nicht anders/ als ob ſie daſelbſt ein Lager befeſtigen
wolten; aber ſo bald die Dunkelheit einbrach/ zogen ſie in aller ſtille fort/ ritten die ganze
Nacht/ und bekahmen eine Enge hinter ſich/ daß ſie vor uͤberfal geſichert wahren. Dropion
haͤtte ſich deſſen nimmermehr verſehen/ ließ zwar aus ſeinem Lager etliche kleine Reuter-
ſchaaren gehen/ weil er alle Schanzen ledig ſahe/ und gleichwol trauete er nicht/ weil er ſich
einer Hinterliſt befuͤrchtete/ nochmehr aber/ daß ſeine Knechte wegen mangels gar davon
lauffen moͤchten/ wann ſie das weite Feld offen haͤtten; aber als etliche Bauren/ inſonder-
heit fuͤnff Abtruͤnnige von den Gefangenen (welchen die Dunkelheit davon half) ihm die
gewiſſe Zeitung brachtẽ/ der Feind ginge in aller eile hinter ſich/ ward eꝛ deſſen zum teil froh/
wiewol er nicht aufhoͤrete auff ſeinen Koͤnig und deſſen Gewaltige (deren etliche dañ/ wel-
ches er wuſte/ ihm dieſen eingelegeten Schimpf wol goͤnneten) zu ſchmaͤhen; aber ein ge-
traͤuer des Koͤniges/ redete ihm ein/ er moͤchte alles nach belieben reden/ und nur Koͤnigl.
Hocheit ſchonen/ als welche hieſelbſt keines weges zubeſchuldigen waͤhre/ ſondern vielmehr
wir ſelbſt/ ſagete er/ in dem wir dieſen Fehler begangen/ und uns ſo gar auff die Grenze
gelegt/ da kein mittel geweſen iſt/ einigen Bohten abzufertigen/ oder zubekommen; welches
verſehen doch unſer Koͤnig uns nicht auffruͤcken wird/ weil kein Menſch einer ſolchen
Schlauheit zu dem Feinde ſich haͤtte verſehen koͤnnen. Dropion ſtellete ſich aͤuſſerlich/ als
wann er durch ſolche Vermahnung voͤllig zu frieden geſtellet waͤhre/ aber des folgenden
morgens fand man dieſen redlichen Mann auff ſeinem Lager Tod/ da ihm das Haͤupt an
der rechten ſeite eingeſchlagen und die Kehle abgeſtochen wahr. Kurz nach dem Dropion
des Feindes Abzug erfahren hatte/ kam ein Koͤniglicher Bohte zu ihm/ anmeldend/ es naͤh-
me den Koͤnig/ und alle ſeine Leute hoͤchlich wunder/ daß ihm in etlichen Tagen ſo gar keine
Botſchaft aus dem Lager zukommen waͤhre/ haͤtte daruͤber geeilet/ mit der Reuterey voran
zu gehen/ mit welcher er gegen Abend bey ihm ſeyn/ und den Feind ernſtlich angreiffen wol-
te. Dropion ſchickete ihm 2000 Reuter/ unter der Anführung ſeiner ergebenen entgegen/
welche ihm alles nach ſeinem Willen vortragen und den Fehler beſchoͤnen ſolten. Wir ha-
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Zitationshilfe: | Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660, S. 744. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660/750>, abgerufen am 16.07.2024. |