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Buchner, Wilhelm: Das ärztliche Studium der Frauen. In: Die Grenzboten 3 (1892). S. 205-212, 251-258.

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Das ärztliche Studium der Frauen
stehe, sondern daß es ihnen nur durch die gegenwärtige Einrichtung der höhern
Unterrichtsanstalten unmöglich gemacht sei, die Bedingungen der Zulassung
zur ärztlichen Prüfung zu erfüllen. Diese Gestaltung der höhern Unterrichts-
anstalten aber sei Sache der Einzelregierungen. Ebensowenig schließe die
Prüfungsordnung für Ärzte das weibliche Element aus. Das Hindernis liege
also darin, daß Frauen auf preußischen Universitäten zum Studium der Me-
dizin bisher nicht zugelassen worden seien, oder doch nur ganz ausnahmsweise
mit besondrer Genehmigung des Ministers. Der Berichterstatter erwähnt den
Beschluß des badischen Abgeordnetenhauses, wonach der Besuch von Vor-
lesungen ausnahmsweise und widerruflich Frauen gestattet ist. bezüglich (!)
deren (!) es die Fakultät für zulässig erklärt; er vergißt aber zu erwähnen,
daß es Jnländerinnen gestattet ist, die die Reifeprüfung abgelegt haben, daß
also das badische Abgeordnetenhaus eine solche Reifeprüfung als möglich und
vielleicht einst durchführbar betrachtet. Der Berichterstatter erkennt an, daß
es Pflicht der Gesellschaft und des Staats sei, der Frau gesicherte Lebens-
und Existenzbedingungen offen zu halten; der Wettbewerb, der den Männern
durch die Frauen entstehe, dürfe kein Grund sein, die Frauen an der Er-
langung neuer Erwerbsquellen zu hindern. Auch müsse er das Bedürfnis
von Ärztinnen für Frauenkrankheiten anerkennen; es sei deshalb nicht richtig,
sie grundsätzlich vom Besuche der Universitäten auszuschließen. Aber es sei
ebenso unrichtig, das geforderte Mädchengymnasium in allen Punkten dem
Knabengymnasium gleich zu machen; nur die Ärztin, die zugleich im besten
und höchsten Sinne die Weiblichkeit bewahrt habe, werde das Vertrauen ihrer
Patienten gewinnen und damit die Konkurrenz der Ärzte besiegen können. Jn
welcher Weise die Vorbildung der Mädchen für die Universität und das medi-
zinische Studium zu regeln sei, könne allein von der Staatsregierung richtig
geprüft werden.

Der Regierungskommissar Geheimer Oberregierungsrat Dr. Schneider er-
klärte, daß bereits am 28. Februar 1892 der Kultusminister v. Zedlitz aus
eigner Entschließung die Universitätskuratoren ersucht habe, sich über die Frage
zu äußern, ob und wieweit eine Abänderung der Bestimmungen ratsam er-
scheine, wonach Frauen weder als Studirende aufgenommen noch als "Gast-
zuhörerinnen" zugelassen werden dürfen. Er erkannte einen gesunden Kern in
den Bestrebungen der Bittstellerinnen an; das Verlangen nach Erweiterung
der Erwerbsfähigkeit der Frau sei bei den gegenwärtigen Verhältnissen der
bürgerlichen Gesellschaft durchaus berechtigt, Frauen und Mädchen würden
ärztliche, namentlich wundärztliche Hilfe in manchen Fällen lieber von einer
Frau als von einem Manne begehren. Dagegen sei es bedenklich, den von
den Bittstellern vorgeschlagnen Weg einzuschlagen; der Gedanke, daß die Mädchen
ihren Bildungsgang unbedingt auf demselben Wege zu nehmen hätten, wie die
heranwachsende männliche Jugend, sei falsch. Jn einer Zeit, wo gegen den

Das ärztliche Studium der Frauen
stehe, sondern daß es ihnen nur durch die gegenwärtige Einrichtung der höhern
Unterrichtsanstalten unmöglich gemacht sei, die Bedingungen der Zulassung
zur ärztlichen Prüfung zu erfüllen. Diese Gestaltung der höhern Unterrichts-
anstalten aber sei Sache der Einzelregierungen. Ebensowenig schließe die
Prüfungsordnung für Ärzte das weibliche Element aus. Das Hindernis liege
also darin, daß Frauen auf preußischen Universitäten zum Studium der Me-
dizin bisher nicht zugelassen worden seien, oder doch nur ganz ausnahmsweise
mit besondrer Genehmigung des Ministers. Der Berichterstatter erwähnt den
Beschluß des badischen Abgeordnetenhauses, wonach der Besuch von Vor-
lesungen ausnahmsweise und widerruflich Frauen gestattet ist. bezüglich (!)
deren (!) es die Fakultät für zulässig erklärt; er vergißt aber zu erwähnen,
daß es Jnländerinnen gestattet ist, die die Reifeprüfung abgelegt haben, daß
also das badische Abgeordnetenhaus eine solche Reifeprüfung als möglich und
vielleicht einst durchführbar betrachtet. Der Berichterstatter erkennt an, daß
es Pflicht der Gesellschaft und des Staats sei, der Frau gesicherte Lebens-
und Existenzbedingungen offen zu halten; der Wettbewerb, der den Männern
durch die Frauen entstehe, dürfe kein Grund sein, die Frauen an der Er-
langung neuer Erwerbsquellen zu hindern. Auch müsse er das Bedürfnis
von Ärztinnen für Frauenkrankheiten anerkennen; es sei deshalb nicht richtig,
sie grundsätzlich vom Besuche der Universitäten auszuschließen. Aber es sei
ebenso unrichtig, das geforderte Mädchengymnasium in allen Punkten dem
Knabengymnasium gleich zu machen; nur die Ärztin, die zugleich im besten
und höchsten Sinne die Weiblichkeit bewahrt habe, werde das Vertrauen ihrer
Patienten gewinnen und damit die Konkurrenz der Ärzte besiegen können. Jn
welcher Weise die Vorbildung der Mädchen für die Universität und das medi-
zinische Studium zu regeln sei, könne allein von der Staatsregierung richtig
geprüft werden.

Der Regierungskommissar Geheimer Oberregierungsrat Dr. Schneider er-
klärte, daß bereits am 28. Februar 1892 der Kultusminister v. Zedlitz aus
eigner Entschließung die Universitätskuratoren ersucht habe, sich über die Frage
zu äußern, ob und wieweit eine Abänderung der Bestimmungen ratsam er-
scheine, wonach Frauen weder als Studirende aufgenommen noch als „Gast-
zuhörerinnen“ zugelassen werden dürfen. Er erkannte einen gesunden Kern in
den Bestrebungen der Bittstellerinnen an; das Verlangen nach Erweiterung
der Erwerbsfähigkeit der Frau sei bei den gegenwärtigen Verhältnissen der
bürgerlichen Gesellschaft durchaus berechtigt, Frauen und Mädchen würden
ärztliche, namentlich wundärztliche Hilfe in manchen Fällen lieber von einer
Frau als von einem Manne begehren. Dagegen sei es bedenklich, den von
den Bittstellern vorgeschlagnen Weg einzuschlagen; der Gedanke, daß die Mädchen
ihren Bildungsgang unbedingt auf demselben Wege zu nehmen hätten, wie die
heranwachsende männliche Jugend, sei falsch. Jn einer Zeit, wo gegen den

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[211/0007] Das ärztliche Studium der Frauen stehe, sondern daß es ihnen nur durch die gegenwärtige Einrichtung der höhern Unterrichtsanstalten unmöglich gemacht sei, die Bedingungen der Zulassung zur ärztlichen Prüfung zu erfüllen. Diese Gestaltung der höhern Unterrichts- anstalten aber sei Sache der Einzelregierungen. Ebensowenig schließe die Prüfungsordnung für Ärzte das weibliche Element aus. Das Hindernis liege also darin, daß Frauen auf preußischen Universitäten zum Studium der Me- dizin bisher nicht zugelassen worden seien, oder doch nur ganz ausnahmsweise mit besondrer Genehmigung des Ministers. Der Berichterstatter erwähnt den Beschluß des badischen Abgeordnetenhauses, wonach der Besuch von Vor- lesungen ausnahmsweise und widerruflich Frauen gestattet ist. bezüglich (!) deren (!) es die Fakultät für zulässig erklärt; er vergißt aber zu erwähnen, daß es Jnländerinnen gestattet ist, die die Reifeprüfung abgelegt haben, daß also das badische Abgeordnetenhaus eine solche Reifeprüfung als möglich und vielleicht einst durchführbar betrachtet. Der Berichterstatter erkennt an, daß es Pflicht der Gesellschaft und des Staats sei, der Frau gesicherte Lebens- und Existenzbedingungen offen zu halten; der Wettbewerb, der den Männern durch die Frauen entstehe, dürfe kein Grund sein, die Frauen an der Er- langung neuer Erwerbsquellen zu hindern. Auch müsse er das Bedürfnis von Ärztinnen für Frauenkrankheiten anerkennen; es sei deshalb nicht richtig, sie grundsätzlich vom Besuche der Universitäten auszuschließen. Aber es sei ebenso unrichtig, das geforderte Mädchengymnasium in allen Punkten dem Knabengymnasium gleich zu machen; nur die Ärztin, die zugleich im besten und höchsten Sinne die Weiblichkeit bewahrt habe, werde das Vertrauen ihrer Patienten gewinnen und damit die Konkurrenz der Ärzte besiegen können. Jn welcher Weise die Vorbildung der Mädchen für die Universität und das medi- zinische Studium zu regeln sei, könne allein von der Staatsregierung richtig geprüft werden. Der Regierungskommissar Geheimer Oberregierungsrat Dr. Schneider er- klärte, daß bereits am 28. Februar 1892 der Kultusminister v. Zedlitz aus eigner Entschließung die Universitätskuratoren ersucht habe, sich über die Frage zu äußern, ob und wieweit eine Abänderung der Bestimmungen ratsam er- scheine, wonach Frauen weder als Studirende aufgenommen noch als „Gast- zuhörerinnen“ zugelassen werden dürfen. Er erkannte einen gesunden Kern in den Bestrebungen der Bittstellerinnen an; das Verlangen nach Erweiterung der Erwerbsfähigkeit der Frau sei bei den gegenwärtigen Verhältnissen der bürgerlichen Gesellschaft durchaus berechtigt, Frauen und Mädchen würden ärztliche, namentlich wundärztliche Hilfe in manchen Fällen lieber von einer Frau als von einem Manne begehren. Dagegen sei es bedenklich, den von den Bittstellern vorgeschlagnen Weg einzuschlagen; der Gedanke, daß die Mädchen ihren Bildungsgang unbedingt auf demselben Wege zu nehmen hätten, wie die heranwachsende männliche Jugend, sei falsch. Jn einer Zeit, wo gegen den

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Zitationshilfe: Buchner, Wilhelm: Das ärztliche Studium der Frauen. In: Die Grenzboten 3 (1892). S. 205-212, 251-258, S. 211. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/buchner_studium_1892/7>, abgerufen am 21.11.2024.