Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660.

Bild:
<< vorherige Seite

Achtes Buch.
chen ists in solchen Sachen nicht getahn. Wir wolten zur Wiederlegung solcher Einbil-
dung leicht gelangen/ gab mir dieser zur Antwort/ wann ihr nur euch köntet weisen lassen/
daß ihr dem vermeineten Worte Gottes nicht zuviel trauetet; aber wie ists möglich/ daß
man euch die Warheit beybringe/ wann ihr wieder euren gefasseten Irre-Wahn nichts
wollet geredet haben? sehet/ dieses Buch/ wie alt es gleich ist (dann nichts ist eben darüm
wahr daß es alt ist)/ hat solche ungläubliche/ und eigen zusagen/ solche unwarhaffte Dinge
in sich/ die ein jeder vernünfftiger Mensch besser weiß. Sehet den ertichteten Simson an/
der sol mit gewalt tausend starke Kriegs Leute mit einem faulen Esels-Kinnebacken zu tode
geschlagen haben/ und nachgehends auß demselben Kinnebacken/ ja nur aus einem Zahn
desselben getränket seyn. Stünde es beym Homerus oder Naso/ so müste es ein lächerli-
ches Getichte heissen/ aber in diesem Buche wird alles zur Warheit. Sehet weiter die ein-
gebildete Lehre an von den Engeln und Teuffeln; wie kan ein vernünfftiger Mensch ihm
lassen einpredigen/ sich vor solche ertichtete Geister zufürchten oder Schuz von ihnen zu-
hoffen? Nichts sind solche Geister/ als der Menschen Träume/ und was eines Menschen
verrüktes Gehirn in ihm leistet daß mus alsbald einem Geiste zugeschrieben werden/ der
in ihm wohne. Sehet an die Lehre von der verstorbenen Menschen ertichteter Aufferste-
hung zum ewigen Leben. Mein/ wie könte ich doch meine Sinnen dergestalt gar fressen/ dz
ich gläuben solte/ ein Leib/ welcher verweset ist/ ja welcher teils von Hunden und wilden Tih-
ren/ teils von Vögeln/ teils von Würmen/ teils von der Sonnen verzehret ist/ und in der
fressenden Tihre ihr Wesen verendert/ ganz wieder solte hervorkommen/ und nach etlichen
tausend Jahren mit seiner ehemaligen Seele wieder vereiniget und unaufflößlich verknüp-
fet werden? ist aber dieses noch nicht gnug/ solchen Glauben auffzuheben/ mein so sage ich
euch ein mehres: Ich bin ja in einem Lande gewesen/ woselbst die Menschen einander fres-
sen und verzehren/ so daß sie oft ihre ganze Lebens Zeit nichts als Menschen Fleisch genies-
sen; davon wachsen sie und bekommen daher ihr Fleisch/ ihren Leib; saget mir doch nun/
wie es möglich sey/ daß diese auffgefressene Menschen/ ein jedweder seinen eigenen ganzen
Leib wieder bekommen möge/ der schon eines andern Menschen sein Leib worden ist? noch
muß euch Christen solches alles wahr/ und ein Glaubens-Stük seyn. Ich wil noch mehr
sagen: Wann ein Mann mit einem Weibe/ die ihm getrauet ist/ der Lust pfleget/ das ist bey
euch ja noch leidlich/ aber wann er mit mehr Weibern solche Kundschafft machet/ das
muß eine Tod-Sünde seyn. Ey warümb dann? Sündiget dann auch wol der Ochse und
der Bok/ daß er einer ganzen Heerde vorstehet? in diesem Falle sind die Juden ungleich
witziger als ihr Christen. Uber das machet ihr oft etwas zur Sünde oder zum Laster/ das an
sich selbst kein Laster ist/ sondern ihr plaget und naget euch selbst mit solchen unnöhtigen Ge-
setzen/ welche eure Fröligkeit und Wollust hindern/ und euch lebendig in den Sarg hinein
legen. Mensch/ was bistu mehr/ als ein ander Tihr? ohn daß du bessern Verstand hast; O
wie närrisch bistu/ daß du nach diesem Leben dir noch ein anders lässest einbilden; daß du
umb des zukünfftigen ertichteten willen/ das gegenwärtige warhaffte Gut von dir stossest/
und dich selbst bestreitest/ peinigest und narrest. Wollet ihr aber wissen/ sagete dieser Läste-
rer zu mir/ was die Menschen betöhret/ solches Plage-Leben zuführen? nichts als das äus-
serliche Ansehen deren/ die ihnen solche Fratzen einbilden/ welches sie zu ihrem besten tuhn/

auff

Achtes Buch.
chen iſts in ſolchen Sachen nicht getahn. Wir wolten zur Wiederlegung ſolcher Einbil-
dung leicht gelangen/ gab mir dieſer zur Antwort/ wann ihr nur euch koͤntet weiſen laſſen/
daß ihr dem vermeineten Worte Gottes nicht zuviel trauetet; aber wie iſts moͤglich/ daß
man euch die Warheit beybringe/ wann ihr wieder euren gefaſſeten Irre-Wahn nichts
wollet geredet haben? ſehet/ dieſes Buch/ wie alt es gleich iſt (dann nichts iſt eben daruͤm
wahr daß es alt iſt)/ hat ſolche unglaͤubliche/ und eigen zuſagen/ ſolche unwarhaffte Dinge
in ſich/ die ein jeder vernuͤnfftiger Menſch beſſer weiß. Sehet den ertichteten Simſon an/
der ſol mit gewalt tauſend ſtarke Kriegs Leute mit einem faulen Eſels-Kinnebacken zu tode
geſchlagen haben/ und nachgehends auß demſelben Kinnebacken/ ja nur aus einem Zahn
deſſelben getraͤnket ſeyn. Stuͤnde es beym Homerus oder Naſo/ ſo muͤſte es ein laͤcherli-
ches Getichte heiſſen/ aber in dieſem Buche wird alles zur Warheit. Sehet weiter die ein-
gebildete Lehre an von den Engeln und Teuffeln; wie kan ein vernuͤnfftiger Menſch ihm
laſſen einpredigen/ ſich vor ſolche ertichtete Geiſter zufuͤrchten oder Schuz von ihnen zu-
hoffen? Nichts ſind ſolche Geiſter/ als der Menſchen Traͤume/ und was eines Menſchen
verruͤktes Gehirn in ihm leiſtet daß mus alsbald einem Geiſte zugeſchrieben werden/ der
in ihm wohne. Sehet an die Lehre von der verſtorbenen Menſchen ertichteter Aufferſte-
hung zum ewigen Leben. Mein/ wie koͤnte ich doch meine Sinnen dergeſtalt gar freſſen/ dz
ich glaͤuben ſolte/ ein Leib/ welcher verweſet iſt/ ja welcher teils von Hunden und wilden Tih-
ren/ teils von Voͤgeln/ teils von Wuͤrmen/ teils von der Sonnen verzehret iſt/ und in der
freſſenden Tihre ihr Weſen verendert/ ganz wieder ſolte hervorkommen/ und nach etlichen
tauſend Jahren mit ſeiner ehemaligen Seele wieder vereiniget uñ unauffloͤßlich verknuͤp-
fet werden? iſt aber dieſes noch nicht gnug/ ſolchen Glauben auffzuheben/ mein ſo ſage ich
euch ein mehres: Ich bin ja in einem Lande geweſen/ woſelbſt die Menſchen einander fꝛeſ-
ſen und verzehren/ ſo daß ſie oft ihre ganze Lebens Zeit nichts als Menſchen Fleiſch genieſ-
ſen; davon wachſen ſie und bekommen daher ihr Fleiſch/ ihren Leib; ſaget mir doch nun/
wie es moͤglich ſey/ daß dieſe auffgefreſſene Menſchen/ ein jedweder ſeinen eigenen ganzen
Leib wieder bekommen moͤge/ der ſchon eines andern Menſchen ſein Leib worden iſt? noch
muß euch Chriſten ſolches alles wahr/ und ein Glaubens-Stuͤk ſeyn. Ich wil noch mehr
ſagen: Wann ein Mann mit einem Weibe/ die ihm getrauet iſt/ der Luſt pfleget/ das iſt bey
euch ja noch leidlich/ aber wann er mit mehr Weibern ſolche Kundſchafft machet/ das
muß eine Tod-Sünde ſeyn. Ey waruͤmb dann? Suͤndiget dann auch wol der Ochſe und
der Bok/ daß er einer ganzen Heerde vorſtehet? in dieſem Falle ſind die Juden ungleich
witziger als ihr Chriſten. Uber das machet ihr oft etwas zur Suͤnde oder zum Laſter/ das an
ſich ſelbſt kein Laſter iſt/ ſondern ihr plaget und naget euch ſelbſt mit ſolchen unnoͤhtigen Ge-
ſetzen/ welche eure Froͤligkeit und Wolluſt hindern/ und euch lebendig in den Sarg hinein
legen. Menſch/ was biſtu mehr/ als ein ander Tihr? ohn daß du beſſern Verſtand haſt; O
wie naͤrriſch biſtu/ daß du nach dieſem Leben dir noch ein anders laͤſſeſt einbilden; daß du
umb des zukuͤnfftigen ertichteten willen/ das gegenwaͤrtige warhaffte Gut von dir ſtoſſeſt/
und dich ſelbſt beſtreiteſt/ peinigeſt und narreſt. Wollet ihr aber wiſſen/ ſagete dieſer Laͤſte-
rer zu mir/ was die Menſchen betoͤhret/ ſolches Plage-Leben zufuͤhren? nichts als das aͤuſ-
ſerliche Anſehen deren/ die ihnen ſolche Fratzen einbilden/ welches ſie zu ihrem beſten tuhn/

auff
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0892" n="886"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Achtes Buch.</hi></fw><lb/>
chen i&#x017F;ts in &#x017F;olchen Sachen nicht getahn. Wir wolten zur Wiederlegung &#x017F;olcher Einbil-<lb/>
dung leicht gelangen/ gab mir die&#x017F;er zur Antwort/ wann ihr nur euch ko&#x0364;ntet wei&#x017F;en la&#x017F;&#x017F;en/<lb/>
daß ihr dem vermeineten Worte Gottes nicht zuviel trauetet; aber wie i&#x017F;ts mo&#x0364;glich/ daß<lb/>
man euch die Warheit beybringe/ wann ihr wieder euren gefa&#x017F;&#x017F;eten Irre-Wahn nichts<lb/>
wollet geredet haben? &#x017F;ehet/ die&#x017F;es Buch/ wie alt es gleich i&#x017F;t (dann nichts i&#x017F;t eben daru&#x0364;m<lb/>
wahr daß es alt i&#x017F;t)/ hat &#x017F;olche ungla&#x0364;ubliche/ und eigen zu&#x017F;agen/ &#x017F;olche unwarhaffte Dinge<lb/>
in &#x017F;ich/ die ein jeder vernu&#x0364;nfftiger Men&#x017F;ch be&#x017F;&#x017F;er weiß. Sehet den ertichteten Sim&#x017F;on an/<lb/>
der &#x017F;ol mit gewalt tau&#x017F;end &#x017F;tarke Kriegs Leute mit einem faulen E&#x017F;els-Kinnebacken zu tode<lb/>
ge&#x017F;chlagen haben/ und nachgehends auß dem&#x017F;elben Kinnebacken/ ja nur aus einem Zahn<lb/>
de&#x017F;&#x017F;elben getra&#x0364;nket &#x017F;eyn. Stu&#x0364;nde es beym Homerus oder Na&#x017F;o/ &#x017F;o mu&#x0364;&#x017F;te es ein la&#x0364;cherli-<lb/>
ches Getichte hei&#x017F;&#x017F;en/ aber in die&#x017F;em Buche wird alles zur Warheit. Sehet weiter die ein-<lb/>
gebildete Lehre an von den Engeln und Teuffeln; wie kan ein vernu&#x0364;nfftiger Men&#x017F;ch ihm<lb/>
la&#x017F;&#x017F;en einpredigen/ &#x017F;ich vor &#x017F;olche ertichtete Gei&#x017F;ter zufu&#x0364;rchten oder Schuz von ihnen zu-<lb/>
hoffen? Nichts &#x017F;ind &#x017F;olche Gei&#x017F;ter/ als der Men&#x017F;chen Tra&#x0364;ume/ und was eines Men&#x017F;chen<lb/>
verru&#x0364;ktes Gehirn in ihm lei&#x017F;tet daß mus alsbald einem Gei&#x017F;te zuge&#x017F;chrieben werden/ der<lb/>
in ihm wohne. Sehet an die Lehre von der ver&#x017F;torbenen Men&#x017F;chen ertichteter Auffer&#x017F;te-<lb/>
hung zum ewigen Leben. Mein/ wie ko&#x0364;nte ich doch meine Sinnen derge&#x017F;talt gar fre&#x017F;&#x017F;en/ dz<lb/>
ich gla&#x0364;uben &#x017F;olte/ ein Leib/ welcher verwe&#x017F;et i&#x017F;t/ ja welcher teils von Hunden und wilden Tih-<lb/>
ren/ teils von Vo&#x0364;geln/ teils von Wu&#x0364;rmen/ teils von der Sonnen verzehret i&#x017F;t/ und in der<lb/>
fre&#x017F;&#x017F;enden Tihre ihr We&#x017F;en verendert/ ganz wieder &#x017F;olte hervorkommen/ und nach etlichen<lb/>
tau&#x017F;end Jahren mit &#x017F;einer ehemaligen Seele wieder vereiniget un&#x0303; unaufflo&#x0364;ßlich verknu&#x0364;p-<lb/>
fet werden? i&#x017F;t aber die&#x017F;es noch nicht gnug/ &#x017F;olchen Glauben auffzuheben/ mein &#x017F;o &#x017F;age ich<lb/>
euch ein mehres: Ich bin ja in einem Lande gewe&#x017F;en/ wo&#x017F;elb&#x017F;t die Men&#x017F;chen einander f&#xA75B;e&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en und verzehren/ &#x017F;o daß &#x017F;ie oft ihre ganze Lebens Zeit nichts als Men&#x017F;chen Flei&#x017F;ch genie&#x017F;-<lb/>
&#x017F;en; davon wach&#x017F;en &#x017F;ie und bekommen daher ihr Flei&#x017F;ch/ ihren Leib; &#x017F;aget mir doch nun/<lb/>
wie es mo&#x0364;glich &#x017F;ey/ daß die&#x017F;e auffgefre&#x017F;&#x017F;ene Men&#x017F;chen/ ein jedweder &#x017F;einen eigenen ganzen<lb/>
Leib wieder bekommen mo&#x0364;ge/ der &#x017F;chon eines andern Men&#x017F;chen &#x017F;ein Leib worden i&#x017F;t? noch<lb/>
muß euch Chri&#x017F;ten &#x017F;olches alles wahr/ und ein Glaubens-Stu&#x0364;k &#x017F;eyn. Ich wil noch mehr<lb/>
&#x017F;agen: Wann ein Mann mit einem Weibe/ die ihm getrauet i&#x017F;t/ der Lu&#x017F;t pfleget/ das i&#x017F;t bey<lb/>
euch ja noch leidlich/ aber wann er mit mehr Weibern &#x017F;olche Kund&#x017F;chafft machet/ das<lb/>
muß eine Tod-Sünde &#x017F;eyn. Ey waru&#x0364;mb dann? Su&#x0364;ndiget dann auch wol der Och&#x017F;e und<lb/>
der Bok/ daß er einer ganzen Heerde vor&#x017F;tehet? in die&#x017F;em Falle &#x017F;ind die Juden ungleich<lb/>
witziger als ihr Chri&#x017F;ten. Uber das machet ihr oft etwas zur Su&#x0364;nde oder zum La&#x017F;ter/ das an<lb/>
&#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t kein La&#x017F;ter i&#x017F;t/ &#x017F;ondern ihr plaget und naget euch &#x017F;elb&#x017F;t mit &#x017F;olchen unno&#x0364;htigen Ge-<lb/>
&#x017F;etzen/ welche eure Fro&#x0364;ligkeit und Wollu&#x017F;t hindern/ und euch lebendig in den Sarg hinein<lb/>
legen. Men&#x017F;ch/ was bi&#x017F;tu mehr/ als ein ander Tihr? ohn daß du be&#x017F;&#x017F;ern Ver&#x017F;tand ha&#x017F;t; O<lb/>
wie na&#x0364;rri&#x017F;ch bi&#x017F;tu/ daß du nach die&#x017F;em Leben dir noch ein anders la&#x0364;&#x017F;&#x017F;e&#x017F;t einbilden; daß du<lb/>
umb des zuku&#x0364;nfftigen ertichteten willen/ das gegenwa&#x0364;rtige warhaffte Gut von dir &#x017F;to&#x017F;&#x017F;e&#x017F;t/<lb/>
und dich &#x017F;elb&#x017F;t be&#x017F;treite&#x017F;t/ peinige&#x017F;t und narre&#x017F;t. Wollet ihr aber wi&#x017F;&#x017F;en/ &#x017F;agete die&#x017F;er La&#x0364;&#x017F;te-<lb/>
rer zu mir/ was die Men&#x017F;chen beto&#x0364;hret/ &#x017F;olches Plage-Leben zufu&#x0364;hren? nichts als das a&#x0364;u&#x017F;-<lb/>
&#x017F;erliche An&#x017F;ehen deren/ die ihnen &#x017F;olche Fratzen einbilden/ welches &#x017F;ie zu ihrem be&#x017F;ten tuhn/<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">auff</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[886/0892] Achtes Buch. chen iſts in ſolchen Sachen nicht getahn. Wir wolten zur Wiederlegung ſolcher Einbil- dung leicht gelangen/ gab mir dieſer zur Antwort/ wann ihr nur euch koͤntet weiſen laſſen/ daß ihr dem vermeineten Worte Gottes nicht zuviel trauetet; aber wie iſts moͤglich/ daß man euch die Warheit beybringe/ wann ihr wieder euren gefaſſeten Irre-Wahn nichts wollet geredet haben? ſehet/ dieſes Buch/ wie alt es gleich iſt (dann nichts iſt eben daruͤm wahr daß es alt iſt)/ hat ſolche unglaͤubliche/ und eigen zuſagen/ ſolche unwarhaffte Dinge in ſich/ die ein jeder vernuͤnfftiger Menſch beſſer weiß. Sehet den ertichteten Simſon an/ der ſol mit gewalt tauſend ſtarke Kriegs Leute mit einem faulen Eſels-Kinnebacken zu tode geſchlagen haben/ und nachgehends auß demſelben Kinnebacken/ ja nur aus einem Zahn deſſelben getraͤnket ſeyn. Stuͤnde es beym Homerus oder Naſo/ ſo muͤſte es ein laͤcherli- ches Getichte heiſſen/ aber in dieſem Buche wird alles zur Warheit. Sehet weiter die ein- gebildete Lehre an von den Engeln und Teuffeln; wie kan ein vernuͤnfftiger Menſch ihm laſſen einpredigen/ ſich vor ſolche ertichtete Geiſter zufuͤrchten oder Schuz von ihnen zu- hoffen? Nichts ſind ſolche Geiſter/ als der Menſchen Traͤume/ und was eines Menſchen verruͤktes Gehirn in ihm leiſtet daß mus alsbald einem Geiſte zugeſchrieben werden/ der in ihm wohne. Sehet an die Lehre von der verſtorbenen Menſchen ertichteter Aufferſte- hung zum ewigen Leben. Mein/ wie koͤnte ich doch meine Sinnen dergeſtalt gar freſſen/ dz ich glaͤuben ſolte/ ein Leib/ welcher verweſet iſt/ ja welcher teils von Hunden und wilden Tih- ren/ teils von Voͤgeln/ teils von Wuͤrmen/ teils von der Sonnen verzehret iſt/ und in der freſſenden Tihre ihr Weſen verendert/ ganz wieder ſolte hervorkommen/ und nach etlichen tauſend Jahren mit ſeiner ehemaligen Seele wieder vereiniget uñ unauffloͤßlich verknuͤp- fet werden? iſt aber dieſes noch nicht gnug/ ſolchen Glauben auffzuheben/ mein ſo ſage ich euch ein mehres: Ich bin ja in einem Lande geweſen/ woſelbſt die Menſchen einander fꝛeſ- ſen und verzehren/ ſo daß ſie oft ihre ganze Lebens Zeit nichts als Menſchen Fleiſch genieſ- ſen; davon wachſen ſie und bekommen daher ihr Fleiſch/ ihren Leib; ſaget mir doch nun/ wie es moͤglich ſey/ daß dieſe auffgefreſſene Menſchen/ ein jedweder ſeinen eigenen ganzen Leib wieder bekommen moͤge/ der ſchon eines andern Menſchen ſein Leib worden iſt? noch muß euch Chriſten ſolches alles wahr/ und ein Glaubens-Stuͤk ſeyn. Ich wil noch mehr ſagen: Wann ein Mann mit einem Weibe/ die ihm getrauet iſt/ der Luſt pfleget/ das iſt bey euch ja noch leidlich/ aber wann er mit mehr Weibern ſolche Kundſchafft machet/ das muß eine Tod-Sünde ſeyn. Ey waruͤmb dann? Suͤndiget dann auch wol der Ochſe und der Bok/ daß er einer ganzen Heerde vorſtehet? in dieſem Falle ſind die Juden ungleich witziger als ihr Chriſten. Uber das machet ihr oft etwas zur Suͤnde oder zum Laſter/ das an ſich ſelbſt kein Laſter iſt/ ſondern ihr plaget und naget euch ſelbſt mit ſolchen unnoͤhtigen Ge- ſetzen/ welche eure Froͤligkeit und Wolluſt hindern/ und euch lebendig in den Sarg hinein legen. Menſch/ was biſtu mehr/ als ein ander Tihr? ohn daß du beſſern Verſtand haſt; O wie naͤrriſch biſtu/ daß du nach dieſem Leben dir noch ein anders laͤſſeſt einbilden; daß du umb des zukuͤnfftigen ertichteten willen/ das gegenwaͤrtige warhaffte Gut von dir ſtoſſeſt/ und dich ſelbſt beſtreiteſt/ peinigeſt und narreſt. Wollet ihr aber wiſſen/ ſagete dieſer Laͤſte- rer zu mir/ was die Menſchen betoͤhret/ ſolches Plage-Leben zufuͤhren? nichts als das aͤuſ- ſerliche Anſehen deren/ die ihnen ſolche Fratzen einbilden/ welches ſie zu ihrem beſten tuhn/ auff

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660/892
Zitationshilfe: Bucholtz, Andreas Heinrich: Des Christlich: Teutschen Königes Herkules und der Teutschen Königin Valiska Wunder-Geschicht. Bd. 2. Braunschweig, 1660, S. 886. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchholtz_herkules02_1660/892>, abgerufen am 22.11.2024.